Lebensdaten
1890 – 1940
Geburtsort
Aachen
Sterbeort
Internierungslager Les Milles (Frankreich) (Freitod)
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118546619 | OGND | VIAF: 44340243
Namensvarianten
  • Hasenclever, Walter Georg Alexander
  • Hasenclever, Walter
  • Hasenclever, Walter Georg Alexander
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Zitierweise

Hasenclever, Walter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118546619.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Carl (1855–1934), Arzt, Sanitätsrat, S d. Landrats Georg in A. u. d. Friederike Altgelt;
    M Anna (1869-n. 1938), T d. Alfred Reiß (1836–1905), KR, Großkaufm., aus bedeutenden jüd. Fam. in Frankfurt/M., u. d. Mathilde Mathée;
    Ur-Groß-Ov Josua (s. 3);
    1) Paris 1925 ( 1925) Lilly Turell, 2) 1934 (1958 anerkannt) Edith Schäfer (* 1910).

  • Biographie

    H.s Jugendjahre waren durch die tyrannische Strenge des Vaters schwer belastet. Nach Beendigung der in Aachen verbrachten Gymnasialzeit studierte er in Oxford und Lausanne je ein Semester die Rechte, inskribierte sich 1909 an der Universität Leipzig, beschäftigte sich aber fast ausschließlich mit Literatur, Philosophie und Geschichte. Bereits in England hat er sein erstes, ganz im Banne Ibsens stehendes Stück „Nirwana, eine Kritik des Lebens in Dramaform“ (1909) geschrieben. Unter dem Titel „Städte, Nächte und Menschen“ folgte 1910 der erste Gedichtband. – Zum entscheidenden Erlebnis wurden die Leipziger Jahre von 1909-14. H. kam mit Kurt Pinthus, Ernst Rowohlt, Kurt Wolff und bald auch mit Franz Werfel in nahe freundschaftliche Verbindung, und es bildete sich jener literarische Freundeskreis, der zu einer der wichtigsten Keimzellen für die expressionistische Bewegung werden sollte. Mit dem Gedichtband „Der Jüngling“ (1913), vor allem aber in dem 1913 geschriebenen, 1914 erschienenen, am 30.9.1916 in Prag uraufgeführten und kurz darauf in geschlossener Vorstellung auch in Dresden gespielten Drama „Der Sohn“ gewann dieser neue Geist programmatischen Ausdruck. Das Schauspiel, persönliches Erleben widerspiegelnd und dem Protest gegen die Generation der Väter und deren Autorität radikalen Ausdruck verleihend, erzielte stärkste Wirkungen. Es wurde gleichsam zum Manifest der jungen Generation und ist das erste expressionistische Drama, das sich mit Erfolg durchsetzte.

    1915 wurde H., der sich bei Kriegsausbruch als Freiwilliger gemeldet hatte, doch schon bald entschiedener Kriegsgegner geworden war, eingezogen; er kam nach Belgien und dann an die Ostfront. 1916-17 weilte er, ein psychisches Leiden simulierend, in einem Dresdner Sanatorium und wurde 1917 aus dem Heeresdienst entlassen. In demselben Jahr erhielt er den Kleist-Preis für die Tragödie „Antigone“, in der er sich mit aller Deutlichkeit gegen Krieg und Despotie gewandt hatte. Die Dichter selbst zu politischer Aktion aufzurufen, versuchte er in der Flugschrift „Der politische Dichter“ (1919), die politische Gedichte und Prosastücke enthielt. Doch sehr bald kehrte H. der politischen Dichtung, der er die Schlagworte geliefert hatte, den Rücken. Kriegsende und das Erleben der Revolution wirkten ernüchternd und desillusionierend. Er wandte sich mystischen und okkultistischen Studien zu; die Lehre Buddhas gewann Einfluß auf ihn. Während der ersten Nachkriegsjahre, die er teils in Dresden, Berlin und Oberbärenburg im Erzgebirge, teils als erfolgreicher Rezitator seiner eigenen Dichtung auf Reisen verbrachte, beschäftigte er sich lange Zeit fast ausschließlich mit dem schwedischen Mystiker Emanuel Swedenborg. Unter dem Titel „Himmel, Hölle, Geisterwelt“ veröffentlichte er 1925 die stark gekürzte Übersetzung von dessen Werk „Vom Himmel und von der Hölle“ und schrieb dazu ein eindringliches Nachwort. Doch schon vor Erscheinen dieses Buches war er nach Frankreich übersiedelt. Von Oktober 1924 bis 1928 war er als Korrespondent des Berliner 8 Uhr-Abendblattes in Paris, schrieb hier mehrere hundert brillante Feuilletons und Essays über die verschiedensten Themen, gewann die Freundschaft von Tucholsky und Giraudoux und begann unter dem Einfluß des französischen Theaters Komödien zu schreiben. „Ein besserer Herr“ (1926), das erste Stück dieser Art, eine witzige, einfallsreiche und liebenswürdige Satire über einen Heiratsschwindler, gewann ungewöhnlichen Erfolg und wurde nicht nur in Berlin unzählige Male gespielt. 1928 folgte das Lustspiel „Ehen werden im Himmel geschlossen“, das ihm einen Gotteslästerungsprozeß eintrug, aber ebenfalls großen Erfolg hatte, 1929 „Napoleon greift ein“. Gemeinsam mit Tucholsky wurde die allerdings sehr viel schwächere Komödie „Christoph Kolumbus oder die Entdeckung Amerikas“ verfaßt. Insgesamt hat H. 18 abendfüllende Stücke geschrieben.

    1929-32 wohnte H. wieder in Berlin, doch führten ihn zahlreiche Reisen durch Europa und Nordafrika, als Skriptautor für Metro-Goldwyn-Mayer auch für kurze Zeit nach Hollywood. Unter Hitler wurde H. 1933 ausgebürgert, seine Bücher wurden verboten und verbrannt. Die Jahre des Exils verbrachte er zunächst in Nizza, wo er 1934 Edith Schäfer kennenlernte, die ihm zur Lebensgefährtin wurde, und wo er im selben Jahr sein Schauspiel „Münchhausen“ vollendete, seine reifste und schönste Dichtung. Jugoslawien, kurze Zeit auch England, Italien und dann wieder Südfrankreich waren die weiteren Stationen seines unruhigen, gehetzten Emigrantendaseins. Zuletzt wohnte er in Cagnes-sur-mer, wo er den bisher unveröffentlichten autobiographischen Roman „Irrtum und Leidenschaft“ abschloß. Seine Komödie „Konflikt in Assyrien“ wurde 1938 in London geschrieben und dort im März 1939 durch John Gielgud uraufgeführt. Nach Kriegsbeginn wurde H. zweimal im Lager „Fort Carré“ bei Antibes interniert, aber dank der Intervention von Giraudoux freigelassen. Das Erleben dieser Zeit schildert er in dem autobiographischen Roman „Die Rechtlosen“, seinem letzten Werk. Im Mai 1940 wurde H. in dem Lager „Les Milles“ inhaftiert. Hier schied er bei Annäherung der deutschen Truppen freiwillig aus dem Leben.

  • Werke

    Weitere W u. a. Das unendliche Gespräch, 1913;
    Der Retter, 1915 (Drama);
    Tod u. Auferstehung, 1917 (Gedichte);
    Die Menschen, 1918 (Schausp.);
    Die Entscheidung, 1919 (Komödie);
    Die Pest, 1919 (Filmtext);
    Jenseits, 1920 (Drama);
    Gobseck, 1921 (Drama);
    Gedichte an Frauen, 1922;
    Mord, 1926 (Schausp.);
    Kulissen, 1929 (Lustsp.);
    Kommt ein Vogel geflogen, 1930/31 (Komödie);
    Sinnenglück u. Seelenfrieden, 1932 (Schausp.);
    Ehekomödie, London 1935/37 (mit R. Klein u. H. Griffith);
    Gedichte, Dramen, Prosa, unter Benutzung d. Nachlasses, hrsg. v. K. Pinthus, 1963 (mit biogr. Vorwort, Bibliogr., P, P-Verz.).|

  • Nachlass

    Nachlaß im H.-Archiv, Cagnes-sur-mer, Frankreich (soll später in das Dt. Lit.-Archiv d. Schiller-Nat.mus. in Marbach übergehen).

  • Literatur

    P. J. Cremers u. O. Brües, in: Rhein. Slg. Nr. 2, 1922;
    H.-G. Falkenberg, in: Bll. d. dt. Theaters Göttingen, 1957/58, H. 115;
    Expressionismus, Lit. u. Kunst 1910-23 (Ausstellungskat.), 1960 (P);
    E. Zeltner, Die expressionist. Dramen W. H.s, Diss. Wien 1961 (ungedr.);
    Kosch, Lit.-Lex.;
    Kunisch. P Federzeichnung v. L. Meidner, 1916, Abb. in: ders., Acht Köpfe, 1917;
    Lith. v. O. Kokoschka, 1918, Abb. in: Menschheitsdämmerung, hrsg. v. K. Pinthus, 1920;
    Phot. im H.-Archiv, Cagnes-sur-Mer.

  • Autor/in

    Bernhard Zeller
  • Zitierweise

    Zeller, Bernhard, "Hasenclever, Walter" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 29-30 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118546619.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA