Lebensdaten
1859 – 1938
Geburtsort
Breslau
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Elektroindustrieller
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 11672496X | OGND | VIAF: 32755876
Namensvarianten
  • Mamroth, Paul

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Zitierweise

Mamroth, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11672496X.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Victor (* 1820), Kaufm. in B.;
    M Anna, T d. Arztes Jonas Weigert in B. u. d. Nanni Silberstein;
    1) Berlin 1894 Elsa Sabersky ( 1905), 2) Berlin 1923 Elisabeth Saatz;
    1 T aus 1).

  • Biographie

    Nach dem Abitur erhielt M. eine Ausbildung im Breslauer Bankhaus Marcus Nelken & Sohn. 1882 bot ihm der Inhaber, Moritz Potocky-Nelken, die Stellung eines Oberbuchhalters an, doch zog es M. vor, nach Berlin zu gehen. Dort vermittelte ihn Julius Schwabach von der Firma S. Bleichröder in das Korrespondenzbüro der Darmstädter Bank, wo er den Betrieb einer großen Bankorganisation kennenlernte. 1883 führte ihn sein Freund Felix Deutsch bei der neuen „Deutschen Edison-Gesellschaft“ (seit 1887 AEG) ein, die einen Kassierer suchte. M.s erste Unterredung mit deren Gründer Emil Rathenau entschied über sein weiteres Leben; er wurde einer der engsten Mitarbeiter Rathenaus im Finanzbereich des Unternehmens. Zunächst ging es um Finanzierungsprobleme bei der Produktion von Edison-Glühlampen, die in Deutschland nur die AEG und Siemens & Halske (S & H) herstellen und vertreiben durften. Da die Produktion der Berliner Lampenfabrik die Nachfrage anfangs bei weitem übertraf und die Bogenlampe sowie der Akkumulatorenbau den Finanzbedarf zusätzlich steigerten, mußte M. häufig Verhandlungen mit den hauptbeteiligten Bankiers Rudolf Sulzbach, Jacob und Hugo Landau, Carl Fürstenberg und Adalbert Delbrück führen. 1920 bewirkte er die Vereinigung der Glühlampenfabrikation von AEG, S & H und der Auer-Gesellschaft zur Osram GmbH, die der größte Glühlampenhersteller Europas wurde. Er war auch Aufsichtsratsvorsitzender der Vereinigten Lausitzer Glaswerke AG, Weißwasser, und bereitete deren Fusion mit der AEG (1922) vor. Ein zweites bedeutendes Arbeitsgebiet M.s war die wirtschaftliche Nutzung der Starkstromtechnik und ihre Anwendung auf die Elektrizitätsversorgung und die elektrischen Bahnen. Nach der Gründung der Städtischen Elektrizitäts-Werke AG Berlin (BEW) 1884 wurden unter Leitung von Georg Klingenberg 5 Zentralstationen errichtet. 1897 wurde die Elektrizitäts-Lieferungs-Gesellschaft (ELG) als Finanztrust der AEG für den Betrieb von Elektrizitätswerken gegründet. Sie übernahm 6 kleinere Werke der AEG, und M. wurde Vorsitzender ihres Direktoriums. In der Geschäftspolitik ging er wie sein Förderer Emil Rathenau vor: Er erwarb in mehreren Gemeinden Konzessionen für die Errichtung und den Betrieb von kleineren Gleichstrom-Zentralen mit Lokomobilantrieb. In Magdeburg und Plauen i. V. baute er größere Drehstromwerke auf. Für 13 mittlere Städte, deren Werke in Pacht betrieben wurden, schuf er ein System von Überlandzentralen. Er baute Elektrizitätswerke in Sachsen, Thüringen, Bayern, Franken, Westfalen, der Mark Brandenburg und im Saarland. Am Ende seines 25jährigen Wirkens für die ELG gehörten zu ihr 39 eigene E-Werke, 22 gepachtete und 7 gemischtwirtschaftliche Unternehmen, die 1600 Orte mit 4 Mill. Einwohnern versorgten. Sie bildeten die Grundlage der verstaatlichten E-Werke nach dem 1. Weltkrieg.

    Von dem Industriellen Isidor Loewe lernte M. das konsequente Aufgreifen tragfähiger Erfindungen wie der kostengünstigen Stromzuführung für elektrische Bahnen des Amerikaners Frank Sprague. M. stand Pate bei der Entwicklung der drahtlosen Telegraphie und des Rundfunks in der AEG, die durch Auswertung der Erfindungen von Georg Graf Arco und Adolf Slaby erfolgte. Er nahm an den Verhandlungen mit S & H teil, in denen 1903 die gemeinsame Gründung der „Gesellschaft für drahtlose Telegraphie mbH“ (Telefunken) beschlossen wurde, in deren Vorstand M. dann die AEG vertrat. 1908 brachte er den Ingenieur und späteren Staatssekretär im Reichspostministerium Hans Bredow (1879–1959) in den Vorstand. 1923 wirkte M. bei der Gründung der „Rundfunk GmbH“ mit, durch die die deutsche Telegraphie-Industrie in das Rundfunkzeitalter eintrat. Die AEG lieferte 8 Großsender sowie Empfangsgeräte und entwickelte 1926 zusammen mit den Leipziger Polyphonwerken AG die elektrische Schallplattenaufnahme.

    Als die AEG 1901 die „Neue Automobil-Gesellschaft mbH“ (NAG) gründete, glaubte M. im Gegensatz zu Rathenau an die Zukunft des Benzinmotors. Der Fehlschlag der Automobilbetriebs GmbH der AEG mit 100 Elektrodroschken gab ihm Recht. Die Automobilfabrikation in Oberschöneweide entwickelte sich gut, so daß M. innerhalb des Konzerns auch Zulieferbetriebe für Zündapparate, Zündkerzen, Vergaser, Kabel und Reifen organisierte. Zusammen mit Heinz Junk gab er 1920 den Anstoß zur Gründung der Gemeinschaft Deutscher Automobilfabriken (GDA), eines Verkaufskartells der Firmen Hansa, Hansa-Lloyd, Brennabor und NAG, das ein Programm von Viersitzer-Personenwagen bis zum 5t-Lastwagen anbot. Bei allen Berliner Automobilausstellungen seit 1902 gehörte M. dem Organisationskomitee an und sorgte für die Finanzierung dieser zukunftsträchtigen Messe. M. war zusammen mit Friedrich Victor v. Friedländer-Fuld Initiator des Baues der Berliner Avus. 1910 begann die AEG in Hennigsdorf mit dem Flugzeugbau. M. führte die Verhandlungen, als sie 1918 zusammen mit der Hapag die „Deutsche Luft-Reederei GmbH“ gründete. Aus dieser und anderen Luftfahrtgesellschaften entstand 1926 die Deutsche Lufthansa, in deren Präsidium M. bis 1932 tätig war.

    Als Emil Rathenau 1915 starb, wurde M. unter Felix Deutsch stellvertretender Vorstandsvorsitzender und verwaltete das Finanzressort. Schon 1917 bereitete er durch Produktionsumstellungen die kommende Friedenswirtschaft vor. Es begann nun eine zweite Epoche der Konzernpolitik. M. leitete die Mehrheitsbeteiligung an der AG Mix & Genest ein und bildete 1920 eine Interessengemeinschaft mit der Porzellanfabrik Ph. Rosenthal & Co. AG, Selb, mit der zusammen er Isolierstoff-Firmen erwarb. Für den Bereich Haushaltsgeräte gründete er 1922 gemeinsam mit den Nürnberger Bing-Werken ein Unternehmen. Den Schreibmaschinenbau der AEG setzte er mit der Deutsche Werke AG Erfurt fort. Aus dieser Zusammenarbeit entstand die Olympia AG. Es gelang M., alle Erweiterungen der vielen Fabrikationszweige der AEG in dieser schwierigen Zeit zu finanzieren und die Beschäftigtenzahlen zu steigern. 1923 konnte er die alten Beziehungen zur General Electric Corp. mit einem neuen Vertrag über den Austausch von Erfindungen und Betriebserfahrungen wiederaufnehmen.

    Die Probleme der Inflation meisterte M. durch Auslandsgeschäfte in fremder Valuta und Inlandsverkauf mit gleitenden Teuerungszuschlägen. Substanzverluste vermied er durch systematische Investitionen in Anlagen und Grundstücken. Nach der Währungsumstellung 1923 konnte er mit dem gleichen Aktienkapital wie 1914 (156,25 Mill. Mark) neu beginnen. Wegen seiner nachlassenden Gesundheit schied M. 1928 aus dem Vorstand der AEG aus und wurde in den engeren Ausschuß des Aufsichtsrats gewählt. Er setzte seine Tätigkeit für einige Konzernbereiche bis in die 30er Jahre fort.|

  • Auszeichnungen

    GKR, Dr.-Ing. E. h. (TH Breslau 1921), Heinrich-Hertz-Medaille in Bronze (1930), Ehrenbürger d. TH Berlin.

  • Werke

    Aus meinen Aufzeichnungen (Veröff., Ansprachen), 1927;
    Mein Lebensweg, 1929;
    Und „d. Alten“ fangen an zu erzählen, in: Allg. Automobil-Ztg. 33, 1932, Nr. 2, S. 7 f.

  • Literatur

    Braunbecks Sport-Lex. 1910 u. 1911 (P);
    Elektrotechn. Zs. 43, 1922, S. 466, 490;
    Telefunken-Ztg. 6, 1923, Nr. 32/33, S. 100 f. (P);
    25 J. NAG, 1927 (P);
    Allg. Automobil-Ztg. 30, 1929, Nr. 39, S. 21 (P);
    A. Isbert, 30 J. Auto, 1929, S. 217 (P);
    H. Fürstenberg (Hrsg.), Carl Fürstenberg, Lebensgesch. e. dt. Bankiers, 1931, S. 180 f.;
    W. Mosse, Jews in the German Economy, 1987;
    50 J. AEG, 1956;
    Rhdb. (P).

  • Autor/in

    Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß
  • Zitierweise

    Seherr-Thoß, Hans Christoph Graf von, "Mamroth, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 2-4 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11672496X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA