Wollenberg, Hans
- Lebensdaten
- 1893 – 1952
- Geburtsort
- Sohrau (Z˙ory, Oberschlesien)
- Beruf/Funktion
- Filmjournalist ; Filmproduzent ; Redakteur
- Konfession
- mehrkonfessionell
- Namensvarianten
-
- Wollenberg, Hans Heinrich
- Ihling, H. W.( Pseudonym)
- Curtain, I. Ron( Pseudonym)
- Wollenberg, Hans
- Wollenberg, Hans Heinrich
- Ihling, H. W.( Pseudonym)
- ihling, h. w.
- Curtain, I. Ron( Pseudonym)
- curtain, i. ron
- Kurtain, I. Ron( Pseudonym)
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Wollenberg, Hans Heinrich (Pseudonym H. W. Ihling, I. Ron Curtain)
| Filmjournalist, Filmproduzent, Filmvermittler, Redner, Redakteur beim Reichsbund jüdischer Frontsoldaten, * 10.5.1893 Sohrau (Z˙ory, Oberschlesien), † 5.9.1952 London. (jüdisch, um 1945/46 Unitarian Church in Richmond Hill)
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Genealogie
V →Josef (1863–1939), aus Beuthen (Bytom, Oberschlesien), Apotheker in Berlin u. Hamburg, S d. →Aaron (1830–1905), aus Gollub (Golub-Dobrzyń, Westpreußen), Kaufm., u. d. Henriette Orzegow (1833–1906), aus Loslau (Wodzisław Śląski, Oberschlesien);
M Regina (1871–1920), aus Kattowitz (Katowice), T d. →Simon Loebinger (1847–1916), Buchhalter, u. d. Cassilde Schaeffer (1851–1918);
B Friedrich Max (1897–1952), Schw Helene (1896–1941), Margot Ida (1900–1920);
– ⚭ Berlin 1929 Erna (1906–82), aus Berlin, T d. Otto Karl Friedrich Ziebell (ev.), Arb., u. d. Helene Olga Martha Gzytzmann (ev.);
1 S (früh †). -
Biographie
Nach dem Abitur am Königstädtischen Gymnasium in Berlin 1911 studierte W. an der Friedrich Wilhelms-Univ. sechs Semester Jura. Er war Mitglied der Sprevia, der ersten jüd. Studentenverbindung Berlins. Im Anschluß an die erste jur. Staatsprüfung im Aug. 1914 meldete sich W. umgehend freiwillig zum Kriegsdienst. Als Feldartillerist, eingesetzt an der West- und Ostfront, schrieb er bei Heimataufenthalten seine Doktorarbeit „Die Reichsaufsicht über deutsche Gliedstaaten“, reichte sie bei der Univ. Greifswald ein und legte dort Ende März 1918 das Rigorosum ab. Nach einem Referendariat am Amtsgericht Reinbek bei Hamburg erwarb er zwei Jahre später den Titel eines Dr. jur.
Im Jan. 1920 begann W. in Berlin seine filmjournalistische Karriere bei dem Fachblatt „Lichtbild-Bühne“ (LBB), dessen Verleger →Karl Wolffsohn (1881–1957) ihn zum Chefredakteur ernannte. Als Quereinsteiger verfaßte W. neben filmjuristischen Artikeln vorrangig Filmkritiken und betreute das verlagseigene Archiv samt Fachbibliothek, Photo- und Schriftgutsammlung. 1923–26 arbeitete W. ausschließlich in der Filmindustrie. In der im Febr. 1923 von →Wilhelm Graaff (1872–1931), dem Hersteller von Feuerlöschern („Minimax“), zusammen mit dem Maler →Paul Rieth (1871–1925) in Berlin gegründeten Rimax-Film AG war W. bis Dez. 1924 erster Vorstand. In dieser Funktion zeichnete er mitverantwortlich für den einzigen Spielfilm der Rimax, „Nju, eine unverstandene Frau“, inszeniert von →Paul Czinner (1890–1972) mit →Emil Jannings (1884–1950) und →Elisabeth Bergner (1897–1986).
Am 1.4.1933 wurde W. von den Nationalsozialisten gezwungen, den Verlag der LBB zu verlassen. Anknüpfend an sein Engagement 1919 als Redner des „Vaterländischen Bundes jüdischer Frontsoldaten“, der Hamburger Ortsgruppe des Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten unter dem Bundesvorsitz von →Leo Löwenstein (1879–1956), übernahm W. in Berlin die Leitung der Redaktion ihrer Wochenzeitschrift „Der Schild“ – laut Impressum von der Ausgabe vom 10.8.1934 bis zur vorletzten Ausgabe am 28.10.1938. Weil er auf Versammlungen des Bundes in Bayern Juden dazu aufrief, in Deutschland zu bleiben, erteilte ihm die Münchner Politische Polizei im Dez. 1935 Redeverbot.
Im Sept. 1938 reiste W. mit seiner Ehefrau legal nach Prag aus. Als dt. Truppen die „Rest“ -Tschechoslowakei im März besetzten, floh das Ehepaar im Juni 1939 über Polen nach England, wo es in London-Ealing einen neuen Wohnort fand. Gelegenheitsjobs wie Bauarbeiter, Brandschützer und Verlagslektor sicherten das Existenzminimum. 1944 gründete W. den internationalen Pressedienst „The London Film Correspondent“. Dieser gehörte der – im selben Jahr von W. gegründeten–„Orbis International Publicity Limited“ und damit überwiegend W. selbst. Vorübergehend stammten seine Einnahmen hauptsächlich aus werbenden Berichten über den brit. Film. Im Auftrag staatlicher Behörden, darunter dem Ministry of Information, erschienen sie in ausländischen Filmfachblättern.
Außer Kolumnen für „Kinematograph Weekly“ (London) in der ersten Jahreshälfte 1946 schrieb W. gelegentlich Artikel für „Sight & Sound“, die Zeitschrift des British Film Institute (BFI). Mit dem ersten Chef der 1947 eröffneten British Film Academy, →Roger Manvell, und →R. K. Neilson Baxter gab W. 1946–49 „The Penguin Film Review“ heraus und schrieb eigene Artikel. Aus Vorlesungen für Gasthörer zu den ästhetischen, wirtschaftlichen und massenpsychologischen Aspekten des Films, gehalten 1946 an der Univ. Cambridge, ging 1947 die erste engl. Monografie von W. hervor: „Anatomy of the Film, An Illustrated Guide to Film Appreciation“ (mit e. Vorwort v. Oliver Bell, Dir. d. BFI, Nachdr. 1972). 1947 vermittelte W., seit Jahresbeginn brit. Staatsbürger, bei einer Rundreise durch die Schweiz Kulturfilmgemeinden grundlegende|audiovisuelle Kenntnisse anhand vorgeführter engl. Filme. Es folgten filmbegleitende Vorträge in Westdeutschland, etwa im Juni 1949 beim studentischen Filmklub Heidelberg. Auf den ersten beiden Berliner Filmfestspielen im Juni 1951 und 1952 stellte W. ausschnitthaft dt. Stummfilmklassiker vor, dabei wiederholt „Das Cabinet des Dr. Caligari“, 1920 (Regie: →Robert Wiene). Im Mai 1952 präsentierte er bei der 1. Mannheimer Kulturund Dokumentarfilmwoche drei brit. Produktionen, darunter „Film and Reality“, 1942 (Regie: →Alberto Cavalcanti/BFI).
Ab 1948 war W. freier Londoner Korrespondent der Fachperiodika „Schweizer Film Suisse“ (Zürich), „Die Filmwoche/Die Neue Filmwoche“ (Baden-Baden) und der „Filmblätter“ mit Sitz in West-Berlin. Dort plante er 1952, eine Filiale von „The London Film Correspondent“ zu eröffnen. Sie sollte dt. Zeitungen mit ausländischen Filmnachrichten versorgen und im Ausland für den bundesdt. Film Reklame machen. Wegen seines überraschenden Todes im Alter von 59 Jahren blieb das Vorhaben unverwirklicht.
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Werke
Weitere W u. a. Filmproduktionen: Die Radio-Heirat, 1923/24 (Regie: Wilhelm Prager);
Heiratsannoncen, 1925/26 (R: Fritz Kaufmann);
– Publl.: Paul Davidsohns Werk (Nachruf), in: CV-Ztg. (Berlin), Nr. 30 v. 29.7.1927, S. 424;
Die Fabel vom „verjudeten“ Film, ebd., Nr. 49 v. 9.12.1927, S. 681 f.;
Der Film u. seine Beherrscher, ebd., Nr. 19 v. 9.5.1930, S. 248;
Der Tonfilm, Grundlagen u. Praxis seiner Aufnahme u. Wiedergabe, 1930 (Hg., Red. v. H. Umbehr), 2. neubearb. Aufl. u. d. T. Der Tonfilm, Grundlagen u. Praxis seiner Aufnahme, Bearb. u. Vorführung, 1932;
The Romance of Marlene Dietrich, in: The New Movie Magazine (N. Y.), Nr. 6 v. Juni 1931, S. 32–34, 98;
Der Film im öff. Recht, Gesetze, Erlasse u. sonstige behördl. Bestimmungen z. gesamten Lichtspielwesen, unter bes. Berücksichtigung d. Reiches u. Freistaats Preußen, 1932 (mit W. Beuss);
Unsere Einstellung z. Jüd. Kulturbund, in: Jüd. Kulturbund in Dtld., Monatsbll., Bd. 3, Nr. 7, Juli 1935, S. 9 (Zus.stellung, Red. u. Mitautor;
Idee, Planung u. Vorw. v. L. Löwenstein);
Berek Joselewicz, in: Heroische Gestalten jüd. Stammes, 1937, S. 23–40;
Newsreels in Germany, in: Documentary News Letter (London), Nr. 2, März 1944, S. 15;
England schützt seinen Film, in: Weltpresse, hg. v. Brit. Informationsdienst, Wien, Nr. 20 v. 24.1.1948, S. 3;
Fifty Years of German Film (mit e. Einl. v. R. Manvell), 1948, Neuaufl. 1972;
Der Weltfilm am Wendepunkt, in: Der neue Film (München), Nr. 28 v. 10.10.1949, S. 1, u. Nr. 29 v. 17.10.1949, S. 4;
The Cinema, 1950, hg. mit R. Manvell u. R. K. Neilson Baxter;
Unter d. Lupe d. internat. Konkurrenz, 20 J. dt. Film in Venedig, in: Die Neue Ztg., Nr. 199 v. 24./25.8.1952, S. 4;
– H. W., Filmpublizist, mit Kritiken u. Aufss. v. H. W., Essay v. U. Döge, hg. v. R. Aurich u. W. Jacobsen, 2013 (P). -
Literatur
|u. a. Nachrufe: Die Abendpost (Frankfurt/M.), Nr. 212 v. 13.9.1952;
Die Neue Ztg. (Frankfurt/M.), Nr. 216 v. 13./14.9.1952, S. 2;
Filmbll. Berlin, Nr. 38 v. 19.9.1952, S. 853;
Die Filmwoche (Baden-Baden), Nr. 38 v. 20.9.1952, S. 776;
Filmpress (Hamburg) v. 20.9.1952, S. 7;
F. P. [Friedrich Porges], in: Aufbau/Reconstruction (N. Y.), Nr. 40 v. 3.10.1952, S. 8;
K. J. F. [Kurt-Joachim Fischer], in: filmforum (Emsdetten), Nr. 1, Okt. 1952, S. 6;
Schweizer Film Suisse, Nr. 2 v. 12.11.1952, S. 12;
– U. Döge, Kosmopolit d. Films, in: H. W., Filmpublizist [ … ] (s. W), 2013, S. 11–80 (P);
–K. Mühsam u. E. Jacobsohn (Hg.), Lex. d. Films, 1926, S. 188;
BHdE II. -
Autor/in
Ulrich Döge -
Zitierweise
Döge, Ulrich, "Wollenberg, Hans Heinrich (Pseudonym H. Wollenberg Ihling, I. Ron Curtain)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 484-485 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142964.html#ndbcontent