Lebensdaten
1829 – 1911
Geburtsort
Magdeburg
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118616196 | OGND | VIAF: 12354942
Namensvarianten
  • Spielhagen, Friedrich
  • Spielhagen, Fr.
  • Spielhagen, Friedrich von
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Zitierweise

Spielhagen, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616196.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus altmärk. Försterfam.;
    V Friedrich August Wilhelm (1785–1855), Förster, Wasserbauinsp., Regierungs- und Baurat, seit 1835 in Stralsund;
    M Wilhelmine Listemann Robrahn (1791–1849);
    B u. a. Walter, Baumeister, Werner, Baumeister;
    Hannover 1861 Therese Wittich geb. Boûtin ( 1900);
    1 Stief-S, 1 Stief-T, 3 T u. a. Antonie (Ps. Paul Robran) (1865–1910), Lehrerin, Schriftst. (s. Kürschner, Lit.-Kal., Nekr. 1901–1935).

  • Biographie

    S. wuchs seit 1835 in Stralsund auf, wo er 1838–47 das Gymnasium besuchte. 1847–51 studierte er Jura und Philologie in Berlin, Bonn und Greifswald, ohne einen Abschluß zu erlangen. Danach arbeitete er als Hauslehrer, Schauspieler, Englischlehrer, Feuilletonredakteur, Übersetzer und Novellist, bis er einen Erfolg mit dem ersten Teil des Romans „Problematische Naturen“ (1861, 221900) erzielte, dessen unheroischer, nach einem Lebensziel tastender Protagonist eine Stimmung der Zeit des Vormärz getroffen hatte. 1861 zog S. nach Berlin, wo er – abgesehen von einigen europ. Reisen und seiner Tätigkeit als (Mit-)Herausgeber von „Westermanns Monatheften“ (1878–84) – bis zum Ende des Jh. sein Leben fast ausschließlich der Literatur widmete und etwa 40 häufig nachgedruckte Romane und Novellen, sechs wenig erfolgreiche Dramen, zahlreiche z. T. ironisch-politische Gedichte nach dem Vorbild des verehrten Heinrich Heine, Essays sowie Memoiren verfaßte. S. unterhielt freundschaftliche Beziehungen u. a. zu Berthold Auerbach, Gustav Karpeles, Karl Frenzel, Paul Heyse, Theodor Fontane und Peter Rosegger; zu seinem Bekanntenkreis zählten liberale Politiker wie Eduard Lasker, Rudolf v. Bennigsen, Max v. Forckenbeck, Ludwig Bamberger und Friedrich Kapp, gelegentlich traf er auch Kronprinz Friedrich Wilhelm.

    Bedeutung für die Literaturtheorie erlangte S. durch seine vieldiskutierten, das Prinzip der Objektivität propagierenden erzähltheoretischen Schriften, die v. a. für eine Verabschiedung von der Autorstimme plädierten (Vermischte Schrr., 2 Bde., 1864/68; Btrr. z. Theorie u. Technik d. Romans, 1883, Nachdr. 1967; Neue Btrr. z. Theorie u. Technik d. Epik u. Dramatik, 1898, Nachdr. 1980). In lebenslanger Auseinandersetzung mit Schillers Bemerkung über den Romanschriftsteller als „Halbbruder“ des Dichters zielte S. v. a. darauf, den Roman als vollgültige Literaturgattung auszuweisen. S. rezipierte engl. und amerik. Schriftsteller wie Charles Dickens, William Thackeray, James Fenimore Cooper oder Mark Twain, die aber oft nicht zu den „objektiven“ Erzählern zählten. Eine feindselige Position gegenüber S. nahm Wilhelm Raabe ein, dessen Kunst aus der erzählperspektivischen Ingeniösität lebte; aber selbst Fontane und Keller, die die objektive Erzählhaltung des Realismus teilten, fanden S.s starres Beharren auf dem Objektivismus übertrieben. Zudem wurde S. besonders von den Naturalisten Heinrich und Julius Hart (in: Krit. Waffengänge 6, 1884) vorgeworfen, daß er sich in seinen eigenen Werken nicht streng an seine Prinzipien halte.

    Bis in die ersten Jahre nach der Reichsgründung hinein genoß S. als Autor der militant gesellschaftskritischen Romane „Die von Hohenstein“ (4 Bde., 1864) und „In Reih' und Glied“ (5 Bde., 1867), des Industrieromans „Hammer und Amboß“ (2 Bde., 1869, Neuausg. 1976) und der Demaskierung der Gründerzeit „Sturmflut“ (2 Bde., 1877) hohes Ansehen. „Sturmflut“ ist der letzte Roman S.s, der von der Literaturgeschichte gewürdigt wurde, möglicherweise weil er der letzte mit einem hoffnungsvollen Blick auf die sozialen Möglichkeiten des wilhelminischen Reichs blieb. Die Enttäuschung des Demokraten S. drückt sich in „Was will das werden?“ (3 Bde., 1886) und „Ein neuer Pharao“ (1889) aus; mit „Sonntagskind“ (3 Bde., 1893) vollzog S. eine Wendung zum Tragischen, das die letzten Romane, „Opfer“ und „Frei geboren“ (beide 1900), beherrscht. Er näherte sich sozialdemokratischen Gesinnungen und betrachtete den lange bekämpften franz. Roman, namentlich Zolas, mit freundlicheren Augen. Auch in späteren Werken gibt es Zeichen einer gewissen Dekadenz, z. B. in Novellen wie „Susi“ (1895), wo eine amoralische femme fatale trotz ihres grundschlechten Charakters die Sympathien des Lesers behält, und „Zum Zeitvertreib“ (1897), die vom selben Skandal wie Fontanes „Effi Briest“ ausgeht, aber mit bissigerer Gesellschaftskritik und weniger nachsichtiger Beurteilung der Gestalten erzählt ist. S. verbrachte das letzte Jahrzehnt seines Lebens in unproduktiver Depression mit einer einzigen Buchpublikation (Am Wege, Essays, 1903). Sein Ruf überlebte v. a. im Ausland, besonders in den USA.

  • Werke

    Ausgew. Romane, 22 Bde. in 3 F., 1889–93;
    Romane, NF, 7 Bde., 1906;
    Sämtl. Romane, 29 Bde., 1895–1904;
    Bibliogr.:
    K. Roper, F. S. (1829–1911), in: DLB 129, 1993, S. 348–60;
    Nachlaß:
    StadtA Magdeburg;
    Staatsbibl. Preuß. Kulturbes., Berlin: DLA Marbach;
    Stadtbibl. Hannover.

  • Literatur

    F. S., Dem Meister d. dt. Romans zu seinem 70. Geb.tage v. Freunden u. Jüngern gewidmet, hg. v. Festausschuß d. S.-Feier, 1899;
    H. Henning, F. S., 1910 (P);
    A Schumacher, Ferdinand Lassalle as a Novelistic Subject of F. S., Diss. Pennsylvania 1910;
    V. Klemperer, Die Zeitromane F. S.s u. ihre Wurzeln, 1913;
    E. Mensch (Hg.), Er lebt noch immer! Ein S.-Brevier, 1929 (P);
    G. Rebing, Der Halbbruder d. Dichters, F. S.s Theorie d. Romans, 1972;
    |J. Viering, „In welcher Welt d. schauderhaften Widersprüche leben wir!“, Überlegungen z. „Zeitroman“ b. Fontane u. S. am Beispiel v. Fontanes Effi Briest u. S.s Zum Zeitvertreib, in: T. Cramer (Hg.), Lit. u. Sprache im hist. Prozeß I, 1983, S. 329–45;
    T. Tyrell, Theodor Fontanes „Effi Briest“ u. F. S.s „Zum Zeitvertreib“, Zwei Dichtungen zu e. Wirklichkeit, Diss. Rice 1986;
    A. Fischbacher-Bosshardt, Anfänge d. modernen Erzählkunst, Unterss. zu F. S.s theoret. u. lit. Werk, 1988;
    H. Lamers, Held oder Welt? Zum Romanwerk F. S.s, 1991;
    R. M. Zinken, Der Roman als Zeitdok., Bürgerl. Liberalismus in F. S.s „Die v. Hohenstein“ (1863/64), 1991;
    V. Neuhaus, F. S., Critic of Bismarck's Empire, in: W. Pape (Hg.), 1870/71–1989/90, German Unifications and the Change of Literary Discourse, 1993, S. 135–43;
    K. Roper, 1848 in the Early Novels of F. S., the Making of a German Democrat, in: German Studies Review 23, 2000, S. 427–52;
    H. Ridley, „Der Halbbruder des Vormärz“, F. S. Reflexionen zu d. Kontinuitäten seines Werkes, in: H. Koopmann u. M. Perraudin (Hg.), Formen d. Wirklichkeitserfassung n. 1848, 2003, S. 217–31;
    L. Schneider, Die Verabschiedung d. idealist. Realismus, F. S.s Romanpoetik u. ihre Kritiker, ebd., S. 233–244;
    J. L. Sammons, F. S., Novelist of Germany's False Dawn, 2004;
    M. Durzak, Der Zeitroman F. S.s am Beispiel v. Zum Zeitvertreib, in: H.-J. Knoblauch u. H. Koopmann (Hg.), Das verschlafene 19. Jh.?, 2005, S. 125–38;
    M. Krammer, in: Mitteldt. Lb. II, 1927, S. 383–89 (P);
    Gedenktage d. mitteldt. Raumes 1979;
    ebd. 1986;
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Hann. Biogr. Lex.;
    Magdeburger Biogr. Lex. (P).

  • Autor/in

    Jeffrey L. Sammons
  • Zitierweise

    Sammons, Jeffrey L., "Spielhagen, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 686-688 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118616196.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA