Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
niedersächsisches Adelsgeschlecht
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118585495 | OGND | VIAF: 72186337
Namensvarianten
  • Münchhausen, von

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Münchhausen, von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118585495.html [19.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Namengebender Herkunftsort dieses weitverzweigten niedersächs. Adelsgeschlechts war das schon Mitte des 14. Jh. durch die Pest wüst gewordene Dorf Monichusen bei Loccum. Die Stammreihe beginnt mit Rembert (erw. 1183). Schon früh teilte sich die Familie in eine „schwarze“ und eine „weiße“ Linie. Sie erwarb reichen Besitz vor allem im mittleren Weserraum (Rittergüter u. a. in Apelern, Bodenwerder, Hessisch Oldendorf, Lauenau, Remeringhausen, Rinteln, Schwöbber, Stolzenau und Parensen). Im späten Mittelalter begegnen die M. als Ministeriale und Beamte der Grafen von Schaumburg und benachbarter Landesherren sowie als Domherren in mehreren norddeutschen Stiften und Domkapiteln, ohne sich aus der Masse des Landadels sonderlich herauszuheben. Seit dem 16. Jh. jedoch erlangt eine ganze Reihe von ihnen Bedeutung und Ansehen. Johannes ( 1572, s. 1) wurde Bischof von Kurland und Ösel, sein Bruder Christoph ( v. 1565) Statthalter in Estland. Der Obrist Hilmar (1512–73, s. ADB 23), einer der erfolgreichsten Söldnerführer seiner Zeit, wurde in den Freiherrenstand erhoben. Im Dienst des Kaisers, des span. Königs und verschiedener deutscher Fürsten nahm er an vielen Feldzügen und Schlachten teil und erwarb dabei ein beträchtliches Vermögen. Er und seine Söhne Statius (1555–1633) und Hilmar (1558–1617) zählen zu den großen Bauherren der Weserrenaissance; hervorzuheben sind die Schlösser in Schwöbber, Leizkau, Rinteln, Lauenau und Bevern. Weitere Familienmitglieder im Militärdienst waren Statius ( 1615), span. Oberst im Hugenottenkrieg, Heinrich ( v. 1648), schwed. Oberst, Anton (1712–72), kaiserl. Generalfeldwachtmeister, und Börries Hilmar (1728–94), hess. Oberst und Kommandant der Festung Rinteln. Eine bedeutende, nach seinem Tod leider zerstreute Bibliothek trug der von einem luth. geprägten Humanismus erfüllte Ludolf (1570–1640) in Hessisch Oldendorf zusammen, die er den Professoren der jungen Univ. Rinteln großzügig zur Verfügung stellte (s. L). Mehreren Angehörigen aus beiden Linien gelang der Sprung in leitende Positionen des Hof- und Staatsdienstes besonders von Braunschweig-Lüneburg und Hannover. Allein acht Minister sind zu nennen, an der Spitze der hann. Premierminister Gerlach Adolf (1688–1770,|s. 2). Sein Bruder Philipp Adolf (1694–1762) war Minister bei der Deutschen Kanzlei in London, der Verbindungsbehörde der engl. Könige zu ihrem hann. Stammland während der Personalunion. Busso (1636–97) wirkte als Geheimrat, Großvogt und Konsistorialdirektor in Wolfenbüttel. Hieronymus (1680–1742, s. ADB 22) wurde im Hzgt. Braunschweig-Wolfenbüttel Kammerpräsident und Oberberghauptmann, nach einer durch Intrigen herbeigeführten Entlassung und anschließenden Rehabilitierung Erster Minister. Ebenfalls Ministerrang erlangten in Wolfenbüttel Albrecht (1729–96), in Hessen-Kassel sein Bruder Moritz Friedrich (1751–99), zugleich Präsident der Regierung in Rinteln. Börries (1757–1810) war in Wolfenbüttel Oberhofmarschall, Christian (1781–1832) Oberstaatsrat, August Ferdinand (1789–1858) Hoftheaterintendant, Wilhelm (1794–1849) Gesandter in Berlin, Dresden, Wien und London. In preuß. Dienst trat Ernst Friedemann (1724–84, s. ADB 22), der sich als Präsident des Kammergerichts und Justizminister um Rechtsprechung und Gerichtsbarkeit des Hohenzollernstaats große Verdienste erwarb. Adolf (1757–1837) war württ., seit 1816 sachsengotha. Oberhofmarschall, Georg (1771–1829) meckl. Oberforstmeister, Eugen (1780–1854) Präsident der thür. Ritterschaft, Karl (1783–1869) sachsen-altenburg. Oberhofmarschall, sein gleichnamiger Vetter (1787–1854) 1814-29 kurhess. Gesandter in Wien, Wilhelm (1792–1849) kurhess. Oberforstmeister, Ferdinand (1810–82) preuß. Regierungspräsident in Frankfurt/Oder, seit 1869 Oberpräsident von Pommern (s. L). Alexander (1813–86), Staatsminister und gemäßigt konservativer Ministerpräsident des Kgr. Hannover in den ersten Jahren der Reaktion nach 1848, später Abgeordneter im Norddeutschen Reichstag und im Preuß. Abgeordnetenhaus, setzte sich für die welf. Interessen ein (s. L). Thankmar (1835–1909) gehörte zu den Gründern des Ev. Bundes und des Antiultramontanen Reichsverbandes (s. BJ 14, Tl.; Kosch, Biogr. Staatshdb.)

    Sie alle wurden jedoch an Nachruhm übertroffen durch den „Lügenbaron“ Hieronymus (1720–97, s. 3), der nach seiner Entlassung aus russ. Diensten auf seinem Gut Bodenwerder in geselligem Kreis gern Anekdoten und phantasievolle Erzählungen zum besten gab, die ihn zu einer der populärsten Gestalten der volkstümlichen Literatur werden ließen. Als natur- und agrarwissenschaftlicher Schriftsteller trat Otto (1716–74), Landdrost in Harburg, hervor, der sich mit praktischen Vorschlägen und theoretischen Überlegungen für die Förderung der Landeskultur im Kurfürstentum Hannover einsetzte. Die Summe seiner Erfahrungen zieht das sechsbändige Werk „Der Hausvater“ (1764-73), eines der letzten Beispiele dieser aufklärerischen Literaturgattung. Den Park in Schwöbber gestaltete er nach engl. Vorbild und schuf damit die erste derartige Anlage in Deutschland (s. L). Karl (1759–1836, s. ADB 23), waldeck. Oberforstmeister, der sich als Offizier bei den nach Amerika entsandten hess. Truppen mit Johann Gottfried Seume angefreundet hatte, veröffentlichte dramatische und lyrische Dichtungen, u. a. im Göttinger Musenalmanach. Philipp Otto (1812–92) verfaßte historische und sentimentale Unterhaltungsromane. Als Wiedererwecker der deutschen Balladendichtung gilt Börries (1874–1945, s. 4), der auf seinem Gut Windischleuba bei Altenburg lebte.

  • Literatur

    G. S. Treuer, Gründl. Geschl.-Historie d. Hochadelichen Hauses d. Herren v. M., 1740 (P);
    Albrecht Friedrich v. Münchhausen, Geschl.-historie d. Hauses derer v. M. v. 1740 bis auf d. neueste Zeit, 1872;
    G. Stölting u. Börries v. Münchhausen, Die Rittergüter d. Fürstentümer Calenberg, Göttingen u. Grubenhagen, 1912;
    Arbb. z. Fam.gesch. d. Freiherren v. M., hrsg. v. Börries Frhr. v. Münchhausen, 2 Bde., 1933-37;
    ders., Geschichten aus d. Gesch. e. alten Geschl.-Historie nacherzählt, o. J.;
    A. Neukirch, Renaissanceschlösser Niedersachsens, Textbd., 2. Hälfte, 1939;
    H. Lücke, Schloß Schwöbber im Wandel d. Zeiten, 1952;
    Die v. M., Eine niedersächs. Adelsfam. in Bildern u. schriftl. Zeugnissen, bearb. v. F. W. Schaer, 1965 (P);
    G. v. Lenthe u. H. Mahrenholtz, Stammtafeln d. Fam. v. M., 2 Bde., 1971/76.– Zu Ludolf: B. bei der Wieden, Außenwelt u. Anschauungen L. v. M.s (1570-1640), 1993. – Zu Ferdinand: Die preuß. Oberpräsidenten 1815-1945, hrsg. v. K. Schwabe, 1985. – Zu Alexander: Kosch, Biogr. Staatshdb.;
    B. Haunfelder u. K. E. Pollmann. Reichstag d. Norddt. Bundes 1867-1870, 1989. – Zu Otto: ADB 23;
    W. Seedorf, O. v. M. auf Schwöbber, seine Bedeutung als landwirtsch. Schriftst. u. seine Verdienste um d. Gründung d. Landwirtsch.lehre, Diss. Göttingen 1905;
    ders., in: Gr. Landwirte, hrsg. v. G. Franz u. H. Haushofer, 1970, S. 26-37 (P).

  • Autor/in

    Dieter Brosius
  • Familienmitglieder

  • Zitierweise

    Brosius, Dieter, "Münchhausen, von" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 521-522 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118585495.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA