Lebensdaten
1898 – 1972
Geburtsort
München
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Psychologe
Konfession
altkatholisch
Normdaten
GND: 118779656 | OGND | VIAF: 32792750
Namensvarianten
  • Lersch, Philipp
  • Lers, Philipp
  • Lersch, Ph.
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Zitierweise

Lersch, Philipp, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118779656.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Georg (1872–1940), aus Mannheim, Architekt in M., aus bad. Schreinerfam.;
    M Anna Weniger (1872–1958), aus niederbayer. Schreinerfam.;
    München 1930 Ruth (* 1906), T d. Dr. med. Joseph Joesten (1876–1922), Arzt in Köln u. Jülich, u. d. Amalie Freiin v. Nesselrode-Hugenpoet;
    1 S, 2 T.

  • Biographie

    L. studierte seit 1918 in München deutsche Literaturgeschichte und wurde 1922 bei Fritz Strich mit einer Arbeit über den „Traum in der deutschen Romantik“ (1923) promoviert. Unter dem Eindruck der Schriften Freuds studierte er anschließend Psychologie und Philosophie bei Erich Becher, Moritz Geiger und Alex. Pfänder; außerdem hörte er bei dem Psychiater Oswald Bumke. 1925-33 war er an dem von J. B. Rieffert geleiteten Psychologischen Laboratorium des Reichswehrministeriums mit der Entwicklung der charakterologischen Eignungsprüfung für Offiziersanwärter befaßt. 1929 habilitierte er sich an der TH Dresden, wo er 1936 ao. Professor für Philosophie und Psychologie wurde. 1937 folgte er einem Ruf nach Breslau, 1939 ging er als Nachfolger von Felix Krueger nach Leipzig, 1942-68 lehrte er in München. 1953-55 war er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.

    L. hat vor allem die Entwicklung der Charakterologie sowie der Persönlichkeits- und Ausdruckspsychologie durch z. T. richtungweisende Beiträge gefördert. Er begann seine Laufbahn als Diagnostiker. Ergebnis fünfjähriger Gutachtertätigkeit war die Habilitationsschrift „Gesicht und Seele“ (1932, ⁷1971, span. 1970), in der zum ersten Mal die moderne Filmtechnik für eine systematische Psychologie des mimischen Ausdrucks genutzt ist. Damals setzte er sich auch mit der „Lebensphilosophie der Gegenwart“ (1932) auseinander, wobei er – in Abhebung von Ludwig Klages – Ratio und Erleben als aufeinander bezogene Pole menschlicher Existenz sah. Das eigentliche Lebenswerk von L. ist durch sein Buch „Der Aufbau des Charakters“ (1938, ³1948, ital. 1942 u. 1950) – seit der 4., neu bearbeiteten Fassung unter dem Titel „Aufbau der Person“ (⁴1951, 111970, span. 1958, ⁸1974, niederländ. 1960, ⁶1974, Teildruck griech. 1957) – bestimmt. Orientiert an dem philosophischen und charakterologischen Werk von Klages, aber auch an der Denktradition von Dilthey und Pfänder, hat L. darin eine Deskription von „Aufbau“ und Dynamik der Persönlichkeit vorgelegt, welche den Gegensatz von „Geist“, „Seele“ und „Leib“ überwindet und die Funktionseinheit aller Schichten unterstreicht. Dabei führte ihn seine Absicht, das seelische Leben so darzustellen, daß „nicht ein mosaikartiges Nebeneinander zahlreicher Einzeltatsachen“ entsteht, in den späteren Umarbeitungen zu einer umfassenden Systematik der Humanpsychologie. Zu großer Meisterschaft wurde die phänomenologische Analyse endothymer Erlebnisse entwickelt. Viele Einsichten dieses Buches werden erst allmählich wieder von der modernen Psychologie entdeckt. Zu diesen Einsichten gehört u. a. die Differenzierung von Selbstgefühl und Eigenmachtgefühl, die über alles hinausgeht, was unter „self-concept“ und „self-esteem“ verstanden wird. Auch den antizipatorischen Charakter motivationaler Prozesse hat L. schon 1938 formuliert. – Er gab der Psychologie weitere in methodischer Hinsicht wichtige Anregungen. Bei voller Anerkennung der experimentellen Methode im Bereich von|Wahrnehmung, Lernen und Leistung zeigt er die Grenzen dieser Vorgehensweise für das Studium emotionaler und komplexer motivationaler Prozesse auf (Seele und Welt, 1941, ²1943). So sehr er gerade zu deren differenzierter Analyse beitrug und wichtige Einsichten in Bezug auf die Problematik des Selbstbildes und der Selbstachtung vorwegnahm, so entschieden wies er andererseits das Theorem von der „Binnenhaftigkeit des Seelischen“ zurück. Deshalb wandte er sein Interesse seit dem Ende des Weltkriegs der Konzeption einer Sozialpsychologie zu, von der ein Abriß 1964 erschien (Der Mensch als soziales Wesen, ²1965, span. 1967); sein besonderes Anliegen war die Herausarbeitung des „dialektischen Verhältnisses zwischen Individuum und Sozietät“. – Das Werk von L. steht für jene „anthropologische. Wende“ (1957) in der deutschen Psychologie, deren Vertreter die Einseitigkeiten einerseits der Elementen- und andererseits der Gestalt- und der Ganzheitspsychologie zu überwinden suchen. Bei seinem Bemühen, die Verbindung von Psychologie und Philosophie im Sinne einer philosophischen Anthropologie wieder herzustellen, wußte er sich insbesondere der Phänomenologie Max Schelers verpflichtet. In vieler Hinsicht kann L. als ein Vorläufer der „Humanistischen Psychologie“ gelten, wie sie sich nach 1960 in den USA entwickelte – freilich nur jener Variante dieser „Dritten Kraft“ zwischen Behaviorismus und Psychoanalyse, welche den Menschen als Maßstab der Forschung setzt. Insofern ist sein Werk jenem von Gordon W. Allport oder Abraham Maslow verwandt. – Auch an der Entwicklung des Berufsbildes des Psychologen hat L. mitgewirkt, wobei ihm eine enge Verbindung von Hochschulpsychologie und Praxis besonders am Herzen lag. Er hatte maßgeblichen Anteil an der Ausarbeitung der ersten Diplomprüfungsordnung für Psychologen (1941) und ihrer Weiterentwicklung nach Kriegsende; die Aufnahme der Tiefenpsychologie als Prüfungsfach ist seiner Initiative zu verdanken. – Der Wirkungskreis von L. und der Einfluß seiner Schriften reichten über die Fachgrenzen hinaus; viele Pädagogen, Ärzte, Strafrechtler u. a. haben sich an seiner Persönlichkeitstheorie orientiert.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Leopoldina (1941), d. Sächs. Ak. d. Wiss. (1942), d. Bayer. Ak. d. Wiss. (korr. 1942, o. 1944) u. d. Ges. Dt. Neurologen u. Psychiater (1953);
    Ehrenmitgl. d. Sociedad Española de Psicología (1960) u. d. Dt. Ges. f. Psychol. (1970); Bayerischer Verdienstorden (1967).

  • Werke

    Weitere W u. a. Der Mensch in d. Gegenwart, 1947, ³1964, span. 1958, ⁴1979;
    Vom Wesen d. Geschlechter 1947, ⁴1968, span. 1968;
    Der Mensch als Schnittpunkt, Fragen d. Psychol. u. Anthropol. d. Gegenwart, 1969;
    Zur Psychol. d. Indoktrination, 1969;
    Autobiographisches u. Leitgedanken in: Forscher u. Gelehrte, hrsg. v. W. E. Böhm, 1966, S. 95 f. (P). - Hrsg.: Zs. f. angew. Psychol. u. Charakterkde. 44-66, 1933-44;
    Beihh. d. Zs. f. angew. Psychol. u. Charakterkde. 70-93, 1933-48;
    Psycholog. Rdsch. 12-22, 1961-71. -
    Mithrsg. u. a.: Zs. f. experimentelle u. angew. Psychol. 1-19, 1953-71;
    Schule u. Psychol. 1-18, 1954-71;
    Hdb. d. Psychol., 12 Bde., 1959 ff. |

  • Nachlass

    Nachlaß: München, Bayer. Staatsbibl.

  • Literatur

    J. Rudert, Das Ich u. d. Emotionalität, Betrachtungen üb. d. Schichtlehren v. E. Rothacker u. Ph. L., in: Psychol. Btrr. 2, 1955/56, S. 501-25;
    A. Vetter, Die psychol. Situation im Werk v. Ph. L., in: A. Däumling (Hrsg.), Seelenleben u. Menschenbild, Festschr. z. 60. Geb.tag v. Ph. L., 1958, S. 1-9 (W, P);
    ders., Das menschl. Selbstverständnis b. Ph. L., in: Zs. f. klin. Psychol. u. Psychotherapie 20, 1972, S. 195-98;
    L. Anolli, L'antropologia fenomenologica di Ph. L., in: Verifiche 1, 1972, S. 27-49;
    R. L. Ludojoski, Teoría de la educación e hipótesis metodológicas implícitas en la psicología de la personalidad de Ph. L., Diss. Buenos Aires 1972;
    E. Zellinger, Das Bleibende im Werk v. Ph. L. und die Wandlungen in d. Grundlagen d. neueren Psychol., in: Theol. u. Philos. 47, 1972, S. 528-54;
    A. Dempf, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1972, 1972, S. 270-74 (P);
    H. Hiebsch, in: Jb. d. Sächs. Ak. d. Wiss. zu Leipzig 1971/72, 1974, S. 348-57 (W, L, P);
    A. M. Däumling, in: Psycholog. Rdsch. 23, 1972, S. 218 f.;
    K. Müller, in: Zs. f. experimentelle u. angew. Psychol. 20, 1973, Vorwort;
    H. Brandstätter, H. Schuler u. G. Stocker-Kreichgauer, Psychol. d. Person, 1974, S. 33-73;
    Ziegenfuß;
    Lex. d. Päd. III, 1954;
    W. Arnold, H. J. Eysenck u. R. Meili (Hrsg.), Lex. d. Psychol. II, 1980.

  • Autor/in

    Hans Thomae
  • Zitierweise

    Thomae, Hans, "Lersch, Philipp" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 319-320 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118779656.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA