Lebensdaten
1609 – 1670
Geburtsort
Greifswald
Sterbeort
Greifswald
Beruf/Funktion
schwedischer Diplomat ; Jurist
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 11696149X | OGND | VIAF: 69074452
Namensvarianten
  • Mevius, David
  • Mevius, David von
  • Mevius, David
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Zitierweise

Mevius, David von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11696149X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich ( 1635), Prof. d. Rechte in G., arbeitete an d. Ausbildung d. pomm. Landesherrschaft, S d. Thomas (1529–80) aus Stargard (Hinterpommern), Prof. d. Rechte in G.;
    M Elisabeth Rhawen (Rhaw, Raven);
    1) Stralsund 1639 Judith (1622–50), T d. Pastors David Tancken, 2) 1652 Maria (1634–53), T d. Bgm. Theodor Meyer in Stralsund, 3) 1654 Maria, T d. Ratsherrn Emmanuel Putsch in Oldenburg/O.;
    2 T aus 1) Elisabeth ( Georg v. Engelbrecht, 1626–93, Prof. d. Rechte, s. ADB VI), Barbara ( Friedrich Klinckow v. Friedensschildt, 1631–85, Tribunalassessor in Wismar), 2 K aus 2), u. a. Friedrich (1653–1719), schwed. Gen.-Major, Oberjägermeister v. Pommern.

  • Biographie

    M. nahm in Greifswald das Studium der Rechtswissenschaften auf und setzte es 1629 in Rostock fort. Im Zuge des Konflikts der Universität mit der kaiserl. Besatzung floh er 1631 nach Kopenhagen, kehrte aber noch im selben Jahr in seine, inzwischen von den Schweden eroberte Vaterstadt zurück. 1633/34 unternahm er eine peregrinatio academica|nach England, Frankreich und den Niederlanden, dessen Juristen führend an der Entwicklung des Naturrechts beteiligt waren. In Paris hat M. vermutlich Hugo Grotius persönlich kennengelernt; vom Herbst 1634 bis Frühjahr 1635 hielt er sich in Leiden auf. Im April 1635 erhielt er einen Ruf nach Greifswald auf die Stelle eines ao. Professors der Rechtswissenschaften, im September wurde er von Matthias Stephani zum Dr. iur. promoviert. Nachdem sein Vater verstorben war, erhielt M. Ende 1635 eine o. Professur und übernahm das Amt des Universitätssyndikus. Im folgenden Jahr rückte er in die durch den Tod seines Vaters erledigten Stellen eines Konsistorialrats und des Inspektors des Amts Eldena nach, das Hzg. Bogislaw XIV. 1634 der Universität zum Unterhalt geschenkt hatte.

    Eine materielle Besserstellung erreichte er, als ihm die Stadt Stralsund – damals der einzige sichere Platz Pommerns – 1638 die Stelle des einflußreichen und gut dotierten Stadtsyndikus anbot. Als Gesandter des mit Schweden verbündeten Stralsund reiste M. erstmals 1641 nach Stockholm, wo er während seiner Verhandlungen im Auftrag der Stadt enge Kontakte zu führenden Männern knüpfte, insbesondere zu Per Brahe d. J., Magnus Gabriel de la Gardie und Axel Oxenstierna. Mit ihnen trat M. in einen intensiven Briefwechsel (M.s Briefe liegen heute im Reichsarchiv in Stockholm). Bald galt er als einer der wichtigsten und zuverlässigsten Informanten des schwed. Reichsrats für die Beurteilung der politischen Entwicklung in Norddeutschland. Er wurde deshalb vom Reichsrat damit beauftragt, die Instruktion für die Gesandten beim Friedenskongreß in Osnabrück zu verfassen. M. selbst führte als Mitglied der schwed. Gesandtschaft deren Korrespondenz. Indem er besonders auch die Interessen von Stralsund vertrat, erreichte er, daß in Art. 10, § 16 des Osnabrücker Friedensinstruments, der die landständische Verfassung in den Territorien des Deutschen Reichs garantierte, die Stralsunder vor allen anderen deutschen Landständen namentlich hervorgehoben wurden.

    Als 1653 das Tribunal in Wismar zur Wahrnehmung des „ius de non appellando“ eingerichtet wurde, das der schwed. Krone für ihre deutschen Besitzungen im Frieden von Osnabrück zugestanden wurde, erhielt M. die Ernennung zum Vizepräsidenten dieses obersten Gerichtshofs für die Herzogtümer Pommern, Bremen und Verden sowie die Herrschaften Wismar und Wildeshausen. Da der Präsident des Tribunals, der Reichsrat Bengt Oxenstierna, vorwiegend als Legat der Krone in Deutschland verwendet wurde und auch sonst sein Wismarer Amt nicht ausübte, fiel M. in der Praxis die Leitung des Gerichtshofs zu. Er verfaßte für ihn die „Ordnung der Kgl. Majestät und Reiche Schweden des Hohen Tribunals zu Wismar“ (1657). Diese Gerichtsordnung, die bis 1806 in Kraft blieb, räumte den pomm. und brem. Landständen durch ihre Beteiligung bei der Besetzung der Richterstellen am Tribunal großen Einfluß ein. Die Masse der Fälle, die beim Tribunal anfielen, waren Zivilsachen. Prinzipiell konnte aber in allen Rechtssachen beim Tribunal Revision eingelegt werden. Faktisch übte es in den schwed. Territorien in Deutschland die höchste Entscheidungsgewalt aus. So entschied es auch in letzter Instanz sowohl zwischen der schwed. Krone und ihren deutschen Landständen als auch zwischen den Regierungen in Stade und Stettin und den Landständen. Der Jurisdiktion des Tribunals entzogen waren jedoch das Militär und die landesherrliche Finanzverwaltung. Um die Appellation der Landstände an den Reichshofrat in Wien, die trotz des „ius de non appellando“ auf Grund des Art. 16 des Osnabrücker Friedens immer noch möglich war, zu vermeiden, unterwarfen sich in der Regel auch die absolutistisch regierenden Könige Karl XI. und Karl XII. dem Urteil des Tribunals, das sie allerdings über ihr Besetzungsrecht nicht unerheblich beeinflussen konnten.

    In den Kriegen Karls X. Gustav nahm die schwed. Krone M.s Dienste als Propagandist in Anspruch. 1657 verfaßte M. eine Flugschrift gegen das dän. Kriegsmanifest, „Jus fetialearmatae Daniae“, 1658 gegen Brandenburg die Schrift „Sacrae Regiae Suecicae Commissariorum Responsum“. 1661 war er einer der drei schwed. Gesandten, die in Wien mit dem Kaiser wegen der Investitur des schwed. Königs als Herzog von Pommern verhandelten. Noch im selben Jahr wurde M. auch als Vermittler in dem Streit der beiden meckl. Herzöge tätig. Auch der Kurfürst von der Pfalz, ein Verwandter des schwed. Königshauses, beanspruchte die Dienste M.s, der bereits 1652 zum Professor primarius in Greifwald mit dem Recht der Substitution ernannt worden war.

    M. hinterließ ein umfangreiches juristisches Werk, für das ein deutlicher Zwiespalt kennzeichnend ist: Einerseits ist es dem Vernunftdenken der Frühaufklärung und der Neigung zum Naturrecht verpflichtet, andererseits leugnet es nicht eine Vorliebe in der Praxis für den Traditionalismus und das einheimische Recht. So verfaßte M. mit seinem „Kurtzen Bedencken über Fragen, so von dem Zustand, Abforderung und verwiederter Abfolge der Baurs-Leute“ (1645, ⁴1773) ein Werk, das, obwohl es die Unfreiheit der Bauern in Abrede stellt, bis zur Abschaffung der Leibeigenschaft in Pommern 1806 bzw. 1810 in der Rechtspraxis nicht nur Pommerns, sondern auch des Baltikums maßgeblich blieb und faktisch als geschriebenes Recht galt. In seinem erst postum erschienen Alterswerk „Prodromus jurisprudentiae gentium communis“ (1671, ²1686 u. d. T. „Nucleus Juris Naturae et Gentium“), in dem er aus der Rechtsphilosophie allgemeingültige Grundsätze herzuleiten trachtete, tritt M. dagegen als Verfechter römischrechtlichen Gedankenguts und als Anhänger der Naturrechtslehre des Hugo Grotius auf. Hier versucht er, den Zwiespalt seines Gesamtwerks zu überwinden, indem er zwischen zweierlei Naturrecht unterscheidet: Nur das „primäre“ Naturrecht sei grundsätzlich unabänderlich, während das „sekundäre“ in verständiger Auffassung und Anwendung des jeweils geltenden Rechts bestehe, das nach Zeiten und Völkern wechseln könne.

    M.s wohl bedeutendstes Werk, seine „Commentarii ad Jus Lubecense“ (1642, ⁴1700), ging aus seiner praktischen Tätigkeit als Syndikus der gleichfalls nach lübischem Recht patrizisch regierten Stadt Stralsund hervor. Außerdem konnte er auf bereits von seinem Großvater aufgenommene und von seinem Vater fortgesetzte Vorarbeiten zurückgreifen. Auch dieser Kommentar zum lübischen Recht wurde in der Praxis als geschriebenes Recht betrachtet und wirkte vor allem im Baltikum in den Städten lübischen Rechts bis ins 20. Jh. hinein fort. Mit seinen „Decisiones Wismariensis Tribunalis“ (6 Bde., 1664–69, u. 3 Bde. postum 1672-75; 101794, W-Verz.), jeweils mit einem Kommentar versehen und auf ihren juristischen Kerngedanken zurückgeführt, beeinflußte M. die Ausformung des Zivilprozesses in Norddeutschland, im Baltikum und auch in Schweden. In anderen Veröffentlichungen versuchte M., die sehr unterschiedlichen Rechtsnormen der verstreut liegenden deutschen Besitzungen der schwed. Krone für die Rechtsprechung des Tribunals zu erfassen und in Ansätzen zu vereinheitlichen. So erläuterte er in seinen „Bedencken in Sachen der Grund-Herren und Pensionarien“ (1647) das rechtliche Verhältnis zwischen Gutsherren und ihren Pächtern in Pommern, in seinen „Commentarii über des Herzogthum Bremen Constitution von wucherlichen Contracten“ (1673) die gesetzlichen Bestimmungen zum Kreditrecht in Bremen. Wie schon der holländ. Staats- und Naturrechtler Justus Lipsius befaßte sich M. in seinem Werk „Tacitus politice resolutus“ (1663) mit den von Tacitus formulierten Gedanken, die im 17. Jh. in der Politik gängige Handlungs- und Argumentationsmuster waren. Die breite und langandauernde Wirkung M.s ist vor allem auf seine Anknüpfung an die einheimischen, gewachsenen Rechtsordnungen zurückzuführen, sodann auf die Brücksichtigung des Röm. Rechts. Sein halbherziges Bekenntnis zum Naturrecht hatte freilich zur Folge, daß seine theoretischen Arbeiten sehr bald durch die Schriften Samuel Pufendorfs überholt waren. Für die praktische Rechtsprechung dürfte M. indessen als der wohl bedeutendste Jurist Norddeutschlands im 17. Jh. anzusehen sein.

  • Literatur

    ADB 21;
    G. F. v. Bunge, Gesch. d. Gerichtsverfahrens in Liv-, Est- u. Curland, 1874;
    D. Molitor, Der Entwurf e. meckl. Landrechts v. D. M., in: ZSRGG61, 1941, S. 208-33;
    W. Ebel, Forschungen z. Gesch. d. lüb. Rechts I, 1950;
    I. Seth, Universitetet i Greifswald och dess ställning i svensk kulturpolitik 1637-1815, 1952;
    F. Wieacker, Privatrechtsgesch. d. Neuzeit, 1952;
    E. Döring, Gesch. d. dt. Rechtspflege seit 1500, 1953;
    S. Jägerskiöld, Studier rörande receptionen av främmande rätt i Sverige under den yngre landslagens tid, 1963;
    K. Modéer, Gerichtsbarkeiten d. schwed. Krone im dt. Reichsterritorium I, 1973;
    Svenska män och kvinnor V, 1949;
    Svenskt biografiskt lexikon 25, 1985;
    E. Molitor, in: Pomm. Lb. IV, 1966, S. 1-8;
    Stintzing-Landsberg II, S. 112-39;
    HRG.

  • Autor/in

    Werner Buchholz
  • Zitierweise

    Buchholz, Werner, "Mevius, David von" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 281-283 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11696149X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Mevius: David M., Jurist, am 6. December 1609 geboren in Greifswald, wo sein Großvater Thomas M. und sein Vater Friedrich M. Professoren der Rechtswissenschaft gewesen sind, machte seine ersten juristischen Studien in seiner vom Kriege schwer bedrängten Vaterstadt unter Leitung seines Vaters. Als er 1629 nach Rostock zog, fand er auch dort die traurigsten Verhältnisse und ein Conflict, in welchen die Universität mit der kaiserlichen Besatzung gerieth, nöthigte ihn 1631 zur Flucht nach Kopenhagen. Er kehrte in seine Vaterstadt zurück, wo inzwischen nach Abzug der kaiserlichen Besatzung ruhigere Zustände herbeigeführt waren. 1633 trat er seine peregrinatio academica an, besuchte die Niederlande, England und Frankreich, wandte sich im Herbst 1634 abermals nach Leyden, verlebte hier den Winter und kehrte im April 1635 heim in seine Vaterstadt, wo ihm inzwischen eine außerordentliche Professur übertragen war. Am 30. Juli trat er seine Lehrstelle an, ward am 17. September von Matth. Stephani zum Doctor promovirt, rückte schon im Anfang des folgenden Jahres in eine erledigte ordentliche Professur ein, übernahm das Universitäts-Syndicat und wenige Monate später die durch den Tod seines Vaters erledigten Stellen eines Consistorialraths und des Inspectors vom Amte Eldena. Neben einer vielseitigen Lehrthätigkeit, über die uns seine eigenen Aufzeichnungen näher unterrichten, beschäftigte ihn eine ausgedehnte Praxis als|Mitglied des Spruchcollegiums und Rechtsbeistand vornehmer Häuser. Lieber hätte er, wie er selbst sagt, sich ganz der wissenschaftlichen Thätigkeit hingegeben, allein seine Besoldung reichte nicht hin, um die Bedürfnisse seines Hauswesens — er hatte sich inzwischen verheirathet — zu bestreiten.

    Die Wechselfälle des Krieges gestalteten seine ökonomische Lage im Jahre 1637 noch schwieriger; Professoren und Studenten hatten der bedrängten Stadt den Rücken gewendet. Wie eine Erlösung erschien es M. daher, als im Februar 1638 die Stadt Stralsund ihm die Stelle des Syndicus antragen ließ. Er übernahm sie im Juli und hat sie ca. 15 Jahre lang bekleidet. In diesem einflußreichen Amte, an der Spitze der Verwaltung und Justiz eines kräftig entwickelten städtischen Gemeinwesens hat er eine ungemein erfolgreiche Thätigkeit entfaltet. Nach Außen hin handelte es sich zunächst darum, unter den territorialen Veränderungen in Folge des Krieges die Selbständigkeit Stralsunds zu behaupten. M. ward in diesem Anlaß 1641 zur Königin Christine nach Stockholm gesendet, deren hohe Gunst er sich erwarb; später hatte er bei den Friedensverhandlungen zu Brömsebroe und zu Osnabrück die Instructionen für die Gesandten auszuarbeiten und die Correspondenz zu führen. Ihm ist es wol vorzugsweise zu danken, wenn im Osnabrücker Frieden (Art. 10. § 15 und 16) der Stadt Stralsund alle Freiheiten, welche sie begehrte, ausdrücklich gewährleistet wurden. In den baltischen Gegenden war er bald die angesehenste juristische Autorität, an die man sich aus Mecklenburg und Pommern um Rath wendete; für beide Landschaften führte er wiederholt die Geschäfte eines Landsyndicus. — Als die Krone Schweden, dem Osnabrücker Friedensvertrage gemäß, für ihre in Deutschland erworbenen Territorien ein höchstes Gericht in der Stadt Wismar errichtet hatte, glaubte sie das Amt des Vice-Präsidenten, dem hauptsächlich die geschäftliche Leitung oblag, keinem Würdigeren anvertrauen zu können, als M., der den schwedischen Staatsmännern seit Jahren als hervorragender Jurist und politischer Agent bekannt war. Mit Eröffnung des Gerichtshofes am 15. Mai 1653 begann M. seine Functionen; die von ihm entworfene Gerichtsordnung ward vorläufig bestätigt und nach einer Revision im J. 1657 als Gesetz publicirt. Neben diesem hohen Amte ist M. vielfach in wichtigen politischen Angelegenheiten von der schwedischen Regierung verwendet worden, und die Gunst, welche ihm bereits Königin Christine zugewendet, als er als Gesandter Stralsunds wiederholt an ihrem Hofe verweilte, ward ihm auch von ihren Nachfolgern erwiesen und durch Belohnung mit Landgütern und ansehnlichen Geldgeschenken wiederholt bekräftigt. Zu den Begnadigungen gehörte u. a. auch die Ernennung (1652) zum professor primarius in der Greifswalder Juristenfacultät mit dem Rechte der Substitution. Die Ausübung dieses Rechtes hat ihm mancherlei Verdrießlichkeiten bereitet; dagegen ist der Wunsch, das Amt in späteren Jahren selbst zu verwalten und sein Alter in litterarischer Muße zu verleben, ihm nicht erfüllt. Auch die Herzöge und Landstände von Mecklenburg haben seinen Rath und seine Hülfe mehrfach in Anspruch genommen. Schon 1655 hatte er im Auftrage der letztern die drei ersten Bücher eines mecklenburgischen Landrechts ausgearbeitet, denen er 1666 das 4. Buch hinzufügte. Indeß ist dieser Entwurf nie zum Gesetz erhoben. Als M. im Sommer 1670 auf seinem Gute Brönkow weilte, erkrankte er plötzlich. Aus dem benachbarten Greifswald eilten sein Neffe Professor Fr. Gerdes in Begleitung des Mediciners Professor Helwig an sein Krankenlager. Auf Rath des Letztern ward M. nach Greifswald in das Haus seines Neffen gebracht, wo er am 14. August 1670 starb. Sein Leichnam ward am 16. August nach Wismar übergeführt; am Tage der Beisetzung, dem 20. September, hielt die Universität Greifswald eine Leichenfeier, zu welcher Professor Helwig als damaliger Rector|das Einladungsprogramm schrieb, welches einen kurzen Lebensabriß enthält. Ausführlicher ist die der Leichenpredigt des Pastors Reimarus angehängte Lebensbeschreibung (Wismar 1671 fol.). Dem auf der Greifswalder Bibliothek befindlichen Exemplar sind von einer alten Hand werthvolle Auszüge aus M.'s leider verlorener Selbstbiographie beigefügt. Die Einzelheiten seiner umfassenden und vielseitigen amtlichen Thätigkeit in Stralsund und Wismar gehören der Specialgeschichte an. Von allgemeiner und hervorragender Bedeutung aber sind die umfänglichen litterarischen Arbeiten, die er mit unermüdlicher Kraft und Ausdauer neben jenen Aemtern vollbrachte. Sein „Commentarius in jus Lubecense“ P. 1, 2 (1642), P. 3, 4 (1643. 4° 1664, 1679, 1700, 1744 fol.), die erste wissenschaftliche Bearbeitung des Lübischen Rechts ruht auf der Vertrautheit mit seiner praktischen Anwendung, welche er sich durch eigene Erfahrung und Studien in Greifswald erworben. Er konnte dort die Acten des Spruchcollegium, die handschriftlichen Observationen seines Vaters und Großvaters, ferner die Responsen Cothmanns, endlich in Stralsund die angehäuften Gerichtsacten, sowie die Aufzeichnungen des ehemaligen Syndicus Dr. Steinweg benutzen. Die historische Bedeutung dieses Werks liegt darin, daß M. einen neuen Zweig praktischer Rechtswissenschaft, eine „jurisprudentia Lubecensis“ schuf. Das Verständniß für dieses merkwürdige, in den nordostdeutschen Städten weitverbreitete Rechtsbuch ist durch ihn zuerst eröffnet worden; und wenn auch die neuere Zeit dasselbe namentlich in historischer Richtung vertieft hat, so behauptet doch Mevius' Commentar auch heute noch seinen Werth. — Noch weiter reicht die Bedeutung und der Einfluß von Mevius' berühmten „Decisiones“, welche zuerst unter dem Titel „Jurisdictio summi tribunalis regii quod est Wismariae“ 1664 bis 1669 in 6 Quartbänden erschienen. Nach Mevius' Tode wurden von 1672 bis 1675 noch drei Bände aus seinen Papieren herausgegeben; bis zum J. 1794 sind noch zehn neue Auflagen dieses Werkes erschienen, an welches sich eine umfängliche Litteratur angeschlossen hat. Sein Inhalt besteht in den chronologisch geordneten Entscheidungen des höchsten Gerichts, dessen Vice-Präsident M. war. Allein keineswegs sind die Urtheile einfach abgedruckt; sondern aus jedem ist der darin zur Anwendung gebrachte juristische Gedanke ausgezogen und als „Decisio“ formulirt. Hieran schließt sich die juristische Begründung in knapper Ausführung; am Schlusse ist die Proceßsache, in welcher das Urtheil ergangen, mit dem Datum angegeben; die Anmerkungen enthalten Allegationen von Gesetzen und Litteratur, sowie Erläuterungen. Es hat dieses Werk sich in Theorie und Praxis eine ebenso große Autorität erworben, wie sein Vorbild, die „Definitiones forenses“ Benedict Carpzovs, die es an Gründlichkeit der juristischen Argumentation übertrifft. Von besonderer Bedeutung ist es im Norden Deutschlands für die Gestaltung des Civilprocesses geworden. Eine andere Schrift Mevius' verdient Erwähnung, weil sie für längere Zeit die theoretische Grundlage für die Behandlung des Rechtsinstituts der Leibeigenschaft geworden ist. Im Nordosten Deutschlands hatte sich dasselbe unter den socialen Umgestaltungen des 16. Jahrhunderts und des 30jährigen Krieges ausgebildet. Zahllose Streitigkeiten zwischen den Grundherren und Bauern, sowie der Grundherren untereinander, die in Stralsund zu entscheiden oder zu schlichten waren, veranlaßten M. zur Ausarbeitung eines „Bedenken über die Fragen, so von dem Zustand, Abforderung und verminderter Abfolge der Bauers-Leute — vorkommen“ 1645. 4° (bis 1773 noch viermal gedruckt). M. hatte die Aufgabe, für ein durch gesetzliche Bestimmungen nur dürftig normirtes Institut Rechtsgrundsätze aufzustellen, eine Aufgabe, deren Schwierigkeit noch dadurch erhöht wurde, daß die Ausbildung desselben noch im Flusse und in den verschiedenen Gegenden Deutschlands ungleich war. Die Gefahr lag nahe, im Römischen Rechte die Hülfe zu suchen|und hervorragende Juristen vor M. waren der Versuchung erlegen, die römischen Rechtssätze über die Sclaverei auf die deutsche Unfreiheit zu übertragen. M. bemüht sich, diesen Irrthum zu vermeiden, und den deutschen Lebensverhältnissen und Gewohnheiten, wie sie sich im Nordosten gestaltet hatten, die Rechtsgrundsätze zu entnehmen, das römische Recht nur zur Analogie mit Vorsicht zu verwenden. Ob es ihm gelungen ist, die Grenzen richtig zu finden, möge dahingestellt bleiben. Nach Bildungsgang und Lebensführung ist M. ein wesentlich auf's Praktische gerichteter Jurist, der das vitae non scholae discendum energisch zu betonen liebt und davor warnt, sich in historische Untersuchungen zu verlieren. Auch die dogmatische Synthese ist nicht seine Sache; er hat daher keine größeren systematischen Werke verfaßt. Dagegen legt er großes Gewicht auf die Philosophie und erklärt sie für die dem Juristen unentbehrliche praeliminaris scientia. Von früh an bis in sein spätes Alter haben rechtsphilosophische Fragen ihn beschäftigt, er hoffte, daß aus den höchsten Principien der Vernunft ein Naturrecht als „jurisprudentia gentium communis“ hergestellt und als höchste Entscheidungsnorm für den Praktiker publicirt werden könne. Es ist eine Lieblingsbeschäftigung in seinen Mußestunden gewesen, an einem breit angelegten System des Naturrechts zu arbeiten, dessen unvollendetes Manuscript sich in seinem Nachlasse vorfand. Publicirt ist von diesem Werke nur der „Prodromus“, der bei Mevius' Tode druckfertig vorlag. ("Prodomus jurispr. gentium communis etc. ex studiis D. Mevii“, 1671, 8°. In zweiter Auflage unter dem Titel „Dav. Mevii nucleus juris naturalis et gentium“, 1686, 8°, mit Vorrede, von einem Unbekannten herausgegeben.) Der Aufschwung, welchen die naturrechtlichen Studien unter Pufendorf's Einfluß nahmen, hat Mevius' Arbeiten auf diesem Gebiete in Vergessenheit gerathen lassen, während seine Leistungen in der praktischen Jurisprudenz bis zum heutigen Tage ihr Ansehen behaupten.

  • Autor/in

    v. Stintzing.
  • Zitierweise

    Stintzing, Roderich von, "Mevius, David von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 21 (1885), S. 544-547 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11696149X.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA