Lebensdaten
1727 – 1817
Geburtsort
Leiden
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Botaniker ; Chemiker ; Arzt ; Professor für Chemie und Botanik in Wien
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118556452 | OGND | VIAF: 59120694
Namensvarianten
  • Jacquin, Nicolaus Joseph (bis 1774)
  • Jacquin, Nikolaus Joseph von (1774-1806)
  • Jacquin, Nikolaus Joseph Freiherr von
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Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Jacquin, Nikolaus Joseph Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556452.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Claudius Nikolaus (1694–1743), Bes. e. Tuch- u. Samtmanufaktur in L.;
    M Elisabeth Maria v. Heyningen ( 1755) aus Delft;
    B Joh. Jakob (†|1768), Vorsteher d. Graafschen Apotheke im Haag;
    Schw Agathe Marie (⚭ Jan Ingen Housz, 1799, Naturforscher u. Arzt, s. NDB X);
    - ⚭ Catharina ( 1791), T d. k.k. Regierungsrats Joh. Heinrich Schreibers in W.;
    2 S, 1 T, u. a. Joseph Franz (s. 1).

  • Biographie

    Zunächst zur Übernahme der väterlichen Tuchmanufaktur, nach deren Zusammenbruch zur Theologie bestimmt, entschied sich J. für die Medizin. Nach Studium in Leiden und kurzen Studienaufenthalten in Rouen und Paris kam er 1752 auf Einladung des früheren Hausarztes und alten Freundes der Familie Gerard van Swieten nach Wien. 1754-59 reiste er in staatlichem Auftrag nach Westindien, um vor allem naturwissenschaftliche Objekte zu sammeln. Außer vielen lebenden und getrockneten Pflanzen brachte er zoologische Objekte, darunter auch lebende Vögel, sowie Mineralien, u. a. erstmals Platin, nach Österreich.

    1763 zum Professor des praktischen Bergwesens und „der chymischen Lehre“ in Schemnitz ernannt, nahm er 1764 den Unterricht als erster Professor an der dortigen höheren Bergschule, der ersten montanistischen Hochschule Österreichs, auf. Als Bergrat erstattete er noch bis nach seiner Pensionierung Gutachten für die Bergbehörde in Wien, wo er 1768 die Professur für Chemie und Botanik übernahm. Er erweiterte den Chemieunterricht um Mineralogie und Dokimastik, schrieb ein Lehrbuch der Chemie und zusammen mit A. Störck und J. J. Well eine Pharmakopöe für die österr. Provinz (Pharmakopoea Austriaco-provincialis, 1774). Von seiner Aufgeschlossenheit gegenüber den Fortschritten der Chemie zeugt seine Stellungnahme für die Ansichten J. Blacks über das Kaustischwerden des Kalkes, die zu einem Briefwechsel mit Lavoisier führte.

    J.s ganze Liebe aber gehörte seit seiner Leidener Studienzeit der Botanik. Er verschaffte dem System Linnes, mit dem er lange Jahre korrespondierte, Geltung in Österreich, doch betrachtete er die Systematik stets nur als Hilfsmittel und nicht als Selbstzweck. Die Liebe zur Schönheit der Pflanzen war für ihn ausschlaggebend. Und in der Tat zeichnen sich seine Werke, in denen er meist neue und weniger bekannte Pflanzen beschrieb, durch hohe Qualität der Abbildungen aus, die teils von ihm selbst, teils von hervorragenden Pflanzenmalern wie Franz und Ferd. Bauer stammen. Mit nahezu 3 000 Tafeln nehmen sie einen Spitzenplatz in jener Periode der Botanik ein, in deren Mittelpunkt die Beschreibung neuer Arten stand.

    Der Universitätsgarten und seit 1780 auch der botanische Garten in Schönbrunn zählten unter J.s Leitung zu den reichhaltigsten der Welt. Seine Miscellanea und Collectanea, die auch Artikel anderer Autoren enthalten, können als erste Ansätze eines naturwissenschaftlichen Zeitschriftenwesens in Österreich betrachtet werden. Erstmals wieder seit dem Wirken von Clusius, Dodonaeus und Mathiolus in der 2. Hälfte des 16. Jh. erreichte die Botanik in Österreich durch J.s Wirken einen Höhepunkt. Wien zählte damals zu den botanischen Zentren Europas, wovon auch J.s noch erhaltener Briefwechsel Kunde gibt. Regelmäßige Zusammenkünfte in seiner Wohnung, die auch viele Besucher aus dem Ausland anlockten, ließen diese zu einem Zentrum des wissenschaftlichen und kulturellen Lebens von Wien werden und bezeugten die vielseitigen Interessen J.s, der als ausgezeichneter Kenner der alten Sprachen eine Bearbeitung der Wiener Dioskurides-Handschrift begann und, selbst dem Flötenspiel huldigend, des öfteren Mozart in diesem Kreise zu Gast hatte.

  • Werke

    Weitere W u. a Enumeratio stirpium plerarumque quae sponte crescunt in agro Vindobonensi montibusque confinibus, 1762;
    Selectarum stirpium americanarum hist., 1763, erweiterte Ausg. in wenigen Exemplaren 1780, Neudr. 1963, hrsg. mit biogr. Einl. v. F. A. Stafleu, Ausg. ohne Abb. 1788;
    Observationum botanicarum iconibus ab auctore delineatis illustratarum pars I-IV, 1764-71;
    Examen chemicum doctrinae Meyerianae de acido pingui et Blackianae de aëre fixo respectu calcis, 1769, dt. 1770;
    Hortus botanicus Vindobonensis, 3 Bde., 1770-76;
    Florae austriacae sive plantarum selectarum in Austriae Archiducatu sponte crescentium icones, 5 Bde., 1773-78;
    Miscellanea austriaca ad botanicam, chemiam et historiam naturalem speetantia, 2 Bde., 1778-81;
    Icones plantarum rariorum, 3 Bde., 1781-93 [-95];
    Anleitung z. Pflanzenkenntniss nach Linnés Methode, 1785, ³1840, bearb. v. Joseph Franz v. J. (ital. 1824);
    Collectanea ad botanicam, chemiam et historiam naturalem speetantia, 4 Bde. u. 1 Suppl., 1786-96 (einige Exemplare v. Bd. 1 u. d. T. Collectanea Austriaca …);
    Oxalis, 1794;
    Plantarum rariorum horti caesarei Schoenbrunnensis descriptiones et icones, 4 Bde., 1797-1804;
    Fragmenta botanica, 1800-09;
    Genitalia Asclepiadearum controversa, 1811.

  • Literatur

    ADB 13;
    J. N. Raimann, Rede z. Gedächtnissfeyer d. N. J. Frhr. v. J., 1818;
    Caroli Linnaei epistolae ad N. J. J., hrsg. v. K. N. J. v. Schreibers, 1841;
    E. M. Kronfeld, in: Österr. Rdsch 3, 1905, S. 237-51 (P);
    ders., in: Park u. Garten v. Schönbrunn, 1923 (auch f. S, P);
    I. Dörfler, Botaniker-Porträts, Lfg. ¾, 1907, Nr. 29 (P n. Ölgem. im Botan. Inst. Wien);
    Z. Fekete, Beszéde J. Miklos József, 1928 (P; Text ungar. u. dt.);
    M. Möbius, Gesch. d. Botanik, 1937;
    A. Garside, Baron J. and the Schönbrunn Gardens, in: Journal of South|African Botany 8, 1942, S. 201-24;
    B. G. Schubert, Publ. of J.'s Icones plantarum rariorum, in: Contributions from the Gray Herbarium of Harvard Univ. 154, 1945, S. 3-23;
    W. Th. Stearn, The Schönbrunn and Vienna botanic gardens: N. J. v. J., in: Cat. of Botanical Books in the Collection of Rachel McMasters Miller Hunt II, 1, 1961, S. LXXXIV-LXXXVI;
    W. Oberhummer, Die Chemie an d. Univ. Wien 1749-1848 u. d. Inhaber d. Lehrstuhles f. Chemie u. Botanik, in: Stud. z. Gesch. d. Univ. Wien 3, 1965, S. 162-200 (auch f. S, P);
    H. Dolezal, Zur Editionsgesch. d. Icones plantarum rariorum v. N. J. v. J., in: Festschr. Claus Nissen, 1973; zu
    1) u. 2): H. Riedl, in: 1 000 J. Österreich, hrsg. v. W. Pollak, I, 1973, S. 345-49;
    Pritzel;
    Pogg. I;
    Wurzbach X;
    BLÄ;
    ÖBL.

  • Porträts

    Stich v. J. Adam, 1784, n. Gem. v. J. Kreutzinger (Wien, Nat.bibl.);
    Ölgem. v. H. Füger, 1811 (Fam. Wodickh in Salzburg, Nachkommen J.s), danach Schabbl. v. V. G. Kininger, 1812 (Wien, Nat.bibl.);
    Ölgem. v. J. Knapp;
    J.s Denkmal (mit d. Büsten J.s u. Linnés, umgeben v. Pflanzen, die r. J. entdeckt od. beschrieben wurden, Wien, Österr. Gal.);
    Gipsbüste (urspr. Fam.bes., jetzt Wien, Botan. Abt. d. Naturhist. Mus.);
    Büste v. F. Seifert, 1905 (nachträgl. mit d. Büsten v. G. van Swieten u. J. Ingen Housz zu einer Gruppe vereint, Arkaden d. Univ. Wien);
    Büste (Wien, Botan. Inst. d. Univ.).

  • Autor/in

    Helmut Dolezal
  • Zitierweise

    Dolezal, Helmut, "Jacquin, Nikolaus Joseph Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 10 (1974), S. 257-259 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556452.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Jacquin: Nikolaus Joseph Freiherr v. J., Botaniker, geb. den 16. Febr. 1727 zu Leyden, den 26. Oct. 1817 zu Wien. J. stammte aus einer französischen Familie, welche im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts nach Holland übersiedelte. Sein Vater war anfangs wohlhabend und besaß zu Leyden eine bedeutende Tuch- und Sammtfabrik, verlor aber durch ungünstige Handelsverhältnisse den größten Theil seines Vermögens. Trotzdem erhielt J. eine sorgfältige Erziehung, absolvirte das Gymnasium in seiner Vaterstadt und studirte an den Universitäten von Leyden, Löwen und Paris Medicin. Theodor Gronovius, ein Schüler Linné's, weckte Jacquin's Interesse für Botanik und derselbe beschloß, sich dieser Wissenschaft zu widmen. In Paris hörte J. die Vorlesungen Anton Jussieu's, ohne daß dieselben einen besonderen Einfluß auf die Richtung seiner botanischen Studien gehabt hätten. Der Aufforderung Gerhard van Swieten's, eines Freundes seiner Eltern, folgend, kam J. 1752 nach Wien, um daselbst seine Studien zu vollenden. In dem von Kaiser Franz I. neu angelegten holländischen Garten zu Schönbrunn bestimmte J. die vorhandenen Pflanzen nach Linné's Werken. Bei dieser Gelegenheit lernte ihn der Kaiser als einen jungen strebsamen Botaniker kennen, und übertrug ihm die Leitung einer wissenschaftlichen Expedition, welche nach Westindien entsendet wurde, um den kaiserl. Hofpflanzengarten und die Menagerie von Schönbrunn, ferner die Sammlungen des Hofnaturaliencabinets in Wien zu bereichern. Im Januar 1755 schiffte sich J. zu Livorno ein, besuchte die westindischen Inseln, sowie die benachbarte Küste von Carthagena und kehrte 1759 mit einer sehr reichen Ausbeute nach Wien zurück. Er beschrieb die auf dieser Reise beobachteten Pflanzen namentlich in dem berühmten Werke: „Selectarum stirpium americanarum historia“ (1763). Auch gab er 1762 die „Enumeratio stirpium agri Vindobonensis“ heraus. 1763 wurde J. zum Bergrathe und Professor der Chemie in Schemnitz ernannt, wo er fünf Jahre lang blieb. 1768 wurde J. nach Wien berufen, um an der Universität die Professuren der Botanik und Chemie, sowie die Direction des kurz vorher angelegten botanischen Gartens der Universität zu übernehmen; auch die Oberaufsicht über den Hofpflanzengarten in Schönbrunn wurde ihm übertragen. In dieser Stellung entfaltete sich Jacquin's wissenschaftliche Thätigkeit auf eine wahrhaft glänzende Weise, so daß sich sein Ruhm bald über ganz Europa verbreitete. Er stand mit den berühmtesten Botanikern seiner Zeit, namentlich aber mit Linné in regem Verkehr. Bis zum J. 1811 veröffentlichte J. folgende Werke: „Observationes botanicae", „Flora austriaca", „Hortus botanicus Vindodonensis", „Miscellanea austriaca", „Icones plantarum rariorum", „Hortus botanicus Schönbrunnensis“, „Collectanea“, die Monographien der Gattungen Oxalis und Stapelia u. m. a. Jacquin's Publicationen füllen mehr als 30 Bände in Folio oder Quart und sind mit tausenden von schönen Tafeln geschmückt. Durch seine Schriften brach er dem Studium der Botanik auf Grundlage des Linné’schen Systemes in Oesterreich Bahn, so daß man ihn mit Recht den Linné dieses Kaiserstaates nennen kann. 1797 trat J. die Professur an seinen Sohn ab, und verlebte den Rest seines Lebens im Ruhestande. In Anerkennung seiner großen Verdienste wurde er 1774 geadelt, 1806 mit dem Stephansorden geschmückt und in den Freiherrnstand erhoben.

    • Literatur

      Raimann, Rede zur Gedächtnißfeier Nikolaus Jos. Frhrn. v. Jacquin's. — Oesterr. Nationalencyklopädie von Gräffer und Czikann, III. S. 5. —
      Neilreich, Geschichte d. Botan. in Niederösterr. in Verhandl. d. zool.-botan. Verein. V (1855), S. 30. — Wurzbach, Lexikon, X. S. 26 (wo sich eine Uebersicht über die übrigen biographischen Quellen findet).

  • Autor/in

    Reichardt.
  • Zitierweise

    Reichardt, Heinrich Wilhelm, "Jacquin, Nikolaus Joseph Freiherr von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 13 (1881), S. 631-632 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118556452.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA