Lebensdaten
1771 – 1853
Geburtsort
Waldheim (Sachsen [nicht Waldheim/Hessen])
Sterbeort
Moskau
Beruf/Funktion
Naturforscher ; Geologe
Konfession
katholisch?
Normdaten
GND: 118691449 | OGND | VIAF: 50019604
Namensvarianten
  • Fischer von Waldheim, Johann Gotthelf
  • Fischer von Waldheim, Gotthelf
  • Fischer von Waldheim, Johann Gotthelf
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Zitierweise

Fischer von Waldheim, Gotthelf, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118691449.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Joh. Gotthelf (1748–97), Zeug- u. Leineweber in W., S d. Akziseeinnehmers Joh. Gottfr. in Geringswalde (S d. Tuchmachers Joh. Crispinus|[1696-1742] in Leisnig);
    M Christiane Concordia Wetzel (1750–1816);
    Mainz 1801 Catharina (1783–1850), T d. Joh. Bapt. Renard, Gen.-Einnehmer d. Univ.fonds, u. d. Anna Sibille Wermelskirchen;
    1 S, 3 T, u. a. Alexander s. (1), Auguste ( Rud. Heymann, 1802–65, Prof. d. Chemie).

  • Biographie

    F. besuchte 1783-92 das Gymnasium in Freiberg, wo er vor allem durch A. G. Werner geistig gefördert wurde; mit A. von Humboldt verbanden ihn seit dieser Zeit freundschaftliche Beziehungen. Dann studierte er von 1792 an Medizin in Leipzig und erwarb sich dort 1797/98 den medizinischen und den philosophischen Doktorgrad. Noch als Baccalaureus übersetzte er ein Jugendwerk A. von Humboldts ins Deutsche (Aphorismen aus der chemischen Physiologie der Pflanzen, Leipzig 1794). Sodann begleitete er die Brüder Humboldt nach Wien und nach Paris, wo ihn G. Cuvier mit der vergleichenden Anatomie vertraut machte. Literarische Früchte dieser in Paris empfangenen Anregungen sind unter anderem „Über die verschiedene Form des Intermaxillarknochens in verschiedenen Thieren“ (1800), Verdeutschung von Cuviers „Vorlesungen über vergleichende Anatomie“ (herausgegeben von C. Duméril, 1801 f.), „Das National-Museum der Naturgeschichte zu Paris von seinem ersten Ursprunge bis zu seinem jetzigen Glanze geschildert“ (1802 f.), „Anatomie der Maki und der ihnen verwandten Thiere“ (1804). – 1798 wurde F. als Professor der Naturgeschichte an die Universität Mainz berufen. Nach deren Aufhebung erhielt er durch Napoleon 1799 die gleiche Professur und zugleich die Stellung eines Bibliothekars an der neuerrichteten Zentralschule in Mainz. Er lieferte hier auch erfreuliche Arbeiten über die Frühgeschichte der Buchdruckerkunst. Von 1804 an wirkte er bis zu seinem Tode in Rußland als Professor der Naturgeschichte und Direktor des Naturhistorischen Museums an der Universität Moskau. Anfang August 1805 gründete F. die Société Impériale des Naturalistes de Mosscou, deren Vizepräsident (vorher Direktor) er von 1835 bis zu seinem Tode war. F.s Hauptarbeitsgebiete waren die Zoologie und die Paläontologie. Er beschäftigte sich besonders mit der Klassifikation der Wirbellosen und den fossilen Funden in der Umgebung Moskaus, daher und auch in anderer Beziehung wurde er in Fachkreisen als „Cuvier Rußlands“ bezeichnet. Seine Hauptwerke sind hier die 5bändige „Entomographia Imperii Rossici“ (Moskau 1820/51) und die „Oryctographie du Gouvernement de Moscou“ (ebenda 1830/37). F. erwarb sich auch große Verdienste um das Naturalienkabinett der Moskauer Universität und das Museum Demidoff. Als durch den Brand Moskaus diese Sammlungen sowie seine eigene Bibliothek vernichtet worden waren, setzte er seine ganze Kraft für deren Erneuerung ein. Ein großer Teil der entomologischen Sammlungen F.s gelangte an das Zoologische Museum der Universität Moskau; einige Typen befinden sich auch im Zoologischen Museum Leningrad. Teile seiner Bibliothek schenkte sein Enkel dem Zoologischen Museum in Dresden. F. fand für seine Leistungen in Rußland und im übrigen Europa volle Anerkennung; Mitglied von über 90 Akademien und gelehrten Gesellschaften, unter anderem Leopoldina (1815), russischer Wirklicher Staatsrat (1822), Präsident der medico-chirurgischen Akademie Moskau, Sankt Annen-Orden 1. Klasse mit Krone. 1836 Ehrenbürger seiner Vaterstadt Waldheim/Sachsen, an der er mit großer Liebe hing; 8 zoologische Gattungen und 105 rezente und fossile Arten, 4 Pflanzengattungen, ein Aluminiumphosphat-Mineral („Fischerit“) wurden nach F. benannt.

  • Literatur

    ADB VII;
    J. W. Büttner, F. v. W., 1956 (L; er benutzte nicht d. F. v. W.-Biogr.
    v. B. M. Zitkov, Moskovskoe obščestvo ispytatelej prirody, Moskau 1940);
    A. A. Zvorykins, Biogr. slovar dejatelej estestvoznanija i techniki II, Moskau 1959, S. 315 (ungenügend u. z. T. falsch);
    Pogg. I;
    CSP.

  • Quellen

    Qu.: Hs. Material v. G. Ackermann u. R. Zaunick im Archiv d. Leopoldina in Halle/S., darunter d. v. G. Ackermann erg. Liste J. W. E. Büttners (s. L) mit 231 Nummern.

  • Autor/in

    Rudolph Zaunick
  • Zitierweise

    Zaunick, Rudolph, "Fischer von Waldheim, Gotthelf" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 212-213 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118691449.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Fischer: Gotthelf F. v. Waldheim, Dr. med., k. russischer Staatsrath, ein vielseitig gebildeter Naturforscher, besonders Geologe, geboren am 15. October 1771 zu Waldheim in Hessen, gestorben am 6. (18.) October 1853 in Moskau. F. besuchte zuerst die Schulen in Mainz, bezog dann die Universität Leipzig, wo er sich den Doctorgrad in der Medicin 1798 erwarb. Nach Mainz zurückgekehrt, erhielt er eine Anstellung als Lehrer der Naturgeschichte und Bibliothekar an der Centralschule (früher Universität); auch betheiligte er sich unter der damals französischen Herrschaft als Gemeinderathsmitglied eifrig an den Stadtangelegenheiten. In wissenschaftlichen Dingen beschäftigte sich F. zunächst mit zoologischen Untersuchungen und veröffentlichte mehrere dahin einschlägige Abhandlungen, z. B. „Versuch über die Schwimmblase der Fische“ (1795), „Ueber Respiration der Thiere“ (Mémoire pour servir d'introduction à un ouvrage sur la respiration des animaux etc., Paris 1798), „Ueber verschiedene Formen des Intermaxillarknochens der Thiere"; „Naturhistorische Fragmente“ (1801), „Das Nationalmuseum zu Paris“ (1802), eine Uebersetzung von Cuvier's Vorlesungen über vergleichende Anatomie (1804), „Lettre au Cit. Geoffroy“ (1804); besonders wichtig und von dauerndem Werthe: „Anatomie der Maki“ (1804). Auch befaßte sich F. viel mit Studien über die Buchdruckerkunst und schrieb hierüber mehrere Abhandlungen. Seine zoologischen Arbeiten fanden in weiten Kreisen Anerkennung und verschafften ihm einen Ruf als Professor der Naturgeschichte und Director des naturhistorischen Cabinets in Moskau mit dem Titel eines kaiserl. russischen Hofraths, 1804. Hier entfaltete F. eine energische und erfolgreiche Thätigkeit, gründete die naturforschende Gesellschaft in Moskau, deren Vicepräsident er eine lange Zeit hindurch blieb, und wendete sich ganz speciell geologischen Forschungen zu. F. kann als der erste bezeichnet werden, welcher in Rußland geologische Untersuchungen in größerem Maßstabe und mit gehörigem Verständnisse anstellte. F. hat sich in dieser Richtung wesentliche Verdienste für die Erweiterung der geologischen Wissenschaft erworben, wie seine zahlreichen Publicationen zur Genüge beweisen. Es erschienen der Reihe nach: „Museum d'histoire natur. de l'Univ. de Moscau" (1806); „Museum Demidoff" (1806); „Notices sur les fossiles de Moscau" (1809—11); „Notices d'un animal fossile de Sibérie“ (1811); „Onomasticon du Système d'Oryctognosie“ (1811). Da ereignete sich der große Brand, der Moskau und alle Sammlungen zerstörte. F. begann sofort mit verstärkter Energie 1812 das Museum neu zu gründen und zu erweitern und setzte auch bald wieder seine wissenschaftliche Thätigkeit fort („Entomographie de la Russie“, 1820—28, und eine Uebersetzung des Katalogs der von Freiesleben in Freiberg angekauften großen Mineraliensammlung 1827). Von besonderer Bedeutung ist sein Werk: „Oryctographie du Gouv. de Moscau“ (1830—37), in dem er die Ergebnisse|seiner ausgedehnten geologischen und paläontologischen Forschungen niederlegte. Das Werk ist mit einer geognostischen Karte, zahlreichen Profilen und vielen guten Abbildungen von Versteinerungen reichlich ausgestattet. Wenn auch der eigentliche geognostische Theil manches zu wünschen übrig läßt, so zeichnet sich doch die Beschreibung der Versteinerungen, besonders jener aus höheren Thierklassen, durch Gründlichkeit aus. Wir finden hier das merkwürdige, dem Kohlenkalk eigentümliche Foraminiferengeschlecht Fusulina zuerst ausführlich beschrieben und gut abgebildet. Die „Bibliographia palaeontologica anim. syst.“ (1834) ist eine wegen Vollständigkeit schätzenswerthe Arbeit. Kleinere Abhandlungen hat F. überdies noch in großer Anzahl geliefert. Wegen seiner vielfachen Verdienste um die naturwissenschaftliche Erforschung Rußlands wurde F. zum Staatsrathe ernannt, mit dem Beinamen v. Waldheim in den Adelsstand erhoben und mit dem Commandeurkreuz des St. Wladimirordens belohnt. Ein Mineral wurde von Hermann ihm zu Ehren Fischerit benannt.

    • Literatur

      Scriba, Die Schriftst. v. Hessen, II. 223. Poggendorff, Biogr., I. 753.

  • Autor/in

    Gümbel.
  • Zitierweise

    Gümbel, Wilhelm von, "Fischer von Waldheim, Gotthelf" in: Allgemeine Deutsche Biographie 7 (1878), S. 84-85 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118691449.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA