Wollenberger, Albert

Lebensdaten
1912 – 2000
Geburtsort
Freiburg (Breisgau)
Sterbeort
Berlin-Buch
Beruf/Funktion
Biochemiker ; Pharmakologe
Konfession
konfessionslos
Namensvarianten

  • Wollenberger, Albert Ascher
  • Wollenberger, Albert
  • Wollenberger, Albert Ascher

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Zitierweise

Wollenberger, Albert, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz142965.html [22.12.2025].

CC0

  • Wollenberger, Albert Ascher

    | Biochemiker, Pharmakologe, * 21.5.1912 Freiburg (Breisgau), † 25.9.2000 Berlin-Buch, ⚰ Berlin, Pankow XII. (jüdisch, später konfessionslos)

  • Genealogie

    Aus jüd. Fam.;
    V Sigmund (1880–1971), aus Heilbronn, Kaufm. ebd. u. in F. u. B., S d. Lehmann (1837–1913), aus Untergimpern b. Neckarbischofsheim, u. d. Therese Lauchheimer (1841–1926);
    M Seline (1887–1974), T d. Leopold Dukas (1855–1919), aus F., Kaufm., Weinhändler in Sulzburg (Schwarzwald), u. Hannchen Liebmann (1862–1909), aus Hechingen;
    Tante-m Helen(e) Dukas (1896–1982), Sekr., Nachlaßverw. u. Biogr. v. Albert Einstein;
    B Hans Gur (1914–1994), emigrierte über d. Schweiz u. d. USA n. Palästina;
    1951 Gertrud Elisabeth (1925–2016), aus Viborg (Dänemark), T d. Niels Basse (1888–1972), Dir. d. Danske Hedeselskab, Rr. d. Dannebrog Ordens, u. d. Sigrid Kirstine Dorthea Schram (1895–1955);
    1 S Knud (1952–2012, Vera Lengsfeld, * 1952, Publ., Pol.), Dipl.-Math. in Berlin(-Ost), Lyriker, 6 T.

  • Biographie

    Nach dem Schulbesuch in Genf und seit 1919 in Berlin (Abitur 1931) studierte W. an der Univ. Berlin Medizin und Biologie. 1931 in die KPD eingetreten, flüchtete er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 aus politischen Gründen in die Schweiz, später nach Frankreich (1933–35) und Dänemark (1936/37). Mit Hilfe seiner Tante Helene Dukas emigrierte er 1937 in die USA, setzte sein Studium am Springfield College in Massachusetts und seit 1940 an der Harvard University in Cambridge fort, wo er u. a. bei den späteren Nobelpreisträgern, dem Physiologen George Wald und dem Biochemiker Fritz Lipmann (1899–1986) zur Biochemie des Sehvorgangs mit der Methode der Polarographie forschte. W. wurde 1946 bei dem Pharmakologen Otto Krayer (1899–1982) zum Ph. D. promoviert. Seit 1947 beschäftigte er sich mit dem Energiestoffwechsel des versagenden Herzens und der Stoffwechselwirkung der Herzglykoside. 1951 verließ W. unter dem Eindruck der McCarthy-Ära die USA und kehrte nach Europa zurück. Er wirkte als Gastforscher am|Carlsberg-Laboratorium in Kopenhagen, am Institut für Biochemie der Univ. Uppsala, am Psychiatrischen Institut der Univ. of London und am Institut für Neurophysiologie der Univ. Kopenhagen. Aufgrund seiner politischen Überzeugung ließ er sich 1954 in der DDR nieder und trat in die SED ein. Er erhielt einen Lehrstuhl für Pharmakologie an der HU Berlin und war 1956 Mitbegründer der Arbeitsstelle für Biochemie des Herzens in Berlin-Buch, die er seit 1962 leitete. Aus dieser ging 1965 das Institut für Kreislaufforschung der Dt. Akademie der Wissenschaften zu Berlin hervor, dessen Direktor W. von der Gründung bis 1972 war. Im selben Jahr entstand aus diesem und dem Institut für kortiko-viszerale Pathologie und Therapie das Zentralinstitut für Herz-Kreislaufforschung, an dem W. bis zu seiner Emeritierung 1978 als Leiter des Bereichs „Molekulare und Zelluläre Kardiologie“ fungierte. Er blieb bis in die 1990er Jahre wissenschaftlich aktiv.

    W. betrieb hauptsächlich pharmakologische Grundlagenforschung auf dem Gebiet der biochemischen Kardiologie. Zu seinen bekanntesten Beiträgen zählt ein 1960 veröffentlichtes Verfahren zur Kryofixierung von Gewebe am schlagenden Herzen, das unter der Bezeichnung „Wollenberger Clamp“ eine weltweit verbreitete Routinemethode in der kardiologischen Forschung wurde. Die dt.sprachige Publikation ist eine von wenigen international häufig zitierten Arbeiten eines DDR-Wissenschaftlers. 1987 beschrieb W. mit seiner Arbeitsgruppe Autoantikörper gegen bestimmte Oberflächenproteine auf Herzzellen, die bei Patienten mit Herzmuskelschwäche auftreten, und 1989 einen Bluttest zur Früherkennung eines Herzinfarkts. Aufgrund des Ansehens im In- und Ausland war es ihm möglich, trotz des „Eisernen Vorhangs“ Wissenschaftler aus West und Ost nach Berlin-Buch einzuladen. W. betreute mehr als 40 Promotionen und Habilitationen. Zu seinen bekanntesten Schülern zählen Ernst-Georg Krause (* 1934) und Gerd Wallukat. Als passionierter Langstreckenläufer und Schirmherr der Lauf-Dich-Gesund-Bewegung in der DDR setzte er sich für die Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. American Ass. for the Advancement of Science (1948), d. Dt. Pharmakol. Ges. (v. 1958), d. Royal Soc. of Medicine (1961), d. Leopoldina (1974), d. Ak. d. Wiss. d. DDR (1978, korr. 1972), d. American Soc. for Pharmacology and Experimental Therapeutics (vor 1987), d. Tschechoslowak. Ak. d. Wiss. (vor 1989), d. Dt. Ges. f. Kreislaufforsch., d. Internat. Soc. for Biochemical Pharmacology u. d. ungar. Pharmakol. Ges.;
    Mitbegr. d. Internat. Soc. for Heart Research (1968, Präs. 1973–76 u. Ehrenmitgl. 1992);
    Nat.preis d. DDR II. Kl. f. Wiss. u. Technik (1963);
    Nat.preis d. DDR (1964);
    Ehrenmitgl. d. Cardiac Muscle Soc. (1970) u. d. Ges. f. Kardiol. u. Angiol. d. DDR;
    VVO in Gold (1982).

  • Werke

    |über 400 Publl.;
    The Energy Metabolism of the Failing Heart of the Cardiac Glycosides, in: Pharmacological Reviews 1, 1949, S. 311–52;
    Eine einfache Technik d. extrem schnellen Abkühlung größerer Gewebestücke, in: Pflügers Archiv 270, 1960, S. 399–412;
    Some New Aspects of Cardiac Guanylate Cyclase, in: Cyclic Nucleotides and Protein Phosphorylation in Cell Regulation 54, 1979, S. 57–69 (mit E.-G. Krause u. a.);
    Die nervale u. hormonelle Regulation d. Herzens, biochem. Mechanismen, in: SB d. Ak. d. Wiss. d. DDR, Math.-Naturwiss.-Technik 18, 1982, S. 5–34;
    Supersensitivity to Isoprenaline in Cultured Rat Mayocardial Cell Exposed to L(t)-Lactate and Pyruvate, in: L. Will-Shahab, E.-G. Krause u. W. Schulze (Hg.), Cellular and Molecular Aspects of the Regulation of the Heart, 1984, S. 341–44 (mit G. Wallukat u. L. Will-Shahab);
    Agonistic Autoantibodys to Cardiac ß-Adrenergic Receptors from Patients with Myocarditis and Dilated Cardiomyopathy, in: Iugoslavica Physiolica et Pharmacologica Acta 24, Suppl. 6, 1988, S. 501 f. (mit G. Wallukat u. V. Boewer);
    Hg.: Journ. of Molecular and Cellular Cardiology (seit 1969).

  • Literatur

    |E.-G. Krause, in: Zs. f. Kardiol. 89, 2000, S. 1153 f. (P);
    ders., in: Experimental and Clinical Cardiology 6, 2001, H. 2, S. 118 f.;
    W. Scheler, in: SB d. Leibniz-Soz. 47, 2001, S. 48 f.;
    D. Pfeiffer, Herz-Kreislauf-Ges. in d. DDR, in: B. Lüderitz u. G. Arnold (Hg.), 75 J. Dt. Ges. f. Kardiol., Herz- u. Kreislaufforsch., 2002, S. 73–117 (P);
    N. Dhalla, 50th Anniversary of ISHR, Hist. of the ISHR, 1967–1998, in: Heart News and Views 23, 2018, Nr. 3, S. 1–4 u. 15 (P);
    MDC, Max Delbrück Center for Molecular Medicine, Pressemitt. Nr. 31 v. 20.10.2000 (Internet);
    Qu Korr. u. Mss. z. wiss. Werdegang u. Erinnerungen (Privatbes.).

  • Autor/in

    Dieter Ewald Gerhard Klein
  • Zitierweise

    Klein, Dieter Ewald Gerhard, "Wollenberger, Albert Ascher" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 485-486 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142965.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA