Dates of Life
1911 – 1979
Place of birth
München
Place of death
München
Occupation
Biochemiker ; Nobelpreisträger für Physiologie oder Medizin (1964)
Religious Denomination
evangelisch
Authority Data
GND: 118575562 | OGND | VIAF: 50017694
Alternate Names
  • Lynen, Feodor Felix Konrad
  • Lynen, Feodor
  • Lynen, Feodor Felix Konrad
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Objekt/Werk(nachweise)

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Citation

Lynen, Feodor, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118575562.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    Aus alter Fam. v. Metallwerkmeistern u. Messing-, Nadel- u. Knopffabr. im Aachener Raum;
    V Wilhelm (1881–1920), Prof. f. Maschinenbau a. d. TH München (s. DBJ II, Tl.), S d. Feodor (1828–85), Messingfabr. u. Kaufm. in Stolberg b. Aachen, u. d. Katharina Jung;
    M Frieda (1870–1944), T d. Gustav Prym (1839–1916), Nadel- u. Knopffabr. in Stolberg, u. d. Emilie Gerdret;
    Starnberg 1937 Eva (* 1915), T d. Heinrich Wieland (1877–1957), Prof. d. Chemie in M., u. d. Josefine Bartmann;
    2 S, 3 T.

  • Biographical Presentation

    L. studierte 1930-34 an der Univ. München Chemie und erhielt eine Ausbildung in der klassischen Chemie, die seine Arbeitsweise als vom Experiment her bestimmten Pragmatiker prägte: Substanz und Reaktionsbeobachtung standen im Vordergrund; Theorien wurden mit Skepsis betrachtet. Die Dissertation unter Anleitung von H. Wieland behandelte die Giftstoffe des Knollenblätterpilzes. 1937-42 arbeitete L. als Stipendiat der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft im Chemischen Laboratorium der Bayer. Akademie der Wissenschaften, habilitierte sich 1941 und leitete seit 1942 als Dozent die Abteilung Biochemie des Chemischen Staatslaboratoriums an der Univ. München.

    Wielands Untersuchungen über die zellulären Oxidationsvorgänge gaben L. den Anstoß, sich der Erforschung zellchemischer Reaktionen zuzuwenden, die zum Leitmotiv seines Lebenswerkes wurde. – Die Verzögerung der Nutzung der freien Essigsäure in Nährstoff-verarmten Zellen deutete L. als einen vorgeschalteten Aktivierungsvorgang und erkannte schon frühzeitig die Identifizierung dieser „aktivierten Essigsäure“ als biochemisches Zentralproblem. Versuche mit Acetylphosphat schlugen jedoch fehl, und die Arbeit daran mußte, auch kriegsbedingt, zunächst eingestellt werden. Statt dessen wandte L. sich der zentralen Rolle des Phosphats in der atmungs- und gärungsregulierten Umsteuerung des Energiestoffwechsels („Pasteur-Effekt“) fakultativ anaerober Zellen zu und entdeckte dabei die positive Sauerstoff-Kontrolle der Atmungsketten-Phosphorylierung in Hefe sowie die Oxalbernsteinsäure als Zwischenstufe im Oxalat- und Tricarbonsäure-Stoffwechsel. Diese bedeutenden Arbeiten L.s, mit denen er sich 1941 habilitierte, wurden über die Grenzen Deutschlands hinaus jedoch erst später bekannt, so daß sich sein Weltruhm vor allem auf die schließlich 1950 doch erfolgte Aufklärung der Natur der aktivierten Essigsäure als S-Acetyl-Coenzym A gründet. Inzwischen war nämlich von F. Lipmann das Acetat-übertragende Coenzym A entdeckt worden, aber sein chemischer Bau war so kompliziert, daß die Bindung zwischen dem Coenzym und dem Acetylrest („Acetyl-CoA“) nur von einem, konventionelle Vorstellungen kritisch überdenkenden, Chemiker zu erschließen war. L. bewies die Thioester-Bindung im aktiven Acetat durch die mit einfachsten Mitteln auch im damaligen Instituts-Provisorium ausführbare „verzögerte Nitroprussid-Reaktion“, der SH-typischen Farbreaktion erst beim Alkalisieren der Proben. – Diese grundlegende Entdeckung sicherte L.s wissenschaftliche und akademische Stellung (ao. Professor für Biochemie, München 1947; o. Professor für Biochemie, 1956; Direktor des für ihn geschaffenen Max-Planck-Instituts für Zellchemie, München 1954–72; seit 1972 Direktor im MPI für Biochemie, Martinsried, Abt. Enzymchemie und Stoffwechsel; 1979 emeritiert). Darüber hinaus brachte sie ihm auch internationale Anerkennung in reichem Maß und den persönlichen Kontakt mit der damals Deutschen gegenüber noch eher reservierten wissenschaftlichen Welt des Auslands. – L. stellte sich sogleich weitere Fragen: Wie entsteht die aktivierte Essigsäure? Welche Reaktionen führt sie in der Zelle aus? Wie werden diese zahlreichen Reaktionen reguliert? Er beantwortete sie durch ungemein elegante Experimentalarbeiten. Es folgte die Aufklärung der mit Acetyl-CoA operierenden enzymatischen Schritte im Auf- und Abbau der Fettsäuren, in der Biogenese der Isoprenoide und, diese verklammernd, in der Bildung der Ketonkörper im diabetischen Organismus. Als äußerst erfolgreiche Strategie erwies sich hierbei der Einsatz von einfach gebauten, aber tatsächlich als Coenzym A-aktiv von den Enzymen akzeptierten Modellsubstanzen. Besonders hervorzuheben sind die Untersuchungen, die zur Entdeckung der Natur der „aktiven Kohlensäure“ als N1-Carboxy-Biotin führten. Damit wurde zugleich der Mechanismus der intermediären|CO2 -Fixierungsreaktionen bei der Glukoneogenese, der Synthese von Fettsäuren und dem Abbau verzweigter Aminosäuren aufgeklärt. – Eine glückliche Hand hatte L. auch bei der Wahl der Hefe als Modell-Organismus: Mit keinem anderen Zellsystem hätten sich die revolutionierenden Einsichten in die Molekularstruktur fest aggregierter Multienzymkomplexe so überzeugend erhalten lassen, in denen ein Substrat vielstufig ab-, um- oder aufgebaut wird. Das Konzept der gebündelten Enzymaktivitäten erwies sich als überaus fruchtbar, denn auch die Polyketid-Intermediate der acetogenen aromatischen Naturstoffe werden an entsprechenden Supermolekülen gebildet, wie bei der Aufklärung der Biosynthese von 6-Methylsalicylsäure in Pilzen nachgewiesen wurde.

    Die Entdeckung der Aktivierung der Kohlensäure an Biotinyl-Enzymen ist ein zweiter Höhepunkt in den Arbeiten von L. Sie führte schließlich 1964 zur Auszeichnung mit dem Nobel-Preis für „Medizin oder Physiologie“, den L. zusammen mit Konrad Bloch erhielt, der für die Aufklärung der Biosynthese von Cholesterin ausgezeichnet wurde. Beider Arbeiten hängen nicht nur über den Acetatstoffwechsel und die Isopren-Zwischenstufe zusammen, sondern sind auch verknüpft durch Denkschulung und Arbeitsweise und haben zu enger Freundschaft geführt.

    L. war sich stets auch der biologischen und klinischen Bedeutung seiner chemischen Entdeckungen bewußt. So ist ihm die grundlegende Aufklärung der Steuerung des Lipid- und des Steroid-Stoffwechsels zu verdanken, z. B. durch die genannten Untersuchungen des physiologisch wichtigen Problems der Ketonkörper-Bildung, die zu neuen Perspektiven über die Zusammenhänge zwischen Fett- und Zuckerabbau und dem Cholesterinspiegel führten. L. verließ sein Institut trotz mehrfacher Rufe aus dem In- und Ausland nicht und baute es zu einem internationalen Zentrum der Enzymchemie aus. Viele seiner Arbeiten entstanden in Zusammenarbeit mit ausländischen Forschern, die an L.s Institut tätig waren.

    L. hat durch Charakter und Ideen auf seine Mitarbeiter außerordentlich anregend eingewirkt. Er hat zwar keine eigentliche Schule gebildet, aber eine große Anzahl von Schülern aus seinem Institut in München entlassen. L. hat (ohne Phrase und tätig) zur Regenerierung der Wissenschaft in Deutschland nach dem Verfall während der Nazizeit Außerordentliches und Bleibendes beigetragen. Da er sich auch in jener Zeit seine liberale Unabhängigkeit bewahrt hatte, konnte er an der Renaissance der Forschung unbelastet mitwirken. Sein leichter Zugang zu Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft und Tradition machte ihn zu einem wissenschaftlichen Botschafter Nachkriegs-Deutschlands von eigentümlichem Charisma. In späteren Jahren hat er als Präsident verschiedener Gesellschaften der Wissenschaft Talente und Kontakte gefördert, durch die nicht nur sein eigenes Fach, sondern die gesamte Wissenschaft und Forschung in Deutschland wieder Geltung und Statur erhielten. L. hat mit hoher, aber immer durch das Experiment gezügelter, Intuition Kernfragen seiner Zeit erkannt und in vielen Fällen Richtungen gewiesen, die heute so gängig sind, daß sie Lehrbuchgültigkeit erworben haben. L. deutete die zelluläre Gruppenübertragung als grundsätzlich chemische Reaktionen, die durch Cofaktoren mit chemisch-aktiven Reaktionszentren katalysiert und kontrolliert werden. Dabei sind die Cofaktoren oft örtlich und regulatorisch zu Enzym-Ensembles verflochten. Diese Zusammenhänge erkannt zu haben, ist L.s bleibendes, nun schon fast anonymes Verdienst.|

  • Awards

    Dr. med. h. c. (Freiburg 1960), Dr. rer. nat. h. c. (Seoul 1967), Dr. h. c. (Miami 1968, Paris 1976, Rio de Janeiro 1977, Regensburg 1978, Pécs 1979);
    Ehrenprof. d. Univ. Bogotá (1967);
    Carus-Medaille d. Leopoldina (1961);
    Nobelpreis f. Physiol./Medizin (1964, mit K. Bloch);
    Gr. Bundesverdienstkreuz mit Stern u. Schulterband (1965), Bayerischer Verdienstorden (1966), Orden Pour le mérite f. Wiss. u. Künste (1971);
    Mitgl. d. Bayer. Ak. d. Wiss. (1953), d. Leopoldina (1959, ausw. Vizepräs. 1971) u. d. Ak. d. Wiss. Göttingen (1976);
    Präs. d. Ges. Dt. Chemiker (1971–73) u. d. A.-v.-Humboldt-Stiftung (1975–79).

  • Works

    Zum biolog. Abbau d. Essigsäure, VI. „Aktivierte Essigsäure“, ihre Isolierung aus Hefe u. ihre chem. Struktur, in: Liebigs Ann. d. Chemie 574, 1951, S. 1-32 (mit E. Reichert u. L. Rueff);
    Phosphatkreislauf u. Pasteur-Effekt, in: 8. Colloquium d. Ges. f. Physiolog. Chemie Mosbach 1957, 1958, S. 157-90;
    Zur biochem. Funktion d. Biotins, III. Die chem. Konstitution d. enzymat. gebildeten Carboxy-biotins, in: Biochem. Zs. 335, 1961, S. 168 f. (mit J. Knappe u. E. Ringelmann);
    Die chem. Konstitution d. Cytohämins, ebd. 338, 1963, S. 771 f. (mit M. Grassl, U. Coy u. R. Seyffert);
    Die biochem. Grundlagen d. „Polyacetat-Regel“, in: Angew. Chemie 73, 1961, S. 513 f. (mit M. Tada);
    Der Weg v. d. „aktivierten Essigsäure“ zu d. Terpenen u. Fettsäuren, ebd. 77, 1965, S. 929-44, auch in: Nobel-Foundation, 1965, S. 2-41 (Nobel-Vortrag);
    Coenzyme A, in: The Enzymes III, hrsg. v. P. D. Boyer, H. Lardy u. K. Myrbäck, 1960, S. 3-103 (mit L. Jaenicke);
    Die Synthese versch. Carbonsäuren durch d. Multienzymkomplex d. Fettsäuresynthese aus Hefe u. d. Erklärung ihrer Bildung, in: Europ. Journal of Biochem. 10, 1969, S. 377 f. (mit M. Sumper, D. Oesterhelt u. C. Riepertinger);
    Biosynthese v. 6-Methylsalicylsäure, ebd. 13, 1969, S. 98 f. (mit P. Dimroth u. H. Walter);
    Kompartimentierung im Stoffwechsel durch Multienzymsysteme, in: Nova Acta Leopoldina 35, 1970, S. 167 f.;
    Life, luck and logic in biochemical research, in: Perspectives in Biology and Medicine 12, Univ. of Chicago, 1969, S. 204 f. - Hist.-biogr. Schrr.:
    Gesch. d. Max-Planck-Inst. (MPI) f. Zellchemie, in: Jb. MPG 1961, T. 2, S. 810 f.;
    Das neue MPI f. Biochemie in Martinsried …, in: Naturwiss. Rdsch. 26, 1973, S. 277 f.;
    Einweihung d. MPI f. Biochemie, in: Mitt. aus d. MPG, 1973, S. 139-71. -
    Mithrsg. zahlr. wiss. Zss., u. a. Biochem. Zs., 1954–67, Archives of Biochemistry and Biophysics, 1961–71, Analytical Biochemistry, 1963–78, Hoppe-Seylers Zs. f. Physiolog. Chemie, seit 1969.

  • Literature

    W. A. Güldner, 500 J. Kupfermeister Lynen, o. J. (Privatdr.);
    A. D. de Sterio, Nobel führte sie zusammen, 1975, S. 141 f. (P);
    M. Florkin, A hist. of biochemistry (Comprehensive Biochem. 31), 1975 (P);
    Die aktivierte Essigsäure u. ihre Folgen, Autobiograph. Btrr. v. Schülern u. Freunden F. L.s, hrsg. v. G. R. Hartmann, 1976 (W, L, P);
    Th. Wieland, in: MPG Berr. u. Mitt., Sonder-H. 3/80, 1980, S. 9-14 (P);
    Th. Bücher, in: Jb. d. Bayer. Ak. d. Wiss. 1980, S. 241-45 (P);
    Gedenkfeier f. F. L. (29.2.1980), in: Berr. u. Mitt. d. MPG 2/80 (W, L, P;
    mit Gedenkreden v. K. Bloch u. K. Decker), auch in: Naturwiss. Rdsch. 33, H. 6, 1980;
    F. L. 1911-79, Gedenkfeier, hrsg. v. d. MPG, 1980;
    F. L., Sein Werk u. s. Person, zus.gestellt v. G. R. Hartmann, 1983 (Privatdr.; W, L, P ; Ex. in Bibl. d. Max-Planck-Inst. f. Biochemie in Martinsried u. im Chem. Inst. d. Univ. München);
    K. Decker, in: Liebigs Ann. d. Chemie, 1984, H. 9, S. I-XL (P);
    H. Krebs, in: Biographical Memoires of Fellows of the Royal Society, 1982 (W-Verz., P);
    M. Eigen u. E. Helmreich, in: Die Gr. Deutschen VI. 1984, S. 392-400;
    Pogg. VII a;
    - F. W. Euler, in: Archiv f. Sippenforschung 30, 1964, H. 16.

  • Author

    Lothar Jaenicke
  • Citation

    Jaenicke, Lothar, "Lynen, Feodor" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 588-590 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118575562.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA