Bergen, Diego von
Bergen, Carl-Ludwig Diego von
1872 – 1944
Diplomat
- Lebensdaten
- 1872 – 1944
- Geburtsort
- Bangkok (Königreich Siam, heute Thailand)
- Sterbeort
- Wiesbaden
- Beruf/Funktion
- Diplomat ; Jurist
- Konfession
- evangelisch
- Normdaten
- GND: 116130113 | OGND | VIAF: 20423867
- Namensvarianten
-
- Bergen, Carl-Ludwig Diego von
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Diego von Bergen war der Vertreter des Deutschen Reichs am Heiligen Stuhl in der Zwischenkriegszeit. Seit Juni 1919 als preußischer Gesandter akkreditiert, avancierte er im April 1920 zum ersten Reichsbotschafter und bekleidete diesen Posten durchgehend bis 1943. Bergen hing dem deutschen Großmachtstreben an und unterstützte als Bewunderer des Faschismus das deutsch-italienische Bündnis („Achse Berlin–Rom“).
Lebensdaten
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Lebenslauf
30. Oktober 1872 - Bangkok (Königreich Siam, heute Thailand) -
Genealogie
Vater Friedrich Ludwig Werner von Bergen 20.1.1839–29.10.1901 aus Königsberg (Preußen, heute Kaliningrad, Russland); evangelisch; preußischer Kammerherr und Wirklicher Geheimer Rat; Diplomat im konsularischen Dienst des Norddeutschen Bunds und des Deutschen Reichs Großvater väterlicherseits Gustav Adolph von Bergen 23.12.1796–18.10.1857 aus ostpreußischer Familie; preußischer Geheimer Regierungsrat Großmutter väterlicherseits Amalie Auguste von Bergen, geb. Wartmann 10.10.1798–14.4.1868 Mutter Isabel Maria de las Mercedes von Bergen, geb. de Alcalá geb. 1854 aus Caracas (Venezuela); römisch-katholisch Großvater mütterlicherseits Diego Antonio de Alcalá 13.8.1814–28.12.1883 Gutsbesitzer in Caracas Großmutter mütterlicherseits Susana de Alcalá, geb. Forsyth 1820–1882 Schwester Hildegard von Bergen Schwester Susanna von Bergen Heirat 27.5.1919 in Berlin Ehefrau Annemarie Ellen Vera von Bergen, verw. von Wedel, geb. von Dirksen 29.3.1890–4.10.1964 aus Berlin; in 1. Ehe verh. mit Wilhelm August Graf von Wedel (1882–1915), gefallen im Ersten Weltkrieg Schwiegervater Karl Ernst Eduard Willibald von Dirksen 23.12.1852–3.6.1928 aus Berlin; Jurist, Diplomat, Politiker, Gutsherr; seit 1884 im Auswärtigen Amt, 1887 preußischer Personaladel, 1888 Wirklicher Legationsrat und Vortragender Rat, 1892 Geheimer Legationsrat, 1903–1912 Mitglied des Reichstags (Reichs- und Freikonservative Partei), 1911 Wirklicher Geheimrat, 1914–1918 Mitglied im Preußischen Herrenhaus Schwiegermutter Maria Helena Elisabeth (Ella) von Dirksen, geb. Schnitzler 27.10.1860–14.1.1916 aus Köln; Kunstförderin Schwager Eduard Willy Kurt Herbert von Dirksen 2.4.1882–19.12.1955 Diplomat Stieftochter Elka Gräfin von Wedel 10.9.1913–29.12.1987 aus Potsdam Tochter Isabel von Bergen geb. 10.5.1920 Sohn Willibald Werner von Bergen geb. 8.11.1921 Diese Grafik wurde automatisch erzeugt und bietet nur einen Ausschnitt der Angaben zur Genealogie.Bergen, Diego von (1872 – 1944)
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Vater
Werner von Bergen
20.1.1839–29.10.1901
aus Königsberg (Preußen, heute Kaliningrad, Russland); evangelisch; preußischer Kammerherr und Wirklicher Geheimer Rat; Diplomat im konsularischen Dienst des Norddeutschen Bunds und des Deutschen Reichs
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Großvater väterlicherseits
Gustav Adolph von Bergen
23.12.1796–18.10.1857
aus ostpreußischer Familie; preußischer Geheimer Regierungsrat
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Großmutter väterlicherseits
Amalie Auguste von Bergen
10.10.1798–14.4.1868
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Mutter
Isabel von Bergen
geb. 1854
aus Caracas (Venezuela); römisch-katholisch
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Großvater mütterlicherseits
Diego Antonio de Alcalá
13.8.1814–28.12.1883
Gutsbesitzer in Caracas
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Großmutter mütterlicherseits
Susana de Alcalá
1820–1882
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Schwester
Hildegard von Bergen
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Schwester
Susanna von Bergen
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Heirat
in
Berlin
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Ehefrau
Vera von Bergen
29.3.1890–4.10.1964
aus Berlin; in 1.·Ehe verh. mit Wilhelm August Graf von Wedel (1882–1915), gefallen im Ersten Weltkrieg
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Biografie
Bergen kam in Bangkok zur Welt, wo sein Vater Generalkonsul beim Königreich Siam war. Infolge von dessen Versetzungen wuchs er seit 1874 in Saigon (heute Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam) und seit 1877 in Guatemala-Stadt auf. Nach anfänglichem Unterricht durch den Vater wechselte Bergen 1884 in die Untertertia der Klosterschule in Roßleben (Sachsen, heute Thüringen), wo er im April 1890 das Abitur ablegte. Mit dem Ziel einer Karriere im Diplomatischen Dienst begann er zum Sommersemester 1890 ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Berlin, das er 1893 mit dem Ersten Staatsexamen abschloss. 1895 mit der Dissertation „Das Verbrechen des Friedensverrathes“ an der Universität Leipzig zum Dr. iur. promoviert, wurde er im März desselben Jahres für die Diplomatenlaufbahn zugelassen und ging im Mai als Attaché an die von seinem Vater geleitete deutsche Gesandtschaft in Guatemala.
Der Einberufung Bergens in das Auswärtige Amt (AA) im Oktober 1896 folgte im Juni 1898 die diplomatisch-konsularische Prüfung und die Ernennung zum Legationssekretär. Anschließend den deutschen Vertretungen in Peking (1899–1901), Brüssel (1901–1905), Madrid (1905/06) und der preußischen Gesandtschaft am Heiligen Stuhl (1906–1911) zugeteilt, fungierte Bergen wiederholt als interimistischer Geschäftsträger in Luxemburg, Kopenhagen und Brüssel. Seit 1911 wirkte er in der Politischen Abteilung des AA als Dezernent für den Dreibund, was auch die vatikanischen Angelegenheiten umfasste, und übernahm im Frühjahr 1919 kurzzeitig die Abteilungsleitung. Den auf Demokratisierung und Verbürgerlichung zielenden Reformen des Leiters der Personalabteilung im AA, Edmund Schüler (1873–1952), stand er distanziert gegenüber.
Am 24. Mai 1919 wurde Bergen als Nachfolger Otto von Mühlbergs (1843–1934) preußischer Gesandter am Heiligen Stuhl und übernahm einen Monat später die Gesandtschaftsgeschäfte. Nachdem innerdeutsche Querelen um die Beibehaltung der bayerischen Gesandtschaft am Heiligen Stuhl bei gleichzeitiger Umwandlung der preußischen Vertretung in eine Reichsbotschaft beseitigt worden waren, wurde Bergen am 16. April 1920 zum ersten deutschen Botschafter an der Kurie ernannt. Seit dem 30. Juni 1925 fungierte er zudem als preußischer Gesandter, obgleich sich aus der Wahrnehmung beider Ämter Konflikte ergaben; so erhielt Bergen u. a. Einblicke in die Verhandlungen zum preußischen Konkordat, die an mehreren Stellen Reichsinteressen widersprachen. Am 1. Juni 1934 übergab er infolge des Gesetzes über den Neuaufbau des Reichs sein Abberufungsschreiben als preußischer Gesandter, wirkte jedoch weiter als Reichsbotschafter. Bergen war in kirchenpolitische Themen (u. a. Personalfragen und Heiligsprechungen) sowie allgemeinpolitische Fragen involviert, bei denen das Reich die Unterstützung des Heiligen Stuhls erwartete, etwa bei Kriegsgefangenen- und Reparationsfragen. Sein über die Umsetzung staatlicher Vorgaben und Informationsvermittlung hinausgehender Beitrag ist erst in Teilen, aber noch nicht systematisch erforscht.
Konservativ-nationalistisch orientiert, unterstützte Bergen das 1930 im AA einsetzende Abrücken von der Stresemann’schen Verständigungspolitik zugunsten eines aggressiveren Revisionismus und zeigte sich nach 1933 abwartend-wohlwollend gegenüber dem NS-Regime, von dem er sich v. a. die Wiederaufnahme deutscher Großmachtpolitik erhoffte. Wie Bergens erst Ende 1939 auf Anregung des scheidenden Landesgruppenleiters der Auslandsorganisation der NSDAP in Italien, Erwin Ettel (1895–1971), veranlasster Parteieintritt sperren sich jedoch weitere Aspekte in Bergens Verhältnis zum Nationalsozialismus einer eindeutigen Interpretation, wohingegen die von ihm geleitete Botschaft institutionell die NS-Politik zweifelsfrei verteidigte bzw. umsetzte; dies schließt deren antisemitische Auswüchse ein.
Als Bewunderer des italienischen Faschismus unterstützte Bergen das deutsch-italienische Bündnis („Achse Berlin–Rom“). Er kritisierte die kirchenfeindliche Politik des NS-Staats mit Blick auf die Stimmung im katholischen Italien, verteidigte sie aber im Vatikan. Seine staatsloyale Haltung veränderte sich weder durch den Ministerwechsel von Constantin von Neurath (1873–1956) zu Joachim von Ribbentrop (1893–1946) 1938 noch durch den Verlauf des Zweiten Weltkriegs. Spätestens seit August 1942 dürfte Bergen nicht zuletzt infolge einer Rom-Reise des Leiters des Vatikanreferats im AA, Werner Picot (1903–1992), über den Holocaust informiert gewesen sein.
Das Reichskonkordat von 1933, von dessen Aushandlung Bergen infolge der Eigenmächtigkeit des stellvertretenden Reichskanzlers Franz von Papen (1879–1969) ausgeschlossen war, lehnte der Botschafter ab. Hauptgrund war seine Überzeugung, es würde Rom zu weitreichende Möglichkeiten einräumen, mit diplomatischen Mitteln gegen die kirchenkritischen Zustände im Reich vorzugehen. Auch bei den Beratungen über den Umgang mit dem österreichischen Konkordat nach dem „Anschluss“ 1938 blieb er außen vor, wie er überhaupt in politischen Fragen kaltgestellt war, was schon die politische Diskussion über die Enzyklika „Mit brennender Sorge“ (1937) gezeigt hatte. Obwohl er die Pensionierungsgrenze erreicht hatte und aus dem Reichskirchenministerium wiederholt scharf kritisiert wurde, blieb Bergen 1938 im Amt, da Adolf Hitler (1889–1945) am Ausbau der von Bergen unterstützten Achse Berlin-Rom lag und Ribbentrop vor dem erwarteten Tod von Papst Pius XI. (1857–1939) keinen personellen Wechsel im Botschafteramt wünschte. Als Bergen seit 1942 erneut darauf drang, die kirchenpolitische Situation im Reich zu entschärfen, wurde er am 31. März 1943 auf Weisung Ribbentrops in den Ruhestand versetzt.
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Auszeichnungen
22.12.1907 Kronenorden 3. Klasse 20.12.1910 Roter Adler Orden 3. Klasse mit Schleife und Schwertern am Ringe 30.8.1918 Roter Adler Orden 2. Klasse mit Eichenlaub und Schwertern am Ringe -
Quellen
Nachlass:
nicht bekannt.
Splitterbestand im Politischen Archiv des Auswärtigen Amts, Berlin, NL 20. (weiterführende Informationen)
Weitere Archivmaterialien:
Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Berlin, P 1 839 – P 1 846. (Personalakten)
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Werke
Das Verbrechen des Friedensverrathes (§ 92 R. St. G. B. bezw. Gesetz vom 3. Juli 1893) mit Berücksichtigung der ausländischen Gesetzgebungen, 1894. (unveröff. handschriftl. Diss. iur.)
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Literatur
N. N., Art. „Bergen, Diego von“, in: Biographisches Handbuch des deutschen Auswärtigen Dienstes 1871–1945, bearb. v. Johannes Hürter/Martin Kröger/Rolf Messerschmidt/Christiane Scheidemann, Bd. 1, 2000, S. 116 f.
Gregor Wand, Taktvolles Stillsitzen auf verlassenem Posten? Der deutsche Botschafter beim Heiligen Stuhl Diego von Bergen (1920–1943), in: Michael Matheus/Stefan Heid (Hg.), Orte der Zuflucht und personeller Netzwerke, 2015, S. 199–221.
Gregor Wand, Der Diplomat und die Päpste. Die Mission des ersten deutschen Botschafters beim Heiligen Stuhl. Diego von Bergen. 1920–1943, 2021. (P)
Gerd Westdickenberg, Diego von Bergen. Diplomat beim Heiligen Stuhl. Diener dreier Herren, 2021.
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Onlineressourcen
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Porträts
Fotografie, Politisches Archiv des Auswärtigen Amts, Berlin.
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Autor/in
→Jörg Zedler (München/Regensburg)
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Zitierweise
Zedler, Jörg, „Bergen, Diego von“ in: NDB-online, veröffentlicht am 01.07.2024, URL: https://www.deutsche-biographie.de/116130113.html#dbocontent
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Genealogie
Aus märkischer Familie;
V Werner, Diplomat, Wirklicher Geheimrat, Königlicher Kammerherr;
M Isabel de las Mercedes de Alcala;
⚭ Berlin 1919 Vera verwitwete Gräfin von Wedel, Schw des Botschafters Herbert von Dirksen (* 1882), T des Geheimen Rats Willibald von Dirksen und der Ellen Schnitzler;
1 S , 1 T . -
Biographie
Nach den Kinderjahren, die B. in Bangkok, Saigon und Guatemala verbrachte, besuchte er 1881-88 die Klosterschule Roßleben. 1895 wurde er Dr. jur. und Attaché in Guatemala, 1899 zweiter Sekretär der Gesandtschaft Peking, 1901 der Gesandtschaft Brüssel, 1905 der Botschaft Madrid, 1906-09 Legationssekretär bei der Gesandtschaft am Heiligen Stuhl; 1911 bis 1919 war er Wirklicher Legationsrat und Vortragender Rat im Auswärtigen Amt, 1917 bis 1919 Leiter der Politischen Abteilung, seit 1919 preußischer Gesandter und 1920-43 deutscher Botschafter beim Heiligen Stuhl, seit 1930 Doyen des dort akkreditierten Diplomatischen Korps. - In 24jähriger Tätigkeit beim Vatikan hat B. die freundlichen Beziehungen zwischen dem Heiligen Stuhl und Deutschland erhalten. Dieses Verdienst fällt namentlich für die Zeit nach 1933 ins Gewicht. Nachdem er 1937 die Altersgrenze erreicht hatte, hielten ihn dringende Bitten des späteren Papstes Pius XII., mit dem ihn eine alte Freundschaft verband, vom Rücktritt ab. Er hat dadurch in andauernder vermittelnder und schlichtender Tätigkeit die Gefahr eines Abbruchs der diplomatischen Beziehungen zwischen dem Reich und dem Heiligen Stuhl vermieden. Vom Reichsaußenminister J. von Ribbentrop als eigenmächtig und selbständig beanstandet, wurde er 1943 abberufen. - B. war u. a. Ehrenmitglied der Académie Française.
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Literatur
Dokumentenslg. d. Auswärt. Amtes, Serie D 1937-45 I, S. 757-857, Imprimérie Nationale, 1950;
Wi. X, 1935. -
Porträts
Phot. im Besitz d. Fam., Wiesbaden; Holzschnitt, in: LIZ 115, 1900, S. 344.
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Autor/in
Adalbert Erler -
Zitierweise
Erler, Adalbert, " Bergen, Diego von " in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 78 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116130113.html#ndbcontent