Lebensdaten
1640 – 1710
Geburtsort
Schloß Lenzen/Elbe (Prignitz)
Sterbeort
Halle/Saale
Beruf/Funktion
Jurist ; Professor in Frankfurt an der Oder, Wittenberg und Halle an der Saale ; kurbrandenburgischer Geheimer Rat
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 118756109 | OGND | VIAF: 17396155
Namensvarianten
  • Striccius, Samuel
  • Strick, Samuel
  • Stricke, Samuel
  • mehr

Orte

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Zitierweise

Stryk, Samuel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118756109.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Elias (1595–1677), kurbrandenburg. Amtmann in L., S d. Matthäus, Stallmeister in Lüneburg, kurbrandenburg. Bereiter zuletzt in Zechlin (Mark), u. d. Anna Burow († 1612);
    M Eva (1600–60), T d. Georg Calov, Amtsschreiber in Zehdenick (Mark Brandenburg);
    4 B u. a. Christian ( 1663 Catharina Elisabeth Leydenfrost, 1644–74), in venetian., span. u. ksl. Kriegsdiensten, um 1677 brandenburg. Zolleinnehmer in Lenzen, Pachtinh. d. frhrl. Putlitz. Güter in Wolfeshagen, Elias († 1653), Student d. Philos. u. Rechtswiss. in Rostock, Friedrich (1641–1719), Jur., fürstl. oels-bernstaedt. Reg.rat, Thomas († 1666), 4 Schw (1 früh †) Eva (Elisabeth) (1635–1719, Joachim v. Klinggraeff, 1609–80, Amtmann in Kletzke b. Plattenburg, Prignitz), Catharina 1] Joachim Happe, Amtmann in Putlitz, 2] Laurent Schröder, Amtmann in Damberg), Elisabeth ( David Hagen, Amtmann in Gatz [Gartz] u. Manckmus);
    1) Frankfurt/Oder 1665 Anna Sabina (1645–77), T d. Johann Brunnemann (1608–72, Jur., 1636 o. Prof. d. Logik in Frankfurt/Oder, 1640 d. Institutionen, 1645 d. Pandecten, 1646 d. Codex, 1653 d. Decretalen, 1664 kurbrandenburg. Rat (s. ADB III; Brandenburg. Gel. III), 2) 1678 Catharina (1655–1707), T d. Erich Wördenhoff (Wordenhoff) (um 1620–79), Jur., Ratsherr in Hamburg;
    1 S aus 1) Johann Samuel (1668–1715, Jur., 1692 ao., 1695 o. Prof. d. Rechte in H. (s. ADB 36; -Schröder; W); N Elias August (1665–1733, Jur., 1688 ao., 1693–97 o. Prof. d. Rechte in Kiel, 1698 braunschweig. Rat in Hannover, 1723 Hof- u. Kanzleirat, 1725 hann. Hofkanzleidir. (s. ADB 36), Heinrich Christian (1673–1732, Jur., Dipl., 1699 ksl. Legationssekr. in Wien, 1707 hzgl. schleswig.holstein. JR, 1711 Geh. Kammersekr., 1725 in St. Petersburg, 1726 Staatsrat, 1727 Hofkanzler in Kiel (s. ADB 36).

  • Biographie

    Nach dem Schulbesuch in Seehausen seit 1652 und in Cölln/Spree seit 1655 studierte S. seit 1658 in Wittenberg Philosophie und Theologie, wechselte aber schnell zur Rechtswissenschaft, seit 1661 in Frankfurt/Oder v. a. bei seinem späteren Schwiegervater Johann Brunnemann und Joachim Bussius. 1664 unternahm er Reisen nach Holland und England. In Löwen hörte er bei Anton Perez, in Franeker bei Johann Jakob Wissenbach. 1665 schloß er in Frankfurt/Oder das Jurastudium mit dem Lizenziat ab und begann Vorlesungen und Übungen zu halten. 1666 wurde S. zum Dr. iur. utr. promoviert und zum ao. Professor der Novellen in Frankfurt ernannt. 1668 erhielt er die o. Professur für die Institutionen, 1672 die zuvor von J. Brunnemann besetzte Professur für die Pandekten. Im selben Jahr wurde S. zum ksl. Pfalzgrafen ernannt. 1680 bekam er die Professur für den Codex, die davor Philipp Jacob Wolff innehatte; damit vertrat er in Frankfurt sämtliche Fächer des röm. Rechts. 1682 trat er schließlich als Professor primarius und Ordinarius an die Spitze der Fakultät. 1690 wurde er Nachfolger seines verstorbenen Lehrers Kaspar Ziegler in Wittenberg. Parallel übernahm er in zeittypischer Weise die Aufgabe eines Rates beim Oberappellationsgericht in Dresden. Bereits 1692 – zwei Jahre vor der Einweihung der Universität – wechselte er auf Wunsch des brandenburg. Kf. Friedrich III. nach Halle, wo er zu den Gründungsmitgliedern der Universität gehörte und kfl. Geheimrat wurde. Zusammen mit Christian Thomasius (1655–1728), der schon seit 1691 in Halle war, und Johann Georg Simon (1636–96) bildete S. die jur. Fakultät. In Halle erwarb sich S. seit dem Tod Veit Ludwig v. Seckendorffs (1626–92) hohe Anerkennung als Organisator der neuen Universität im Amt des Direktors. Die Krone war bereit, ihm das damals ungewöhnliche Gehalt von 1200 Talern pro Jahr zu zahlen. Einen Ruf an die Univ. Kopenhagen als Geheimer Staatsrat und Direktor lehnte S. ab. Dasselbe gilt für eine vom Kaiser angebotene Stelle als Reichshofrat verbunden mit der Direktion der Univ. Breslau. S.s Hauptwerk ist eine Sammlung ausgewählter Disputationen, die in vier Bänden seit 1690 unter dem Titel „Specimen usus modernus pandectarum“ erschienen. In Orientierung an der Ordnung der Digesten wird der Stoff nicht im Sinne eines reinen röm. Rechts behandelt, sondern so, wie er in der „modernen“ Zeit gebraucht wurde. Kennzeichnend für den Usus modernus ist eine Vermischung verschiedener Rechtsquellen, deren systematischer Ausgangspunkt das röm. Recht ist. Es wird aber sorgfältig geprüft, ob die röm.-rechtlichen Regeln rezipiert sind oder ob ggf. partikulare Rechtsquellen im jeweiligen Einzelfall entgegenstanden. Nach der sog. Statutentheorie hat partikulares Recht als speziellere Rechtsquelle Vorrang vor dem gemeinen, d. h. röm.kanonischen Recht. Die Statutentheorie wandte S. jedoch nicht streng an. Billigkeit und Gemeinwohlerwägungen konnten zu Abweichungen führen. Das so angedeutete Programm ist zum, freilich nicht sehr trennscharfen, Charakterzeichen einer ganzen Epoche der Privatrechtsgeschichte, der Buchtitel zum Epochennamen geworden – ein einzigartiger Vorgang. Luig hat überzeugend dargestellt, daß der von Landsberg behauptete Einfluß des Naturrechts und die von Schubart-Fikentscher beobachtete Ablehnung des fremden, röm. Rechts durch S. so nicht nachgewiesen sind. S. baute v. a. auf den Werken von Wolfgang Adam Lauterbach und Georg Adam Struve auf. Wie diese versuchte S., nur die rezipierten Teile des röm. Rechts zum Gegenstand der wiss. Behandlung zu machen. Die prinzipielle Geltung des röm. Rechts in Deutschland wird dabei jedoch nicht in Frage gestellt, vielmehr spricht für dieses trotz seiner Subsidiarität gegenüber partikularem Recht eine begründete Vermutung. Mit seinem Werk „De jure sensuum“ (1665, erweitert 1671) stellte S. sich gegen die Praxis der Hexenverfolgung, woran Thomasius später anknüpfte. Hier zeigt sich, daß S. der Aufklärung zuzurechnen ist. Das wird auch bei seinem Engagement für die Lehre deutlich, die von erzieherischen Idealen getragen war.

    Eine Reihe berühmter Juristen des 18. Jh. waren Schüler S.s: Justus Henning Böhmer, Nicolaus Hieronymus Gundling, Johann Gottlieb Heineccius, Jakob Friedrich Ludovici, Johann Peter v. Ludewig sowie Christian Thomasius.

  • Werke

    Weitere W Examen juris feudalis, 1675;
    De cautelis contractuum, 1684;
    Tractatus de successione ab intestato, 1687;
    Specimen usus moderni pandectarum, Bd. 1 Frankfurt/Oder 1690 (22 Disputationes zu Buch 1–5 d. Digesten), Bd. 2, Halle 1694 (9 Disputationes zu Buch 6–12), Bd. 3, Halle 1709 (12 Disputationes zu Buch 13–22);
    Bd. 4 u. 5, Halle 1712 (zu Buch 23–50, hg. v. Johann Samuel Stryk), 10. Aufl. in 4 Bdn., 1746–80;
    Introductio ad praxin|forensem, 1691;
    Tractatus de actionibus forensibus, 1694;
    Tractatus de cautelis testamentorum, 1703;
    Opera omnia, 15 Bde., 1743–53 (darin auch abgedr. d. Rechtsgutachten aus d. Hallenser Spruchkollegium;
    ferner Disputationes, u. a. auch v. J. F. Rhez [Rhetius] u. Johann Samuel Stryk).

  • Literatur

    ADB 36;
    J. I. Beyer, Alte u. neue Gesch. d. Hallischen Gelehrten, sowohl insgemein, als besonders d. Friedrichs-Univ. allda, 4. Beytrag, Worinnen Des (…) Samuel Strykens (…) leben, verdienste u. schriften befindlich, 1740, S. 191–274 (P);
    R. Lieberwirth, Gedanken zu Fragen d. Strafrechts b. S. S., in: Wiss. Zs. d. Univ. Halle-Wittenberg, Ges.- u. Sprachwiss. X/2, 1961, S. 401–04;
    G. Schubart-Fikentscher, S. S., Jurisconsultus, ebd., S. 383–400;
    dies., Ein Btr. z. Usus modernus Pandectarum insbes. nach d. Dissertationen v. S. S. u. Christian Thomasius um d. Wende v. 17. z. 18. Jh., in: Eranion f. G. S. Maridakis I, 1963, S. 207 ff.;
    K. Luig, S. S. (1640–1710) u. d. Usus modernus pandectarum, in: FS Sten Gagnér, 1991, S. 219–35;
    ders., in: HRG V;
    Zedler 40, Sp. 1128–35 (mit Aufzählung v. 154 Disputationes u. mehr als 30 sonstigen Einzeltiteln);
    Stintzing-Landsberg III;
    H. Hof, in: Kleinheyer-Schröder (P);
    R. Domingo, in: Juristas Universales II, S. 446–49 (P)

  • Porträts

    | Kupf. s. Digitaler Portaitindex.

  • Autor/in

    Tilman Repgen
  • Zitierweise

    Repgen, Tilman, "Stryk, Samuel" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 606-608 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118756109.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Stryk: Samuel St., der Vater des vorhergehenden, hervorragender Jurist, ist geboren am 22. Novbr. 1640 zu Schloß Lentzen in der Priegnitz, als Sohn des dortigen Brandenburger Amtmanns Elias St.; seine Mutter Eva war eine Tochter des brandenburger Amtmanns Georg Calov. — Samuel St. besuchte die Schule zu Seehausen, das Gymnasium zu Cölln a. d. Spree (Berlin) und bezog 1685 die Universität Wittenberg, wo er zunächst vorbereitend Philosophie, dann Theologie studirte, bald aber zur Jurisprudenz überging, welche ihm bessere Lebensaussichten zu eröffnen schien. Seine namhafteren Lehrer auf diesem neuen Felde waren W. Leyser und Caspar Ziegler. Weit größeren Einfluß jedoch hat auf ihn geübt sein späterer Schwiegervater Joh. Brunnemann, unter dessen Leitung er seit 1661 zu Frankfurt a. O. trat und dort auch seine erste Disputation abhielt. Eine Reise nach England und Holland kam dazwischen; dann kehrte er nach Frankfurt zurück, ward am 11. Mai 1665 Licentiat, am 17. September desselben Jahres Doctor der Rechte und noch am 10. November 1665 außerordentlicher Professor der Novellen. Allmählich und der Regel gemäß rückte er weiter vor zu der ordentlichen Professur der Institutionen 1668, der Pandekten 1672, des Codex 1680, und 1682, nachdem Rhetz nach Berlin an den Hof gerufen war, trat er an dessen Stelle als erster Professor und Ordinarius der Facultät mit dem Rathstitel. Als er 1690 als Nachfolger seines Lehrers Ziegler zum Präses und Ordinarius der Facultät nach Wittenberg berufen wurde, erhielt er seine Entlassung aus brandenburgisch-preußischen Diensten|nur unter der Bedingung, im Bedürfnißfalle in diese zurückzukehren. Man scheint sich diese Handhabe schon damals in Berlin gewahrt zu haben mit Rücksicht auf den Plan der Hallischen Universitätsgründung; als man dann aber 1692 wirklich von ihr Gebrauch machte, um St. für Halle zu gewinnen, wohin man gleichzeitig seinen Sohn als außerordentlichen Professor berief, glaubte man wol nicht unbedingt sich auf sie verlassen zu können und war auf hohe Gehaltsansprüche umsomehr gefaßt, je nöthiger man ihn hatte und je weniger Verlockendes sonst der Uebergang aus der gesicherten Stellung an der altbewährten Universität Wittenberg in die noch vielfach ungeklärten Hallischen Verhältnisse zu bieten schien. Jedoch kam infolge von Reibungen innerhalb der Facultät sowol wie des Dresdener Oberappellationsgerichts, in welches er als Rath gezogen worden war, St. der Wechsel nicht unerwünscht. Einen gleichzeitig an ihn gelangten Ruf nach Kopenhagen als Geh. Staatsrath und Director der Universität schlug er aus, ebenso wie ein später einmal ihm vom Kaiser, dessen Pfalzgraf er seit 1672 war, gemachtes Anerbieten einer Reichshofrathstelle, verbunden mit der Direction der in Breslau anzulegenden Universität; er wolle sein Leben im Dienst seines angeborenen Landesherrn zubringen, so lautete seine echt märkische Antwort. Demgemäß zeigte er sich dem brandenburger Bevollmächtigten gegenüber mit einem wesentlich geringeren Gehalt zufrieden, als bis zu welchem zu gehen dieser Auftrag hatte. Er erschien noch 1692, am 16. December, in Halle und übernahm dort die Professur, das Ordinariat der Facultät und das Directorat der gesammten Universität auf Lebenszeit; er erhielt den Titel eines kurfürstlichen Geheimrathes, und wurde 1695 der zweite Prorector der jungen Universität. Er ist am 23. Juli 1710 gestorben.

    Samuel St. war zwei Mal verheirathet, zuerst seit 1665 mit Anna Sabina Brunnemann, dann, sehr bald nach deren Tode, 1677, schloß er die zweite Ehe mit Catharina Werdenhoff, welche 1707 starb. Die zweite Ehe war kinderlos, aus der ersten stammt, außer einer bald nach der Geburt gestorbenen Tochter, nur der Sohn Johann Samuel. Die Vermögensverhältnisse scheinen sehr gut gewesen zu sein, die Nachlassenschaft wird als eine bedeutende geschildert.

    Als Hauptaufgabe seines Lebens hat St. stets die akademische Wirksamkeit betrachtet, in Form des Unterrichts sowol wie der Beförderung und Abhaltung von Disputationen. An letzteren ist er so fruchtbar gewesen, daß außer denjenigen, von welchen immer mehrere planmäßig ein bestimmtes Gebiet durchwandern und sodann von ihm zu seinen zahlreichen größeren Werken zusammengestellt worden sind, die vereinzelten in nicht vollständiger Sammlung noch acht Foliobände füllen. Sowol hier, wie in seiner sonstigen schriftstellerischen Thätigkeit, wie in den Vorträgen war stets St. bedacht auf Klarheit und praktische Brauchbarkeit, unter Ausschluß jeder geheimnißvollen Gelehrsamkeit und Spitzfindigkeit, bereit, Alles, was er hatte, seinen Schülern zu geben, welche ihm dafür mit der lebhaftesten Anhänglichkeit lohnten. So zog eine ganze Schar von Studenten mit ihm von Wittenberg nach Halle, noch mehr lockte seitdem dorthin die immer mehr wachsende Beliebtheit seiner Collegien und Uebungen; sein Vortrag wird als gefällig und würdevoll, wie seine ganze Erscheinung, geschildert. Zugleich verschaffte seine weit verbreitete Autorität, der Ruf seiner Erfahrung, Einsicht und Rechtskenntniß der jungen Facultät eine Inanspruchnahme als Spruchcollegium, welche ihr nach innen praktische Schulung, nach außen eine Anerkennung sicherten, die sie mit einem Schlage den altbewährten Anstalten gleicher Art gleichwertig an die Seite stellte und zu der sie seiner um so mehr bedurfte, als der Name des eigentlichen Begründers, des Thomasius, neben allem Glanz, der ihn in weitesten Kreisen umfloß, in ängstlichen besonneneren Fachkreisen etwas Mißtrauen erwecken mochte. Auf Thomasius selbst ist das|Wirken neben Stryk, in Facultät und Spruchcollegium, von wohlthätigstem Einflusse gewesen.

    Stryk's Stellung als Director der Universität nahm noch wesentlich an Bedeutung zu durch den Tod Seckendorff's (18. December 1692), mit dessen Person der nur auf sie zugeschnittene Posten eines obersten, vornehmen Leiters der Universitätsangelegenheiten mit staatsmännischer Repräsentation wegfiel. Durch seine Geschäftskunde und Erfahrung im Universitätswesen füllte St. die so entstandene Lücke aus. Er reiste zunächst, mit dem Mediciner Fr. Hoffmann, zur Besprechung mit dem Obercurator Dankelmann nach Berlin und wirkte dort mit bei der Fertigstellung der Statuten. Sodann war er wesentlich bei den Einweihungsfestlichkeiten, 1694, betheiligt. Namentlich aber hat er die laufenden Geschäfte bis zu seinem Tode nach so trefflichen Principien so sicher und geschickt geführt, daß noch 1740 ein officieller Bericht des Rectors Junker an den von Friedrich II. mit der Revision der Universität betrauten Propst Reinbeck hervorhebt, dieser Verwaltung sei „der erste Flor und besondere Wachsthum der Universität vornehmlich zu danken“.

    Stryk's wissenschaftliche Bedeutung beruht namentlich darauf, daß er die Thätigkeit eines Lauterbach, eines Struv fortsetzt, wie sie in der Feststellung des in Deutschland thatsächlich geltenden gemeinen Civilrechts, der praxis moderna. des Römischen Rechts bestand, zugleich aber den neueren Strömungen des beginnenden 18. Jahrhunderts ihr Recht widerfahren läßt und so vermittelnd wirkt. Namentlich geschieht dies in seinem Hauptwerk, dem „Usus modernus Pandectarum“, dessen erste Titel 1690, dessen letzte Bände erst 1712 aus Stryk's Nachlaß von seinem Sohne veröffentlicht worden sind (10. und letzte Ausg., in 4 Bdn., Halle 1746—1780). Nicht Vollständigkeit wird hier beabsichtigt, namentlich nicht etwa, wie bei Lauterbach, jede Materie nach allen ihren Beziehungen an der Hand eines festen Schemas abgehandelt, sondern es werden bei jedem Titel praktisch besonders wichtige Einzelfragen herausgegriffen und lediglich nach dem Vorgange und den Bedürfnissen der Praxis beantwortet. Aber eines tritt hier denn doch neu zur Praxis hinzu: eine starke Berücksichtigung deutscher Rechtsquellen, sowol älterer allgemeiner, nämlich der Spiegel, wie jüngerer territorialer Gesetzgebungen, deren eine nicht ganz unerhebliche Anzahl vorkommen. Diese Verbindung des alten Verfahrens mit dem neuen, germanistischen Geiste, etwa eines Schilter, entspricht genau den im „Discursus praeliminaris“ entwickelten Grundsätzen; auch sie suchen einen gewissen Mittelweg, indem einerseits die präsumptive Gültigkeit des Römischen Rechts in Deutschland strenge festgehalten, andererseits aber der Vorzug des in seiner Selbständigkeit anerkannten, aus seinem Sinn hervor zu interpretirenden Deutschen Rechts, wo solches nachweisbar, anerkannt wird. — Vor und neben diesem Usus modernus hat St. eine Reihe von Monographien veröffentlicht. Sein erstes derartiges Werk ist das „De jure sensuum“ (Frankfurt, zuerst 1665, dann erweitert 1671); hier werden alle Rechtseinrichtungen und -Fragen, welche an die einzelnen Sinne anknüpfen, durchgesprochen. Voran aber geht ein „Prooemium generale de sensibus“, welches sich namentlich von dem Gesichtspunkte aus, daß zuverlässiges Zeugniß auf zuverlässiger sinnlicher Wahrnehmung beruhen soll, gegen die Glaubwürdigkeit der gegenseitigen Hexen-Denuntiationen ausspricht. In der Frage der Hexenverfolgung wie im Strafrechte überhaupt tritt nämlich St. in die Fußstapfen Brunnemann's, nimmt dessen Gegnerschaft gegen Benedict Carpzov auf und hat die Autorität des letzteren im wesentlichen gebrochen. Ebenso verficht St. Brunnemann's tolerante kirchen- und staatskirchenrechtliche Ansichten in seiner Ausgabe von dessen bis dahin unveröffentlichtem Jus ecclesiasticum; er citirt in seinen Zusätzen gerne Spener zu Gunsten|der Milde und innerlichen Frömmigkeit, im Gegensatz gegen die Formenstrenge der Orthodoxie, welcher letzteren er die schwersten Vorwürfe macht. — Außerdem seien von St. noch genannt: der „Tractatus de successione ab intestato"; seine unmittelbar für die Praxis bestimmten, den „Fallstricken“ des hier so sehr von der „natürlichen Einfachheit“ abweichenden Römischen Rechts entgegengesetzten Tractate „De cautelis contractuum“, „De cautelis testamentorum“ und „De actionibus investigandis et caute eligendis“, und das wegen seiner Klarheit und Kürze weit verbreitete Lehrbuch „Examen juris feudalis“ (zuerst 1675). — Von seinen einzelnen Dissertationen können hier nicht einmal die wichtigsten aufgeführt werden, es sei nur bemerkt, daß sie alle Gebiete des Rechts berühren, ganz überwiegend aber doch das Civilrecht behandeln, und sich vielfach durch geschickte Wahl etwas originell klingender Titel auszeichnen. — Die Rechtsgutachten, welche er Namens der Hallischen Facultät ausgearbeitet hat, sind in v. Ludewig's Consilia Halensia aufgenommen, daraus wieder abgedruckt stehen sie im 15. u. 16. Bande seiner sog. „Opera omnia“ (Frankfurt und Leipzig 1743—1755), welche sonst im wesentlichen nur seine, seines Sohnes und des Rhetius Disputationen, also thatsächlich keineswegs alle seine Werke enthalten.

    Stryk's Schüler v. Ludewig, in seinem Nachruf an Thomasius, bezeichnet ihn lobend als forensis jurisprudentiae coryphaeus. Gegner, an ihrer Spitze v. Lyncker, tadeln wol, seine Rechtskenntniß sei nicht in die Tiefe gedrungen, wo die eigentlich juristischen Schwierigkeiten beginnen, da versage er. Man sieht, jenes Lob und dieser Tadel schließen sich gegenseitig nicht ganz aus; der Vorwurf der Gegner in eine mäßige Form gebracht, etwa dahin gestaltet, daß St. nicht direct praktische Fragen der verwickelteren Interpretation oder systematisch-theoretischer Art gerne vermeidet, wäre ihm selbst wol eher als ein Lob erschienen. Dennoch aber ist er stets frisch und anregend, denn er schreibt nicht bloß aus seinen Collectaneen, sondern auch aus seinem Kopfe, wie Gronovius treffend über ihn im Gespräche einem ihn besuchenden jüngeren Deutschen gegenüber bemerkte.

    • Literatur

      W. A. Schöpf, Vorrede zum ersten Bande der Opera Omina Strykii. — Nachrufe, Leichenreden etc., 1710 gehalten zu Halle, Wittenberg, Jena etc. —
      v. Ludewig, praef. ad Tom. II Consiliorum Halensium 491. —
      Baumgarten, Uebersetzung von Nicéron, Mémoires 18, 355 (nicht im franz. Original). —
      v. Schulte, Geschichte u. s. f., b, 60. — Aus den handschr. Mittheilungen Gottl. Stolle's, mitgetheilt durch Guhrauer in der Allg. Zeitschrift f. Geschichte (W. A. Schmidt) 7, 501.

  • Autor/in

    Ernst Landsberg.
  • Zitierweise

    Landsberg, Ernst, "Stryk, Samuel" in: Allgemeine Deutsche Biographie 36 (1893), S. 699-702 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118756109.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA