Dates of Life
1888 – 1947
Place of birth
Wien
Place of death
New York
Occupation
Wirtschaftswissenschaftler ; Wirtschaftspolitiker
Religious Denomination
katholisch?
Authority Data
GND: 11861858X | OGND | VIAF: 20473491
Alternate Names
  • Stolper, Gustav

Relations

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Places

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Citation

Stolper, Gustav, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861858X.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    Aus galiz. jüd. Fam., d. 1858 bzw. 1874 n. W. einwanderte;
    V David (um 1860–Anfang 1930er J., jüd.), aus Zurawno (Galizien), Bankangest., Hauslehrer in W.;
    M Josephine (1863–1922), aus Tarnów (Galizien), T d. Adolf Goldstein, Devisenhändler, u. d. Ida N. N.;
    2 Schw Martha Hernried (* 1885), 1943 n. Theresienstadt deportiert u. ermordet, Ida Susser (1897–1988), emigrierte 1939 mit ihrer Fam. n. N. Y.;
    1) Wien 1911 1921 Paula Deutsch (1883–1953, jüd., später ev., 2] 1922 Paul Hoffmann, in W., emigrierte 1945 in d. USA), Priv.sekr. ihres Onkels, d. Dir. e. Großbank in W., emigrierte 1938 n. Frankr., 1945 in d. USA, 2) Wien 1921 Antonie (Toni) (1890–1988, Dr. phil., Nat.ök. an d. Univ. Berlin b. H. Herkner u. M. Sering, Publ., Journ., Redakteurin, Sekr. (s. BHdE I; Wedel, Autobiogrr. Frauen; L), T d. Max Kassowitz (1842–1913, Kinderarzt, Biol., Prof. f. Kinderheilkde. in W. (s. NDB XI), u. d. Emilie Rosenthal (1854–1938;
    2 S aus 1) Wolfgang F. (s. 2; L), Ernst (Ernest) Gustav (1916–2000, luth.), emigrierte 1933 in d. USA, US-amerik. Offz., 1945–50 b. d. US-Militärreg. in Dtld. tätig, zuletzt Oberst, 1 S aus 2) Max Anton (* 1924, luth.), studierte Rechtswiss. an d. Harvard Univ., RA in Alexandria (Virginia, USA), 1 T aus 2) Johanna (Joan) (* 1929, luth., 1954 Dugal Campbell, * 1929, Psychol., seit 1957 am Psychol. Inst. d. Univ. Auckland, Neuseeland, seit 1960 in Kanada, zuletzt an d. Queen`s Univ. in Kingston, Ontario, 2007/08 Präs. d. Ac. for Lifelong Learning), studierte Gesch., Volkswirtsch.lehre, Philos. u. Ges.wiss. in Harvard u. Oxford, Prof. f. Gesch. in Toronto (Kanada), mit ihrem Mann in New York, London u. Neuseeland tätig, Patenkind v. Elly Heuss-Knapp, Vf. v. „The German Werkbund“, 1978, dt. 1989, u. „Joy in Work, German Work, The Nat. Debate, 1800–1945“, 1989.

  • Biographical Presentation

    S., der sich schon als Gymnasiast für wirtschaftliche Fragen interessierte und einschlägige Zeitungsartikel schrieb, studierte seit 1906 im Rahmen der jur. Ausbildung an der Univ. Wien v. a. bei den Ökonomen Friedrich v. Wieser (1851–1926), Eugen v. Böhm-Bawerk (1851–1914) und Eugen v. Philippovich (1858–1917). 1912 zum Dr. iur. utr. promoviert, trat er in die Redaktion der Wochenzeitung „Der Österreichische Volkswirt“ ein (Mithg. 1914); bald gehörte er zu den in Österreich tonangebenden Publizisten. Daneben war er Korrespondent ausländischer Zeitungen und schrieb wirtschaftswissenschaftliche Beiträge. Nach dem 1. Weltkrieg verband er eine ausgeprägt sozial-liberale Einstellung mit der Überzeugung, daß Dt.-Österreich nur dann eine Zukunft habe, wenn es sich – zumindest wirtschaftlich – mit dem Dt. Reich verbinde (u. a.: Das mitteleurop. Wirtsch.problem, 1917; Wir u. Dtld., 1917; Dt.österr. als Sozial- u. Wirtsch.problem, 1921). Er sah sich in dieser Ansicht bestärkt v. a. durch die „Mitteleuropa“-Konzeption Friedrich Naumanns (1860–1919), die ihm nicht zuletzt dessen jüngerer Mitstreiter Theodor Heuss (1884–1963) nahebrachte. Damit begann eine enge lebenslange Freundschaft zwischen Heuss und S. sowie ihren Familien. S., der zunehmend an der geistigen Enge seines nach 1918 kleiner gewordenen Heimatlandes litt, übernahm 1925/26 die Chefredaktion des „Berliner Börsen-Courier“. Zugleich plante er ein eigenes Fachblatt, das mit finanzieller Unterstützung von Freunden seit Okt. 1926 als Wochenzeitung „Der deutsche Volkswirt“ erschien und bis zum Ende der Weimarer Republik als das führende dt. Wirtschaftsmagazin galt. Dafür sorgten eine kleine, fachlich äußerst kompetente Redaktion, der unter S.s charismatischer Führung u. a. Carl Landauer (1891–1983), Georg(e) Katona (1901–81) und Toni Stolper angehörten, sowie namhafte Autoren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung und Politik. Die Analysen und Kommentare waren meist theoretisch fundiert und stets dezidiert in ihren (wirtschafts)politischen Schlußfolgerungen und Forderungen. Sie zielten in erster Linie auf die zu begrenzende Rolle des Staates in der modernen Industriegesellschaft, die Ausformung einer rationalen, d. h. die ökonomischen Sachzwänge beachtenden Wirtschaftsprozeßpolitik sowie die ordnungspolitische Gestaltung eines „Dritten Weges“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus, zwischen Individualismus und Kollektivismus, zwischen Markt- und Planwirtschaft. S. verband seine journalistische Arbeit von Anfang an mit gesellschaftspolitischem Gestaltungswillen und parteipolitischem Engagement. In Österreich hatte er sich maßgeblich an Gründung und Aufbau der – allerdings erfolglosen – Bürgerlich-Demokratischen Partei beteiligt. In Deutschland schloß er sich der DDP an, die ihn Ende 1925 in ihren Vorstand kooptierte. Er entwarf ihr neues, sozialliberales Wirtschaftsprogramm (Die wirtsch.-soziale Weltanschauung d. Demokratie, Programmrede, 1929) und saß seit 1930 im Dt. Reichstag als Hamburger Abgeordneter der Dt. Staatspartei, in der die DDP mit anderen Gruppierungen aufgegangen war. S.s dt. Erfolgsgeschichte endete 1933: „Der deutsche Volkswirt“ wurde vorübergehend verboten, und S. sah sich genötigt, ihn unter Wert an zwei dem neuen Regime genehme Journalisten (Otto Meyen u. Franz Reuter) zu verkaufen. Am 2. 7. 1933 verließ er mit seiner Familie Berlin und emigrierte in die USA. Er betätigte sich dort als freier Publizist, u. a. für „Foreign Affairs“ und die „New York Times“, schrieb Wirtschaftsberichte für europ. Kreditinstitute und beriet – vermehrt nach seiner Einbürgerung 1939 – die Stadtverwaltung von New York und die US-Regierung. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs arbeitete er mit dem früheren US-Präsidenten Herbert Hoover zusammen, um Mittel und Wege zu suchen, die Not der Bevölkerung in Europa und Asien zu lindern. In dieser Mission begleitete er diesen auch auf einer Europareise Anfang 1947. Insofern gehörte S. zu den Wegbereitern des Marshall-Plans („European Recovery Program“). Wie die dt. Nation trotz der NS-Verbrechen in die Völkergemeinschaft zurückfinden und mit ihren europ. Nachbarn wieder in Frieden leben könne, erörterte er in einem Buch, das postum erschien (German Realities, A Guide to the Future Peace of Europe, 1948, dt. 1949).

  • Awards

    A G.-S. Preis d. Ges. f. Wirtsch.- u. Soz.wiss. (Ver. f. Socialpol.) (seit 2007).

  • Works

    Weitere W Dt.-Österr.-ungar. Wirtsch.bund, in: Archiv f. Sozialwiss. u. Sozialpol., 1916/17, S. 171–217 u. 908–53;
    Dt.-Österr., Btrr. über seine wirtsch. Verhältnisse, 1921;
    Ein Finanzplan, Vorschläge z. dt. Finanzreform, 1929;
    German Economy 1870–1940, Issues and Trends, 1940, span. u. d. T.: Historia económica de Alemania (de 1870 a 1940), 1942, dt. u. d. T.: Dt. Wirtsch., 1870–1940, Ks.reich, Rep., Drittes Reich, 1950, fortgef. v. K. Häuser u. K. Borchardt u. d. T.: Dt. Wirtsch. seit 1870, 1964, ²1966;
    This Age of Fable, The Political and Economic World We Live In, 1942;
    Nachlässe:
    BA Koblenz (N 1186: G. S., 1906–47);
    Leo Baeck Inst., Center for Jewish History, New York (AR 7212/MF 481: Toni and G. S. Collection, 1866–1990,P);
    Stiftung-Bundespräs.-Theodor-Heuss-Haus, Stuttgart (Korr. Toni S. – Karl Häuser 1955–85).

  • Literature

    F. Baade, in: Weltwirtsch. Archiv 62, 1949, S. 3–10;
    Toni Stolper, Ein Leben in Brennpunkten unserer Zeit, Wien, Berlin, New York, G. S. 1888–1947, 1960, ⁴1979 (P);
    E. Heuss-Knapp, Bürgerin zweier Welten, Ein Leben in Briefen u. Aufzz., 1961/63;
    Th. Heuss, Tagebuchbriefe, 1955/63, Eine Auswahl aus Briefen an Toni Stolper, hg. v. E. Pikart, 1970;
    W. Schneider, Die Dt. Demokrat. Partei in d. Weimarer Rep., 1978, S. 168–75;
    B. Sattler, „Der dt. Volkswirt“ 1926–1933, Diss. 1982;
    Wolfgang Friedrich Stolper, G. S. u. „Der dt. Volkswirt“ 1926 bis 1933, in: W. Engels u. H. Froels (Hg.), Querschnitte, Sechs J.zehnte dt. Wirtsch.gesch. 1926 bis 1986 in „Volkswirt“ u. „Wirtsch.woche“, 1986, S. 13–25 (P);
    H. Rieter, Der dt. Volkswirt 1926 bis 1933, Eine Fallstudie z. publizist. Umsetzung wirtsch.pol. Konzeptionen, in: E. W. Streissler (Hg.), Studien z. Entwicklung d. ökonom. Theorie 17, 1998, S. 95–153;
    H. Klausinger, G. S., Der dt. Volkswirt, and the Controversy on Economic Policy at the End of the Weimar Republic, in: History of Political Economy, 33, 2001, S. 241–67;
    ders., in: ÖBL;
    J. G. Backhaus (Hg.), The Beginnings of Scholarly Economic Journalism, The Austrian Economist and The German Economist, 2011;
    Schumacher, M. d. R.;
    BHdE I;
    K. Holl, in: BHdwE;
    I. L. Collier, in: DBE;
    Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft.

  • Author

    Heinz Rieter
  • Citation

    Rieter, Heinz, "Stolper, Gustav" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 423-424 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd11861858X.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA