Lebensdaten
1891 – 1976
Geburtsort
Budapest
Sterbeort
Oxford
Beruf/Funktion
Physikochemiker ; Philosoph
Konfession
jüdisch?
Normdaten
GND: 118741349 | OGND | VIAF: 76329237
Namensvarianten
  • Polanyi, Mihály
  • Polanyi, Michael
  • Polanyi, Mihály
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Zitierweise

Polanyi, Michael, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118741349.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    B Karl (s. 1);
    1920 oder 1921 Magda(lene) Kemény, Chemikerin;
    2 S George (1922–75), Wirtschaftswiss., John Charles (* 1929), Prof. f. physikal. Chemie in Toronto (Kanada), erhielt 1986 d. Nobelpreis (s. BHdE II).

  • Biographie

    P. wurde in seiner Jugend stark vom liberalen und pluralistischen Geist eines Kreises junger ungar. Künstler und Intellektueller beeinflußt, der in seinem Elternhaus verkehrte. 1909 begann er in Budapest das Medizinstudium, das er 1913 abschloß (Dr. med. 1914). Noch als Medizinstudent wandte er sich der physikalischen Chemie zu, studierte bei Georg Bredig (1868–1944) an der TH Karlsruhe Chemie und schloß dieses Studium – nach Kriegsdienst 1914-17 als Sanitätsoffizier – in Budapest ab (Promotion 1918). Nach kurzer Tätigkeit in der Regierung der Ungar. Republik verließ P. 1920 sein Heimatland und ging erneut nach Karlsruhe. Wenig später erhielt er einen Ruf an das neugegründete KWI für Faserstoffchemie in Berlin-Dahlem und wurde 1921 zum Wissenschaftlichen Mitglied der KWG ernannt. 1923 wechselte er als Abteilungsleiter an das KWI für physikalische Chemie und Elektrochemie, habilitierte sich an der TH Berlin und wurde 1926 zum ao. Professor ernannt. 1933 emigrierte P. nach England und erhielt an der Univ. Manchester eine o. Professur für physikalische Chemie. 1948 wechselte er auf ein persönliches Ordinariat für Sozialwissenschaften und trat 1958 in den Ruhestand. Danach war er mehrfach Gastprofessor in den USA.

    In ersten Arbeiten befaßte sich P. mit der Anwendung der thermodynamischen Hauptsätze auf physiologisch-chemische Vorgänge. 1914-18 folgten mehrere Studien zur Adsorption, dem Thema seiner zweiten Promotion. Anschließend wandte er sich den Problemen der Reaktionskinetik und der Reaktionsgeschwindigkeit zu. Am KWI für Faserstoffchemie widmete sich P. hauptsächlich der Röntgenstrukturanalyse und arbeitete mit dem Physiker Karl Weissenberg (1893–1976) die Grundlagen der Drehkristallmethode aus. Später untersuchte er auch Festkörperdeformationen, doch stand die Reaktionskinetik immer im Zentrum seiner Interessen. P. gab wichtige Anstöße zur Theorie der absoluten Reaktionsgeschwindigkeit, die vor allem von Henry Eyring (1901–81), der in Berlin bei ihm arbeitete, weiter ausformuliert wurden. Um 1930 entstand dabei das Konzept des „aktivierten“ oder „Übergangszustands“ bei chemischen Reaktionen.

    Die Hinwendung P.s zu philosophischen Fragen setzte etwa 1937 ein, wobei das Phänomen wissenschaftlicher Erkenntnis im Zentrum seiner Überlegungen stand. Er war überzeugt, daß sich Wissenschaft weitgehend unabhängig von gesellschaftlichen Einflüssen entwickelt, und die Wissenschaftler eine sich selbst kontrollierende und steuernde „Scientific Community“ bilden, deren Autorität die Einhaltung bestimmter Normen der wissenschaftlichen Arbeit sichert und die gleichzeitig offen für neue Erkenntnisse ist. Dennoch lasse sich völlige Objektivität nicht erreichen. P. führte den Begriff des „impliziten Wissens“ ein, das als unspezifisches und individuell geprägtes Ahnen des Richtigen aufgefaßt werden kann. Generell wird bei der wissenschaftlichen Forschung immer nur ein Aspekt einer komplexeren Realität erfaßt, das Erkennen somit bis zu einem gewissen Grad subjektiv. P. erwies sich damit als Kritiker des Positivismus, aber auch des Kritischen Realismus von Karl Popper und John Desmond Bernal. Wirtschaftspolitisch lehnte P. jegliche Form von Planwirtschaft ab.

  • Werke

    (ca. 220 Aufss. in naturwiss. Zss., ca. 130 Aufss. üb. sozialwiss., wiss.theoret. u. phil. Themen) Atomic reactions, 1933;
    The contempt of freedom, The Russian experiment and after, 1940;
    Full employment and free trade, 1945;
    The logic of liberty, 1951;
    Personal knowledge, Towards a postcritical philosophy, 1958;
    Beyond nihilism, 1961;
    My Time with X-rays and Crystals, in: P. P. Ewald (Hg.), Fifty Years of X-ray Diffraction, 1962, S. 629-36;
    The tacit dimension, 1966 (dt.: Implizites Wissen, 1985);
    Knowing and being, Essays, 1969;
    Scientific thought and social reality, Essays, 1974;
    Meaning, 1975 (mit H. Prosch).

  • Literatur

    The Logic of Personal Knowledge, 1961;
    T. A. Langford (Hg.), Intellect and Hope, Essays in the thought of M. P., 1968 (W);
    R. Gelwick, M. P., Credere aude, his theory of knowledge and its implications for theology, 1974 (Diss. Ann Arbor 1965);
    ders., The way of discovery, an introduction to the thought of M. P., 1977;
    A great citizen of the Rep. of Science, M. P., in: Minerva 14, 1976, S. 12-15;
    J. R. Baker, M. P.s contributions to the cause of freedom in science, ebd. 18, 1978, 382-96;
    E. P. Wigner u. R. A. Hodgkin, in: Biogr. Memoirs of Fellows of the Royal Soc. 23, 1977, S. 413-48 (W, P);
    The Journal of the British Soc. for Phenomenology 8, 1977, Nr. 3, S. 141-206;
    J. B. Bennett, The tacit in experience, P. and Whitehead, in: The Thomist 42, 1978, S. 28-49;
    E. Vezér (Hg.), Irástudó nemzedékek, A Polányi család története dokumenttumokban, 1986 (P);
    H. Prosch, M. P., 1986;
    R. Breithecker-Amend, Wiss.entwicklung u. Erkenntnisfortschritt, 1992;
    D. Scott, M. P., 1996;
    A. Baggod, The role of belief in scientific discovery, M. P. and Karl Popper, 1998;
    R. T. Allen, Beyond liberalism, the political thought of F. A. Hayek and M. P., 1998;
    C. Vinto, M. P., 1999;
    Pogg. V-VII b;
    DSB;
    BHdE II.

  • Autor/in

    Michael Engel
  • Zitierweise

    Engel, Michael, "Polanyi, Michael" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 597 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118741349.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA