Lebensdaten
1915 – 2001
Geburtsort
Winkl bei Lenggries (Oberbayern)
Sterbeort
Bonn
Beruf/Funktion
Psychologe
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118757237 | OGND | VIAF: 2593751
Namensvarianten
  • Thomae, Johann Karl
  • Thomae, Hans
  • Thomae, Johann Karl
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Thomae, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118757237.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Georg (1883–1951), Zolloberinsp.;
    M Henriette Fraas (1885–1971);
    3 B Raimund Wilhelm (1906–71), kaufmänn. Angest., Alfred (1911–58), Lehrer, Friedrich (1920–2010), Dr. med., prakt. Arzt;
    1) Bonn 1938 Inge(borg) Klamroth (1915–83), aus Stargard (Pommern), Journ., 2) Bonn 1998 Ursula (* 1930, kath., 1] 1950 Helmut Lehr, 1926–94, Kaufm.), aus Frankfurt/M., Dr. phil. (Bonn 1954), habil. (Bonn 1968), 1972 o. Prof. f. Päd. u. päd. Psychol. in Köln, 1975 f. Psychol. in Bonn, 1986–98 f. Gerontol. in Heidelberg, 1997/98 Präs. d. Dt. Ges. f. Gerontol. u. Geriatrie, 2000 Marie-Curie-Lehrstuhl in Yuste (Spanien), 1988–91 Bundesfam. min., 1990–94 MdB (CDU), Dr. phil. h. c. (Fribourg 1987; Hochschule Vechta 2009), BVK 1. Kl. (1987), Gr. BVK (1995, mit Stern 2014), (s. Biogr. MdB; Munzinger; Drüll, Heidelberger Gel.lex. IV; L), T d. Georg Josef Leipold (1899–1956), Bankkaufm., u. d. Gertrud Jendorff (1905–73);
    1 S aus 1) Johann Gottfried (* 1955), 2 T aus 1) Barbara Krauss (* 1939), Dramaturgin, Agnes (* 1945), Ergotherapeutin.

  • Biographie

    T. legte 1935 das Abitur am Alten Gymnasium in Würzburg ab. Im selben Jahr übersiedelte er mit seinen Eltern nach Berlin und begann hier ein Studium der Philosophie, Psychologie und Geschichte u. a. bei Eduard Spranger (1882–1963). Magenblutungen führten 1938 zu einem Sanatoriumsaufenthalt in Niederzissen (Eifel). Anschließend setzte T. sein Studium in Bonn fort, wo ihn Erich Rothacker (1888–1965) prägte, an dessen Schichtenlehre der Persönlichkeit und philosophisch-anthropologischen Ansatz er sein eigenes Werk anschloß. Nach der Promotion bei Rothacker mit einer Dissertation über „Bewußtsein und Leben“ (1940) wechselte T. als Assistent an das Psychologische Institut der Univ. Leipzig, dessen Leiter Philipp Lersch (1898–1972) mit seiner phänomenologischen Schichtenlehre der Persönlichkeit ebenfalls großen Einfluß auf die Entwicklung von T.s Denken nahm und der T. in seinen Forschungen zu motivationalen Prozessen förderte. 1942 habilitierte sich T. in Leipzig mit der Schrift „Das Wesen der menschlichen Antriebsstruktur“.

    1943 wurde T. als Direktor im Bereich „schwererziehbare Kinder“ an der staatlichen Heimverwaltung in Moritzburg dienstverpflichtet, mußte sich jedoch aufgrund schwerer Blutungen 1944 einer Magenresektion unterziehen. 1946 war er vorübergehend als Bibliothekar der US-Truppen tätig. 1948 arbeitete er als Psychologe an der städtischen Nervenklinik in Bamberg, bevor er im Sept. Leiter des Bayer. Landesjugendhofs Lichtenau bei Ansbach wurde. 1950 kehrte er als Assistent an das Psychologische Institut in Bonn zurück. 1953 ging er als o. Professor für Psychologie nach Erlangen, 1960 als Ordinarius für Psychologie und Direktor des Psychologischen Instituts wiederum nach Bonn (em. 1983).

    T.s genuine Leistung ist die Konzeption einer „psychologischen Biographik“, die in der dt. Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie seit der zweiten Hälfte des 20. Jh. wesentlichen Einfluß gewann. T.s Abrücken von der kategorialen Starre der dt. Charakterologien und Schichtenlehren sowie seine Suche nach einer prozeß- und individualitätsorientierten Persönlichkeitstheorie zeigte sich schon in seinem Buch „Persönlichkeit, Eine dynamische Interpretation“ (1951). Im folgenden Hauptwerk „Das Individuum und seine Welt“ (1960) wurde beides endgültig manifest. Dabei äußerte T. scharfe Kritik an der Realitätsfremdheit der angelsächs. Eigenschaftstheorien der Persönlichkeit, v. a. am faktorenanalytischen Ansatz, und wies die Reduzierung von Entwicklung auf psychosexuelle Gesichtspunkte durch die Freudsche Psychoanalyse zurück.

    T. führte schon in den 1950er Jahren als einer der ersten Psychologen in großen Forschungsprojekten umfangreiche Längsschnittanalysen zur Persönlichkeitsdiagnostik bei Kindern, später auch – zusammen mit Ursula Lehr – bei Erwachsenen durch. Er wurde zum Vordenker für die Erweiterung der entwicklungspsychologischen Perspektive von bloßer Kinder- und Jugendforschung zu einer Psychologie der gesamten Lebensspanne (lifespan-development). Zusammen mit Lehr war er Initiator der modernen psychologischen Gerontologie in Deutschland und Mitbegründer ihrer interdisziplinären Ausrichtung. Die Forschungsergebnisse der in Erlangen, Bonn und Heidelberg angesiedelten Projektgruppen um T. und Lehr trugen maßgeblich dazu bei, daß die Gerontologie Kurzschlüsse von|physischen auf psychische Degenerationen überwand und entsprechend T.s Konzept vermehrt „Formen“, „Stile“ und „Schicksale“ des Alternsprozesses differenziert. T. prägte die dt. Psychologie auch in personeller Hinsicht: Rund 30 seiner Mitarbeiter wurden Universitätsprofessoren, weitere etwa 20 Fachhochschulprofessoren. Ursula Lehr, Franz-Emanuel Weinert, Reinhard Schmitz-Scherzer, Burkhard Schade, Hubert Feger, Georg Rudinger, Erhard Olbrich, Hermann-Josef Fisseni, Insa Fooken und Andreas Kruse können im engeren Sinn als Schüler T.s gelten.

  • Auszeichnungen

    A korr. Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1971);
    Vors. d. Exekutivkomitees d. Intern. Soc. for the Study of Behavioral Development (1969);
    Präs. d. Dt. Ges. f. Gerontol. (1977–83) u. d. Intern. Association of Gerontology and Geriatrics (1981–83);
    Dr. h. c. Leuven (1970), Leipzig (1990), Moskau (1993), Rethymno (Kreta, 1997);
    Preis d. Dt. Ges. f. Psychol. f. d. wiss. Lebenswerk (2001).

  • Werke

    Weitere W Die biogr. Methode in d. anthropol. Wiss., in: Studium Generale 5, 1952, S. 163–77;
    Dt. Nachkriegskinder, Methoden u. erste Ergebnisse d. dt. Längsschnittstud. an Kindern, 1954 (Hg. mit C. Coerper u. W. Hagen);
    Eine Längsschnittunters. b. 35 bis 40j. Angest., in: Vita humana 1, 1958, S. 100–10 (mit U. Lehr);
    Hdb. d. Psychol., Bd. 3: Entwicklungspsychol., ²1959 (Hg.);
    Der Mensch in d. Entscheidung, 1960;
    Psychol. in d. modernen Ges., 1977;
    Dynamik menschl. Handelns, Ausgew. Schrr. z. Psychol. 1944–1984, 1985 (W-Verz. bis 1984);
    Formen seel. Alterns, 1987 (Hg. mit U. Lehr);
    Biogr. u. Psychol., 1987 (Hg. mit G. Jüttemann);
    Biogr. Methoden in d. Humanwiss., 1998 (Hg. mit G. Jüttemann);
    Persönlichkeit u. Entwicklung, 2002 (Hg. mit G. Jüttemann);
    Selbstdarst. in: Psychol. in Selbstdarst., Bd. 2, hg. v. L. Pongratz u. a., 1979, S. 305–27;
    Nachlaß: Inst. f. Gerontol., Univ. Heidelberg.

  • Literatur

    L M. J. Langeveld, A Theory of the Human Person and its World, in: Acta Psychologica, 31, 1969, S. 194–96;
    H. Franta, Die Psycho-Biographik als wiss. begründete Methode in d. Persönlichkeitsforsch. b. Prof. T., Diss. Pontificia Univ. Salesiana Rom 1972;
    D. Coletti, Psicodinamica umanistica, Metodo e valore antropologico della psicologia dinamica di H. T., 1974;
    H. Wahl, Philosoph. Probleme d. psychol. Konzeption v. H. T., Diss. HU Berlin, 1983;
    H. Fisseni, Persönlichkeitspsychol., Ein Theorienüberblick, ²1991, S. 150–61;
    R. Stöwer u. a., Kl. Chron. d. Psychol. Inst. d. Univ. Bonn 1898–1998, ²1998, S. 77–80;
    A. Kruse, Struktur u. Dynamik d. Persönlichkeit, Die Entwicklung d. Bonner Schule über sechs Generationen, in: G. Rudinger u. R. Stöwer (Hg.), Menschen, Traditionen, Perspektiven, 100 J. Psychol. Inst. d. Univ. Bonn, 1999, S. 178–96;
    W. D. Oswald u. H. J. Kaiser, in: Zs. f. Gerontol. u. Geriatrie 34, 2001, S. 518;
    D. Frey, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss., 2002, S. 318 f. (P);
    G. Rudinger u. a., In memoriam H. T., 2003 (P);
    Erlanger Professoren III; Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Autor/in

    Ralph Stöwer, Georg Rudinger
  • Zitierweise

    Stöwer, Ralph; Rudinger, Georg, "Thomae, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 173-174 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118757237.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA