Woermann, Adolph

Lebensdaten
1847 – 1911
Geburtsort
Hamburg
Beruf/Funktion
Kaufmann ; Reeder ; Politiker
Konfession
lutherisch
Namensvarianten

  • Woermann, Adolph
  • Woermann, Adolf

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Zitierweise

Woermann, Adolph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz142932.html [12.12.2025].

CC0

  • Woermann, Adolph

    | Kaufmann, Reeder, Politiker, * 10.12.1847 Hamburg, † 4.5.1911 Grönwohld-Hof bei Trittau (Kreis Stormarn). (lutherisch)

  • Genealogie

    Aus westfäl. Fam.;
    V Carl (1813–80, 2] Aline Ferber, 1831–1908), Kaufm. in Bielefeld, später in H., gründete 1837 e. Leinenexportgeschäft, 1847 Mitgründer d. „Hamburg-Südamerik. Dampfschiffahrts-Gesellschaft“ („Hamburg-Süd“), kombinierte 1853 d. Handels- mit d. Reedereigeschäft, v. a. im Westindien- u. Südamerika-Handel tätig, legte seit 1854 Faktoreien in Westafrika an, zunächst u. a. in Liberia, 1862 in Gabun u. 1868 in Kamerun, Pol. (s. ADB 44; Hamburger Übersee-Jb. 1922, S. 50 u. 224; NDB 17* u. 27*), S d. Gottlieb Christian (1780–1839), Kaufm. u. Leinenhändler in Bielefeld, u. d. Maria Susanna Nicolina Milow (1783–1837);
    M Clara Eleonore Friederike (1818–1860), T d. David Friedrich Weber (1786–1868), Kaufm., Reeder, Bankier, gründete 1814 d. Leinenexportfa. „D. F. Weber &
    Co.“ in H., 1834 Handelsrichter, 1836 preuß. KR (s. NDB 27), u. d. Henriette Charlotte Nottebohm (1792–1886);
    Om Eduard Weber (1830–1907), Kaufm. in H., Konsul, Kunstsammler (s. NDB 27), Tante-v Friederike (1808–48, Friedrich Wilhelm Möller, 1805–78, Industr., s. NDB 17);
    2 B (1 früh †) Karl (1844–1933), Kunsthist. (s. Gen. 2), 7 Schw (1 früh †) Henriette Friederike (1842–1911), Eleonore Therese (1845–1918), Henriette Emilie (1849–1935), Julie Marie (1851–1942), Luise (Lulu) Friederike (1853–1949, Eduard Bohlen, 1847–1901, Kaufm., Teilh. d. Fa. C. Woermann, Dir. d. Dt. Ostafrikalinie, 1892 Gen.konsul d. Kongostaats in H., s. BJ VI, Tl.), Linda Constanze (1857–1945), 1 Halb-B Eduard (1863–1920), 1910 Leiter d. Fa. C. Woermann (s DBJ II, Tl.);
    1) Hamburg 1874 Elfriede Natalie Elisabeth (1856–1883), T d. Gerhard Ludwig v. Hosstrup (1824–86), Leiter d. Börsenhalle in H., u. d. Anna Elisabeth Winkler (1837–1891), 2) Lugano 1885 Gertrud Helene Franciska (1862–1945), T d. Daniel Christian Friedrich Krüger (1819–1896), Dr. iur., Advokat, 1850 Mitgl. d. Erfurter Parl., 1856 hanseat. Min.resident in Kopenhagen, 1864 BT-Gesandter in Frankfurt/M., 1866 Min.resident in Berlin (s. ADB 51; BJ I u. III, Tl.; Biogr. Lex. Schleswig-Holstein VI), u. d. Elisabeth Donnenberg (1831–1889);
    4 T aus 1) Anna (1876–1941), Erna (1877–91), Hedwig (1879–1960), Gertrud (1881–1921), 2 S aus 2) Carl (1886–1950), Kurt (1888–1951), Kaufm., Inh. d. väterl. Fa. C. Woermann, Handelsrichter (s. Wenzel), 1 T aus 2) Irma (1895–1982).

  • Biographie

    Nach dem Besuch des Hamburger Johanneums, einer kaufmännischen Lehre, Auslandsreisen nach Südostasien, China, Japan und Nordamerika sowie einem längeren Aufenthalt in Westafrika wurde W. 1874 Teilhaber der väterlichen Firma „C. Woermann“, die er 1880 nach dem Tod seines Vaters übernahm.

    Durch die Gründung weiterer afrikan. Niederlassungen und Plantagen sowie die Fortsetzung der von seinem Vater begonnenen Umstellung von der Segel- auf die Dampfschiffahrt erweiterte W. seine Handels- und Reedereigeschäfte kontinuierlich. Er importierte u. a. Palmöl, Kautschuk und Elfenbein und exportierte Industrieprodukte, darunter Alkohol und Waffen. Seit 1885 betrieb er die Reederei unter dem Namen „Afrikanische Dampfschiffahrts-Actien-Gesellschaft, Woermann-Linie“ getrennt von der Handelsfirma; administrative Verflechtungen blieben jedoch bestehen. 1890 wurde auf Wunsch der Reichsregierung, die an einer ständigen Schifffahrtslinie nach Ostafrika interessiert war, die „Deutsche Ost-Afrika-Linie“ (D.O.A.L.) als Konsortium der Firma W.s sowie der Firmen „Hansing & Co.“, „F. Laeisz“ und „August Bolten“ gegründet. W. übernahm den Aufsichtsratsvorsitz, während sein Schwager und Teilhaber Eduard Bohlen sowie sein Halbbruder Eduard dem Vorstand angehörten. Die „Woermann-Linie“ und die „D.O.A.L.“ betrieben 13 Linien mit 50 Dampfern, die rund 150 afrikan. Häfen ansteuerten. W. verfügte damit über eines der führenden dt. Überseehäuser seiner Zeit und übte über seine Aufsichtsratsmandate weiteren wirtschaftlichen Einfluß aus.

    W. zählt durch seine wirtschaftlichen wie durch seine politischen Aktivitäten zu den Schlüsselfiguren des dt. Kolonialismus. 1880–1904 gehörte er der Hamburg. Bürgerschaft und 1884–90 für die Nationalliberale Partei dem Reichstag an. 1879–1908 war er Mitglied der Hamburger Handelskammer, als deren Präses er 1884 und 1899–1902 amtierte. Er nutzte seinen Einfluß zur Durchsetzung und Sicherung wirtschaftlicher Interessen in Afrika und propagierte eine offensive dt. Kolonialpolitik, die im Gegensatz zum zuvor vertretenen Prinzip des Freihandels stand: 1883 verfaßte er für die Handelskammer eine Denkschrift an die Reichsregierung, die den Schutz des Handels vor ausländischer Konkurrenz und den Erwerb eines Küstenstreifens in Westafrika zur Einrichtung einer Handelskolonie forderte. Nachdem die Firmen „C. Woermann“ und „Jantzen & Thormählen“ einige Küstengebiete erworben hatten, um den afrikan. Zwischenhandel auszuschalten, wurde Kamerun 1884 zum dt. „Schutzgebiet“ erklärt. 1884/85 nahm W. als Mitglied der dt. Delegation an der Berliner Afrika-Konferenz teil, die eine Übereinkunft über die konkurrierenden Ansprüche der Kolonialmächte zum Ziel hatte. Seit 1890 war er Mitglied des dt. Kolonialrats.

    Die D.O.A.L. wurde seit 1890 mit 900000 Mark jährlich vom Reich subventioniert; W. erhielt zusätzlich das Monopol für den Transport nach Dt.-Südwestafrika. 1898–1903 profitierte er durch Beteiligungen an den Kolo|nialgesellschaften „Gesellschaft Süd-Kamerun“ und „Gesellschaft Nord-West-Kamerun“ von der starken Nachfrage nach Kautschuk, zudem beteiligte er sich am Bau der Kamerun-Eisenbahn. Die „Woermann-Linie“ verschiffte über den Hamburger Hafen Truppen und Waffen nach Dt.-Südwestafrika, die 1904–07 bei der Niederschlagung des Aufstands der Herero und Nama eingesetzt wurden. W. profitierte von der wirtschaftlichen Ausbeutung der Kolonien und beteiligte sich an der Schaffung der militärischen Voraussetzungen für einen Vernichtungskrieg gegen die einheimische Bevölkerung, der in einen Völkermord mit zehntausenden Toten mündete.

    Als 1906 der Verdacht aufkam, W. habe seine Monopolstellung zum eigenen Vorteil mißbraucht, hob das Reich die Verträge mit ihm auf. Die Verschärfung der Konkurrenz im Afrikaverkehr, insbesondere die Gründung der zum „Norddeutschen Lloyd“ gehörenden „Hamburg-Bremer Afrika-Linie“, zwang W. zur Kooperation mit anderen Reedereien. 1907 mußte er acht Dampfer und eine Abfahrtquote von 25% an die HAPAG abtreten. 1910 zog er sich aus dem aktiven Geschäft zurück und lebte fortan auf seinen Landsitz Grönwohld bei Trittau. Die Leitung der Firma übernahm sein Halbbruder Eduard, später sein Sohn Kurt.

  • Auszeichnungen

    |zahlr. AR-Mitgliedschaften, u. a. b. Blohm &
    Voss, Hamburg-Süd, Norddt. Bank u. HAPAG.

  • Werke

    |Kultur-Bestrebungen in West-Afrika, in: Mittheilungen d. Geograph. Ges. 1878/79, S. 58–123;
    Über Tauschhandel in Afrika, ebd. 1880/81, S. 29–71;
    Die W.-Linie während d. Aufstandes in Dt.-Südwest-Afrika, 1906.

  • Literatur

    |Th. Bohner, Die W.’s, Vom Werden dt. Größe, ⁶1935;
    P. E. Schramm, Dtld. u. Übersee, 1950;
    G. Jantzen, A. W., Ein pol. Kaufm. in d. Wandlungen u. d. Spannungen d. imperialist. Epoche d. Reiches, in: Europa u. Übersee, FS f. Egmont Zechlin, hg. v. O. Brunner u. D. Gerhard, 1961, S. 171–96;
    H. Washausen, Hamburg u. d. Kolonialpol. d. Dt. Reiches 1888–1890, 1968;
    R. Hauschild-Thiessen, in: Ind.kultur in Hamburg, hg. v. V. Plagemann, 1984, S. 73 f.;
    dies., in: Hamburg. Biogr. I, ²2008, S. 347–49;
    R. Hücking u. E. Launer, Aus Menschen Neger machen, Wie sich d. Handelshaus W. an Afrika entwickelt hat, 1986;
    D. Bavendamm, Wagnis Westafrika, 150 J. C. W., 1987;
    N. Schröder, Hamburgs Schnapsfabrikanten u. d. dt. Kolonialismus in Westafrika, in: Zs. d. Ver. f. Hamburg. Gesch. 76, 1990, S. 83–116;
    J. Zimmerer u. J. Zeller (Hg.), Völkermord in Dt.-Südwestafrika, Der Kolonialkrieg (1904–1908) in Namibia u. seine Folgen, 2004;
    J. Zimmerer (Hg.), Kein Platz an d. Sonne, Erinnerungsorte d. dt. Kolonialgesch., 2013;
    H. Möhle (Hg.), Branntwein, Bibeln u. Bananen, Der dt. Kolonialismus in Afrika, e. Spurensuche in Hamburg, ⁵2017;
    K. S. Todzi, Unternehmen Weltaneignung, Der W.-Konzern u. d. dt. Kolonialismus 1837–1916, 2023;
    Dt.GB 19, 1911, u. 142, 1966 (P).

  • Porträts

    |Photogr. in: Dt.GB 142, 1966, n. S. 476;
    Photogr. v. R. Dührkoop, 1905 (Mus. f. Kunst u. Gewerbe, Hamburg, Internet), Abb. in: ders., Hamburg. Männer u. Frauen am Anfang d. XX. Jh., 1905.

  • Autor/in

    Dirk Brietzke
  • Zitierweise

    Brietzke, Dirk, "Woermann, Adolph" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 384-385 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz142932.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA