Lebensdaten
1804 – 1869
Geburtsort
Altdorf Kanton Uri
Sterbeort
Altdorf Kanton Uri
Beruf/Funktion
Bauingenieur ; Politiker ; Landammann von Uri
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 122121643 | OGND | VIAF: 67340390
Namensvarianten
  • Müller, Emanuel
  • Müller, Karl Emanuel
  • Müller, Emanuel
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Zitierweise

Müller, Karl Emanuel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122121643.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Anton Maria ( 1813), Offz. in franz. Diensten, dann Urner Landschreiber, S d. Josef Anton (1741–93), Landammann d. Kt. Uri;
    M Elisabethe Malfaire aus Saarlouis;
    1) 1844 N. N. ( um 1846), 2) 1851 N. N.

  • Biographie

    M. besuchte das Gymnasium in Altdorf und das Lyceum in Solothurn. Dann studierte er an der Univ. Heidelberg Mathematik und Naturwissenschaften und hörte auch staatswissenschaftliche Vorlesungen. 1826-28 absolvierte er ein Bauingenieurstudium (Straßen-, Brücken-, Hochbau) am Polytechnischen Institut in Wien. Nach Uri zurückgekehrt, wirkte M. am Bau der Gotthard-Paßstraße mit und baute das schwierigste Teilstück durch die Schöllenenschlucht samt der Teufelsbrücke. Verschiedene Reisen nach Italien und England dienten der Weiterbildung. 1839/40 wirkte er als Straßeninspektor im Kanton Glarus.

    Im Sommer 1840 übernahm M. als Unternehmer den Bau der Nydeggbrücke in Bern, welche die Aare mit einem aus Kalk und Granit gemauerten Bogen von 46 m Lichtweite überquert und noch jetzt ihre Funktion erfüllt. Dabei setzte er z. T. neuartige technische Hilfsmittel bei der Fundierung und der Bewegung schwerer Lasten ein. 1844, ein Jahr vor Ablauf der kontraktierten Bauzeit, befuhr M. als erster die soeben fertiggestellte Brücke mit seiner Hochzeitskutsche. Die darauf erfolgte Ernennung zum Berner Kantonalbauinspektor nahm M. wegen der herrschenden religiös-politischen Spannungen nicht an, sondern kehrte nach Uri zurück, wo ihm das Kommando über die Artillerie übertragen wurde. 1845 wurde er Regierungsrat und Baudirektor in Luzern (das dortige Bibliotheksgebäude stammt von ihm). Anläßlich der Tagsatzung zu Zürich 1846 geriet M. mit einem Solothurner Abgeordneten derart in Streit, daß ein Duell angesetzt wurde. Seiner Gattin gelang es zu vermitteln, doch büßte sie, noch durch ihre kurz zuvor erfolgte Entbindung geschwächt, durch die damit verbundenen Aufregungen das Leben ein. 1847 spitzte sich der Konflikt zwischen radikalen und kath.-konservativen Ständen so zu, daß die Tagsatzung beschloß, den kath. Sonderbund mit Waffengewalt aufzulösen. M. wurde Kommandant der sonderbünd. Geniewaffe und unternahm im November einen Urner Feldzug über den Gotthard, errang bei Airolo einen Sieg und marschierte weiter bis Bellinzona, wo er unverrichteter Dinge umkehren mußte, weil unterdessen Luzern kapituliert hatte. In der Folge erhielt die neue Luzerner Regierung den eidgenössischen Auftrag, gegen die Mitglieder des sonderbündischen Kriegsrates eine Untersuchung wegen Landesverrats einzuleiten. M. stellte sich diesem Verfahren und wurde zusammen mit den anderen Angeklagten mehrere Wochen in einem Kloster in Untersuchungshaft gehalten. Die Anklage konnte indes nicht aufrechterhalten werden, M. und seine Mitgefangenen wurden freigelassen und später gerichtlich vollständig rehabilitiert. Zurückgekehrt nach Uri, wurde M. Kantonsstatthalter und Präsident des Kantonsgerichts.

    1850-53 kanalisierte er als Unternehmer im unteren Reusstal den Fluß mit sorgfältig fundierten und gepflasterten Dämmen und verhinderte damit weitere Hochwasserschäden. Beim Bau der „Centralbahn“ offerierte er 1855 den Durchstich des Hauensteintunnels zum günstigsten Preis, wurde aber übergangen, weil sein engl. Konkurrent eine Aktienbeteiligung anbieten konnte. 1856 entschied seine sorgfältige Expertise über den Standort des Bahnhofes Solothurn. 1856-58 wählte ihn die Urner Landsgemeinde dreimal zum Landammann. 1859 verzichtete M. auf das Amt, um in Bern den Bau der Kirche Peter und Paul zu übernehmen, des ersten kath. Gotteshauses seit der Reformation, den er aber wegen zahlreicher Mißhelligkeiten nicht ganz fertigstellte. In Isleten am Urnersee setzte M. 1853 eine Papierfabrik in Betrieb, nachdem er schon im alten Werk in Horw Erfahrungen gesammelt hatte. Viel Energie widmete er auch der Schiffahrt auf dem Vierwaldstättersee, wo er nach dem Versuch, das bestehende Monopol des Bankiers Knörr 1846 mit einer eigenen „Post-Dampfschiff AG“ zu brechen, schließlich mit diesem und der „Centralbahn“ 1869 eine gemeinsame Gesellschaft gründete. 1860-64 wurde mit Bundeshilfe endlich die Axenstraße als fahrbare Verbindung mit der übrigen Schweiz gebaut, für die M. schon als junger Ingenieur 1835 die Pläne geliefert hatte und die für die nächsten 100 Jahre als Muster einer Seeuferstraße in steilem Fels galt.

    1862 wurde M. Urner Vertreter im Ständerat, doch fühlte er sich in dem Gremium, das ihn zu stark an die Jahre des Sonderbundes erinnerte, nicht wohl, so daß er 1864 lieber erneut Urner Landammann wurde. 1866 trat er auch von diesem Amt zurück und erhielt dafür von der Landsgemeinde das Ehrenamt des Panner Herm. Die letzten Jahre M.s galten hauptsächlich dem Projekt der Gotthardbahn. Schon 1853 hatte er im Auftrag der „Centralbahn“ zusammen mit G. Koller und P. Lucchini Vermessungs- und Trassierungsarbeiten ausgeführt und ein Memorial verfaßt, das die Vorzüge der Gotthardlinie gegenüber dem Lukmanier zusammenfaßte, und den Kanton Uri bei allen Untersuchungen und Verhandlungen zur Gotthardbahn vertreten. M. war einer der ersten großen Schweizer Bauingenieure, die noch im Ausland zu studieren hatten. Er war ein vielseitiger Mensch, auch Politiker und militärischer Führer. Sein religiöses und soziales Verantwortungsbewußtsein bewog ihn zur Stiftung ansehnlicher Summen, die er für den Bau des Kantonsspitals Altdorf und andere wohltätige Werke|verwendete.|

  • Auszeichnungen

    Ehrenbürger v. Solothurn (1856);
    St. Gregoriusorden (1865).

  • Werke

    Gesch. d. Erbauung d. Nydeckbrücke in Bern 1840–44, 1848;
    Meine Betheiligung am Baue d. kath. Kirche in Bern, 1862.

  • Literatur

    ADB 22;
    A. P. v. Segesser, C. E. M., in: ders., Slg. kleinerer Schrr. II, 1879;
    A. Hartmann, Gallerie berühmter Schweizer d. Neuzeit II, 1871, Nr. 87 (P);
    Slg. Bern. Biogrr. III, 1898, S. 167-75;
    E. Mathys, Männer d. Schiene, ²1955;
    A. Eggermann, in: Gotthardbahn im Spiegel v. Persönlichkeiten, 1981, S. 59;
    Inventar d. neueren Schweizer Architektur 1850-1920, I, 1984;
    H. Baumann u. S. Fryberg, Der Urnersee, 1993, S. 23-27;
    HBLS (P);
    Schweizer Lex.

  • Porträts

    Lith. v. F. Hasler (Schweiz. Landesbibl. u. Burgerbibl. Bern).

  • Autor/in

    Hans Grob
  • Zitierweise

    Grob, Hans, "Müller, Karl Emanuel" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 442-444 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122121643.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Müller: Karl Emanuel M., Landammann von Uri, Oberstlieutenant und Ingenieur, geb. zu Altorf am 18. März 1804, daselbst am 1. Decbr. 1869, stammte aus der angesehenen urnerischen Familie Müller, aus der schon sein Großvater die Stelle eines Landammanns, das höchste Amt in Uri, sein Vater, ein gewesener Offizier in französischen Diensten, diejenige eines Landschreibers bekleidet hatte. Nach erhaltener Gymnasial- und Lycealbildung in Altdorf und Solothurn, dem Besuche der Universität Heidelberg, wo neben technischen Vorbereitungsstudien auch staatswissenschaftliche Collegien besucht wurden, ging M. 1826 nach Wien, um sich ganz den technischen Studien im Fache des Hochbaus und des Straßen- und Brückenbaus zu widmen. Nach seiner Rückkehr in die Heimath sofort in die Landesbaucommission berufen, übernahm M. bei Herstellung der Kunststraße über den Gotthard die Ausführung der schwierigsten Partie durch die Schöllenen mit der neuen Teufelsbrücke, den Bau der Brücke über den Schächenbach bei Altdorf sowie noch andere trefflich gelungene Bauten, die seinen Ruf als Ingenieur weit über die Grenzen seines Vaterlandes hinaus begründeten. Später unternahm M. zu seiner weiteren Ausbildung noch Reisen nach Italien und England und wurde dann von dort zurückgekehrt von der Regierung von Glarus zum Straßeninspector gewählt, welche Stelle er 1840 niederlegte, um den Bau der großen steinernen Nydeckbrücke bei Bern zu übernehmen. Diese prächtige Brücke, eine der größten baulichen Leistungen jener Zeit, vollendete er innerhalb 4 Jahren, während die accordgemäße Frist 5 Jahre betrug, was ihm große Anerkennung und reichen Gewinn brachte. In dieser|Zeit ließen die politischen Zerwürfnisse in der Schweiz den Ausbruch eines Bürgerkrieges als nahe bevorstehend erscheinen. M., ein entschiedener Anhänger der katholisch-conservativen Partei und streng festhaltend an den Principien der Kantonalsouveränetät, lehnte daher die ihm von der Regierung von Bern gemachten glänzenden Anerbietungen für Uebernahme der Stelle eines Kantonalbauinspectors ab, stellte sich seinem Heimathkanton, der ihn zum Commandanten der Landwehr erkor, zur Verfügung, folgte aber, da er die Interessen der Sonderbundstände als solidarisch betrachtete, schon 1845 einem Rufe des Kantons Luzern in den dortigen Regierungsrath, wo er das Baudepartement übernahm und 1846 den Stand Luzern auf der Tagsatzung vertrat. Als die Tagsatzung die Auflösung des Sonderbundes durch Waffengewalt beschlossen und der Bürgerkrieg zum Ausbruch gekommen, wurde M., im sonderbündischen Generalstab zum Obercommandanten des Genies ernannt, an die Spitze der Gotthardexpedition gestellt. Unter seiner Führung machten am 17. Novbr. 1847 1700 Mann Sonderbundstruppen mit 4 Geschützen vom Gotthardhospiz aus einen Einfall in den Kanton Tessin, welcher den Zweck hatte, den Weg nach Mailand zu öffnen und für Verproviantirung des sonst rings vom Feinde umschlossenen Sonderbundsgebietes zu sorgen. In dem Gefecht bei Airolo siegten die Truppen Müller's über die ungeübte Mannschaft des tessinischen Obersten Luvini und drangen bis vor die Mauern von Bellinzona vor, wo die Expedition wegen Mangels an Geschützesmunition und wegen der inzwischen in Luzern eingetretenen Ereignisse umkehren mußte. Obwohl diese Expedition für den Ausgang des Sonderbundskrieges resultatlos blieb, so trug sie doch M., der dieselbe als Oberstlieutenant leitete, den Ruhm eines einsichtsvollen und kaltblütigen Anführers ein. Nach Beendigung des Sonderbundskrieges wurde M. in den von der siegenden Partei gegen die Mitglieder der abgetretenen Regierung angestrengten sog. Hochverrathsproceß verwickelt, erlangte jedoch später, allerdings erst nach vielen Jahren vollständige Restitution und kehrte nach Uri zurück, wo er, obwohl von verschiedenen Ehrenämtern in Anspruch genommen, doch wieder in seinem eigentlichen Berufe und Fache thätig war. Von 1850—53 vollführte er das schwierige Werk der Reußcorrection im Thale von Altdorf und sicherte mittels der Kanalisirung des wilden Flusses die fruchtbare Ebene vor der früher stets wiederholten Verwüstung. Beim Bau der schweizerischen Centralbahn concurrirte er ohne Erfolg für die Uebernahme des Hauensteintunnels. 1856 entschied seine Expertise für die Stellung des Bahnhofs Solothurn, wofür ihm das Bürgerrecht der Stadt und ein kostbares Ehrengeschenk zu Theil wurden. In den Jahren 1856—58 sowie 64—65 berief die Urner Landsgemeinde M. zum höchsten Amte, demjenigen des Kantonslandammann und 1862—64 vertrat er den Kanton Uri im schweizerischen Ständerath. Neben dem Bau der katholischen Kirche in Bern, der ihm im J. 1859 übertragen und für ihn die Quelle mannigfaltigen Verdrusses wurde, beschäftigten M. auch verschiedene Unternehmungen privater Industrie, von denen wir hier die neugegründete Papierfabrik an der Isleten im Kanton Uri, den Betrieb der alten Papierfabrik in Horw und ganz besonders die für ihn sehr fruchtbare Dampfschifffahrt auf dem Vierwaldstättersee nennen. Weniger günstig fiel die Güterspeculation in Slavonien aus, durch die er in zahlreiche Processe der unangenehmsten Art mit seinem Verwandten und früheren Freunde Vincenz Müller verwickelt wurde. M., der schon 1853 mit Ingenieur Koller Pläne und Gutachten für das Unternehmen der Gotthardeisenbahn gearbeitet, den Kanton Uri bei allen diesfallsigen Conferenzen und Verhandlungen vertreten und dessen Einfluß es hauptsächlich gelungen, das Volk von Uri zu der Subvention von einer Million zu vermögen, beschäftigte sich im Delirium der Todesstunde mit der Gotthardbahn, für die er die|letzte und größte Begeisterung empfand. In Müller's Leben erscheint neben seiner Bedeutung als eines der ersten schweizerischen Ingenieure besonders charakteristisch seine große Anhänglichkeit an sein Heimathland Uri sowie seine seltene Gemeinnützigkeit. Müller's Tüchtigkeit und Ehrenhaftigkeit wurden überall und von allen Parteien anerkannt und seine technischen Gutachten hatten, wie Dr. Segesser richtig bemerkt, nicht nur den Werth der Expertise, sondern mehr noch den eines unbestechlichen, gewissenhaften Urtheils.

    • Literatur

      Vgl. Geschichte der Erbauung der Nydeckbrücke in Bern in den Jahren 1840—1844 von Landammann Müller, Zürich, Friedrich Schultheß, 1848, ferner Dr. A. Ph. v. Segesser, Sammlung kleiner Schriften, 2. Bd., Bern 1879, S. 461 u. ff. und Gallerie berühmter Schweizer der Neuzeit von Alfred Hartmann, Bd. 2. Nr. 87.

  • Autor/in

    P. Meyer von Schauensee.
  • Zitierweise

    Meyer von Schauensee, P., "Müller, Karl Emanuel" in: Allgemeine Deutsche Biographie 22 (1885), S. 523-525 unter Müller, Emanuel [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122121643.html#adbcontent

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