Lebensdaten
1884 – 1976
Geburtsort
Rottluff bei Chemnitz
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Maler ; Zeichner ; Bildhauer
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118759795 | OGND | VIAF: 4964287
Namensvarianten
  • Schmidt, Karl Friedrich
  • Schmidt-Rottluff, Karl
  • Schmidt, Karl Friedrich
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Zitierweise

Schmidt-Rottluff, Karl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118759795.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich August S. (1852–1914), aus Langenstriegitz, Mühlenbes. u. Gde. ältester in R.;
    M Auguste Marie Haase (1856–1936), aus Lichtenwalde;
    Berlin 1919 Emy Frisch (1884–1975), Fotografin; kinderlos.

  • Biographie

    S. besuchte seit 1897 das Gymnasium in Chemnitz (Abitur 1905) und begann anschließend – von den Eltern gefördert – ein Architekturstudium an der TH Dresden. Nach der Gründung der Künstlergruppe „Brücke“ im Juni 1905 mit Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938), dem Jugendfreund Erich Heckel (1883–1970) und Fritz Bleyl (1880–1966) gab er das Studium auf, um freier Künstler zu werden (und fügte seinem Namen den Geburtsort hinzu). In bewußter Abkehr von der akademischen Tradition strebten die „Brücke“-Künstler nach „unmittelbarer“ und „unverfälschter“ Wiedergabe des subjektiv Empfundenen. Diesem Ziel widmete sich S. besonders in zahlreichen Landschaftsdarstellungen, Porträts und Figurenbildern, die bis 1909 in ihrer kraftvoll-dynamischen Pinselführung und starken Farbigkeit von der Rezeption der Werke van Goghs und der franz. Neoimpressionisten geprägt waren. Die Suche nach einer natürlichen „ursprünglichen“ Lebensweise führte S. während regelmäßiger jährlicher Reisen und Sommeraufenthalte bevorzugt in zivilisatorisch kaum berührte Regionen, so im Sommer 1906 auf Einladung Noldes auf die Ostsee-Insel Alsen. 1907-12 fand S. im oldenburg. Dangast sein bevorzugtes Domizil, wo sich fern von seinen „Brücke“-Kollegen seine Kunst relativ eigenständig entwickelte. Mit seinem vehementen Verlangen nach expressivem Ausdruck in Form und Farbe fand er während dieser Jahre zu eindrucksvoller Monumentalität. Seit 1910 verstärkte sich konform zum „kollektiven Brückestil“ die Tendenz zur Vereinfachung der Komposition und zur Arbeit mit starken Konturen und Flächenzonen.

    Schon 1907 hatte sich in Hamburg ein Kreis von Freunden und Förderern gebildet, zu denen u. a. Rosa Schapire (1874–1954) und Gustav Schiefler (1857–1935) gehörten. Dieser machte S. mit der Kunst Edvard Munchs bekannt.

    Die Übersiedlung nach Berlin Ende 1911 konfrontierte S. verstärkt mit den Strömungen zeitgenössischer internationaler Kunst. So zeugen seine Werke zwischen 1912 und 1914 deutlich von seiner Auseinandersetzung mit Kubismus und Futurismus. 1912 nahm er an der Internationalen Sonderbundausstellung in Köln teil. Nach der Auflösung der „Brücke“ 1913 schuf S. in Nidden auf der Kurischen Nehrung die Reihe der „Roten Akte“, mit denen er erstmals intensiv das Akt-Landschafts-Thema aufgriff. In Berlin pflegte er wichtige Kooperationen u. a. mit Herwarth Waldens (1878–1941) „Der Sturm“ und Franz Pfemferts (1879–1954) „Die Aktion“. Im Mai 1915 einberufen, war S. seit 1916 der Presseabteilung von Hindenburgs Hauptquartier im russ. Kowno zugeteilt; in dieser Zeit entstanden acht Holzschnitte – erstmals mit religiösen Themen – und mehr als 20 Holzskulpturen. Nach Krieg und Revolution 1918 engagierte sich S. für kurze Zeit auch kunstpolitisch, z. B. in den sozialistischen Künstlervereinigungen „Novembergruppe“ und „Arbeitsrat für Kunst“, und wählte entsprechend zu Beginn der 20er Jahre mit Bildern der Arbeit und des Arbeiters ein neues Thema. Den künstlerischen Ideen der Zeit gegenüber aufgeschlossen und von der Notwendigkeit einer neuen gesellschaftspolitischen Ordnung überzeugt, vermied er dennoch stilistische Annäherungen an die Tendenzen der Neuen Sachlichkeit. Die subjektiv emotionale Gestaltung der dinglichen Umwelt mit den für ihn charakteristischen expressiven Formen und Farben blieben für ihn verbindlich. In den Jahren 1932-1943, in denen S. – bislang erfolgreich und angesehen – seine Diffamierung als „entarteter“ Künstler durch die Nationalsozialisten erdulden mußte (mehr als 600 Arbeiten wurden in den dt. Museen beschlagnahmt), lebte und arbeitete er vorwiegend zurückgezogen an der pommerschen Ostsee. Nach dem 2. Weltkrieg und der Zerstörung seines Berliner Ateliers ermöglichte die Berufung als Professor an die neugegründete Hochschule für Bildende Künste in Berlin 1947 den Neuanfang (em. 1954). Das Spät werk der 50er/60er Jahre ist geprägt von monumentalen Kompositionen und der absoluten Kraft der unabhängigen Farbe. Im Motiv, das sich weiterhin mit der ihm vertrauten und geliebten Umgebung verbindet, orientierte sich S. weiterhin konsequent am Gegenstand. Die Möglichkeiten der reduzierten Form und der objektunabhängigen Farbe für den bildlichen Ausdruck hatte S. seit Beginn seiner künstlerischen Laufbahn mit der „Brücke“ erforscht; er verfolgte sie innovativ bis zum Schluß weiter. So behaupten sich die späten, in musterhafter Flächigkeit komponierten und bis zur Auflösung der illusionistischen Gegenständlichkeit gesteigerten Werke eindrucksvoll gegenüber der internationalen, von der Abstraktion geprägten Kunst. Den Weg in die inhaltliche Abstraktion ging er nicht. Sein künstlerisches Motto war die Verehrung der Natur und des Natürlichen. Mit der Schenkung einer größeren Anzahl seiner Werke an das Land Berlin 1964 wurde S. zum Initiator und Förderer des Brücke-Museums in Berlin (1967 eröffnet); der künstlerische Nachlaß ging in die „Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung“ ein.

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Preuß. Ak. d. Künste (1931–33);
    Ehrenbürger d. Städte Chemnitz (1946) u. Berlin (1970);
    Kunstpreise d. Städte Berlin (1952) u. München (1961);
    Orden Pour le mérite f. Wiss. u. Künste (1956);
    Gr. Kunstpreis d. Landes NRW (1958);
    Ehrenmitgl. d. American Ac. of Arts and Letters of Art, New York (1974); Karl Schmidt-Rottluff Fördersliftung (seit 1975), vergibt zus. mit d. Studienstiftung d. Dt. Volkes alle zwei J. ein Stipendium an bildende Künstler.

  • Werke

    u. a. Ölgem.: Bahndamm im Winter, 1905/06 (Chemnitz, Städt. Kunstslgg.);
    Deichdurchbruch, 1910;
    Koter Giebel, 1911 (beide Berlin, Brücke-Mus.);
    Lesende (Else Lasker-Schüler), 1912 (Privatbes.);
    Mädchen bei d. Toilette, 1912 (Berlin, Brücke-Mus.);
    Drei Akte, 1913;
    Mädchen vor d. Spiegel, 1915 (beide Berlin, Nat.gal.);
    Lebasee, 1932;
    Dünenlandschaft, 1963 (beide Chemnitz, Städt. Kunstslg.);
    Fischersonntag, 1923;
    Fischerbucht, 1937;
    Heißer Taunuspark, 1950;
    Mond groß im Osten, 1951 (alle Berlin, Brücke-Mus.);
    Reliefs
    d. vier Evangelisten, 1912, Öl auf Messing (Berlin, Brücke-Mus.);
    Inneneinrichtung
    f. d. Wohnung v. Rosa Schapire in Hamburg, 1921 (mit e. d. größten damaligen Slgg. v. Skulpturen S.s);
    W-Verz. R. Schapire, K. S.-R., Das graph. Werk bis 1923, 1924;
    W. Grohmann, K. S.-R., 1956 (Verz. d. Gem. bis 1954);
    E. Rathenau, K. S.-R., Das graph. Werk seit 1923, 1964; G. Wietek, K. S.-R., Plastik u. Kunsthandwerk, Werkverz., hg. v. d. Karl u. Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, 2001 (P);|

  • Nachlass

    Nachlaß: Karl u. Emy Schmidt-Rottluff Stiftung (Berlin, Brücke-Mus).

  • Literatur

    W. Grohmann, K. S.-R., 1956 (Verz. d. Gem. bis 1954, Bibliogr.);
    K. Brix, K. S.-R., 1972;
    K. S.-R., Retrospektive, hg. v. G. Thiem u. A. Zweite, 1989 (Biogr., Bibliogr., P);
    K. S.-R., Der Maler, hg. v. Magdalena M. Moeller u. Hans-Werner Schmidt, 1992 (Biogr.);
    Magdalena M. Moeller, K. S.-R., Werke aus d. Slg. d. Brücke-Mus. Berlin, 1997;
    dies., K. S.-R., Die Berliner J. 1946–76, 2005;
    K. S.-R., „Ungemalte Bilder“ v. 1934 bis 1944 u. Briefe an e. jungen Freund, hg. u. kommentiert v. G. Thiem, 2002;
    ders., Die Verwandlungen d. Venus, S.-R.s Akt-Zeichnungen v. 1909 bis 1913, 2003;
    R. Doschka, K. S.-R., 2005;
    ThB;
    Vollmer;
    KML;
    BBKL (L);
    Dict. of Art;
    Von André bis Zöllner, Biogrr. z. Chemnitzer Gesch., H. 2, hg. v. StadtA Chemnitz, 1998 (Qu, P).

  • Porträts

    Selbstbildnis, 1906 (Seebüll, Nolde-Stiftung);
    Selbstbildnis mit Einglas, 1910 (Staatl. Museen zu Berlin, Nat.gal.);
    Selbstbildnis, 1944 (Hannover, Privatbes.);
    E. Nolde, Bildnis K. S.-R., 1906 (Seebüll, Nolde-Stiftung);
    M. Pechstein, Portrait S.-R., Tusche, 1909;
    E. Roeder, Kopf S.-R., Bronze, zwei Fassungen 1955 u. 1965 (alle Berlin, Brücke-Mus.);
    alle sowie zahlr. Porträtfotografien abgeb. in: K. S.-R., Retrospektive, 1989 (s. L), u. in: G. Wietek, K. S.-R., 2001 (s. W);
    Büste v. R. Scheibe, 1959, Abb. in: Richard Scheibe 80 J. alt, Sonderausst. anläßl. d. 80. Geb.tages d. Künstlers am 19. April 1959, 1959;
    W. Frankenstein, Serie v. K. S.-R.-Bildnissen, 1975/76, publ. in: Wolfgang Frankenstein, Die S.-R.-Bildnisse, hg. v. Magdalena M. Moeller, 1995.

  • Autor/in

    Christiane Remm
  • Zitierweise

    Remm, Christiane, "Schmidt-Rottluff, Karl" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 225-227 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118759795.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA