Lebensdaten
1875 – 1906
Geburtsort
Proßnitz (Mähren)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Kunsthistoriker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 116032286 | OGND | VIAF: 5672071
Namensvarianten
  • Kallab, Wolfgang
  • Callab, Wolfgang

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Zitierweise

Kallab, Wolfgang, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116032286.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Advokat.

  • Biographie

    K. studierte zunächst Ius an der Universität Berlin. Nebenbei hörte er dort Kunstgeschichte bei Adolph Goldschmidt. 1895 wechselte er ganz zur Kunstgeschichte über. Nach mehreren Semestern in Graz, wo er in den Kreis um den Philosophen Alexius von Meinong gelangte, setzte er seine Studien 1897-99 (als außerordentliches Mitglied des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung) bei Franz Wickhoff in Wien fort. Nach der Promotion (1899) war er 1900-01 Stipendiat des Österreichischen Historischen Instituts in Rom, 1901-03 dessen ordentliches Mitglied. 1901 wurde K. zum Assistenten am Kunsthistorischen Museum in Wien ernannt. Er starb 30jährig an den Folgen eines Unfalls.

    K. gehört, wie Ernst Heidrich und Rudolf/Rudolph Oldenbourg, zu jenen Kunsthistorikern, die bei ihrem frühen Tod ein wissenschaftliches Oeuvre von Bedeutung und Tragweite hinterlassen haben. Seine Schriften – bis hin zu den meist eigene Abhandlungen bildenden Rezensionen – bezeugen eine seltene Verbindung von umfassender kunsthistorischer Bildung, methodischem Scharfsinn und sprachlicher Prägnanz.

    K. hat in exemplarischer Weise seine eigene programmatische Forderung an die Wissenschaft der Kunstgeschichte erfüllt, bei dem Bemühen um historische Erkenntnis der philologisch-kritischen Interpretation schriftlicher Quellen über Kunstdenkmäler nicht weniger Gewicht beizumessen als diesen selbst. In den postum von seinem Mentor J. von Schlosser als Torso edierten „Vasaristudien“ (1908, mit Biographie, Porträt) hat er die verwickelte Entstehungsgeschichte der wichtigsten Künstlervitensammlung geschildert, in die Frage nach den zugrundeliegenden Quellen und die Art ihrer Verwendung erstmals Licht gebracht, die Kunst- und Geschichtsauffassung ihres Autors nachgezeichnet. So hat er der Vasari-Forschung das Fundament gegeben und den Weg gewiesen, aber darüber hinaus in der analytischen Besinnung auf das Verhältnis von Kunsttheorie und Kunstkritik auch neue Maßstäbe für die Edition kunstgeschichtlicher Quellen gesetzt. Unvollendet blieb eine verwandte Unternehmung: die Herausgabe der Schriften des Giulio Mancini (das umfangreiche Material hierzu befindet sich im Nachlaß K.s im Österreichischen Kulturinstitut in Rom). Souverän hat K. in seiner Doktorarbeit dargelegt, wie die toskanisch-umbr. Landschaftsmalerei des 14. und 15. Jahrhunderts altchristl. und byzantinische Muster aufgreift, mithin zum einzigen Bindeglied wird zwischen der „mittelalterlich typischen“ und der „modern individuellen Auffassung“. Michelangelo sind zwei für ihn besonders charakteristische Untersuchungen gewidmet.

    Auch zu theoretischen Problemen hat er Stellung genommen, wobei er sich der von Sickel in Wien begründeten methodischen Tradition freilich näher wußte als dem auf die Hegeľsche Geschichtsphilosophie verpflichteten Standpunkt Riegls. Seine Rezension einer Arbeit über Hermann Hettner nahm K. zum Anlaß, die Frage nach dem Verhältnis von Kunstgeschichte und Ästhetik neu zu stellen. Hatte Hettner in seiner Polemik „Gegen die speculative Ästhetik“ (1845) die von Hegel vollzogene Trennung der philosophischen von der auf Technik und Material gerichteten empirischen Kunstbetrachtung verworfen, um auf diese Weise die Ästhetik in die Geschichte der Künste einmünden zu lassen, so räumte K. zwar ein, daß „das auch in seinen psychischen Voraussetzungen analysierte ästhetische Urteil“ wohl der gemeinsame Ausgangspunkt von Kunstgeschichte und Ästhetik sei, doch bestritt er dieser die normative Verbindlichkeit für jene.

    In der Wissenschaftsgeschichte hat K. einen festen Platz. Sein vor 70 Jahren aufgestelltes Postulat, die Kunstgeschichte in jene Nähe zur Philologie zurückzuführen, welche die Schwesterdisziplin der Klassischen Archäologie sich immer bewahrt hat, ist später, als das Schlagwort von der „werkimmanenten Interpretation“ die Frage nach dem historischen Kontext des Kunstwerks zurückdrängte, von vielen überhört worden; seine Aktualität hat es nicht verloren.

  • Werke

    Weitere W Frdr. Kallmorgen, in: Die Graph. Künste 22, 1899, S. 91-96;
    Die toscan. Landschaftsmalerei im XIV. u. XV. Jh., ihre Entstehung u. Entwicklung, in: Jb. d. Kunsthist. Slgg. d. Allerhöchsten Kaiserhauses 21, 1900, S. 1-90 (Diss.);
    Caravaggio, ebd. 26, 1906/07, S. 272-92;
    Die Deutung v. Michelangelos Jüngstem Gerichte, in:|Btrr. z. Kunstgesch., Franz Wickhoff gewidmet v. e. Kreise v. Freunden u. Schülern, 1903, S. 138-53. -
    Besprechungen: H. Thode, Michelangelo u. d. Ende d. Renaissance I, 1902, in: Kunstgeschichtl. Anz., Beibl. v. MIÖG 1, 1904, S. 2-11;
    H. Spitzer, Hermann Hettners kunstphil. Anfänge u. Literarästhetik, 1903, ebd., S. 84-94;
    U. Segré, Luigi Lanzi e le sue opere, 1904, ebd., 2, 1905, S. 23-32.

  • Literatur

    F. Wickhoff, in: MIÖG 28, 1907, S. 206-08;
    E. Steinmann, in: Kunstchronik NF 17, 1905/06, Sp. 326 f.;
    J. v. Schlosser, Dem Andenken W. K.s, Mit e. Fragment aus K.s literar. Nachlaß üb. Caravaggio, in: Jb. d. Kunsthist. Slgg. d. Allerhöchsten Kaiserhauses 26, 1906/7, S. 255-71, wieder in: Vasaristud., S. XI-XLIII;
    ders., Ein Lebenskommentar, in: J. Jahn (Hrsg.), Die Kunstwiss. d. Gegenwart in Selbstdarst., 1924, S. 104 f.;
    ÖBL (W, L).

  • Porträts

    Bildnisplakette v. P. Breithut (erwähnt bei J. v. Schlosser in „Vasaristud.“, S. XLIII).

  • Autor/in

    Thomas Lersch
  • Zitierweise

    Lersch, Thomas, "Kallab, Wolfgang" in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 64-65 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116032286.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA