Lebensdaten
1885 – 1963
Geburtsort
Wiesbaden
Sterbeort
Heidelberg
Beruf/Funktion
Wirtschaftswissenschaftler ; Soziologe ; Nationalökonom ; Historiker
Konfession
-
Normdaten
GND: 118750291 | OGND | VIAF: 41917922
Namensvarianten
  • Rüstow, Alexander
  • Rüstow, Alexander
  • Ruestow, Alexander
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Porträt(nachweise)

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Zitierweise

Rüstow, Alexander, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118750291.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hans (1858–1943), aus Erfurt, preuß. Gen.lt. d. Artillerie, S d. Cäsar (1826–66 ⚔), aus Brandenburg/Havel, preuß. Major, Mil.schriftst. (s. Gen. 1), u. d. Johanna Friederike Emilie Spangenberg (1831–59), aus Suhl;
    M Bertha Ottilie (1862–1940), T d. Wilhelm Ferdinand Spangenberg (1802–66), Gewehrfabr. in Suhl, Senator, KR, u. d. Hedwig Sophie Wilhelmine v. Flotow (1827–1912), aus Lobenstein;
    Gr-Ov Friedrich Wilhelm (1821–78), preuß., dann Schweizer Offz., Mil.hist. (s. 1);
    B Hanns-Joachim (1900–94), Dr. phil., ao. Prof. d. Nat.ök. in München, 1956-67 Berater d. Ifo-Inst. f. Wirtsch.forsch. in München (s. Kürschner, Gel.-Kal. 1992);
    1) 1908 Mathilde (Thilde) (1878-1974), Bildhauerin, Malerin in München, T d. Kajetan Gabriel Herberger (1846–1909), aus Augsburg, Brauereidir. in Graz, u. d. Sophie Henriette Hiller (1849–1940), aus Augsburg, 2) 1926 Anna Bresser (1892–1956), Dr. phil., 3) Berlin 1933 Leonore Renata (Lorena) (* 1905), aus Annaberg, T d. Christoph Gf. Vitzthum v. Eckstädt (1863–1944), aus Dresden, sächs. Staatsmin., WGR (s. Wi. 1935), u. d. Elisabeth Gfn. v. Harrach (1870–1961);
    1 S aus 1), 2 T aus 1) u. a. Hanna (* 1916), Dr. med., Kinderärztin, 2 T aus 2), 1 S aus 3); Gvv d. 3. Ehefrau Ferdinand Gf. v. Harrach (1832–1915), Dr., Landschafts-, Historien- u. Porträtmaler, Prof., WGR (s. BJ I, S. 132-34 u. Tl.; NDB VII Fam.art.).

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Bismarck-Gymnasium in Berlin 1903 und einem breit angelegten Studium (Math., Physik, klass. Philol., Nat.ök., Philos. u. Psychol.) in Göttingen, München und Berlin wurde R. 1908 in Erlangen mit „Der Lügner: Theorie, Geschichte und Auflösung“ (1910) zum Dr. phil. promoviert. R.s Analyse des klassischen Lügenparadoxons demonstriert dessen formale Identität mit dem später entdeckten Bertrand-Russel-Paradoxon in der formalen Mathematik. 1908-11 war er wissenschaftlicher Abteilungsleiter für klassische Philologie beim „B. G. Teubner Verlag“ in Leipzig. Nach der Teilnahme am 1. Weltkrieg 1914-18 vorübergehend dem Sozialismus zugeneigt, war R. 1919-24 als Referent im Reichswirtschaftsministerium zuständig für Kartellfragen, 1924-33 wirtschaftspolitischer Berater des „Vereins dt. Maschinenbauanstalten“ in Berlin. Nach der NS-Machtergreifung emigriert, war er 1933-49 Professor an der Univ. Istanbul (Lehrstuhl f. Wirtsch.geographie u. Soz.gesch.), wo er mit Wilhelm Röpke (1899–1966) intensiv zusammenarbeitete.

    R. war Wegbereiter eines Reformprogramms, das als „Soziale Marktwirtschaft“ in der Bonner Republik praktische Gestalt gewann. Unter seiner Teilnahme am „Colloque Walter Lippmann“ (Paris 1938) wurde der programmatische Begriff „Neoliberalismus“ geprägt. 1949-56 lehrte er, zuerst als Gastprofessor, dann als Ordinarius in Heidelberg Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. R. war Mitbegründer und Präsident (1954–56) der „Vereinigung für die Wissenschaft von der Politik“. Als Vorsitzender (1955–62) der „Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft“ (ASM) unterstützte er die politische Umsetzung des Konzepts publizistisch.

    R.s Spannweite in Forschung und literarischer Produktion reicht von philosophischer Erkenntnistheorie über Gegenwartsphilosophie und Ordnungspolitik bis zu ökonomischer Konzentration und Protektion. Sein opus magnum „Ortsbestimmung der Gegenwart (3 Bde., 1951–57, Bd. 2, ²1963, Bd. 3 W-Verz.) verband weitreichende kulturhistorische Betrachtungen mit einer Diagnose der derzeitigen und zukünftigen Aufgaben der freiheitlichen Gesellschaft, die sich gegenüber rechten wie linken Totalitarismen zu behaupten habe. Hierfür bedürfe sie einer auf moralischen Bindungen beruhenden inneren Ordnung, die letztlich nur ein starker, dem Gemeinwohl verpflichteter Staat gewährleisten könne. Damit schuf R. den kultursoziologischen Unterbau der Theoreme der neoliberalen Schule. Die Verpflichtung des Staates zu sozialpolitischer Aktivität muß nach R. die Eigengesetzlichkeit des wirtschaftlichen Bereichs beachten; eine in sich stimmige Sozialpolitik bedinge einen klaren wirtschaftspolitischen Rahmen. R.s „Vitalpolitik“ ist ein Vermächtnis für eine freiheitliche Gesellschaft: Verhältnisse und Einstellungen zu schaffen, in denen der Mensch sich geborgen und glücklich fühlt. Da späteres Wohlbefinden besonders von der Entwicklung in der Kindheit und Jugend abhängt, sah R. in der Familienpolitik einen wesentlichen Teil der Vitalpolitik. Zu R.s Schülern zählen Gottfried Eisermann und Bernhard Vogel.|

  • Auszeichnungen

    Alexander-Rüstow-Plakette (seit 1964) d. ASM f. Verdienste um d. Soz. Marktwirtsch.;
    E. K. I u. II;
    Hausorden d. Hohenzollern;
    Dr. rer. oec. h. c. (Bern);
    Dr. rer. pol. h. c. (Hochschule f. Wirtsch. u. Soz.-wiss., Nürnberg);
    Gr. BVK mit Stern (1956);
    Frhr.-vom-Stein-Preis (1962);
    Mitgl. d. Ges. f. Wirtsch.- u. Soz.wiss., d. List-Ges., d. Dt. Ges. f. Soziol., d. Dt. Ak. f. Bevölkerungswiss., d. Senatskomm. f. vordringl. soz.pol. Fragen d. DFG, d. Kuratoriums f. d. Forsch.stelle f. bäuerl. Fam.wirtsch. Frankfurt/M.;
    Gedenkplatte an R.s Wohnhaus in Heidelberg (1985).

  • Werke

    Weitere W Schutzzoll oder Freihandel, 1925;
    Die Arbeitslosigkeit in d. dt. Masch.ind. 1919-1932, Schrr. d. Ver. f. Soc.pol. 183 III, 1933, S. 1-119;
    Das Versagen d. Wirtsch.liberalismus als rel.geschichtl. Problem, 1945, ²1950 ³2001;
    Zw. Kapitalismus u. Kommunismus, in: ORDO 2, ²1949;
    Rede u. Antwort, 21 Reden u. Diskussionsbtrr. aus d. J. 1932 bis 1962, S. 9-344 (mit e. Nachruf v. W. Röpke), 1963 (enth. v. a. R.s Reden vor d. ASM);
    Weshalb Wiss. v. d. Pol.?, in: Zs. f. Pol., N. F. I, 1954, S. 131-38;
    Wirtsch.eth. Probleme d. Soz. Marktwirtsch., in: P. M. Boarman, Der Christ u. d. Soz. Marktwirtsch., 1955, S. 53-74;
    Vitalpol. u. Vermassung, in: A. Hunold (Hg.), Masse u. Demokratie, 1957, S. 215-38;
    Rede u. Antwort, Reden u. Diskussionsbtrr. 1932-1962, 1963 (W-Verz. ohne d. türk. Publikationen). |

  • Nachlass

    Nachlaß: BA Koblenz.

  • Literatur

    Wirtsch. u. Kultursystem, FS A. R., hg. v. W. Röpke u. a., 1955;
    G. Eisermann, in: Wirtsch.ordnung u. Menschenbild, Geburtstagsgabe f. A. R. 1960, S. 147-52;
    W. Röpke, in: A. R., Rede u. Antwort, 1963, S. 345-50;
    Kölner Zs. f. Soziol. u. Soz.psychol., Sonderh. 23, 1981, S. 369-78;
    H. O. Lenel, A. R.s wirtsch.- u. soz.pol. Konzeption, in: ORDO 37, 1986, S. 45-58;
    Perspektive 2000, Der ökonom. Humanismus im Geiste A. R.s, hg. v. L. Bossle, 1987;
    K. Meier-Rust, A. R., Gesch.deutung u. lib. Engagement, 1993;
    J. Hegner, A. R., Ordnungspol. Konzeption u. Einfluß auf d. wirtsch.pol. Leitbild d. Nachkriegszeit in d. BRD, 2000;
    Die Hochschullehrer d. Wirtsch.wiss., 1959 (W, L);
    Bad. Biogrr. III;
    Nassau. Biogr. (W, L);
    BHdE II;
    G. Eisermann, in: BHdwE (W, L).

  • Autor/in

    Joachim Starbatty
  • Zitierweise

    Starbatty, Joachim, "Rüstow, Alexander" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 228-229 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118750291.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA