Lebensdaten
um 1487 oder 1496 – 1554
Geburtsort
Ulm
Sterbeort
Augsburg
Beruf/Funktion
Kaufmann ; Bankier
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 122063007 | OGND | VIAF: 40251193
Namensvarianten
  • Neidhart, Sebastian von
  • Neidhart, Sebastian

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Zitierweise

Neidhart, Sebastian von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122063007.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Matthäus ( 1537), Bgm. v. U., Städtehptm. d. Schwäb. Bundes;
    M Magdalena Krafft;
    B Georg ( 1] Dorothea Huber, 2] Helena Stammler);
    Augsburg 1513 Helena ( 1543), T d. Christoph Herwart (1464–1529), Großkaufm. u. Ratsherr in A., u. d. Elisabeth Pfister;
    K Matthäus ( 1559, ev., 1548 Barbara Langenmantel). Dr. iur., Helena ( 1558, 1548 Wolfgang Langenmantel, 1522–68, Patrizier in A.), Paul ( 1560, Sabina Pfister), Elisabeth ( 1595, Georg Rot aus U.), Christoph, Kaufm. in Lyon, Karl ( 1576, 1] Ursula Manlich, 2] Susanna Schleicher aus U.), Kaufm., Susanna (ev., 1558), Stifterin in A.; die K führten in Erbengemeinschaft N.s Geschäft weiter.

  • Biographie

    N. stammte aus einer der angesehensten Ulmer Patrizierfamilien, der im Spätmittelalter|eine wichtige Rolle im politischen und geistigen Leben der Reichsstadt zukam. 1506 besuchte er die Univ. Ingolstadt. 1509/10 die Univ. Tübingen. Sein Schwiegervater Christoph Herwart war im Perlen- und Juwelenhandel sowie im Tiroler Bergbau tätig und unterhielt Faktoreien in Antwerpen, Venedig und Lissabon. Die Verbindung mit Herwart dürfte für N.s eigene kaufmännische Laufbahn bestimmend gewesen sein. 1522 reiste er im Auftrag seines Schwiegervaters nach Antwerpen, 1527 hielt er sich in Sevilla auf. Nach dem Tod Herwarts (1529) übernahm N. mit seinen Schwägern die Leitung der Gesellschaft „Christoph Herwart sel. Erben“, wurde gleichzeitig aber auch in eigenem Namen geschäftlich aktiv. 1530 schloß er sein erstes größeres Kreditgeschäft mit Karl V. ab: Er lieh dem Kaiser 40 000 Dukaten, die in Sevilla durch Perlen aus Amerika zurückgezahlt werden sollten. Da die „Casa de Contratación“ in Sevilla diese Rückzahlung nicht leisten konnte und N. Kaiser Karl weitere Kredite gewährte, gestatteten die span. Behörden N. und seinen Vertretern die direkte Beteiligung am Amerikahandel. So beteiligte er sich zusammen mit der Nürnberger Welser-Gesellschaft an der Ausrüstung eines Schiffes, das 1535 an der Expedition des Pedro de Mendoza in das La Plata-Gebiet teilnahm, und 1537 erwarb er Rechte an den Perlenbänken bei der Karibikinsel Cubagua. Über seinen Sevillaner Faktor Christoph Raiser investierte er außerdem in Gemeinschaft mit dem Kaufmann Lazarus Nürnberger in den Silberbergbau im mexikan. Zultepeque.

    In den 1530er Jahren war N. vermutlich einer der größten Juwelenhändler Europas. Einen zweiten Schwerpunkt seiner geschäftlichen Tätigkeit bildete der Tiroler Bergbau. N. war zur Hälfte an der Montangesellschaft „Anton Haug, Sebastian Neidhart und Mitverwandte“ beteiligt, die in den 40er Jahren größere Darlehen an Kg. Ferdinand und seine Regierung vergab. Im Linzer Vertrag 1541 etwa liehen die Haug-N. zusammen mit den Augsburger Firmen Fugger und Baumgartner Ferdinand 120 000 Gulden, und im Wiener Vertrag 1544 streckten die drei Firmen dem König 100 000 Gulden vor. Diese Kreditgeschäfte wurden stets in Form von sog. Metallkäufen abgeschlossen, d. h. die Gläubiger erhielten für ihre Vorschüsse bestimmte Mengen Tiroler Silber zu Vorzugspreisen. Weiterhin hatte N. geschäftliche Verbindungen nach Venedig, Neapel, Aquila und Antwerpen. Von Antwerpen aus organisierte er in den 1540er Jahren zusammen mit seinem Faktor Alexius Grimmel, dem Welser- Schwiegersohn Hieronymus Sailer, dem aus Pistoia stammenden Bankier Gaspar Ducci und dem Florentiner Simon Pecori den Transfer großer Geldsummen nach Lyon, die dort dem franz. König geliehen wurden. Die Aufdeckung dieser vom Kaiser verbotenen Kreditgeschäfte mit seinem franz. Gegner führte 1550 zur Verhaftung Grimmels, Sailers und Duccis und zog jahrelange, erbittert geführte Prozesse zwischen Sailer und N. nach sich, die auch nach N.s Tod von dessen Erben fortgesetzt wurden.

    N., der 1538 aus der Kaufleutezunft ins Augsburger Patriziat aufgenommen, von Kaiser Karl V. zu seinem Rat ernannt und 1542 in den rittermäßigen Adelsstand erhoben wurde, war einer der oberdeutschen Kaufleute der Generation Anton Fuggers und Bartholomäus Welsers, die die Möglichkeiten der Verbindung von Kreditgeschäften mit dem Edelmetall- und Juwelenhandel besonders konsequent nutzten. 1540 gehörte er bereits zu den sechs größten Steuerzahlern Augsburgs, und bei seinem Tod hinterließ er ein Vermögen von über 400 000 Gulden. Daneben ist vor allem sein ausgeprägtes Interesse am span. Überseehandel bemerkenswert. Der von Geschäftspartnern und zeitgenössischen Beobachtern immer wieder gegen N. erhobene Vorwurf des „Wuchers“ läßt aber auch auf eine gewisse Skrupellosigkeit seines Geschäftsgebarens schließen. Seine Erben setzten seine Kreditvergabepolitik fort und liehen u. a. dem franz. König, dem Herzog von Florenz und dem König von Portugal größere Summen. Um 1570 bestanden ihre Aktiva größtenteils aus uneinbringlichen Schulden.

  • Literatur

    K.-O. Müller (Hg.), Qu. z. Handelsgesch. d. Paumgartner v. Augsburg (1480–1570), 1955, S. 99 f., 103-07, 188-99;
    G. Frhr. v. Pölnitz, Anton Fugger, 5 Bde., 1958-86;
    E. Otte, Jacob u. Hans Cromberger u. Lazarus Nürnberger, die Begründer d. dt. Amerikahandels, in: Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Stadt Nürnberg 52, 1963/64, S. 129-62;
    Th. G. Werner, Die Beteiligung d. Nürnberger Welser u. d. Augsburger Fugger an d. Eroberung d. Rio de la Plata u. d. Gründung v. Buenos Aires, in: Btrr. z. Wirtsch.gesch. Nürnbergs 1, 1967, S. 494-592;
    R. Eirich, Memmingens Wirtsch. u. Patriziat v. 1347-1551, 1971 (P);
    H. Kellenbenz, Die Fugger in Spanien u. Portugal bis 1560, 2 Bde. u. Dok.bd., 1990;
    ders., Neues z. oberdt. Ostindienhandel, insbes. d. Herwart in d. 1. Hälfte d. 16. Jh., in: Forschungen z. schwäb. Gesch., hg. v. P. Fried, 1991, S. 81-96;
    ders., H. Sailer (1495–1559), Faktor d. Welser, in: Lebensbild(er) Bayerisch Schwaben 14, 1993, S. 33-54;
    W. Reinhard (Hg.), Augsburger Eliten d. 16. Jh., 1996.

  • Autor/in

    Mark Häberlein
  • Zitierweise

    Häberlein, Mark, "Neidhart, Sebastian von" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 45-46 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122063007.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA