Lebensdaten
1704 – 1777
Geburtsort
Preßburg (Bratislava)
Sterbeort
Halle/Saale
Beruf/Funktion
Arzt ; Mathematiker ; Astronom ; Physiker ; Naturwissenschaftler ; Erfinder ; Geheimer Rat
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 11861276X | OGND | VIAF: 39446070
Namensvarianten
  • Segner, Johann Andreas von (seit 1755)
  • segner, johann andreas von
  • Segener, Johann Andreas
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Zitierweise

Segner, Johann Andreas von (seit 1755), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861276X.html [15.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Fam. in d. Steiermark, d. mit Balthasar S. Ende d. 15. Jh. n. P. kam u. zu der u. a. Michael (ungar. Adel 1596), ungar. Rittmeister, gehört;
    V Michael S., Steuereinnehmer;
    M N. N. ( 1709), T d. Wilhelm Fischer, Vicenotarius in P.;
    Jena 1732 Mariana Carolina Sophia, T d. Hermann Friedrich Teichmeyer (1680–1746), auf Kamsdorf u. Wenigenjena, o. Prof. f. Experimentalphysik, Med. u. Botanik in Jena, HR (s. ADB 37), u. d. Marianne Sophie Schelhase;
    3 K u. a. Johann Wilhelm (1738–95), preuß. Offz., Geh. expedierender Kriegsrat b. d. Gen.direktorium u. b. Bancodirektorium in Berlin, Dir. d. Allg. Witwen-Verpflegungsanstalt ebd., 1787 Geh. Finanz-, Kriegs- u. Domänenrat (s. Meusel); Schwägerin Sophie Teichmeyer (1722–95, Albrecht v. Haller, 1708–77, Reichsadel 1749, Med., Naturforscher, Dichter, Prof. f. Anatomie, Botanik u. Chirurgie in Göttingen, Rathausammann in Bern, s. NDB VII; HLS).

  • Biographie

    S. besuchte Gymnasien in Preßburg und Debrecen und studierte 1725–30 Physik und Mathematik an der Univ. Jena. Bereits 1728 kommentierte er ein Theorem von René Descartes zur Vorzeichenwahl von Wurzelausdrücken. Er praktizierte kurzzeitig als Arzt in Preßburg, wurde 1732 Assistenzprofessor an der Univ. Jena und übernahm dort 1733 eine Professur für Mathematik. 1735 wurde S. Professor für Mathematik und Physik in Göttingen und 1755 in Halle, wo er bis zu seinem Tod blieb.

    S. erfand die, später nach ihm benannte, erste hydraulische Reaktionsturbine und beeinflußte damit wesentlich die Turbinenentwicklungen des 19. Jh. Die Segner-Turbine besteht aus einem rotierenden Rad, das durch tangential anströmendes Wasser angetrieben wird. S. legte seine Erfindung 1750 Leonhard Euler (1707–83) mit der Bitte um ein Gutachten vor und beschrieb dabei seine Turbine ausführlich. Euler schlug eine Reihe von Verbesserungen der Turbinenkonstruktion vor. Die Segner-Turbine wird heute in Sprinkler-Anlagen zur Bewässerung genutzt. S. führte daneben auch die drei prinzipiellen Rotationsachsen eines Festkörpers ein und schuf damit eine wesentliche Grundlage zur Beschreibung mechanischer Prozesse. Euler nutzte diese Konvention intensiv in seiner math. Beschreibung von Flüssigkeitsbewegungen. In der math. Logik entwickelte S. die math. Notation nach Leibniz, indem er den entsprechenden Formalismus verallgemeinerte. S. schrieb zudem eine Anzahl math. Aufsätze, welche von Eulers Ideen beeinflußt waren und dessen Gedankengut weiteren Kreisen bekannt machten. So verteidigte er die Newton’sche Theorie der „Lichtausstrahlung“, entwickelte ein graphisches Hilfsmittel zur Lösung von Wurzelausdrücken algebraischer Gleichungen, oder stellte eine|iterative Lösung von Eulers berühmtem Problem über die Anzahl von möglichen Zerlegungen eines Vielecks in Dreiecke mittels nicht-schneidenen Diagonalen vor.

  • Auszeichnungen

    korr. Mitgl. d. Ak. d. Wiss., Berlin (1746), London u. St. Petersburg (1754);
    o. Mitgl. d. Ak. d. Wiss., Göttingen (1751–53).

  • Werke

    Dissertatio epistolica qua regulam Harriotti, de modo ex aequationum signis numerum radicum eas componentium cognoscendi demonstrare conatur, 1728;
    Programma in quo computatio formae atque virium machinae nuper descriptae, 1750;
    Programma in quo theoriam machinae cujusdam hydraulicae praemittit, 1750;
    Specimen theoriae turbinum, 1755;
    Cursus mathematicus, 5 Bde., 1755;
    Elementa analyseos infinitorum, 2 Bde., 1761.

  • Literatur

    ADB 33;
    F. M. Feldhaus, Btrr. z. älteren Gesch. d. Turbinen, in: Zs. f. d. gesamte Turbinenwesen 5, 1908, S. 569–71;
    K. Keller, in: Btrr. z. Gesch. d. Technik 5, 1913, S. 54–72 (P);
    W. Kaiser, J. A. v. S. als Arzt u. med. Lehrer, in: NTM-Schrr.reihe z. Gesch. d. Naturwiss. u. d. Med. 12, 1975, S. 88–97 (P);
    W. Kaiser, J. A. S., d. Vater d. Turbine, 1977 (P);
    Pogg. II, VII a Suppl.;
    Wurzbach;
    BLÄ;
    Matschoss, Technik;
    DSB XII;
    P.-G. Franke u. A. Kleinschrot, Persönlichkeiten d. Fachgebietes Hydraulik u. Wasserbau aus d. dt.sprachigen Raum, 1987;
    Lex. Naturwiss.;
    W. H. Hager, Hydraulicians in Europe, 2003 (P);
    zur Fam.:
    Z. v. Barcsay, in: Adeliges Jb. 36/39, 1958/61 u. 47/49, 1969/71;
    GHdA 128, Adelslex. 13, 2002.

  • Autor/in

    Willi H. Hager
  • Zitierweise

    Hager, Willi H., "Segner, Johann Andreas von" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 164-165 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861276X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Segner: Johann Andreas v. S., geb. am 9. October 1704 in Preßburg, studirte zuerst an ungarischen Hochschulen und dann in den Jahren 1725 bis 1730 in Jena, woselbst er im letztgenannten Jahre die medicinische Doctorwürde erlangte. S. wirkte hierauf nur kurze Zeit als praktischer Arzt in Preßburg und als Stadtphysicus in Debrezin. Da ihm aber die Studentenzeit in Jena besondre Neigung für die Mathematik und Naturwissenschaften eingeflößt hatte, (in Jena hatte er bereits 1725 eine Dissertation über die Harriotti’sche Regel herausgegeben) so legte er seine Stelle in Debrezin nieder und kehrte 1732 nach Jena zurück, um sich dort den Magistergrad zu erwerben und Vorlesungen zu halten. 1733 erhielt er eine außerordentliche Professur in der philosophischen Facultät. 1735 folgte er einem Rufe an die neugestiftete Universität in Göttingen als Professor der Naturlehre und Mathematik. Zugleich wurde er auch Mitglied der medicinischen Facultät und hielt medicinische Vorlesungen. In Göttingen verblieb S. zwanzig Jahre, bis er mit dem Charakter als Geheimrath und mit dem preußischen Adelsdiplom als Professor der Naturlehre und Mathematik nach Halle berufen wurde. In dieser Stellung verblieb S. bis zu seinem am 5. October 1777 erfolgenden Ableben.

    S. war als Schriftsteller sehr fruchtbar und zwar auf den beiden Gebieten, in denen er als Lehrer thätig war. Die medicinischen Schriften, die überhaupt die weniger bedeutenden waren, hören um die Zeit der Berufung nach Halle auf. Dagegen sind von ihm mathematische, astronomische und physikalische Abhandlungen und umfassendere Werke bis zu seinem Tode herausgegeben worden. Ohne grade als selbstständiger Forscher hervorragendes geleistet zu haben, erwarb|sich doch S. durch seine Arbeiten ein geachtetes Ansehen. So ist seine Einleitung in die Naturlehre, welche zu Göttingen in drei Auflagen, von 1746 bis 1770, erschien, als ein für die damalige Zeit sehr gutes Handbuch der Physik zu bezeichnen, und für die Ausbreitung der Wissenschaft förderlich gewesen. Seine bedeutendsten eigenen Arbeiten liegen auf dem Gebiete der Hydraulik, sie sind in einer großen Zahl von Programmen, die in Göttingen und in Halle veröffentlicht wurden, enthalten. Am bekanntesten ist das Programm geworden, in welchem er das von ihm erfundene und nach ihm benannte Wasserrad, welches kaum in irgend einer Sammlung physikalischer Apparate fehlen dürste, beschreibt. In seinen hydraulischen Untersuchungen schloß er sich an Daniel Bernoulli an, welcher zuerst die Theorie auf das Princip der Erhaltung der lebendigen Kraft gründete. Das Segner’sche Wasserrad war eine Anwendung der von Johann Bernoulli aufgestellten Theorie von der Reaction ausfließender Flüssigkeiten. Der unscheinbare Apparat ist dadurch bemerkenswerth, weil sich aus ihm die wichtigste hydraulische Kraftmaschine, die Turbine, entwickelt hat. Die zahlreichen sonstigen physikalischen Arbeiten Segner's haben jetzt nur noch ein historisches Interesse. Zu erwähnen ist vielleicht noch, daß S. wohl der Erste gewesen ist, welcher die Dauer des Lichteindruckes im Auge ziffermäßig zu bestimmen suchte; er bestimmt sie auf 30 Tertien oder eine halbe Secunde. Ferner hat S. die von Thomas Young ausgesprochene Ansicht, daß die Größe der Tropfenbildung mit der Größe der Capillaranziehung zusammenhänge, experimentell für Wasser und Weingeist geprüft und bestätigt gefunden.

    Ein vollständiges Verzeichniß von S.'s Schriften findet sich bei Meusel, XIII, 44 ff.

  • Autor/in

    K.
  • Zitierweise

    K., "Segner, Johann Andreas von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891), S. 609-610 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861276X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA