Lebensdaten
1911 – 1979
Geburtsort
Haspe bei Hagen (Westfalen)
Sterbeort
Hagen
Beruf/Funktion
Lyriker
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118747509 | OGND | VIAF: 108747347
Namensvarianten
  • Meister, Ernst
  • Maister, Ernst
  • Māṭīsṭar, Arnsṭ
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Zitierweise

Meister, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118747509.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ernst (1884–1960), Metallfabr. in Haspe, S d. Drehers Eduard (1851–1915) u. d. Emma Halverscheid (1853–1938);
    M Hedwig (1888–1971), T d. Lagerarbeiters Emil Bremer (1863–1930) u. d. Emma Faßbender (1865–1936);
    Frankfurt/M. 1935 Else (* 1912), Schriftstellerin (Ps. Alice bzw. Else Koch, s. W), T d. Orchestermusikers Wilhelm Koch (1889–1962) u. d. Ida Luise Orzech (1891–1987);
    2 S, 2 T.

  • Biographie

    Nach dem Abitur am naturwissenschaftlichmathematischen Gymnasium in Haspe (1930) arbeitete M. zunächst als Volontär in einem Gartenbaubetrieb in Niederwalluf/Rhein. Wohl auf Wunsch des Vaters entschloß er sich danach zum Studium der Theologie, das er im Wintersemester 1930/31 in Marburg begann; er hörte u. a. bei Rudolf Bultmann. Zum Wintersemester 1931/32 ging er nach Berlin, wo er Kontakt zur jungen literarischen Szene aufnahm. Zurück in Marburg, wechselte M., der längst die Existenz Gottes bezweifelte, beeindruckt von Martin Heidegger und angeregt von Karl Löwith, im Mai 1932 zur Philosophie (Nebenfächer: Germanistik und Kunstgeschichte). Bei Löwith plante er eine Dissertation über Nietzsches Schiffs- und Ufersymbolik. In der ersten Jahreshälfte 1932 erschien in dem kleinen „Verlag Marburger Flugblätter“, zugleich firmierend als „Verlag der Marburger Blätter“, der erste Gedichtband: „Ausstellung“. Aus dieser Zeit stammen auch Typoskripte eines Dramas, eines Romanfragmentes und einiger kleinerer Erzählungen. Nach der Emigration Löwiths siedelte M. im September 1934 nach Frankfurt/Main über; dort erschienen 1935 drei seiner Prosastücke in der „Frankfurter Zeitung“. Danach kam M.s literarische Tätigkeit weitgehend zum Erliegen, da sich seine schon in den letzten Schuljahren von Erschöpfungszuständen beeinträchtigte Gesundheit inzwischen noch weiter verschlechtert hatte. Angesichts der politischen Lage vernichtete M. die nicht verkauften Bände von „Ausstellung“; nur wenige Exemplare konnten von seiner Frau gerettet werden. 1936 lernte M. in einem Seminar des Philosophen und Pädagogen Georg Ed. Burckhardt (1881–1974) Gerhard Meier (* 1909, Ps. als Übersetzer: Jan Ulenbrook) kennen, seinen wichtigsten Gesprächspartner der Frankfurter Zeit. Bei weiterhin problematischer Gesundheit, vom Vater finanziell abhängig, mußte M. 1939 nach Haspe zurückkehren. Bis zur Einberufung als Soldat 1942 und nach der Entlassung aus amerikan. Kriegsgefangenschaft in Italien im Oktober 1945 arbeitete er als Angestellter in der väterlichen Fabrik. 1946/47 wurde in sechs kleinen Heften eine Reihe der zwischen 1934 und 1947 entstandenen Gedichte privat gedruckt als „Mitteilung für Freunde“. In den frühen Nachkriegsjahren entstanden u. a. die „Gedanken eines Jahres“, eine umfängliche Folge von Aphorismen und Reflexionen (um 1948), und ein Drama „Der Verächter der Armen“ (1948). Im Wintersemester 1950/51 konnte M. sein Studium bei Löwith in Heidelberg wieder aufnehmen; unterstützt von Hans Bender, begann er nun auch wieder mit Gedichten an die Öffentlichkeit zu treten.

    Der Verleger dieses Neubeginns wurde 1953 V. O. Stomps mit der Eremiten-Presse. Bis zum Tod M.s erschienen bei wechselnden Verlagen, seit 1962 vornehmlich bei Luchterhand, insgesamt 21 Sammlungen und Auswahlbände. Seit 1953 entstand auch ein umfangreiches Werk meist abstrakter Bilder und Zeichnungen. Nachdem M. sein Studium aus finanziellen Gründen endgültig abgebrochen hatte, war er 1953-60 wiederum im Betrieb des Vaters angestellt; danach war er freier Schriftsteller. Der Lebensunterhalt der Familie ließ sich trotz M.s wachsender Anerkennung als Lyriker und der Arbeit als Hörspielautor (daneben auch noch einmal als Dramatiker mit dem Stück „Ein Haus für meine Kinder“. Urauff. 1966, und gelegentlich als Essayist) nur durch die Berufstätigkeit seiner Frau sichern. Hinzu kam, daß M. immer wieder unter „Benommenheit“ und verschiedenen Krankheiten litt, seit 1967 auch an extremer Sehschwäche. Die auffällige Differenz zwischen der Anerkennung durch die Kritik, die eine Reihe von Ehrungen durch wichtige Literaturpreise zur Folge hatte, und der geringen Resonanz von M.s Werk beim literarischen Publikum verringerte sich auch nicht entscheidend, als jüngere Kollegen wie Peter Handke und Nicolas Born nachdrücklich auf ihn hinwiesen.

    Klaus Mann bestätigte ihm 1932 die herausragende Begabung und die Eigenwilligkeit seines Erstlings; angesichts der für die damalige junge Lyrik ungewöhnlichen, provozierenden Modernität einiger Gedichte wurde in der „Vossischen Zeitung“ gar von einem Versuch M.s gesprochen, „eine Art Kandinsky-Lyrik zu begründen“ (Fritz Schwiefert). M. hat wohl auch diese literarischen Anfänge im Sinn, wenn er später „das waghalsige Spielen“ bloßer Modernität kritisiert, die der Sprache „die Schwerkraft nimmt“ und die nötige „Solidität“ nicht erreiche. Er insistiert darauf, daß der Sinn von Dichtung Erkenntnis und das „Zeigen“ von „Existenz im Ganzen des Wirklichen“ sei; ihm sind Denken und Dichten eins. 1971 nennt er die Zeit von „Ausstellung“ einen „spannungsvollen negativen Advent“; damit verdeutlicht sich die Kontinuität zwischen seinen Anfängen und dem längst selbstgewisser gewordenen Sprechen von der gemeinsamen, auf Verständigung angewiesenen und der Liebe bedürftigen „kosmischen Preisgegebenheit“. Der Blick hierauf und das Gespräch mit den Alten (von der Bibel bis zur literarischen Moderne) kennzeichnen M.s Lyrik bereits in den 50er Jahren. In der folgenden Zeit schält sich immer deutlicher das Thema des Todes als Kern seiner Lyrik heraus: als Grenze, auf die sich diese Gedichte zubewegen, mit der Gewißheit, daß sie mit Worten nicht zu erreichen, erst recht nicht zu überschreiten ist. Schon in den Bänden des Wiederanfangs, in denen sich noch lange, über mehrere Seiten gehende Gedichte finden, macht sich eine dann zunehmend radikaler werdende Tendenz zur Verknappung und epigrammatischen Zuspitzung bemerkbar, die an manche Wendungen Hölderlins denken läßt, M.s wichtigster Gewährsmann neben Nietzsche. Die Gedichte der letzten zwei Sammlungen. „Im Zeitspalt“ (1976) und „Wandloser Raum“ (1979), sind lakonisch und gelassen, nahezu archaisch in ihrem Duktus.|

  • Auszeichnungen

    Annette-v.-Droste-Hülshoff-Preis (1957), Lit.preis d. Stadt Hagen (1962, zus. mit P. Schallück), Gr. Kunstpreis d. Landes Nordrhein-Westfalen (1963), Petrarca-Preis (1976, zus. mit Sarah Kirsch), Rilke-Preis (1978), Georg-Büchner-Preis (1979);
    Mitgl. d. P.E.N. (seit 1965), Mitgl. d. Dt. Ak. f. Sprache u. Dichtung, Darmstadt (seit 1974).

  • Werke

    Gedichte: Ausstellung, 1932;
    Unterm schwarzen Schafspelz, 1953;
    Dem Spiegelkabinett gegenüber, 1954;
    Der Südwind sagte zu mir, 1955;
    … u. Ararat, 1956;
    Fermate, 1957;
    Pythiusa, 1958;
    Zahlen u. Figuren, 1958;
    Lichtes Labyrinth, 1960;
    Die Formel u. d. Stätte, 1960;
    Flut u. Stein, 1962;
    Gedichte 1932–64, 1964;
    Zeichen um Zeichen, 1968;
    Schein u. Gegenschein, mit Radierungen v. E. Schumacher, 1969;
    Es kam d. Nachricht, 1970;
    Sage vom Ganzen d. Satz, 1972;
    Schatten, mit Lithographien n. Zeichnungen d. Autors, 1973;
    Im Zeitspalt, 1976;
    Ausgew. Gedichte 1932–76, 1977 (Nachwort B. Allemann, erweitert ²1979);
    Wandloser Raum, 1979;
    Sämtl. Gedichte, hrsg. v. R. Kiefer, 1985 ff. (P). – Prosa: Der Bluthänfling, Erz., 1959;
    Prosa 1931–79, hrsg. v. A. Lohr-Jasperneite, 1989 (P). – Überss. d. Gedichte: Les yeux les barques, franz./dt., übers. v. F. Klee-Palyi u. L. Guillaume, 1960;
    Au delà de l'au delà, franz./dt., übers. v. E. Koch u. L. Guillaume, 1964;
    Room Without Walls, übers. v. G. Gugelberger, 1980;
    Ventuno Poesie di E. M., ital./dt., übers. v. L. Ritter-Santini, in: In forma di parole 1, 1980, Nr. 1, S. 35-67;
    Der Tod zertritt d. Heimweh, japan./dt., übers. v. Tadashi Otsuro, 1987. – Zu Else Meister: Alice Koch, Von d. niemand gehörenden Einsamkeit, Gedichte in Prosa, 1979;
    Else Koch, Der weinende Fisch, 1988.

  • Literatur

    G. Laschen, E. M., in: Krit. Lex. d. dt.sprachigen Gegenwartslit. (W-Verz., L);
    E.-M.-Gymnasium Haspe, Namensgebung, Redaktion F. Rosdücher, 1980 (P), darin u. a.: A. Koch, E. M. – e. außerordentl. Leben, S. 15-30;
    H. Arntzen u. J. P. Wallmann (Hrsg.), E. M. – Hommage – Überlegungen z. Werk – Texte aus d. Nachlaß, 1985 (P, mit Nachträgen z. W-Verz.);
    H. L. Arnold (Hrsg.), E. M., Text + Kritik, 1987, H. 96 (W-Verz., L);
    Kosch, Lit.-Lex.³.

  • Porträts

    Selbstbildnis (Kreide), um 1930;
    Ölgem. v. J. Plenk, 1937 (beide Land Nordrhein-Westfalen, Dauerleihgaben an Else Meister, Hagen);
    Selbstbildnis (Kohle), um 1930 (Else Meister, Hagen);
    Ölgem. v. E. Hegemann, 1959, im Bes. v. dems., Hagen.

  • Autor/in

    Andreas Lohr-Jasperneite
  • Zitierweise

    Lohr-Jasperneite, Andreas, "Meister, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 724-725 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118747509.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA