Lebensdaten
1885 – 1937
Geburtsort
Neudamm Kreis Königsberg (Neumark)
Sterbeort
Berlin-Lichterfelde
Beruf/Funktion
Germanist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118775200 | OGND | VIAF: 22218886
Namensvarianten
  • Hübner, Arthur
  • Hübner, Arthur
  • Hübner, Arthur W.
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Hübner, Arthur, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118775200.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl ( 1928), Verlagskaufm.;
    M Auguste Lochow ( 1920);
    1918 Bertha Milde ( 1945) aus Schönbrunn/Schlesien;
    1 T.

  • Biographie

    H. studierte 1904-09 Deutsche und Klassische Philologie in Berlin und Graz (1905) vor allem bei Roethe, E. Schmidt, W. Schulze, M. Herrmann, Baesecke, Schönbach, Wilamowitz-Moellendorff und Norden (1909 Staatsexamen, 1910 Dr. phil.). Lehrer und Vorbild wurde namentlich Roethe, dessen preußisch-vaterländische Gesinnung H.s politischen Standort mitgeprägt und seiner Vorliebe für die Form der gemeinverständlich deutenden wie der zeitpolitisch mahnenden Rede den Weg gewiesen hat. 1910 übertrug Roethe H. das Schlußstück des G-Bandes im „Deutschen Wörterbuch“; außerdem gab H. Unterricht für künftige Oberlehrerinnen am Victoria-Lyzeum in Berlin. Seit 1911 Assistent am Germanischen Seminar der dortigen Universität, habilitierte er sich 1913 für Germanische Philologie; er war bis zu seiner Einberufung zum Militär Ende 1915 Privatdozent. Zweimal verwundet und einmal verschüttet, kehrte er als Leutnant mit geschwächter Gesundheit zurück, nahm seine akademische Lehrtätigkeit wieder auf und wurde 1918 zum außerordentlichen Professor ernannt. 1924 als Ordinarius für Altgermanistik nach Münster berufen, wurde er 1927 Nachfolger Roethes in Berlin und 1932 Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften.

    In einem Kreise gleichgesinnter Altgermanisten der Roethe-Schule (M. Päpke, L. Pfannmüller, F. Ranke, H. Teuchert, W. Ziesemer und andere) begann H. mit seiner Dissertation an der Erforschung und Herausgabe der Deutschordensdichtung teilzunehmen, die damals ihren gebührenden Platz in der Literaturgeschichte gewann. Das führte ihn zur deutschen Literatur des Spätmittelalters, die fortan im Zentrum seiner Forschungen blieb. Die von ihm in zwei Jahrzehnten vorbereitete und in mehreren Kollegs weitgehend ausgearbeitete Darstellung dieser schwer faßbaren literarischen Periode blieb im Rohbau liegen; kein anderer als H. war so gut gerüstet und befähigt, den ungeheuren Stoff zu meistern und ihm methodisch auf neue Weise beizukommen. Neben Roethe lehrend, hat H. sich bald auf Randgebieten der Altgermanistik gründliche Kenntnisse erarbeitet: Volkskunde (Volkslied, Volksmärchen), Mundartforschung, Soldatensprache und andere wiesen ihn zu unliterarischen Erscheinungen und schärften seinen Blick für Fragen kollektiver Ausdrucksformen. Von einer allzu individualistischen Betrachtungsweise weg führte ihn die Frage nach der literarischen Schichtung und der Gattungsgebundenheit mittelalterlichen Schrifttums. Am höfischen Minnesang, an den Geißlerliedern des 13./14. Jahrhunderts wie an der deutschen Mystik (in Vorlesungen) hat H. diese neue literatursoziologische Auffassung verwirklicht und selbst die sozialen, allgemein-kulturellen und geistigen Hintergründe in seine Werkdeutungen voll einbezogen, ohne jedoch das schöpferische Handeln großer Dichter aus dem Auge zu verlieren. Beim „Ackermann aus Böhmen“ hat er Burdachs einseitige Renaissancedeutung widerlegt und das mittelalterliche Werkmaterial sichtbar gemacht, dennoch ein neues, vom Latein bestimmtes, frühhumanistisches Stilideal anerkennend. Als Textkritiker war H. in seinen Editionen ebenso einfallsreich wie nüchtern; Lachmannianer seiner wissenschaftlichen Herkunft nach, blieb er frei von Dogmen und hat in seiner Ackermann-Ausgabe die heutige Skepsis gegenüber dem vorrangigen Aussagewert von Handschriften-Stammbäumen für kritische Editionen vorweggenommen. Seine kleineren Arbeiten (zum Teil nach Vorträgen) und seine mehr als 60 Rezensionen enthalten fast überall weiterführende Gedanken und methodische Einsichten. Als Reorganisator des „Deutschen Wörterbuchs“ (1929) hat er dessen Vollendung (1960) erst ermöglicht, weil er früh die Notwendigkeit wissenschaftlicher Großunternehmen mit kollektiven Arbeitsformen erkannte. Am Aufbau regionaler Mundartwörterbücher nahm er tätigen Anteil und hat dem Westfäl. Wörterbuch die Grundlagen geschaffen. Dem von ihm mitgeplanten Volkskundeatlas mußte er 1933/34 aus politischen Gründen seine Fürsorge entziehen. – Zeitpolitischen Problemen hat sich H. in öffentlicher Rede mit entschlossener Klarheit gestellt und immer wieder auf die Verderblichkeit eines ideologisch bestimmten Wissenschaftsbegriffs hingewiesen. In mutigem Auftreten gegen den von der SS gestützten Herman Wirth demaskierte er die von diesem wieder für echt erklärte Ura-Linda-Chronik endgültig als Fälschung. Probleme der Sprachkritik, der Sprachpflege und der Rechtschreibreform haben H. ebenso beschäftigt wie Fragen aus der Geschichte seines Faches, insbesondere Leistung und wissenschaftliche Grenzen Jacob Grimms. Langdauernde Beschäftigung mit Goethe ließ in H.s letzten Jahren noch 3 Studien reifen, die kaum beleuchtete Aspekte in Goethes Denken und Werk sichtbar machen.

  • Werke

    Weitere W u. a. Daniel, e. Deutschordensdichtung, 1911 (Diss.);
    Stud. zu Naogeorg, 1. Pammachius, 2. Mercator, 3. Incendia seu Pyrgopolinices, in: Zs. f. dt. Altertum 54, 1913, 57, 1920 (Habil.-Schr.);
    Bruchstücke e. mittelniederländ. Karlswmans, ebd. 60, 1923;
    Die Mundart d. Heimat, 1925;
    Die Lieder d. Heimat, 1926;
    Der Atlas d. dt. Volkskde., in: Zs. f. Volkskde. NF 1, 1929;
    Die Lage d. Dt. Wb., in: Anz. f. dt. Altertum 49, 1930;
    Die dt. Geißlerlieder, Stud. z. geistl. Volksliede d. MA, 1931;
    Die Dichter u. d. Gel., in: Zs. f. dt. Bildung 9, 1933;
    Herman Wirth u. d. Ura-Linda-Chronik, 1934;
    Das Deutsche im Ackermann aus Böhmen, in: SB d. Preuß. Ak. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., Jg. 1935;
    Zur Überlieferung d. „Ackermann aus Böhmen“, ebd., Jg. 1937;
    Kleine Schrr. z. dt. Philol., hrsg. v. H. Kunisch u. U. Pretzel, 1940 (mit biograph. Einl. v. H. Klinisch, W-Verz., P). - Hrsg.: Die poet. Bearb. d. Buches Daniel a. d. Stuttgarter Hs., 1911;
    Der Ackermann aus Böhmen, 1937 (Einl. v. H. Thomas);
    - Zs. f. dt. Altertum 69-73, 1932-36 (mit E. Schröder);
    Anz. f. dt. Altertum 51-55, 1932-37 (mit dems.);
    Palaestra, Unterss. u. Texte a. d. Dt. u. Engl. Philol. 181-208, 1932-37 (mit A. Brandl u. J. Petersen);
    - Dt. Texte d. MA 34-41, 1930-38;
    Akadem. Leitung d. „Dt. WB. v. J. Grimm u. W. Grimm“, 1929-37.

  • Literatur

    J. Petersen, Gedächtnisrede auf K. Burdach u. A. H., in: SB d. Preuß. Ak. d. Wiss., Phil.-hist. Kl., Jg. 1937 (W-Verz.);
    U. Pretzel, A. H., Worte d. Gedenkens, 1937 (Privatdr.), ²1940 (W-Verz.);
    E. Schröder, Zum Gedächtnis A. H.s, in: FF 13, 1937, u. in: Anz. f. dt. Altertum 56, 1937;
    A. Bergeler, in: Festschr. d. Germanist. Seminars d. Univ. Berlin, 1937;
    C. Borchling, in: Korr.-bl. d. Ver. f. niederdt. Sprachforschung 50, 1937.

  • Autor/in

    Hans Neumann
  • Zitierweise

    Neumann, Hans, "Hübner, Arthur" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 719-720 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118775200.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA