Stange, Alfred
- Lebensdaten
- 1894 – 1968
- Geburtsort
- Glauchau (Sachsen)
- Sterbeort
- Tutzing/Starnberger See
- Beruf/Funktion
- Kunsthistoriker
- Konfession
- mehrkonfessionell
- Normdaten
- GND: 117210013 | OGND | VIAF: 66540999
- Namensvarianten
-
- Stange, Alfred
Biografische Lexika/Biogramme
Literatur(nachweise)
- Katalog des Bibliotheksverbundes Bayern (BVB)
- Deutsche Digitale Bibliothek
- Normdateneintrag des Südwestdeutschen Bibliotheksverbundes (SWB)
- Österreichischer Bibliothekenverbund (OBV)
- Gemeinsamer Verbundkatalog (GBV)
- * Literaturnachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- * Werknachweis in der Neuen Deutschen Biographie (NDB)
- Nordrhein-Westfälische Bibliographie (NWBib)
- * Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte München - Berlin
- * Regesta Imperii
- Sächsische Bibliographie
- Index Theologicus (IxTheo)
- * Jahresberichte für deutsche Geschichte - Online
Objekt/Werk(nachweise)
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Genealogie
V Carl Oskar, Stadtbaurat;
M Frieda Hähnel;
⚭ Zwickau 1922 Clara Irma, T d. Alfred Schön u. d. Clara Schmelzer; 2 S. -
Biographie
Nach dem Abitur am Gymnasium in Glauchau 1914 studierte S. Kunstgeschichte an den Universitäten in München, Berlin und Leipzig. 1921 wurde er bei →Heinrich Wölfflin (1864–1945) in München mit der Dissertation „Deutsche Malerei und Plastik vom ausgehenden 14. bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts“ promoviert. Während seiner anschließenden Tätigkeit als Assistent am Kunsthistorischen Institut der Univ. München habilitierte er sich 1925 mit einer Arbeit über „Die deutsche Baukunst der Renaissance“ bei →Wilhelm Pinder (1878–1947). Nach sechs Jahren als Privatdozent wurde er 1931 ao. Professor in München, 1933 ao. Professor, 1934 Ordinarius für Kunstgeschichte in Erlangen. Zum 1. 10. 1935 wurde er als Nachfolger von →Paul Clemen (1866–1947) auf den Lehrstuhl der Univ. Bonn berufen und leitete hier bis 1945 das Kunsthistorische Institut (1944–45 Dekan d. phil. Fak.). 1944 vertrat er den Lehrstuhl von Herbert v. Einem in Greifswald. Von der brit. Militärregierung 1945 entlassen, wurde S. infolge eines Spruchkammerverfahrens 1949 offiziell in den Ruhestand versetzt. Seine Versuche in den 1950er Jahren, seine Lehrerlaubnis wieder zu erhalten, lehnte das Land Nordrhein-Westfalen ab. 1962 wurde er emeritiert.
Entscheidend für die Berufung nach Bonn wirkte neben S.s wiss. Qualifikation insbesondere seine Parteinahme für die NSDAP: Bereits im „Kampfbund für Deutsche Kultur“ aktiv, erhielt S. zum 30. 1. 1934 die Parteimitgliedschaft. In kurzen zeitlichen Abständen erfolgten die Eintritte in die „Reichsschaft der Hochschullehrer“ und die SA. Seit 1934 amtierte S. als Hauptlektor für Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft in der „Schrifttumspflege bei dem Beauftragten des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP“ (Amt Rosenberg) und wurde u. a. Referent an der Reichsführerschule der SA. Die Kunstgeschichte entwickelte sich unter S.s Ordinariat zu einer der am stärksten nationalsozialistisch durchdrungenen Disziplinen der Univ. Bonn.
Mit zusätzlichen Finanzmitteln des Reichsministeriums für Erziehung und Volksbildung ausgestattet, erweiterte S. das wiss. Profil des Instituts um kunstgeographische Forschungsprojekte und eine interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft zur „Erforschung des germanischen Erbes“ in der bildenden Kunst und Architektur Europas, insbesondere in den Niederlanden, Belgien und Frankreich. Kooperationen mit dem „Ahnenerbe“ widmeten sich den künstlerischen Beziehungen von dt. und skandinav. Kunst. Thematisch und methodologisch erweiterte er kunstgeographische Fragestellungen um Ideologeme der nationalsozialistischen Rassenideologie in dem Aufsatz „Stil, Geschichte und Persönlichkeit“ (Rhein. Bll., 16. Jg., H. 4, April 1939, S. 179–82). Wie in der Festschrift „Deutsche Wissenschaft“ (1939) zu →Hitlers 50. Geburtstag ausgeführt, propagierte S. die Kunstwissenschaft im Nationalsozialismus als angewandte, über die akademischen Grenzen hinaus wirkende Disziplin. Als einer ihrer maßgeblichen Organisatoren trieb er die Vernetzung wiss. Einrichtungen und Vereine mit staatlichen und parteipolitischen Institutionen voran.
Während der dt. Besatzung Frankreichs initiierte S. die Gründung der „Kunsthistorischen Forschungsstätte“ (KHF) in Paris (1942–44), deren wiss. Auftrag zur „kunst- und kulturhistorischen Erforschung der westeuropäischen Kunst“ die zuvor in Bonn etablierten Schwerpunkte in Frankreich institutionalisierte. Die enge Verbindung zwischen der KHF und dem kunsthistorischen Arbeitsstab des Oberkommandos des Heeres (OKH) in Paris ermöglichte einen Zugang zu Kunstdenkmälern und Sammlungen, die dt. Wissenschaftlern bis dahin verschlossen gewesen waren. Die KHF koordinierte auch die Dokumentation franz. Kunstdenkmäler durch das von →Richard Hamann (1879–1961) geleitete Bildarchiv „Foto Marburg“.
Wissenschaftlich konzentrierte sich S. vornehmlich auf die dt. Kunst des Spätmittelalters und der Renaissance. Sein Hauptwerk bildet die umfassende „Geschichte der deutschen Malerei der Gotik“ (11 Bde., 1934–61). Grundlegend ist seine Monographie über die „Malerei der Donauschule“ (1964, ²1971). Dialektisch auf seine Darstellungen zur Kunst des Spätalters bezieht sich seine Fundamentalkritik an der Kunst der Moderne. S.s Denunziation der Moderne in „Über die Einsamkeit der modernen Kunst“ (1951) und „Die Welt als Gestalt“ (1952) ist der Argumentation von →Hans Sedlmayr (1896–1984) in dessen „Verlust der Mitte“ (1948) durchaus verwandt.
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Auszeichnungen
A Mitgl. d. Dt. Ak. (1937);
2. Vors. d. Kunsthist.Verbandes (1939);
Ratsmann in Bonn (1942–44). -
Werke
Weitere W u. a. Die Entwicklung d. dt. ma. Plastik, 1923;
Dt. Kunst um 1400, Versuch e. Darst. ihrer Form u. ihres Wesens, 1923;
Jörg Ratgeb, Zugleich e. Btr. z. Verarbeitung ital. Formmittel in Dtld., in: FS Heinrich Wölfflin, 1924, S. 195–208;
Altdt. Malerei, 1932;
Arteigene u. artfremde Züge im dt. Kirchengrundriß, in: Zs. d. Dt. Ver. f. Kunstwiss. 2, 1935, S. 229–52;
Bemm. z. Kunst d. Veit Stoß, in: FS Heinrich Wölfflin, 1935, S. 152–59;
Zur Kunstgeogr. Frankens, 1935;
Der Schleswiger Dom u. seine Wandmalereien, 1940;
Das frühchristl. Kirchengebäude als Bild d. Himmels, 1950;
Idee u. Gestalt d. Naumburger Westchores, 1955 (mit A. Fries);
Der Hausbuchmeister, 1958;
Krit. Verz. d. dt. Tafelbilder v. Dürer, 3 Bde., 1967–78;
– Nachlaß:
German. Nat.mus., Dt. Kunstarchiv, Nürnberg. -
Literatur
H. Dilly, Dt. Kunsthistoriker 1933–1945, 1988;
N. Doll, „(…) das beste Kunsthist. Inst. Grossdtlds.“, Das kunsthist. Inst. d. Rhein. FriedrichWilhelms-Univ. Bonn im NS, in: Kunstgesch. im NS, hg. v. ders., u. a., 2005, S. 49–60;
dies., Politisierung des Geistes, Der Kunsthist. A. S. u. d. Bonner Kunstgesch. im Kontext nat.sozialist. Expansionspol., in: Griff nach d. Westen, Die „Westforsch.“ d. völk.-nat. Wissenschaften z. nordwesteurop. Raum, hg. v. B. Dietz u. a., T. 2, 2003, S. 979–1016;
dies., Die „Rhineland-Gang“, Netzwerke kunsthist. Forschung im Kontext d. nat.sozialist. Kunst- u. Kulturgutraubes in Westeuropa (1939–1945), in: Museen im Zwielicht, Ankaufspol. 1933–45, hg. v. d. Koordinierungsstelle f. Kulturgutverluste Magdeburg, 2002, S. 53–80, ²2007, S. 63–90;
R. Heftrig, Facetten d. Bonner Kunstgesch. im NS, in: Zwischen Diktatur u. Neubeginn, Die Univ. Bonn im „Dritten Reich“ u. in d. Nachkriegszeit, hg. v. Th. Becker, 2008, S. 141–58;
Metzler Kunsthist. Lex.;
Erlanger Professoren III. -
Autor/in
Nikola Doll -
Zitierweise
Doll, Nikola, "Stange, Alfred" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 53-54 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117210013.html#ndbcontent