Lebensdaten
1871 – 1955
Geburtsort
Kanth (Kąty Wrocławskie, Schlesien)
Sterbeort
Woking (Großbritannien)
Beruf/Funktion
Rabbiner
Konfession
jüdisch
Namensvarianten
  • Warschauer, Malvin
  • Warschauer, Mordechai
  • Warschauer, Malwin
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Zitierweise

Warschauer, Malwin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139112.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Julius (1838–88, 2] 1879 Fanny Loewy, 1846–1918), Holzhändler in K., S d. Marcus Mordechai W. (* 1802), Inh. e. hebr. Druckerei in Dyhernfurth (Brzeg Dolny, Niederschlesien);
    M Dorothea Müller (1844–77), Ladenbes. in K.;
    3 Schw Valesca (Vally) (1868–1942 Treblinka), Helene (Lenchen) (1872– 1916), Meta (1876–1933, Bruno Jaskulski), 1 Halb-Schw Hedwig (1884–1942 Sobibor, Julius Engländer);
    1) 1904 Recha Rosa (1869–1930, Verkehrsunfall), T d. Isidor Blum ( 1877) u. d. Dorothea ( 1877), 2) 1932 Gertrude (1893–1968), T d. Leopold Casper (1859–1959), Prof. f. Urol. in Berlin, Gründungsmitgl. u. 1913 Präs. d. 4. Kongresses d. Dt. Ges. f. Urol., emigrierte 1938 über d. Schweiz n. Nizza, 1941 n. New York, Vf. v. „Skizzen aus d. Vergangenheit“ [1949] (s. D. Schultheiss u. a., Wegbereiter d. Urol., 2002; Der Urol. 48, 2009, S. 1094–102), u. d. Emma Gutmann;
    1 S Julius (James J. Walters) (1907–94, Ellen Ruth Cahn, * 1906, aus Berlin) (s. W, L);
    1 T Dorothea (1905–86, Ludwig Albert Meyer, 1887–1976).

  • Biographie

    W. wuchs in Kanth, seit 1881 bei seiner Stiefgroßmutter N. N. Löwy in Breslau auf, wo er das Realgymnasium am Zwinger besuchte. Nach dem Tod des Vaters 1888 bestritt er seinen Lebensunterhalt selbst, v. a. durch Privatstunden. 1889 legte er das Abitur ab und entschied sich unter dem Einfluß seiner Lehrer Lesser Knoller (1860–1931) und Israel Lewy (1841–1917) sowie des Breslauer Rabbiners Manuel Joël (1826–90), Rabbiner zu werden. 1890–94 studierte er an der Univ. Berlin Oriental. Sprachen, Philosophie, Alte Geschichte und Dt. Literatur; 1890–99 absolvierte er das Rabbinatsstudium an der religiös liberalen „Lehranstalt (später: Hochschule) für die Wissenschaft des Judentums“ (LWJ) in Berlin. 1896 wurde er an der Univ. Erlangen mit der kommentierten Übersetzung eines hebr. Buchs zum Dr. phil. promoviert, Gutachter war Ludwig Abel (1863–1900), ao. Professor für semit. Philologie. 1903 legte W. sein Rabbinerexamen ab.

    W. war aktives Mitglied der jüd. Studentenvereinigung „Akademischer Verein für Jüdische Geschichte und Literatur“ und engagierte sich seit 1895 in der zionistischen Bewegung, was seine Karriere in der Jüd. Gemeinde Berlin anfänglich behinderte. Denn obwohl W. durch Predigten, die er noch als Student in verschiedenen Synagogen hielt, schnell bekannt wurde, mußte er bis 1900 um seine Festanstellung als Gemeinderabbiner kämpfen (1907 entfristet). Er amtierte v. a. an der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße (Mitte) und in der Synagoge Lindenstraße (Kreuzberg). 1901–17 leitete er zusätzlich die V. Religionsschule (Strausberger Str.|8–9). Seit 1911 amtierte er als Nachfolger seines Lehrers, des Rabbiners Siegmund Maybaum (1844–1919), als Dozent für Homiletik und Midrasch an der LWJ, gab dieses Amt jedoch wegen Arbeitsüberlastung 1913 wieder auf.

    W. erwarb sich schnell den Ruf, einer der besten und populärsten Rabbiner Berlins zu sein. Der moderne, sachliche und aktuelle Probleme reflektierende Stil seiner Predigten machte ihn zum Vorbild für eine junge Generation von Rabbinern, wie Georg Salzberger (1882–1975). Besonders geschätzt waren W.s Ansprachen bei Hochzeiten und Beerdigungen; 1935 hielt er die Gedächtnisrede für Max Liebermann (1847–1935) auf dem Friedhof Schönhauser Allee in Berlin.

    Während des Novemberpogroms am 10. 11. 1938 durch einen Polizisten telefonisch vor der Verhaftung gewarnt, flüchtete W. nach Süddeutschland und reiste nach einem neunwöchigen Aufenthalt im jüd. Krankenhaus Berlin unter falschem Namen Ende Jan. 1939 nach England aus, wo er sich in Woking niederließ. Hier verfaßte er philosophische Abhandlungen und Aufsätze, schloß seine 1937 begonnenen, postum veröffentlichten Erinnerungen ab, hielt Vorträge und betreute die jüd. Emigrantengemeinde in Guildford (Surrey). W.s Grabrede hielt sein Studienfreund und Kollege Leo Baeck (1873–1956).

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Vereinigung d. lib. Rabbiner Dtld.s, d. Montefiore-Loge (1903–37) u. im Arb.ausschuß „Reichsverband f. jüd. Kriegsgefangenenfürsorge“ (1917);
    Vorstandsmitgl. im Ver. „Isr. Lehrerinnenheim“, Berlin-Lichterfelde (um 1913);
    Gründungsmitgl. d. „Jüd. Friedensbunds“ (1929).

  • Werke

    |u. a. Die hebr. Übers. d. dem Ghazzali zugeschriebenen Buches ‚Waage der Spekulationen‘ z. größeren Teile hg., teilweise übers. u. eingel. v. M. W., ungedr. Diss. Erlangen 1896 (Diss. nicht erhalten, Titel n. d. Promotionsakte: Univ.archiv Erlangen, UAE C4 / 3b Nr. 2034);
    Der jüd. Theologe, hg. v. d. Dt. Zentralstelle f. Berufsberatung d. Akademiker e. V., 1929;
    50 J. Berliner Gde.-Leben n. persönl. Erinnerungen, Ansprache im Ver. f. jüd. Gesch. u. Lit. zu Berlin, gehalten am 18. Okt. 1938, in: H. Simon (Hg.), „Tuet auf d. Pforten“, Die Neue Synagoge 1866–1995, Begleitbuch z. ständigen Ausst. d. Stiftung „Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum“, 1995, S. 139–45 (P);
    Im jüd. Leben, Erinnerungen d. Berliner Rabbiners M. W. mit e. Btr. v. seinem Sohn James Walters, e. Vorw. v. H. Knobloch u. e. Einf. v. N. Galliner, 1995 (darin: Gedächtnisrede auf Max Liebermann, ebd. S. 32–136, P);
    Bibliogr.: Biogr. Hdb. Rabbiner II;
    Nachlaß: Leo Baeck Inst. New York, M. W. Collection (digitalisiert im Internet, Kopien in: Wiener Library London).

  • Literatur

    |M. Salomonski, in: Jüd.-lib. Ztg., 5. Jg, Nr. 1 v. 2. 1. 1925, S. 5 f.;
    G. Herlitz, in: Jüd. Rdsch., 26. Jg., Nr. 82 v. 23. 10. 1931, S. 494;
    M. Davidsohn, in: Aufbau 17, Nr. 43 v. 26. 10. 1951, S. 13;
    ders., ebd. 21, Nr. 6 v. 11. 2. 1955, S. 8;
    Rabbiner Dr. G. Salzberger, in: AJR Information, March 1955, S. 6;
    ders., ebd., October 1971, S. 8;
    ders., ebd., February 1980, S. 12;
    James J. Walters-Warschauer, The Life and Work of M. W., in: Leo Baeck Inst. Yearbook 26, 1981, S. 191–206 (P);
    ders., Die Jahre in England, in: Im jüd. Leben, 1995 (s. W), S. 121–31;
    A. Zajdband, German Rabbis in British Exile, From „Heimat“ into the Unknown, 2016, passim (P);
    E. G. Lowenthal, Juden in Preußen, ²1982, S. 236;
    BHdE I;
    Bibliogr. Judaica;
    Kurzbiogrr. Juden;
    Biogr. Hdb. Rabbiner II.

  • Autor/in

    Ursula Reuter
  • Zitierweise

    Reuter, Ursula, "Warschauer, Malwin" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 437-438 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139112.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA