Lebensdaten
1767 – 1845
Geburtsort
Tecklenburg
Sterbeort
Bremen
Beruf/Funktion
evangelischer Theologe ; geistlicher Dichter ; Parabeldichter
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118724789 | OGND | VIAF: 154736
Namensvarianten
  • Krummacher, Friedrich Adolf
  • Krummacher, Friedrich Adolph
  • Krummacher, Friedrich Adolf
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Zitierweise

Krummacher, Friedrich Adolph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118724789.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jacob Friedrich (1735–91), Hoffiskal, Justizkommissar u. Bgm., S d. Adolph Henrich, Schloßwachtmeister u. Kirchenprovisor in T., u. d. Katrina Margareta Schallenberg;
    M Maria Dorothea (1736–96), T d. Advokaten Dr. Peter Friedrich Strücker in T. u. d. Emilie Kath. Lucius;
    B Gottfried Daniel (s. Einl.);
    - Hamm 1794 Eleonore (1763–1844), T d. Arnold Möller (1732–1806), Amtmann in Lippstadt, Bgm. u. Komm.rat in Hamm, u. d. Maria Kath. Nottebohm; Schwager Anton Wilh. Peter Möller (1762–1846), Prof. d. Theol. in Duisburg u. Breslau, Oberkonsistorialrat in Münster;
    4 S, 2 T, u. a. Friedrich Wilhelm (1796–1868), D. theol., Dr. phil., Pastor in Gemarke 1825, Elberfeld 1835, a. d. Dreifaltigkeitskirche in Berlin 1847, seit 1853 Hofprediger in Potsdam, geistl. Dichter (s. PRE; RGG; Kosch, Lit.-Lex.), Emil Wilhelm (1798–1886), D. theol., Pfarrer, Vf. v. Erbauungsschriften u. v. „Lehenserinnerungen e. geistl. Veteranen“ (1889), Julie ( Wilhelm v. Kügelgen, 1867, Maler, s. NDB 13);
    E Gustav Natorp (1824–91), Geschäftsführer d. Ver. f. bergbaul. Interessen in Dortmund;
    Ur-E Paul Natorp (1854–1924), Prof. d. Philos. in Marburg.

  • Biographie

    K., dessen Mutter der ref. Theologe J. G. Hasenkamp in einem Brief an Lavater ihrer Frömmigkeit wegen gerühmt hat, wuchs in einem pietistisch gestimmten Elternhaus auf. Nach dem Besuch der Lateinschule in Tecklenburg ging er zum Studium der Theologie im Herbst 1784 an das ref. Gymnasium Academicum in Lingen und im Herbst 1786 zum Studium der Theologie und Philologie nach Halle, wo u. a. J. S. Semler, G. Ch. Knapp, C. F. Bahrdt, F. A. Wolf seine Lehrer waren. Im Herbst 1788 ließ K. sich in Tecklenburg examinieren. Er übernahm zunächst eine Stelle als Informator im Hause der Witwe des Senators H. H. Meyer in Bremen. Im Winter 1789/90 wurde er Konrektor am Gymnasium in Hamm, wo er zu den Stiftern der Freimaurerloge St. Johannis zum hellen Licht gehörte, 1793 Rektor des Gymnasiums zu Moers. 1800 erhielt er eine theologische Professur in Duisburg, die er im Frühjahr 1801 unter gleichzeitiger Promotion zum Doktor der Theologie antrat. Daneben nahm er bald auch die vakante Professur für Beredsamkeit und Geschichte wahr und hielt in diesem Amt u. a. Vorlesungen über die griech. Tragiker und über deutschen Stil. Zu seinen Freunden in Duisburg gehörte der in Beziehung zu Goethe stehende Philosoph F. V. L. Plessing. Der Niedergang der Univ. Duisburg veranlaßte K., nachdem er die Leitung des Schulwesens im Fürstentum Lippe-Detmold und eine Pfarrstelle in Düren abgelehnt und auf die Bestätigung seiner Wahl zum Pfarrer in Krefeld durch die franz. Behörden vergeblich gewartet hatte, 1807 zur Übernahme einer ländlichen Pfarrstelle in Kettwig an der Ruhr. 1810-12 war er zugleich Präses der Klev. Synode. 1812 ging er als anhalt. Landessuperintendent, Konsistorialrat und Oberprediger nach Bernburg, wo er u. a. seit 1817, wenn auch wegen des Verzichts auf eine einende Bekenntnisgrundlage mit inneren Vorbehalten, an einer Union der prot. Konfessionen mitzuwirken hatte. 1820 erhielt er einen Ruf an die Univ. Bonn, den er jedoch vor allem eines zeitweiligen Augenleidens wegen ablehnte. 1824 nahm er, nach Trübung des Verhältnisses zum Herzog von Anhalt-Bernburg, die Wahl zum Pfarrer an St. Ansgarii zu Bremen an, wo er, zuletzt Pastor Primarius, 1843 in den Ruhestand trat. 1840 gab hier sein Sohn Friedrich Wilhelm durch zwei Gastpredigten Anlaß zum sog. Bremer Kirchenstreit, einer für die kirchliche Lage gegen Mitte des 19. Jh. symptomatischen Auseinandersetzung zwischen Rationalismus und Erweckungsbewegung.

    K., neben seinem vielfältigen Wirken als Schulmann, Universitätslehrer und Pfarrer unermüdlich schriftstellerisch tätig, zudem ein lebendiger Briefschreiber, war von einem bibelgläubigen Christentum ebenso geprägt wie vom Humanismus der Goethezeit. Griechische Antike und die Überlieferung des Alten und Neuen Testaments stehen für ihn ganz selbstverständlich nebeneinander. Herder vor allem hat sein Geschichtsdenken und sein Verständnis der biblischen Welt gebildet. Neben antiken Autoren, neben Shakespeare und Sterne sind ihm besonders Autoren wie Klopstook, Hamann, Claudius, Hebel wichtig, während er dem Werk Goethes oder Schillers mit Vorbehalten gegenüberstand. Die Entwicklung seines theologischen Denkens führte ihn insbesondere in den Jahren nach den Freiheitskriegen zu immer deutlicherer Ablehnung des Rationalismus, der auf ihn von vornherein nicht bestimmend eingewirkt hatte, und zu immer größerer Offenheit für die Impulse der Erweckungsbewegung, die sein jüngerer Bruder Gottfried Daniel schon viel früher und entschiedener bis zur Schroffheit vertreten hat. Diese Entwicklung ließ K. den konvertierten Grafen F. L. zu Stolberg gegen die Angriffe des rationalistisch gesonnenen J. H. Voß in Schutz nehmen (Briefwechsel zwischen Asmus und seinem Vetter bei Gelegenheit des Buches Sophronizon und Wie Fritz Stolberg ein Unfreier ward, 1820). K. ist ein eindringlich wirkender Prediger gewesen, hat jedoch nur wenige Predigten drucken lassen. Unter seinen im engeren Sinn theologischen Werken ist neben den „Paragraphen zu der heiligen Geschichte“ (1818) vor allem die Schrift „Über den Geist und die Form der Evangelischen Geschichte in historischer und ästhetischer Hinsicht“ (1805) hervorzuheben, die von einer an Philologie, Ästhetik und Literaturverständnis der Goethezeit anknüpfenden historischen, psychologischen und ästhetischen Hermeneutik aus individuelle Eigenart, Zusammenhang und Glaubwürdigkeit der Evangelien, vielfach in Auseinandersetzung mit dem Kommentar des rationalistischen Theologen Heinrich Eberhard Gottlob Paulus, erörtert. Aus der eigenen frühen Schultätigkeit und den späteren Erfahrungen der geistlichen Schulaufsicht in der Bernburger Zeit ist „Die christliche Volksschule im Bunde mit der Kirche“ (1823) erwachsen, eine vom preuß. Kultusminister Altenstein beifällig aufgenommene und in ihrer Verbreitung geförderte Programmschrift zu einer christlichen Fundierung und Erneuerung des Volksschulwesens in der Restaurationszeit. Einen großen Anteil an K.s Werk, zu welchem auch ein biblisches Drama und ein Romanfragment gehören, haben belehrend-unterhaltende Schriften religiösen Charakters, die vor allem didaktisch-poetische Formen des 18. Jh. weiterführen, darunter „Die Kinderwelt, Ein Gedicht in vier Gesängen“ (1806), das „Festbüchlein“ (I-III, 1808–19, dazu Kompositionen von I. A. Harder, 1809–11), woraus die meisten seiner geistlichen Lieder, darunter das bis heute in Gesangbüchern verbreitete Missionslied „Eine Herde und ein Hirt …“, stammen, „Apologen und Paramythien“ (1810), eine Sammlung von Versfabeln mit einer gattungstheoretischen Vorrede, „Das Wörtlein Und, Eine Geburtstagsfeier“ (1811), eine eigenwillige Mischung historischer, literarischer, sprachlicher, moralischer Betrachtungen, „Bilder und Bildchen“ (1823), eine Folge von Epigrammen und Spruchgedichten. Das bekannteste und wirkungsreichste dieser Werke sind seine vor allem aus antiker und biblischer Überlieferung und aus Betrachtung der Natur schöpfenden, durch eine knappe, klare und einfache poetische Sprache gekennzeichneten „Parabeln“ (3 Bde., 1805–17) gewesen. In der Vorrede zum 1. Band und in seiner Schrift über die Evangelien hat er sie der Gattung nach als symbolische Erzählungen, die „zur Anschauung des Übersinnlichen … erheben“ sollen, bestimmt und gegen die Fabel abgegrenzt. Mit diesem u. a. von Goethe und Jean Paul hochgeschätzten Werk, in vielen Auflagen, Nachdrucken, Übersetzungen und Sammelwerken verbreitet und volkstümlich geworden, hat er innerhalb der Literatur des 19. Jh. die Gattung Parabel auf mustergültige Weise vertreten.

  • Werke

    Weitere W u. a. Die Liebe, Ein Hymnus, 1801;
    Bibelkatechismus, 1812;
    Siegespredigt, Gehalten … zu Bernburg den 18.11.1813 … Nebst einem Anhang v. 5 Kriegsliedern, 1813;
    Der Eroberer, Eine Verwandlung, 1814;
    Johannes, Drama, 1815;
    Apostol. Sendschreiben an d. Christengemeinen in Teutschland, 1815;
    Leiden, Sterben u. Auferstehung unsers Herrn Jesu Christi, 12 Bilder v. Heinr. Goltzius gestochen 1598 (Vorrede). 1817;
    Die freie ev. Kirche, Friedensgruß z. neuen Jahrzehend, 1821 (in Distichen);
    Katechismus d. Christl. Lehre nach d. Bekenntniß d. Ev. Kirche, 1821;
    Kurzer Unterricht in d. christl. Lehre, 1821;
    Johs. Calvin d. gr. Theologen Institutionen d. christl. Rel., Verteutscht, 1823;
    Das Täubchen, 1826, ²1828 (mit 5 Zeichnungen v. W. v. Kügelgen);
    St. Ansgar, Die alte Zeit u. d. neue Zeit, Zur Gesch. d. christl. Kirche, d. Hierarchie, d. Wunder u. Reliquien, 1828;
    Der Hauptm. Cornelius, Betrachtungen üb. d. 10. Kap. d. Apostelgeach., 1829;
    W. v. Kügelgen, Die Gesch. d. Reiches Gottes, nach d. hl. Schrift in Bildern mit andeutendem Text von K A. K., 4 Bde., 1831-45;
    Das Leben d. hl. Johannes, Eine Schr. f. junge Christen, 1833;
    Über d. Krankenheilungen Jesu, Eine Vorlesung, 1845. -
    Hrsg.: Palmblätter, Erlesene morgenländ. Erzz. v. J. G. Herder u. A. J. Liebeskind, 4 Bde., 1816-19;
    John Wesley's Leben, d. Entstehung u. Verbreitung d. Methodismus, Nach d. Englischen d. Rob. Southey bearb., 1828. -
    Teil|

  • Nachlass

    Nachlaß: Landesbibl. Dortmund.

  • Literatur

    ADB 17;
    A. W. Möller (N), F. A. K. u. s. Freunde, Briefe u. Lebensnachrr., 1849 (P);
    M. Krummacher, Unser Großvater, Ein Lb. in Briefen, 1891, Neuausg. 1926 (P);
    K. Büttner, Briefe v. F. A. K., Nachlese, 1911;
    W. v. Kügelgen, Jugenderinnerungen e. alten Mannes, 1870 Neuausg. v. J. Werner, 1924 (P);
    F. W. Krummacher, Eine Selbstbiogr., 1869;
    E. W. Krummacher, Lebenserinnerungen e. geistl. Veteranen, 1889;
    W. v. Kügelgen, Zw. Jugend u. Reife d. alten Mannes, 1925 (darin Briefe v. u. an F. A. K.; P);
    H. M. v. Kügelgen geb. Zoege v. Manteuffel, Ein Lb. in Brieren, 1900 (darin Briefe an F. A. K.);
    E. E. Koch, Gesch. d. Kirchenlieds u. KirchengesangsVI, ³1869, S. 519-24;
    K. Büttner, Zu F. A. K.s Leben u. Festbüchlein, in: M.schr. f. Gottesdienst u. kirchl. Leben 17, 1912, S. 207-17, 237-44;
    B. P. Schlemann, F. A. K.s Jugend u. Jungmannesjahre, Diss. Münster, 1923 (ungedr.);
    O. Hachtmann, in: Mitteldt. Lb. III, 1928, S. 259-69 (P);
    Der Kulturkreis d. Parabeldichters F. A. K. u. s. Berührung mit Krefeld, in: Mitt. d. Ver. f. Heimatkde. in Krefeld 11, 1932, S. 150-59;
    O. Wenig, Rationalismus u. Erweckungsbewegung in Bremen, Vorgesch., Gesch. u. theol. Gehalt d. Bremer Kirchenstreitigkeiten v. 1832 bis 1852, 1966;
    F. Sengle, Biedermeierzeit, II, 1972, S. 124-28;
    A. F. W. Fischer, Kirchenlieder-Lex. I, 1878, S. 97, 152;
    PRE XI;
    Goedeke VI, S. 366 f., VII, S. 335, XI, 1, S. 369 (unvollst. Bibliogr.);
    Brem. Biogr. d. 19. Jh., 1912, S. 269-71;
    Frels;
    Ev. Kirchenlex. II, 1958, Sp. 977 f.;
    RGG³. |

  • Quellen

    Qu.: Lat. Selbstbiogr. im Bremer Pastorenbuch (vgl. Schlemann, a.a.O., S. V).

  • Porträts

    Stich v. E. C. G. Thelolt, in: Quartalschr. f. Rel.lehrer, hrsg. v. B. C. L. Natorp, 4, 1807;
    Ölgem. v. W. v. Kügelgen, 1838 (Replik v. 1854 im Bes. v. Daniel Krummacher, Heidelberg);
    Scherenschnitt v. M. Krummacher (im Bes. v. dems.);
    mehrere Zeichnungen v. Wilhelm v. Kügelgen, Abb. b. Hachtmann, s. L;
    Stich v. Carl Mayer n. Zeichnung v. W. v. Kügelgen in: F. A. K., Parabeln, ⁷1840.

  • Autor/in

    Hans-Henrik Krummacher
  • Zitierweise

    Krummacher, Hans-Henrik, "Krummacher, Friedrich Adolph" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 123-125 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118724789.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Krummacher: Friedrich Adolf K. ist im Juli 1767 geboren (der 13. Juli, der gewöhnlich als Geburtstag angegeben wird, ist der Tag seiner Taufe) zu Tecklenburg. Schon die Großeltern (Adolf Heinrich K., 1769, Schloßwachtmeister, und Catharina Margaretha geborene Schallenberg, 1790), genossen das größte Vertrauen der reformirten Gemeinde Tecklenburgs. Ihre an die hohe Ringmauer der alten Burg dicht angelehnte Wohnung diente den|Freunden aus der Stadt als Stätte reicher häuslicher Erbauung. Der Vater. Friedrich Jacob K. ( am 30. Januar 1791). Hoffiskal, Justizcommissär und Bürgermeister zu Tecklenburg, war als Rechtsconsulent um seiner Uneigennützigkeit hochgeachtet. Fleißig las er die hl. Schrift; er fühlte sich sogar gedrungen, die Glückseligkeitslehre eines Steinbeck zu widerlegen, ihre Schriftwidrigkeit seiner Familie aufzudecken. An der Mutter Maria Dorothea geb. Strücker rühmte Rector Hasencamp in einem Schreiben an Lavater „die friedensreiche Klarheit evangelisch-kindlichen Sinnes“. „Wenn ich je meine Knie beugen könnte vor einem Menschen, so bekennt derselbe Hasencamp dem Sohn Friedrich Adolf, dann vor Ihrer Mutter“. Den Gymnasialunterricht erhielt K. auf der lateinischen Schule seiner Vaterstadt. An das eiserne Regiment des Rector Meese, welcher in seinen Strafen alles Maß überschritt, mochte sich K. in späteren Jahren nur mit Grauen erinnern. Mit tüchtigen philologischen Kenntnissen ausgestattet, bezog K. 1786 die kleine reformirte Universität Lingen. Dort von den bejahrteren Professoren, meist Holländern, wenig befriedigt, siedelte K. schon im folgenden Jahre nach Halle über. Hier hörte er Bahrdt und Knapp. Vor Bahrdt, welcher K. zu seinem Amanuensis machen wollte, innerlich zusammenschaudernd, hat K. von Knapp unvergängliche Eindrücke empfangen. Nach Vollendung seiner Studienzeit finden wir K. kurze Zeit als Informator in Bremen 1789; von dort geht er an das Gymnasium zu Hamm, der damaligen Hauptstadt der Grafschaft Mark. Mit dem Rector Snethlage, dem späteren Director am Joachimsthalischen Gymnasium in Berlin und dem Pastor loci Eylert, dem späteren Hofprediger und Bischof in Potsdam in vertrautem geistreichen Umgang lebend, brachte K. hier drei glückliche Jahre seines Lebens zu. In Hamm fand K. auch in Eleonore (meist Laura genannt), der einzigen Tochter des Bürgermeisters von Hamm, Commissionsrath Joh. Ant. Arnold Moeller, seine Lebensgefährtin, mit der er in fast 50jähriger Ehe verbunden blieb. Um sich zu verheirathen, wagte K. 1793 das Rectorat der gelehrten Stadtschule zu Mörs zu übernehmen, wiewol es mit dem Gehalt von nur 300 Thlr. dotirt war und trotz der am linken Rheinufer immer wieder drohenden Kriegsunruhen. Die stille, beschränkte Häuslichkeit, in welche er 1794 seine Laura heimgeführt hatte, wurde bald durch das neue siegreiche Vordringen der Franzosen auch in vielfach materielle Bedrängniß gebracht. Der Friede von Basel brachte wol erwünschte Ruhe; überließ aber unerwünschter Weise die Grafschaft Mörs mit dem ganzen linken Rheinufer den Franzosen. Doch blühte das Gymnasium unter Krummacher's Leitung empor; es erhielt viele Schüler von auswärts, welche K. zum Theil als Pensionäre in sein Haus nahm. In besonders innigem Freundschaftsverkehr stand K. mit seinem Schwager A. W. P. Moeller (gestorben als Oberconsistorialrath in Münster 1846), damals Professor an der nur zwei Stunden entfernten (wenn auch durch den Rhein getrennten) Universität Duisburg. Auch mit den Collegen Moeller's, Plessing, Carstanjen, Grimm, Leidenfrost trat K. in nähere Beziehung, bis nach dem Tod des Senior der theologischen Facultät Berg. K., als Professor der Theologie und der Beredsamkeit nach Duisburg berufen, nun in den ihm bereits so werth gewordenen Kreis selbst eintrat. K. erwarb alsbald die theologische Doctorwürde. Er las nicht nur theologische Collegien, sondern hatte als Professor eloquentiae auch über die griechischen Tragiker und andere Classiter, über den deutschen Stil Vorlesungen zu halten. Auch hatte er die Oster- und Michaelisprogramme zu schreiben, welche sich durch elegante Latinität auszeichnen. — Im Gegensatz zu dem die Zeit beherrschenden Rationalismus, welchen in Duisburg besonders Grimm vertrat, folgte K. mit seinem Schwager Moeller mehr der kritisch-ästhetischen Art eines Herder. Bald trat K. auch litterarisch hervor. Schon 1801 veröffentlichte er den „Hymnus an die Liebe“,|1805 folgten die Parabeln. Diese, oft wieder herausgegeben und in viele fremde Sprachen übersetzt, haben Krummacher's Namen eine Stelle in der deutschen Litteratur für alle Zeiten gegeben. In demselben Jahr erschien die seiner Zeit Sensation erweckende theologische Schrift: „Ueber den Geist und die Form der evangelischen Geschichte“. Die erste Auflage auch dieses Werkes war bald vergriffen, wiewol aber der Verleger zur zweiten Auflage drängte, so konnte K. sich nicht entschließen, das Werk unverändert noch einmal herauszugeben. Er hatte inzwischen ein tieferes Verständniß der hl. Urkunden erlangt. Auf Grund dieser Forschungen suchte K. das Werk umzuarbeiten. Doch blieb die Arbeit unvollendet und ungedruckt. Die Napoleonische Gewaltherrschaft wirkte bald auf die an sich schon kleinste Universität Duisburg (mit nur 12 Professoren) lähmend ein. Seit Duisburg 1806 an das neuerrichtete Großherzogthum Berg übergegangen war, kam die Universität völlig herunter. K. hielt zuletzt seine Collegien vor einem Zuhörer. Dazu zahlte die französische Regierung den Professoren die Gehälter nicht aus. Moeller war 1805 einem Ruf ins Pfarramt nach Münster gefolgt; so kann es nicht Wunder nehmen, wenn auch K. die Duisburger Professur (den Mäusesitz, wie er den Musensitz wiederholt nennt) mit einer westfälischen Landpredigerstelle Kettwig vertauschte. Anfangs in Kettwig von den Bauern als Professor mißtrauisch angesehen, gelang es K., sich bald das Vertrauen seiner Gemeinde in hohem Grade zu erwerben. Unter den westfälischen Bauern fühlte er sich bald selbst sehr wohl. Auch fehlte es ihm nun an Zeit nicht, seine so erfolgreich begonnenen litterarischen Arbeiten eifrig fortzusetzen. Außer einer Reihe von Aufsätzen und Recensionen, welche er für mancherlei Zeitschriften lieferte, erschien 1809 „Die Kinderwelt. Ein Gedicht in vier Gesängen“ (ein Lieblingsbuch der Königin Luise), „Festbüchlein. Eine Schrift für das Volk: 1) Der Sonntag" (5. Aufl. 1828), 1810. 2) „Das Christfest" (4. Aufl. 1846), 1818. 3) „Das Neujahrsfest" (2. Aufl. 1833). 1809: „Apologen und Paramythien", 1810 „Bibelkatechismus“ (12. Aufl. 1843), 1811 die originelle Gelegenheitsschrift: „Das Wörtlein UND. Eine Geburtstagsfeier“. 1812 berief Herzog Alexius Friedrich Christian von Anhalt-Bernburg den westfälischen Landprediger zum Generalsuperintendenten. Consistorialrath und Oberprediger nach Bernburg. Hier stand K. auf dem Höhepunkt seiner Pastoralen Wirksamkeit. Unter den Eindrücken der Befreiungskriege, vom Geist der Erweckung nicht unberührt, zu fester positiver Glaubensstellung, zum Dringen auf das einfache Evangelium mit entschiedener Frontstellung gegen den damals noch dominirenden Rationalismus, hochgeschätzt von seinem Herzog, in einer hochbeglückten, sorgenfreien Häuslichkeit lebend, darf Krummacher's Wirksamkeit in Bernburg von tiefeingreisender Bedeutung für die kleine Landeskirche bezeichnet werden. Auch in Bernburg ruhte Krummacher's litterarische Feder nicht. 1814 erschien die patriotische Dichtung: „Der Eroberer. Eine Verwandlung"; 1815 „Apostolisches Sendschreiben an die Christgemeinden von dem. was Noth thut zur Kirchenverbesserung"; 1815 das biblische Drama: „Johannes"; 1818 „Leiden. Sterben und Auferstehung unseres Herrn Jesu Christi, 12 Bilder nach H. Goltzius mit Vorrede und Text"; Paragraphen zur heiligen Geschichte. 1820 „Fürst Wolfgang zu Anhalt. Eine Reformationspredigt"; „Briefwechsel zwischen Asmus und seinem Vetter, bei Gelegenheit des Buches: Wie ward Fritz Stollberg ein Unfreier?“ 1820 „Die freie evangelische Kirche, ein Friedensgruß"; 1822 „Calvin's christliche Lehre"; in demselben Jahre begann er eine Uebersetzung von Calvins Institutionen herauszugeben, welche leider unvollendet geblieben ist. 1823 „Bilder und Bildchen"; „Der Katechismus der christlichen Lehre"; „Die christliche Volksschule im Bund mit der Kirche“. — Einen Ruf an die Universität Bonn lehnte K., wiewol die Aussicht auf eine neue akademische Wirksamkeit für ihn viel Verlockendes hatte, 1820 ab; dadurch sich mit Eylert, welcher diese Berufung bei Altenstein sehr warm befürwortet hatte, entzweiend. Um so mehr überraschte, als K. 1824 einem Ruft als Prediger an die Ansgarikirche in Bremen Folge leistete. Konnte K. auch hier nicht gerade eine besonders hervorragende Kanzelwirksamkeit ausüben, so hat er doch in den kirchlichen Kreisen Bremens wohlthuend als Jugendlehrer und Seelsorger treu das Seine gethan, in vertrautem Umgang mit Mallet, Pauli, Treviranus, in den weitesten Kreisen als „Väterchen“ hochgeachtet. Auch die Muse ruhte in Bremen nicht. Außer einem Katechismus der christlichen Lehre nach dem Bekenntniß der evangelischen Kirche erschien 1826 „St. Ansgar, die alte und die neue Zeit"; 1828 „Das Täubchen"; 1829 „Der Hauptmann Cornelius, Betrachtungen über das 10. Kapitel der Apostelgeschichte"; 1831—45 „Die Geschichte des Reiches Gottes nach der hl. Schrift. Andeutender Text zu v. Kügelgen's Bildern". 1833 „Leben des hl. Johannes. Eine Schrift für junge Christen"; 1846 „Die Krankenheilungen Jesu“. — Zunehmende Schwäche nöthigte K. 1843 aus seiner bisherigen Amtswirksamkeit zu scheiden, nachdem er sein 50jähriges Amtsjubiläum gefeiert. Nachdem am 17. März 1844 seine Eleonore ihm im Tode voraufgegangen, entschlief K. am 4. April 1845. Mit vorzüglichen philologischen und theologischen Kenntnissen ausgestattet, wirkte K. in den verschiedenen Stellungen, die er eingenommen, ganz besonders durch die gewinnende Kraft seiner Persönlichkeit. Sinnig und innig angelegt rühmen die Zeitgenossen an ihm die wahrhaft christliche Heiterkeit und kindliche Frömmigkeit seines Wesens.

    • Literatur

      A. W. Moeller, Friedrich Adolph Krummacher und seine Freunde, 1849, 2 Bde. H. Mallet. Aufsatz in Herzog's Realencyklopädie, 2. Aufl. Bd. VIII.

  • Autor/in

    O. v. Ranke.
  • Zitierweise

    Ranke, Otto von, "Krummacher, Friedrich Adolph" in: Allgemeine Deutsche Biographie 17 (1883), S. 240-243 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118724789.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA