Lebensdaten
1861 – 1959
Geburtsort
Hamburg
Sterbeort
Landgut Dwerkaten bei Lütjensee (Schleswig-Holstein)
Beruf/Funktion
Neurologe
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118588532 | OGND | VIAF: 54940762
Namensvarianten
  • Nonne, Max
  • Nonne, Carl Ludwig Ernst Max
  • Nonne, Karl Ludwig Ernst Max

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Zitierweise

Nonne, Max, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118588532.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Edwin, Kaufm. aus Thüringen, S d. Karl Ludwig (1785–1853), Schulreformator u. Publizist im Hzgt. Sachsen-Hildburghausen (s. ADB 23);
    M Adelheid, T d. Friedrich Karl Kraft (1786–1866), Philol., 1827-61 Dir. d. Johanneums in H. (s. ADB 17);
    1895 Henny (1874–1955), T d. Glasfabr. F. C. Theodor Heye in H.;
    3 T, 1 S.

  • Biographie

    N. wuchs in Hamburg auf und bestand 1879 das Abitur. Er studierte in Heidelberg, Freiburg (Br.), Berlin und schließlich wieder in Heidelberg, wo er 1884 das medizinische Staatsexamen ablegte und zum Dr. med. promovierte. Als Assistenzarzt arbeitete er 1884-86 bei Wilhelm Erb an der Med. Klinik in Heidelberg, 1886/87 bei Friedrich v. Esmarch an der Chirurg. Universitätsklinik in Kiel und 1887-89 bei Carl Eisenlohr am Allgemeinen Krankenhaus Hamburg-Eppendorf. 1889 ließ sich N. in Hamburg als praktischer Arzt und Spezialarzt für Nervenkrankheiten nieder. Er übernahm außerdem die Stelle eines externen Assistenz-, später Sekundärarztes am Allgemeinen Krankenhaus St. Georg und leitete die Innere Abteilung des Vereinshospitals des Roten Kreuzes. 1896 trat er die Nachfolge Eisenlohrs als Oberarzt|der II. Med. Abteilung in Eppendorf an, die er zur späteren Neurolog. Universitätsklinik ausbaute (Pensionierung 1933). N. machte seine Klinik zu einem internationalen Zentrum der Nervenheilkunde und war damit maßgeblich an der Etablierung der Neurologie als selbständiger Disziplin beteiligt. Anläßlich der Gründung der Univ. Hamburg 1919 wurde N. (seit 1913 Titularprof.) eine apl. ao. Professur verliehen, die 1925 in eine planmäßige o. Professur umgewandelt wurde. Auch international genoß er einen hervorragenden Ruf. Vortragsreisen führten ihn u. a. 1909 in die USA, 1913 nach London, 1921 nach Skandinavien und 1922 nach Südamerika. 1923 wurde er als Consiliarius wiederholt an das Krankenbett Lenins in die UdSSR gerufen. 1931 leitete er die Eröffnungssitzung des I. Internationalen Neurologen-Kongresses in Bern.

    N.s Hauptarbeitsgebiet war die Neurolues, die Syphilis des Nervensystems. Frühzeitig erkannte er die Bedeutung des Liquorbefundes für die Diagnostik der syphilitischen und anderer organischer Nervenkrankheiten (Nonne-Apelt-[Schumm-]Reaktion). N. sind wichtige Studien zur Pathogenese der funikulären Myelose zu verdanken, die er unter die degenerativen und nichtentzündlichen Krankheiten einordnete. Er revidierte und präzisierte den ursprünglich sehr weit gefaßten und dadurch ungenauen Begriff der Myelitis. Eingehend beschäftigte er sich mit Fragen der Diagnose und Therapie von Rückenmarkstumoren. Seine Untersuchungen auf dem Gebiet der Rückenmarkskompression waren grundlegend (Nonne-Froin-Syndrom). Maßgeblich ihm zu verdanken sind die Erkennung einer erblichen Form der Kleinhirnataxie (Nonne-Marie-Krankheit) und eines erblichen trophischen Ödems der Extremitäten (Nonne-Milroy-Meige-Syndrom). Weitere Schwerpunkte seiner Arbeit waren die Multiple Sklerose und die Schädigungen des Nervensystems durch Alkohol. N.s Ruf gründete sich auf eine außergewöhnlich große klinische Erfahrung und die sorgfältige Auswertung einer vielseitigen Kasuistik. Besonderes Aufsehen erregte er während des 1. Weltkriegs, als es ihm gelang, eine große Zahl sog. „Kriegsneurotiker“ durch Hypnose symptomfrei zu machen bzw. ihre Symptome zu lindern. N. ging davon aus, daß es sich bei der „Kriegsneurose“ um eine Form der Hysterie, um psychogene, funktionelle Störungen handelte. Auf der Kriegstagung des Deutschen Vereins für Psychiatrie und der Gesellschaft Deutscher Nervenärzte 1916 in München setzte er sich mit dieser Auffassung gegen den damals führenden deutschen Neurologen Hermann Oppenheim und dessen Lehre von der „traumatischen Neurose“ durch, der zufolge man von einer organisch bedingten (und damit rentenpflichtigen) Krankheit hätte ausgehen müssen. Somit gehörte N. zu jenen Ärzten, die den Imperativen der militärischen Führung Genüge taten, indem sie den „Kriegsneurotikern“ und ihren teilweise schweren Symptomen nicht mit einer patientengerechten Therapie, sondern mit Disziplinierungsmaßnahmen begegneten; diesen Ärzten ging es weniger um Heilung als um Demütigung und Einschüchterung vermeintlicher „Simulanten“. Zwar dominierte in seiner Eppendorfer Klinik die Suggestionsbehandlung durch Hypnose, doch wurde sie teilweise mit der Anwendung von Elektroschocks und mit Zwangsexerzieren kombiniert. Nach dem 1. Weltkrieg beklagte N., daß die „Besten“ geopfert, „die körperlich und geistig Minderwertigen, Nutzlosen und Schädlinge“ jedoch verschont geblieben seien und keine „gründliche Katharsis“ von den „an der Volkskraft zehrenden Parasiten“ stattgefunden habe. Sein sozialdarwinistisches Menschen- und Weltbild offenbart sich auch in einer Stellungnahme zur „Euthanasie“, die er im September 1942 verfaßte (in Form eines Briefes an den Hamburger Gesundheitssenator Ofterdinger, StA Hamburg). Obwohl kein Nationalsozialist, sprach sich N. für die laufenden Tötungsaktionen gegen unheilbar psychisch Kranke aus. Ihr Leben war in seinen Augen „absolut unwertes Leben“, dessen „Beseitigung“ keine unmoralische Handlung sei, sondern ein erlaubter, nützlicher Akt. – Vors. d. Ges. Dt. Nervenärzte; Ehrenmitgl. d. American Neurological Association (1950); Mitgl. d. Soc. Italiana di Neurologia (1912), d. Ver. f. Psychiatrie u. Neurologie zu Wien (1922), d. Royal Soc. of Medicine, Section of Neurology (1935), usw.; Paracelsus-Medaille (1953); seit 1961 Verleihung d. Max-Nonne-Medaille.

  • Werke

    Syphilis u. Nervensystem. Ein Hdb., 1902, ⁵1924 (engl. 1913, span. 1924/25);
    Therapeut. Erfahrungen an d. Kriegsneurosen in d. J. 1914-1918, in: K. Bonhoeffer (Hg.), Hdb. d. Ärztl. Erfahrungen im Weltkriege 1914/1918, IV, Geistes- u. Nervenkrankheiten, 1922, S. 102-21;
    Der Pseudotumor cerebri, in: Neue dt. Chirurgie, XII, Die allg. Chirurgie d. Gehirnkrankheiten, Teil II, 1914, S. 105-52;
    Stellung u. Aufgaben d. Arztes in d. Behandlung d. Alkoholismus, Üb. Trinkerheilstätten, 1904;
    Anfang u. Ziel meines Lebens, Erinnerungen, 1971, ³1976;
    zahlreiche Aufss. (u. a.: Sonderdruckslg. in d. Bibl. d. Ärztl. Ver. Hamburg). – Mithg.: Dt. Zs. f. Nervenheilkde. (1925–44);
    Mitarb.:
    H. Oppenheim, Lehrb. d. Nervenkrankheiten f. Ärzte u. Studierende, 1894, ⁷1923

  • Literatur

    H. Pette, in: FF 12, 1936, S. 28;
    ders., in: Dt. med. Wschr. 85, 1960, S. 38-40 (P);
    ders., in: Dt. Zs. f. Nervenheilkde. 180, 1960, S. 239-251 (P);
    G. Schaltenbrand, in: Archiv f. Psychiatrie u. Zs. f. d. ges. Neurologie 200, 1959, S. I-VI (P; Lebensdaten fehlerhaft);
    ders., in: K. Kolle (Hg.), Gr. Nervenärzte III, 1963, S. 164-73 (P, W-Verz. unvollst.);
    H. Demme, in: Fortschritte d. Neurologie, Psychiatrie u. ihrer Grenzgebiete 28, 1960, S. 178-84 (P; Lebensdaten fehlerhaft);
    P. Riedesser u. A. Verderber, „Maschinengewehre hinter d. Front“, Zur Gesch. d. dt. Militärpsychiatrie, 1996, S. 23-99;
    FS z. 70. Gebtag. 1931, in: Dt. Zs. f. Nervenheilkde. 117, 118 u. 119, 1931 (P);
    BLÄ, A. Kreuter, Dt.sprachige Neurologen u. Psychiater, II, 1996, S. 1039-45 (W, L). – Eigene Archivstud. (Nachlaß: Hamburg, StA u. Bibl. d. Ärztl. Ver.).

  • Porträts

    Rötelzeichnung v. R. Großmann, um 1935, Abb. in: T. Timm u. J. H. Wolf, Ärzte d. zwanzigsten Jh. in Bildnissen v. Rudolf Großmann, 1979, S. 27 f.;
    Ölgem. v. H. E. Schnegg, 1936, Neurolog. Univ.-klinik Hamburg-Eppendorf;
    Pastell (sign. Blaue 1943), StA Hamburg;
    Bronzekopf v. H. M. Ruwoldt, um 1950, Abb. in: Begegnungen, Jb. Freie Ak. d. Künste in Hamburg 2, 1953;
    Foto in StA Hamburg.

  • Autor/in

    Stefan Wulf
  • Zitierweise

    Wulf, Stefan, "Nonne, Max" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 333-335 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118588532.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA