Lebensdaten
1900 – 1970
Geburtsort
Siegen (Westfalen)
Sterbeort
Kiel
Beruf/Funktion
Nationalökonom
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118758608 | OGND | VIAF: 51723133
Namensvarianten
  • Schneider, Erich

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Schneider, Erich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118758608.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm, Rektor;
    M Marie Weber;
    1930 Erna Daub; kinderlos.

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Realgymnasium in Siegen 1918 und kurzem Kriegsdienst studierte S. seit 1918 Mathematik und Physik in Gießen, Frankfurt/M. und Göttingen. In Frankfurt, wo er seit 1920 Wirtschaftswissenschaften studierte, wurde er 1922 bei Andreas Voigt (1860–1941) zum Dr. rer. pol. promoviert (Der Kalkül d. Schuldverhältnisse, angew. auf solche mit mehreren Geldsorten, insbes. die Geldarbitrage). Nach dem naturwissenschaftlichen Staatsexamen 1925 in Münster war er bis 1936 im Höheren Schuldienst tätig, als Referendar in Dortmund, Assessor (1927) in Tecklenburg und als Studienrat in Koblenz (1929) und Dortmund (1930–36). Seit 1924 publizierte er mathematisch-ökonomische Schriften und besuchte seit 1929 Seminare an der Univ. Bonn bei Joseph A. Schumpeter (1883–1950), bei dem er sich mit der Arbeit „Reine Theorie monopolistischer Wirtschaftsformen“ (1932) habilitierte. Mit weiteren Aufsätzen zum Monopolproblem, zur Preisbildung und zur Kostentheorie wurde S. neben Heinrich v. Stakkelberg (1905–46) zu einem der führenden Marktformentheoretiker der 1930er Jahre. Bereits 1934 folgte mit der „Theorie der Produktion“ (1942) eine weitere wichtige Monographie. Mit Stackelberg und Hans Peter (1898–1959) gründete S. 1935 das „Archiv|für mathematische Wirtschafts- und Sozialforschung“, das 1942 sein Erscheinen einstellen mußte.

    1936 folgte S. einem Ruf auf ein Ordinariat an der Univ. Aarhus in Dänemark (NSDAP-Mitglied seit 1933). Von dort wechselte er 1946 auf einen Lehrstuhl für Wirtschaftliche Staatswissenschaften in Kiel (1959/60 Rektor, 1969 em.). 1961-69 war er Direktor des Instituts für Weltwirtschaft und Herausgeber der Zeitschrift „Weltwirtschaftliches Archiv“, 1963-66 Vorsitzender des „Vereins für Socialpolitik“, dessen einflußreichen Theoretischen Ausschuß er von der Neugründung 1953 bis 1962 leitete.

    S.s Hauptwerk, die zunächst dreibändige „Einführung in die Wirtschaftstheorie“ entstand zu Beginn seiner Kieler Zeit: 1947 erschien die „Theorie des Wirtschaftskreislaufs“ (141969, japan. 1962, portugies. 1962, span. ⁴1963, pers. 1969), 1949 „Wirtschaftspläne und wirtschaftliches Gleichgewicht in der Verkehrswirtschaft“ (131972, engl. ³1966, span. ⁴1963, japan. 1964, portugies. 1964, franz. 1974) und 1952 „Celd, Kredit, Volkseinkommen und Beschäftigung“ (121973, japan. 1961, engl. 1962, portugies. 1962, span. ³1963, singhales. 1968, ital. 1972). Mit diesen Lehrbüchern zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, zur Mikro- und Makroökonomik wurde in Nachkriegsdeutschland der Anschluß an den internationalen Standard wieder hergestellt, sie waren die zentralen Lehrbücher in den 1950er und 1960er Jahren. 1962 folgte ein vierter dogmenhistorischer Band „Ausgewählte Kapitel der Geschichte der Wirtschaftstheorie“ (³1970, span. 1967, portugies. 1968). S., dessen Lehrbefugnis sich auch auf Betriebswirtschaftslehre und Statistik erstreckte und dessen Bonner Antrittsvorlesung bereits das Thema „Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre“ umfaßt hatte, publizierte zahlreiche betriebswirtschaftliche Schriften.

    Neben seinen großen Erfolgen als akademischer Lehrer, dessen zahlreiche Schüler Führungspositionen in der Wirtschaft oder (wie z. B. Günther Schleiminger [* 1921], Mitgl. d. dt OEEC-Delegation in Paris, dt. Dir. d. Internat. Währungsfonds in Washington, Gen.dir. d. Bank f. internat. Zahlungsausgleich Basel) bei internationalen Organisationen erhielten oder (angeführt v. Gottfried Bombach [* 1919]) Universitätsprofessoren wurden, liegt S.s eigentliche Bedeutung in der Durchsetzung des Keynesianismus in Deutschland und einem für damalige Verhältnisse ungewohnt intensiven Gebrauch mathematischer Methoden. Im „Streit um Keynes“ scheute der Schumpeter-Schüler S. keine Kontroverse, anfangs v. a. mit ordoliberalen Kontrahenten und letzten Vertretern der Historischen Schule, am Ende in Auseinandersetzung mit dem aufkommenden Monetarismus. Charakteristisch für S. war dabei eine gewisse Strenge des formalen Arguments. Seine Interpretation der neuen Wirtschaftslehren war eine eigenständige Synthese der Erkenntnisse von Keynes mit jenen der seinerzeit in Blüte stehenden skandinav. Wirtschaftstheorie und der bereits von Schumpeter hochgeschätzten Theorie des allgemeinen Gleichgewichts von Léon Walras (1834–1910) und mathematisch geprägter Ökonomen Italiens wie z. B. Vilfredo Pareto (1848–1923).

  • Auszeichnungen

    List-Medaille in Gold d. Bundesverbandes Dt. Volks- u. Betriebswirte (1965);
    Gr. BVK (1968);
    Dr. h. c. (FU Berlin 1957, Handelshochschule Stockholm 1959, Sorbonne Paris 1960, Handelshochschule Helsinki 1961, Louvain 1963, Rennes 1966, Madrid 1970);
    Mitgl. zahlr. Akademien, Beiräte u. Gesellschaften, u. a. d. Econometric Soc. u. d. Royal Economic Soc.

  • Werke

    Weitere W Ind. Rechnungswesen, Grundlagen u. Grundfragen, dän. 1945, dt. 1954, ⁵1969, span. ⁴1972, japan. 1979;
    Wirtschaftlichkeitsrechnung, Theorie d. Investition, 1951, ⁸1973, japan. 1963, span. ²1970;
    Der Streit um Keynes, in: Jbb. f. Nat.ök. u. Statistik 165, 1953, S. 89-122;
    Volkswirtsch. u. Betriebswirtsch., Ausgew. Aufss., 1964, japan. 1968, span. 1968;
    Zahlungsbilanz u. Wechselkurs, 1968, ital. 1970, span. 1972;
    Joseph A. Schumpeter, 1970.

  • Literatur

    G. Bombach (Hg.), Stabile Preise in wachsender Wirtsch., E. S. z. 60. Geh.tag, 1960 (P);
    ders., in: Ges. z. Förderung d. Inst. f. Weltwirtsch. (Hg.), E. S. in memoriam, 1971, S. 12-32;
    ders. u. a. (Hg.), Der Keynesianismus, 5 Bde., 1976-83;
    ders. u. M. Takke, (Hg.), E. S. 1900-1970, Gedenkbd. u. Bibliogr., 1980 (W-Verz.);
    H. Scherf, E. S.s Keynes-Rezeption, ebd., S. 49-61;
    W. Vogt, E. S. u. d. Wirtsch.theorie, 1972 (W-Verz.);
    G. Bombach, Wirtsch.theorie u. Wirtsch.pol. im Werke E. S.s, in: Inst. f. Volkswirtsch.lehre d. CAU Kiel (Hg.), Kestkolloquium in memoriam E. S., 1987, S. 43-83;
    K. W. Rothschild, S.s Plädoyer f. Keynes, ebd., S. 9-27;
    J. A. Schumpeter, Briefe/Letters, ausgew. u. hg. v. U. Hedtke u. R. Swedberg, 2000;
    B. Schefold, Wiss. als Gegengabe, Neugründung u. Aktivitäten d. Theoret. Ausschusses im Ver. f. Soc.pol. v. 1949-1973, in: Schmollers Jb. 124, 2004, S. 579-608;
    K. Häuser, E. S. u. d. dt. Nat.ök. nach d. Zweiten Weltkrieg, in: C. Scheer (Hg.), Stud. z. Entwicklung d. ökonom. Theorie 115/XXII-XXIII, 2006 (im Druck);
    W. Schäfer, in: BHdwE.

  • Autor/in

    Harald Hagemann
  • Zitierweise

    Hagemann, Harald, "Schneider, Erich" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 286-287 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118758608.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA