Lebensdaten
1876 – 1957
Geburtsort
Marburg/Lahn
Sterbeort
Potsdam
Beruf/Funktion
Kunsthistoriker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118776533 | OGND | VIAF: 32792721
Namensvarianten
  • Justi, Ludwig
  • Justi, Ludwig Albert
  • Justi, Ludwig Albert Ferdinand
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Zitierweise

Justi, Ludwig, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118776533.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ferdinand (s. 1);
    - 1) Emy, T d. Jacob Lüroth (1844–1910), Mathematik, Mathematiker(in) in Freiburg/Br., Geheimrat (s. Pogg. III-V), 2) Potsdam 1951 Adelheid verw. v. Tiedemann (* 1892), T d. Leopold Fritschko v. Fürstenmühl u. d. Regina Bönisch-Schwarzenberg;
    3 K aus 1), 2. Ehe kinderlos.

  • Biographie

    J. studierte Klassische Philologie, Archäologie und Kunstgeschichte in Berlin (u. a. bei H. Grimm), promovierte in Bonn und ging zu einem längeren Studienaufenthalt 1899/1900 nach Italien. W. Bode stellte ihn 1900 als Hilfsarbeiter an den Staatl. Museen in Berlin an. Seit 1901 Privatdozent an der Univ. Berlin, wurde J. 1903 ao. Professor in Halle und 1904 Direktor des Städelschen Kunstinstituts in Frankfurt/Main. Da sein Plan, die Städelsche Sammlung mit den Städt. Museen zu vereinigen, nicht gebilligt wurde, trat er zurück (W. Bode: wurde er 1905 zum Rücktritt gezwungen) und nahm die Stelle eines Sekretärs der Akademie der Künste in Berlin an. Gleichzeitig lehrte er am Polytechnikum in München. Währenddem schrieb J. seine großangelegte Monographie über Giorgione, die mit dem Hinweis auf die „Säkularkrisen in der ital. Kunst“ beginnt und mit Kennerschaft die künstlerisch-gestalterischen Qualitäten und den Gehalt der Bilder des Malers sowie in einem „Catalogue raisonné“ den Erhaltungszustand der Werke beschreibt. – 1909 wurde J. als Nachfolger H. v. Tschudis Direktor der National-Galerie in Berlin, obgleich W. Bode, Generaldirektor der Staatlichen Museen in Berlin, es zu verhindern suchte. J. schien ihm mit 33 zu jung, und er mußte fürchten, daß die „Moderne“, die er nicht mochte, überhand nähme. So lag es auch in Bodes Interesse, daß die National-Galerie dem Ministerium direkt unterstellt wurde. Das Gewirr der Pressestimmen, darunter den „Kladderadatsch“ vom 14.11.1909 mit einem satirischen Gedicht auf Tschudi und ihn, hinter sich lassend, reiste J. kurz nach Antritt des Amtes nach Amerika, um die dortigen Museen kennenzulernen. Diplomatisches Geschick und fachliche Weitsicht, verbunden mit dem Talent zur praktischen Museumsarbeit, begünstigten ihn, dem man von vielen Seiten mit Mißtrauen begegnete. J.s Denkschriften über den Ausbau der National-Galerie fanden, überraschend für seine Kritiker, das Wohlwollen des Kaisers. J.s Vorschlag entsprechend, kamen die Schlachtenbilder der National-Galerie ins Zeughaus und die Bildnisse in die Bauakademie (dieses Kernstück|einer auszubauenden Sammlung wurde 1933 von Alois Schardt mit der Begründung, daß die bildnismäßige Darstellung „eine südlich mittelmeerische Verfallserscheinung und für die deutsche Seele verderblich“ sei, sinnlos und unwiederbringlich zerschlagen). Im Hauptbau der National-Galerie wurde das Erdgeschoß nach den Angaben J.s 1911-13 von A. Endell umgebaut. Die deutsche Kunst des 19. Jh. (Gemälde, Skulpturen, Handzeichnungen) hatte damit eine museale Darbietungsform gefunden, mit der sich, öffentlichkeitswirksam vertieft durch J.s „Führer durch die National-Galerie“ („Deutsche Malkunst im 19. Jh.“, 1920), das noch heute gültige Urteil über diese Zeit ausbilden konnte. Noch während des Krieges, nachdem der Kultusminister Trott zu Solz im Verlauf der Bethmann-Krise 1917 abgelöst worden war, nahm J. Werke der jungen deutschen Kunst, vorwiegend Berliner Sezessionisten, auf und richtete einen Saal mit Bildern M. Liebermanns ein, die der Kaiser stets abgelehnt hatte. Daneben entstand der Plan zu einem Reichskriegsmuseum.

    Nach der Revolution von 1918 brachte J. mit der Einrichtung der Neuen Abteilung der National-Galerie im Kronprinzenpalais, das H. Tessenow umgestaltete, die Expressionisten zur entscheidenden Wirkung (vgl. „Neue Kunst, ein Führer zu den Gemälden der sogenannten Expressionisten in der Nationalgalerie“, 1921). K. Scheffler warf ihm in der Streitschrift „Berliner Museumskrieg“ (1921) vor, „von Natur kein inneres Verhältnis zur guten neueren Kunst zu haben“ und „in seinen Instinkten … reaktionär zu sein“. J. tat diesen heftigen Angriff mit überlegenen Argumenten, wenn auch einseitig ab (Habemus papam, 1921, wieder in: Ges. Schriften), da nicht er allein der Angegriffene war. Der Streit zog sich jahrelang hin. Was die Meister der „Brücke“, des „Blauen Reiters“, des „Bauhauses“, was Nolde, Barlach, Beckmann, Kolbe und Klee geleistet hatten, vereinigte J. und prägte damit die Vorstellung von der Kunst im 20. Jh. Ausstellungen ergänzten die international führende Arbeit J.s (Corinth, 1923; Klee, 1923; Böcklin, 1927). Daneben richtete er das Rauch- und das Schinkel-Museum ein. Nach der Machtübernahme durch Hitler wurde J. im Juni 1933 beurlaubt und bald darauf strafversetzt; bis zu seiner Pensionierung 1941 war er Kustos der Bibliothek der Staatl. Museen in Berlin. Die Sammlung neuer Kunst im Kronprinzenpalais wurde zum „Kern“ der Ausstellung „Entartete Kunst“ von 1937; durch Verkauf und Vernichtung großer Teile während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde sie fast völlig zerstört.

    1946 ernannte die Kommandantur der 4 Besatzungsmächte den 70jährigen zum Generaldirektor des aus dem Kriege übriggebliebenen Trümmerfeldes auf der Museumsinsel von Berlin. Die Bestände waren teils vernichtet, teils in Ost oder West ausgelagert, teils – wie der Pergamonaltar – in die Sowjetunion geschafft worden, die Bauten, vor allem die National-Galerie, weitgehend zerstört. Unter erschwerten politischen Verhältnissen kam der Wiederaufbau nur langsam voran. In provisorisch hergestellten Räumen konnte die National-Galerie im Sommer 1949 wieder zugänglich gemacht werden. Kurz nach Eröffnung der Ausstellung, in der die aus der Sowjetunion zurückgekehrten Schätze der Dresdener Galerie gezeigt wurden, starb J.|

  • Auszeichnungen

    Nat.preis d. DDR (1956).

  • Werke

    Weitere W Jacopo de' Barbari u. Albrecht Dürer, 1898, zuerst in: Rep. f. Kunstwiss. 21, 1898, S. 346 ff., S. 439 ff. (P);
    Konstruierte Figuren u. Köpfe unter d. Werken A. Dürers, Unterss. u. Rekonstruktionen, 1902;
    Giorgione, 2 Bde., 1908 (graph. Gestaltung v. W. Tiemann, vgl. K. Woermann, in: Kunstchronik NF 20, Nr. 31, 1909. Sp. 513 ff.), ³1936;
    Der Ausbau d. Nat.-Gal., 2 Denkschrr., 1913;
    Die Nat.gal. u. d. moderne Kunst, Rückblick u. Ausblick, 1918. Ges. Schrr.: Im Dienste der Kunst, 1936 (W, P).

  • Literatur

    W. v. Bode, Mein Leben II, 1930;
    K. Scheffler, Die fetten u. d. mageren Jahre, 1946, S. 103, 235, 250;
    L. J. z. 14.3.1956, in: Forschungen u. Berr., hrsg. v. d. Staatl. Museen zu Berlin (Ost), 1957;
    E. Jansen, Kunstwiss. als Praxis, z. Tode v. GR L. J., in: Dt. Woche 7, 1957, Nr. 44, S. 15 ff.;
    R. Hamann, in: Jb. d. Dt. Ak. d. Wiss. Berlin, 1958, S. 109;
    A. Hentzen, in: Kunstchronik 11, 1958, S. 257 f.;
    ders., Das Ende d. Neuen Abt. d. Nat.-Gal. im ehem. Kronprinzenpalais, in: Jb. Preuß. Kulturbesitz VIII, 1970, S. 24-89;
    P. O. Rave, Gesch. d. Nat.-Gal., 1968, S. 62 ff. (P);
    Rhdb. (P). - Eigene Archivstud.: Personalakten Berlin (West), Ak. d. Künste, u. Berlin (Ost), Nat.-Gal.;
    Stenograph. Berr. üb. d. Verhh. d. Preuß. Hauses d. Abgeordneten, 1908/09, V, Sp. 6584 f., u. 1910, IV, Sp. 4992.

  • Porträts

    Lith. v. E. Munch, 1927, Abb. b. Rave s. L;
    Büste v. A. Zschokke, 1932 (Berlin [Ost], Nat.-Gal.), Abb. in: L. J., Im Dienste d. Kunst, 1936.

  • Autor/in

    Wolfgang Freiherr von Löhneysen
  • Zitierweise

    Löhneysen, Wolfgang Freiherr von, "Justi, Ludwig" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 706-707 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118776533.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA