Wöhler, August

Dates of Life
1819 – 1914
Place of birth
Soltau
Place of death
Hannover
Occupation
Eisenbahningenieur ; Mitgründer des Materialprüfungsamtes ; Ingenieur
Religious Denomination
evangelisch?
Authority Data
GND: 132138778 | OGND | VIAF: 3625245
Alternate Names

  • Wöhler, August Wilhelm
  • Wöhler, August
  • Wöhler, August Wilhelm
  • Wöhler, A.

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Citation

Wöhler, August, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd132138778.html [06.12.2025].

CC0

  • Wöhler, August Wilhelm

    | Eisenbahningenieur, * 22.6.1819 Soltau, † 21.3.1914 Hannover, Hannover. (evangelisch)

  • Genealogy

    V Georg Heinrich (1777–1849), Lehrer in S., S d. Jürgen Christoph, Bäcker in Hänigsen;
    M Magdalene Dorothea (1793–1855), T d. Johann Wilhelm Bornemann d. J. (1742–1815), Bgm. v. S., u. d. Dorothee Magdalene Hövet (1765–1843), aus Altenwalde b. Cuxhaven;
    Frankfurt/Oder 1853 Elisabeth Müller (1830–1906);
    1 S Max (1860–1922), Architekt in Düsseldorf, 3 T Marie (1849–97, Friedrich Wilhelm Grund, 1839–1903, Waggonfabr., Baurat, s. NDB VI), Margarethe (1854–1927), Lehrerin in H., Martha (1862–1920), in Straßburg.

  • Biography

    W. fiel früh durch seine mathematische Begabung auf und besuchte seit 1835 – ausgestattet mit einem Stipendium – die von Karl Karmarsch (1803–1879) geleitete Höhere Gewerbeschule Hannover, welche er 1840 erfolgreich abschloß. Vom Herbst 1840 bis Ende 1842 arbeitete er als Zeichner und Monteur für die „A. Borsig’sche Eisengießerei- und Maschinenbau-Anstalt“ in Berlin. Im Jan. 1843 wurde W. von der hann. Eisenbahnkommission zurückberufen und für ein halbes Jahr nach|Belgien gesandt, um dort den Lokomotivfahrdienst zu erlernen. Danach war er bis Mai 1844 als Lokomotivführer auf der Strecke Hannover–Lehrte für die hann. Eisenbahndirektion tätig und wurde noch im selben Jahr zum Maschinenverwalter befördert. Im März 1847 stieg W. zum Obermaschinenmeister der Niederschles.-Märk. Eisenbahn (1852 v. preuß. Staat übernommen) mit Dienstsitz in Frankfurt/Oder und später in Breslau auf. In diese Periode fallen W.s größte Leistungen als konstruierender und forschender Eisenbahningenieur.

    Zugentgleisungen auf den preuß. Eisenbahnlinien und die steigende Anzahl von Achsbrüchen veranlaßten August v. der Heydt (1801–74), Minister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, im Dez. 1852 eine Kommission zur Untersuchung der Lokomotiven und Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen beim Lokomotivbau einzusetzen, in die W. berufen wurde: Der im Febr. 1853 vorgelegte Bericht gilt als erste Veröffentlichung über Lokomotivtechnik in Deutschland. Im Aug. 1854 beauftragte v. der Heydt W. und den an der Bauakademie als Professor wirkenden Eduard Ferdinand Schwarz (1808–1866), Versuche über die Einwirkung der Stöße auf Räder und Achsen anzustellen. Die Versuche im Breslauer Bahnhof leitete W., und die Ergebnisse publizierte Schwarz 1856. Im Anschluß führte W. mit von ihm selbst entwickelten Prüfmaschinen (heute: Dt. Mus. München) die Versuche an der Eisenbahnhauptwerkstatt in Frankfurt/Oder allein weiter, entdeckte den gesetzmäßigen Zusammenhang zwischen Spannungsdifferenz und Lastspielzahl und veröffentlichte seine Ergebnisse in den Jahrgängen 1858, 1860, 1863, 1866 und 1870 der „Zeitschrift für Bauwesen“. W. begründete damit die Materialermüdungsforschung, die sich im Laufe des 20. Jh. zu einer technikwissenschaftlichen Querschnittsdisziplin entwickelte. 1869 quittierte W. den preuß. Staatsdienst und trat als Direktor in die „Norddeutsche Aktiengesellschaft für Eisenbahnbedarf“ in Berlin ein. Schon 1867 und 1871 referierte die Londoner Zeitschrift „Engineering“ W.s grundlegende Erkenntnisse zur Materialermüdung. W.s Ermüdungsversuche führte Ludwig Spangenberg (1814–1881) seit 1870 im Auftrag des preuß. Ministeriums für Handel und Gewerbe an der Berliner Gewerbeakademie mit dessen Versuchsmaschinen fort. Für den Brückenbau griffen 1873 Wilhelm Launhardt (1832–1918), 1874 Heinrich Gerber (1832–1912) und 1876 Johann Jakob Weyrauch (1845–1917) W.s. Ermüdungsgesetz von Eisen und Stahl auf; dabei gaben Launhardt und Weyrauch ihm eine mathematische Form.

    Erst 1881 erhob Otto Mohr (1835–1918) Einwände gegen die Verwertung von W.s Ermüdungsversuchen bei der Bemessung von Konstruktionen aus Schmiedeeisen und Stahl, die 1882 in der Zeitschrift „Civilingenieur“ zu einer Kontroverse zwischen W. und Mohr führten und in der sich Mohr u. a. gegen den von W. 1870 formulierten Anspruch wandte, seine Ermüdungsversuche in Gesetzesform zusammenzufassen. Gleichwohl setzte sich W.s Ermüdungsgesetz in den Technikwissenschaften und besonders in der Materialforschung und -prüfung durch.

    Seit 1874 wirkte W. als Eisenbahndirektor und Mitglied der Generaldirektion der Reichseisenbahnen in Straßburg, wo er die große Abteilung des Maschinenwesens leitete. 1881–83 ließ er seinen Assistenten, Ludwig Troske (1856–1934), in der Hauptwerkstätte Bischheim bei Straßburg zahlreiche Festigkeitsund Ermüdungsversuche mit Eisen, Stahl und Kupfer durchführen und engagierte sich seit 1876 für die Klassifikation von Eisen und Stahl, die nach kontroversen Debatten 1886 zu den „Normalbedingungen für die Lieferung von Eisen“ führte. In engem Zusammenhang damit setzte sich W. für die Errichtung von staatlichen Prüfungs- und Versuchsanstalten ein und gilt als einer der Protagonisten der institutionalisierten Materialforschung und -prüfung in Deutschland.

    Nach der Pensionierung 1889 lebte W. in Hannover und publizierte zu Problemen des Ingenieurwesens. So erinnerte er 1893 an seine Formulierung des Arbeitssatzes der Elastizitätstheorie, den er 1855 unabhängig von Benoît-Pierre-Emile Clapeyron (1799–1864) fand und den Gabriel Lamé (1795–1870) 1852 das „Theorem von Clapeyron“ nannte, welches im Mittelpunkt des Streits zwischen Mohr und Heinrich Müller-Breslau (1851–1925) um die Grundlegung der klassischen Baustatik in den 1880er Jahren stand.

    Zu W.s Schüler zählte Ludwig Troske, der 1896–1934 an der TH Hannover als Maschinenbauprofessor wirkte. W. legte den wissenschaftlichen Grundstein für die experimentelle Festigkeitslehre und die Erforschung ermüdungsgefährdeter Werkstoffe, Bauteile und Konstruktionen.

  • Awards

    A Mitgl. d. Preuß. Ak. d. Bauwesens (1881);
    Medaille f. Verdienste um d. vaterländ. Bauwesen in Silber (1883);
    Geh. Reg.rat (1887);
    Roter Adler-Orden III. Kl. mit Schleife;
    Kronen-Orden III. Kl.;
    Österr. Orden d. Eisernen Krone III. Kl.;
    Grashof-Denkmünze d. VDI (1896);
    Dr.-Ing. E. h. (TH Berlin 1902);
    – W. Medal d. European Structural Integrity|Soc. (zweijährig, seit 2000);
    A.-W.-Medaille d. Dt. Verbands f. Materialforsch. u. -prüfung (seit 2001).

  • Works

    Weitere W Ueber Eisenbahn-Wagenfedern, in: Eisenbahn-Ztg. 9, 1851, Nr. 27, S. 105–07 u. Nr. 28, S. 109 f.;
    Theorie rechteckiger eiserner Brückenbalken mit Gitterwänden u. mit Blechwänden, in: Zs. f. Bauwesen 5, 1855, H. 3–5, Sp. 121–66;
    Ueber d. Einfluß d. Form d. Schienenkopfes u. d. Radreifen auf deren gegenseitige Abnutzung u. auf d. Bewegung d. Eisenbahn-Fahrzeuge, ebd. 9, 1859, H. 3, Sp. 359–72;
    Den Locomotivbau betreffend, ebd. 14, 1864, H. 4–6, Sp. 447–56;
    Einf. e. einheitl. Güterwagens auf d. Eisenbahnen Dtld., ebd. 22, 1872, H. 4–7, Sp. 334–40;
    Achsen, deren Dimensionen, Form d. Achsschenkel, Materialien, in: E. Heusinger v. Waldegg (Hg.), Hdb. f. specielle Eisenbahn-Technik, Bd. 2, 1870, S. 74–91;
    Die Eisenbahntransportmittel, in: Amtl. Ber. über d. Wiener Weltausst. im J. 1873 erstattet v. d. Centralcommission d. Dt. Reiches f. d. Wiener Weltausst., Bd. 2, 1874, S. 241–82;
    Die Klassifikation v. Eisen u. Stahl, in: Dt. Bauztg. 10, 1876, Nr. 89, S. 447 f.;
    Zur Klassifikation v. Eisen u. Stahl, in: Ann. f. Gewerbe u. Bauwesen 2, 1878, Nr. 23, Sp. 395–99;
    Eisen u. Stahl, ebd. 4, 1879, Nr. 38, Sp. 37–40;
    Die Classification v. Eisen u. Stahl u. d. Ver. Dt. Eisenhüttenleute, in: Ztg. d. Ver. Dt. Eisenbahnverwaltungen 23, 1883, S. 178–81;
    Ueber Schlagproben mit Achsen, Schienen u. Radreifen, in: Organ f. d. Fortschritte d. Eisenbahnwesens NF 26, 1889, S. 105–13;
    Zuschr. z.: Neubau d. Hackerbrücke im Zentralbahnhof München v. A. Rieppel u. W. Dietz, in: VDI-Zs. 37, 1893, S. 1592;
    Die Wirksamkeit d. Heizrohre in Lokomotivkesseln, ebd. 41, 1897, Nr. 38, S. 1073–80;
    Einrichtungen d. Materialprüfung durch d. dt. Reich, in: Zbl. d. Bauverw. 18, 1898, Nr. 41, S. 489–91.

  • Literature

    L E. F. Schwarz, in: Zs. f. Bauwesen 6, 1856, H. 10–12, Sp. 503–34;
    L. Spangenberg, ebd. 24, 1874, H. 11–12, Sp. 473–96 u. 25, 1875, H. 1–3, Sp. 77–98;
    W. Launhardt, in: Dt. Bauztg. 7, 1873, H. 16, S. 59–61;
    H. Gerber, in: Zs. d. Bayer. Architekten- u. Ing.-Ver. 6, 1874, H. 6, S. 101–10;
    J. J. Weyrauch, Festigkeit u. Dimensionsberechnung d. Eisen- u. Stahlkonstruktionen, 1876, ²1889;
    O. Mohr, in: Civiling. 27, 1881, H. 1, Sp. 1–12;
    L. Troske, in: Zbl. d. Bauverw. 34, 1914, Nr. 31, S. 242–44 u. S. 248 (W-Verz., P);
    R. Blaum, in: Btrr. z. Gesch. d. Technik u. Ind. 8, 1918, S. 35–55 (W-Verz., P);
    W. Ruske, 100 J. Materialprüfung in Berlin, 1971 (P);
    A. Kahlow, in: Dresdner Btrr. z. Gesch. d. Technikwiss. 14, 1987, S. 45–67;
    E. Röders, A. W. Dok., 2000 (masch., Bibl. d. Inst. f. Füge- u. Schweißtechnik d. TU Braunschweig);
    H. Zenner u. K. Hinkelmann, Fatigue of Components, A. W. (1819–1914), a Hist. Review, 2017 (W-Verz., P);
    dies., in: Stahlbau 88, 2019, H. 6, S. 594–601;
    K.-E. Kurrer, The Hist. of the Theory of Structures, ²2018 (P);
    Ch. Berger u. H. Zenner, in: DVM-Nachrr. 70, 2019, Beil. 2, S. 1–10;
    Complete DSB.

  • Portraits

    P Gedenktafel (Bundesanstalt f. Materialforsch. u. -prüfung, Berlin);
    Kohlezeichnung v. K. Turner, Abb. in: W. Ruske, 1971 (s. L), S. 100.

  • Author

    Karl-Eugen Kurrer
  • Citation

    Kurrer, Karl-Eugen, "Wöhler, August Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 372-374 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd132138778.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA