Lebensdaten
1883 – 1972
Geburtsort
Neukirchen a.d. Enknach (Oberösterreich)
Sterbeort
Salzburg
Beruf/Funktion
Historiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118579630 | OGND | VIAF: 98472311
Namensvarianten
  • Mayer, Theodor

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Zitierweise

Mayer, Theodor, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118579630.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus oberösterr. Arztfam.;
    V Dr. med. Joh. Nep. (1848–1909), Arzt in N., dann in Innsbruck;
    M Anna Wittib (1853–1905), aus Innsbruck;
    Schw Anna ( Kommerzialrat Kuno Zimmeter, Teilhaber d. Fa. „Tiroler Glasmalerei“), Maria ( Kommerzialrat Franz Neumayer, Großkaufm. in S.);
    1911 Hanna (1892–1981), T d. Dr. iur. Franz Stradal, Rechtsanwalt in Teplitz-Schönau, u. d. Emma Broudre;
    1 S, 2 T, Dr. iur. habil. Theodor M.-Edenhauser (* 1913, 1942 Rußland), Dr. med. Emma (* 1914), Ärztin in S., Dr. phil. Hanna (* 1920), Gymnasiallehrerin in S.

  • Biographie

    Kindheit und Jugend verlebte M. in Neukirchen unweit des Karolingerstifts Ranshofen in „Urbaiern“; das Gymnasium besuchte er in Linz und Innsbruck. Nach einem Stipendiatsjahr in Florenz studierte er an der Univ. Wien, besonders am Institut für österr. Geschichtsforschung. Neben E. Mühlbacher, E. v. Ottenthal und Oswald Redlich war hier sein eigentlicher Lehrer Alfons Dopsch, der ihn. zur Verfassungs- und Wirtschaftsgeschichte auf der Grundlage der Landesgeschichte hinführte. 1906 begann M. die Archivlaufbahn am Statthalterei-Archiv (jetzt|Staatsarchiv) in Innsbruck und wechselte von dort nach Wien an das Adels- und dann an das Allgemeine Archiv im Ministerium des Innern über. 1912 wurde ihm die Leitung des (Landes-) Archivs für Niederösterreich übertragen. Vier Jahre lang nahm er am 1. Weltkrieg teil. Seine akademische Laufbahn begann M. 1914 als Privatdozent in Wien. 1922 zum nebenamtlichen ao. Professor ernannt, wurde er im folgenden Jahr als ao. Professor an die Deutsche Universität in Prag berufen und dort 1927 o. Professor für mittelalterliche Geschichte und historische Hilfswissenschaften; Hans Hirsch, der große Verfassungshistoriker, war sein Vorgänger. Die „ständige, tiefgehende Unruhe“ seines Lebensweges, von der er selbst schreibt, zeigt sich auch darin, daß er bereits im Frühjahr 1930 an die Univ. Gießen ging, im Herbst 1934 einem Ruf nach Freiburg im Breisgau folgte und 1938 nach Marburg weiterzog, wo er drei Jahre das Rektorat innehatte. 1942 wurde er Präsident der Monumenta Germaniae Historica in Berlin (damals unter der Bezeichnung „Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde“). Um dem Bombenkrieg auszuweichen, verlegte M. 1944 die Monumenta und deren wertvolle Bibliothek nach Schloß Pommersfelden unweit Bamberg. Damals gelang es ihm auch, die bedeutende Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, die seiner Oberaufsicht unterstand, entgegen den Befehlen Himmlers in Italien zu belassen und vor dem Abtransport nach Deutschland zu retten. Nach Kriegsende 1945 wurde er der Präsidentschaft enthoben. Als M. 1951 nach Konstanz zog, trat er – nach anfänglicher Archivarstätigkeit als erfolgreicher wissenschaftlicher Organisator hervor.

    Im Geist von Alfons Dopsch ebnete M. einer dynamischen Geschichtsauffassung, die sich von der starren Dogmatik rechtsgeschichtlicher Deutung abwandte, die Bahn. Ein Weggenosse war dabei Hans Hirsch; einen weiteren Schritt – hin zur Soziologie, besser: zu einer modernen Auffassung von „Verfaßtheit“ – tat Otto Brunner, beide ebenfalls Schüler des „Instituts“. M. bezog Wirtschaft, Gesellschaft und Verfassung in sein „neues“ Geschichtsbild ein, und zwar auf der Basis strukturell vergleichender Landesgeschichte und des europ. Vergleichs (später auch auf Grund soziologischer Theorie und Methode), die ihn vom Mikrokosmos der Details zum Makrokosmos der deutschen und europ. Gesamtgeschichte führten. Seine Forschungen bedeuteten für ihn wie für die deutsche Mediävistik methodisch wie theoretisch – ohne Bruch mit den bewährten Traditionen – einen Neuanfang.

    Als Archivar begann M. mit Studien über den auswärtigen Handel, die Burgenverfassung und die Verwaltungsgeschichte Österreichs sowie das Verfassungsrecht der Gesamtmonarchie (als Staatsrechtsmodell der monarchisch-ständischen Zeit). Dabei fand er den Weg zu einer funktionellen Betrachtung der historischen Entwicklung von Herrschaft (Verfassung, Staat), aber auch zu einer universal-lokalen Geschichtsanalyse. Ein Musterstück der Quellenkritik und -analyse ist seine Deutung des Capitulare de villis. Mit einer neuen Auffassung von Staat, Gesellschaft und Volkstum und seiner erprobten landesgeschichtlichen Methode ging er in Prag an neue Aufgaben und widmete sich nunmehr auch den erd-räumlichen Verhältnissen im Geschichtsprozeß. Als M. nach dem 2. Weltkrieg die Vorstandschaft des Münchener Collegium Carolinum, einer Forschungsstelle für die Geschichte der böhm. Länder, übernahm, konnte er an seine Prager Themen und Erfahrungen anknüpfen.

    Angeregt durch sein großes Interesse an Landschaft und Region, die ihn jeweils umgaben, und durch die historischen Quellen dieser Landschaften, die zur Auswertung reizten, beschäftigten M. im hess. Gießen und im bad. Freiburg – nach der Siedlung im Osten – Rodung und Landesausbau als herrschaftsbildende Kräfte im Westen und Südwesten (Elsaß, Burgund, Schweiz). Der „Staat“ des deutschen Mittelalters wurde das große Thema auf Grund von Studien über Rodungsklöster, den „Staat“ der Herzöge von Zähringen und über „Freiheit“ (Rodungs-, Königsfreiheit). Als Präsident der Monumenta leitete M. Tagungen in Magdeburg, Erlangen, Weimar, Braunau und gewann dabei neue Perspektiven über das Reich und Europa, den Vertrag von Verdun, Adel und Bauern im deutschen Staat des Mittelalters. Als „Frucht“ dieser Arbeiten erschien 1950 sein Buch „Fürsten und Staat, Studien zur Verfassungsgeschichte des deutschen Mittelalters“.

    Die zweite große Ära im Leben M.s wird bestimmt durch die Errichtung und Leitung des „Konstanzer Arbeitskreises für mittelalterliche Geschichte“ (1951-58 „Städtisches Institut für geschichtliche Landesforschung des Bodenseegebietes“). Der Einsicht folgend, daß komplexe Themen der Geschichte nur durch eine Zusammenarbeit von Forschern verschiedener Disziplinen effektiv bearbeitet werden können, führte M. Gelehrte der westeurop. Länder zum Studium und zur|Diskussion gesamtmittelalterlicher und gesamteurop. Fragen zusammen. Er selber arbeitete über die großen Klöster, über Königsfreiheit, Landeshoheit, Kaisertum und Papsttum, das österr. Privilegium minus, stieß zur Gesellschaftsgeschichte von Stadt, Bürgertum, Bauerntum, Gemeinde vor und analysierte den grundlegenden Wandel des Mittelalterbildes. Das Ziel war, nach der Katastrophe von 1945, dem Ausfall geschichtstragender Schichten und dem Versagen alter deutscher Geschichtsbilder Geschichtslosigkeit zu verhindern, Brücken zu schlagen und neue Orientierung zu finden. In zunehmendem Maße bezog er deshalb auch die Geistes- und Mentalitätsgeschichte ein. Die „Vorträge und Forschungen“, die die Ergebnisse des Konstanzer Arbeitskreises zusammenfassen, sind ein Grundlagenwerk der gesamten Mittelalterforschung geworden.

  • Werke

    Weitere W u. a. Der auswärtige Handel d. Hzgt. Österreich im MA, 1909;
    Verwaltungsreform in Ungarn nach d. Türkenzeit, 1911;
    Die Verwaltungsorganisationen Kaiser Maximilians I., 1920;
    Dt. Wirtsch.gesch., 1928;
    Mittelalterl. Stud., Ges. Aufsätze, 1958 („Rückblick“, S. 463-509).

  • Literatur

    R. Schreiber (Hrsg.), Prager Festschr. f. Th. M., 1953;
    Aus Vfg.- u. Landesgesch., Festschr. z. 70. Geb.tag v. Th. M., 2 Bde., 1954 f.;
    W. Schlesinger, Th. M. u. d. Konstanzer Arbeitskreis, Festschr. z. 80. Geb.tag, 1963;
    J. Fleckenstein, Danksagung an Th. M. z. 85. Geb.tag, 1968;
    H. Fuhrmann, in: DA 29, 1973, S. 343 f.;
    H. Beumann u. ders., Th. M. z. Gedenken, 1974 (P);
    K. Bosl, in: Bohemia 4, 1963, S. 9-15;
    ders., Gründung, Gründer, Anfänge d. Collegium Carolinum München, ebd. 19, 1978, S. 11-34;
    ders., in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1973, S. 210-14 (P);
    ders., in: Zauner-Slapnicka, Oberösterreicher III, 1984, S. 135-50.

  • Porträts

    P Ölgem. v. J. Vietze, 1963 (München, Collegium Carolinum).

  • Autor/in

    Karl Bosl
  • Zitierweise

    Bosl, Karl, "Mayer, Theodor" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 554-556 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118579630.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA