Wiegand, Heinrich
- Lebensdaten
- 1855 – 1909
- Geburtsort
- Bremen
- Sterbeort
- Homburg vor der Höhe
- Beruf/Funktion
- Unternehmer ; Generaldirektor des Norddeutschen Lloyd ; Jurist ; Kunstsammler
- Konfession
- keine Angabe
- Normdaten
- GND: 117579858 | OGND | VIAF: 50006730
- Namensvarianten
-
- Wiegand, Christoph Heinrich
- Wiegand, Heinrich
- Wiegand, Christoph Heinrich
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Wiegand, Christoph Heinrich
| Unternehmer, * 17.8.1855 Bremen, † 29.3.1909 Homburg vor der Höhe, ⚰ Bremen, Riensberger Friedhof. (evangelisch)
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Genealogie
V →Christoph († 1929), aus d. Nähe v. Göttingen, Inh. e. Gartenbaubetriebs in B.;
M Adelheid Kreyenhop (?);
⚭ Elisabeth Meyerdierks († v. 1900);
S →Willy (1884–1961), Dr. iur., Graphiker, Buch- u. Schriftkünstler, Typograph, Verl., Leiter d. „Bremer Presse“, zuletzt in München (s. Brem. Biogr.; AKL). -
Biographie
W. besuchte die Bürgerschule und das Alte Gymnasium in Bremen (Abitur 1874). Anschließend studierte er Jura in Erlangen, Bonn, Berlin und Straßburg, wo er das 1. Staatsexamen absolvierte. Nach dem Referendariat in Colmar (Elsaß) bestand er 1879 in Lübeck das 2. Staatsexamen und wurde in Göttingen zum Dr. iur. promoviert (Der unechte Irrthum, Ein Btr. z. Lehre v. Irrthum überhaupt, gedr. 1879). 1879 ließ sich W. in Bremen als Anwalt nieder, erhielt 1885 die Bestallung zum Notar und wurde 1889 Rechtskonsulent des „Norddeutschen Lloyd“ (NDL), 1892 dessen Direktor, 1899 Generaldirektor.
W. begegnete der schwierigen Ertragssituation beim NDL, indem er in den Bau von Doppelschraubendampfern investierte, die nach 1895 die größten und schnellsten Schiffe der Welt waren: 1897 gewannen der Dampfer „Kaiser Wilhelm der Große“, 1902 und 1904 auch andere NDL-Schiffe das „Blaue Band“ auf der Transatlantikroute. Der Frachtverkehr wurde neben dem Passagierverkehr stärker berücksichtigt, 1892 ging eine eigene Frachtlinie, die „Rolandlinie“, nach New York in Betrieb, 1896 wurde mit dem Bau der „Barbarossaklasse“ begonnen, die eine Erweiterung und Vertiefung des Suez-Kanals erforderte. Der Turnus der Reichspostdampfer nach Ostasien wurde 1899 verdoppelt. Die Errichtung einer eigenen Frachtlinie nach Ostasien und Australien sollte die Reichspostdampfer entlasten, für die 1905 die „Westfalenklasse“ geschaffen wurde. Eine Informationsreise, die W. 1898/99 unternahm, hatte die Einrichtung des Küstendienstes vor Indien und China zur Folge. Mit der „Rheinklasse“, deren Bau 1899 begann, hatte der NDL Schiffe zur Verfügung, die auf der Hinreise nach New York Zwischendeckspassagiere aufnahmen, auf der Rückreise dagegen Frachtgüter. 1905 wurde die Verbindung zwischen Japan und Australien über Hongkong aufgenommen.
Auch der Schiffsverkehr im Mittelmeerraum wurde erheblich ausgebaut.
Als W. 1892 die Leitung des NDL übernahm, besaß das Unternehmen eine Flotte von 80 Dampfschiffen und 79 Leichterfahrzeugen mit insgesamt 231.005 Bruttoregistertonnen, 1909 – beim Tod W.s–200 Dampfschiffe, zwei Schulschiffe und 227 Leichterfahrzeuge mit gesamt 749.800 Bruttoregistertonnen. W. richtete 1897 ein eigenes Konstruktionsbüro und eine Modellversuchsstation in Bremerhaven ein, ließ die Schiffe seit 1899 mit drahtloser Telegraphie ausrüsten, stellte zur Ausbildung des Nachwuchses 1899 und 1902 zwei Kadettenschulschiffe in Dienst, sorgte für die Aus- und Weiterbildung der Maschinisten und initiierte 1902 die Gründung der „Norddeutschen Maschinen- und Armaturenfabrik GmbH“ in Bremen zur vom Ausland unabhängigen Produktion von Schiffsausrüstungen. 1904 erwarb W. unter Beteili|gung der „Friedrich Krupp AG“ die Zeche „Emscher Lippe“ für eine unabhängige Energieversorgung. Er war an der Gründung mehrerer weiterer Unternehmen beteiligt, deren Aufsichtsrat er angehörte (u. a. 1906 Norddt. Automobil- u. Motoren AG [NAMAG], 1908 Norddt. Hütten AG, Norddt. Waggonfabrik).
Unter W.s Leitung wurden alle vom NDL in Auftrag gegebenen Neu- und größeren Umbauten möglichst auf dt. Werften durchgeführt, deren Unabhängigkeit gegenüber dem Ausland er energisch vertrat. 1908 wurde auf seine Initiative die „Deutsche Südseephosphat-Aktiengesellschaft“ auf den Palau-Inseln gegründet. Als Mitglied des Reichskolonialrats bot ihm die Reichsregierung auf Vorschlag Ks. →Wilhelms II., mit dem er persönlich bekannt war, die Leitung des Reichskolonialamts an, die W. aber mit Hinweis auf seine Arbeitsbelastung durch den NDL ablehnte. Zur Flottenpolitik →Alfred v. Tirpitz’ (1849–1930) ging er wegen der wirtschaftlichen Beziehungen zu Großbritannien und den USA auf Distanz.
Für die Region Bremen bewirkte W. u. a. die Wiedereinrichtung der alten Weserumschlagsstelle in Münden, er übernahm mit dem NDL eine Reihe von industriellen Unternehmungen an der Unterweser und veranlaßte auch die Beteiligung des NDL an den großen Hafenerweiterungen in Bremerhaven.
Sozialpolitisch war W. tätig mit der 1894 gegründeten Witwen- und Waisenpensionskasse des NDL, der 1900 gegründeten Elisabeth-Wiegand-Stiftung zur Unterstützung der Arbeiter und Angestellten des NDL und dem 1903 eingerichteten Pensionsfonds für Arbeiter in den Werkstätten der Weserhäfen. Als Förderer der Kultur in Bremen rief er den Galerieverein ins Leben, veranlaßte eine Parallelgründung der von dem Bremer Innenarchitekten →Rudolf Alexander Schröder (1878–1962) inspirierten Münchener „Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk“ in Bremen und beauftragte diese mit der Innenausstattung der Schiffe des NDL. Das Handelsmuseum, der Bürgerpark und der Fremdenverkehrsverein wurden von ihm unterstützt.
Die Gründung des Nautischen Vereins 1905 ist im wesentlichen sein Werk. Seine umfangreich dimensionierten unternehmerischen Entscheidungen beim NDL bedurften nach seinem plötzlichen Tod 1909 der Korrektur und Anpassung.
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Auszeichnungen
|zahlr. AR-Mitgliedschaften, u. a. Discontoges., Allg. Elektricitäts-Ges., Dt.-Atlant. Telegraphenges., Allianz-Vers.-AG;
Tellus-AG f. Bergbau u. Hüttenind.;
– Dr.-Ing. E. h. (TH Berlin-Charlottenburg 1907). -
Literatur
|P. Neubauer, Der Norddt. Lloyd, 50 J. d. Entwicklung, 1857–1907, 1907;
Die Fortschritte d. Dt. Schiffbaues, Unter bes. Berücksichtigung d. Entwicklung d. Flotte d. Norddt. Lloyd, 1909;
G. Bessell, Gesch. Bremerhavens, 1927;
ders., Norddt. Lloyd 1857–1957, 1957;
A. Petzet (Hg.), H. W., Ein Lb., 1932 (P);
R. Thiel, Die Gesch. d. Norddt. Lloyd 1857–1970, 5 Bde., 2001–06;
W. König, Wilhelm II. u. d. Moderne, Der Ks. u. d. techn.-ind. Welt, 2007;
Ch. Ostersehlte, Aufstieg z. Größe, 1857–1918, in: D. J. Peters (Hg.), Der Norddt. Lloyd, Von Bremen in d. Welt, „Global Player“ d. Schifffahrtsgesch., 2007, S. 61–74;
J. Brinkhus (Hg.), Ks. Wilhelm II., Bremen u. d. Norddt. Lloyd, Die „Lebenserinnerungen“ d. NDL-Dir. H. W., 2017;
Brem. Biogr;
BJ 14, S. 18–25 u. Tl.;
Jb. d. schiffbautechn. Ges. 1910, S. 79–82;
Biogrr. Schiffbau (P);
– Qu StA Bremen, Bestände 2, 3 u. 7, passim. -
Autor/in
Dieter Leuthold -
Zitierweise
Leuthold, Dieter, "Wiegand, Christoph Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 64-65 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117579858.html#ndbcontent