Lebensdaten
1911 – 2004
Geburtsort
Znaim (Znojmo, Südmähren)
Sterbeort
Anif bei Salzburg
Beruf/Funktion
Romanist
Konfession
-
Namensvarianten
  • Wandruszka Edler von Wanstetten, Mario Wilhelm Johannes (bis 1919)
  • Wandruszka von Wanstetten, Mario Wilhelm Johannes ( bis 1919)
  • Wandruszka, Mario
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Zitierweise

Wandruszka, Mario, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138936.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    W.s Vorfahren väterlicherseits kamen n. 1772 aus Böhmen u. Mähren n. Galizien, wo sie im Verw.- u. Mil.dienst aufstiegen;
    V Alois W. Edler v. Wanstetten (1874–1916 ⚔), aus Wien, k. u. k. Inf.hptm., S d. Wilhelm (1833–1908, österr. Adel mit Prädikat „Edler v. Wanstetten“ 1884), aus Lemberg, k. u. k. Offz., u. d. Marietta Buzj (1855–1930, österr. Adel mit Prädikat „Edle v. Amorini“);
    M Maria Antonia (Ninette) (1884–1965), akad. Malerin, T d. Hermann Steindl v. Plessenet (1849–95), Finanzrat in Triest;
    1 B Adam (s. 2), 1 Schw Alberta (1910–84);
    Stuttgart 1939 Lore Fleischhauer (1914–2015);
    1 S Ulrich (* 1941), Prof. f. Roman. Sprachwiss. in Klagenfurt (s. Kürschner, Gel.-Kal. 2013), 1 T Barbara Olowinsky (* 1947), Oberstudienrätin in Schramberg (Baden-Württ.).

  • Biographie

    W. wuchs in Innsbruck und Wien auf, wo er 1929 an der Bundeserziehungsanstalt (BEA, seit 1919 Höhere Internatsschule f. besonders begabte Kinder) in Wien-Breitensee die Matura erhielt. Seit 1930 studierte er Romanistik und Germanistik in Paris (1930), Perugia (1931), Aix-en-Provence (1932 / 33) und Wien.

    Hier wurde er 1934 mit einer ungedruckten Arbeit „Zum Stil Stendhals“ zum Dr. phil. promoviert. Anschließend hielt sich W. als Stipendiat der „Alexander von Humboldt-Stiftung“ in Heidelberg auf und habilitierte sich hier 1938 für Romanistik (Nord u. Süd im franz. Geistesleben, 1938). Im Febr. 1939 zur Wehrmacht eingezogen (1941, rückwirkend seit 1938, Mitgl. d. NSDAP), nahm W. am 2. Weltkrieg teil, geriet 1942 als „höherer Nachrichtenoffizier“ in Libyen in brit. Gefangenschaft und wurde nach Québec (Kanada) verbracht. 1946 kehrte er nach Heidelberg zurück und übernahm hier und in Tübingen Lehraufträge. 1956 lehnte er einen Ruf nach Wien ab und ging als o. Professor für Roman. Philologie nach Tübingen. 1971 wechselte er nach Salzburg (em. 1981). Gastprofessuren führten W. nach Straßburg (1964), Salzburg (1969) und Montréal (1970).

    W. läßt sich keiner bestimmten sprachwissenschaftlichen Richtung zuordnen. Er gehört weder zur „junggrammatischen“ Richtung seiner Zeit noch folgte er den „idealistischen“ Anstößen Karl Vosslers (1872–1949), die er als „sprühende Kurzschlüsse“ beurteilte. Ablehnend war er auch gegenüber dem Strukturalismus (Ferdinand de Saussure, Louis Hjelmslev, Roman Jakobson, Leonard Bloomfield) und dem späteren Generativismus (Noam Chomsky, seit 1957).

    Seinen eigenen Weg fand er, schon über 50jährig, in seinem gewichtigsten Werk „Sprachen, vergleichbar und unvergleichlich“ (1969), einer methodisch eigenständigen, synchronisch vergleichenden Grammatik von sechs Sprachen (dt., engl., franz., ital., span., portugies.). Die gute empirische Absicherung ist hier der durchgehende „multilaterale Übersetzungsvergleich“, d. h. der mit Blick auf die Grammatik durchgeführte Vergleich von Originaltexten aus diesen Sprachen mit ihren kommerziell publizierten, also an Lesbarkeit orientierten Übersetzungen in die jeweils anderen fünf. W. sprach von der „asystematischen Disponibilität“ einer Sprache. Er bestritt aber auch den vielbemühten und nie erhärteten Humboldt-Gedanken von einer Sprache als einer bestimmten „Weltansicht“. In seinem kürzeren, jedoch systematischeren Buch „Interlinguistik, Umrisse einer neuen Sprachwissenschaft“ (1971) stellte er in sechs jeweils gegensätzlichen Merkmalpaaren zusammen, was für ihn zu einer Sprache essentiell gehört: Motivation und Konvention, Analogien und Anomalien, Polymorphien und Polysemien, Redundanzen und Defizienzen, Implikation und Explikation, Konstanten und Varianten. Die „Interlinguistik“ ist eine allgemeine und zugleich konkrete, auch eurozentrierte Beschreibung dessen, was eine Sprache kennzeichnet.

    W. hatte viele Schüler, aber es gibt keine erkennbare Schule, wie etwa die seines Kollegen Eugenio Coseriu (1921–2002), den W. 1963 nach Tübingen geholt hatte. Er zählte 1978 mit Heinrich Böll (1917–85), Samuel Beckett, Max Frisch (1911–91) und Robert Minder zu den Schirmherren der Einrichtung des „Europäischen Übersetzer-Kollegiums Nordrhein-Westfalen in Straelen e. V.“.

  • Auszeichnungen

    |Officier des Palmes Academiques (1967);
    Chevalier (1967) u. Officier (1977) de l’Ordre National de la Légion d’Honneur;
    ao. Mitgl. d. Österr. Ak. d. Wiss. (1972);
    Dr. phil. h. c. (Sorbonne, Paris, 1978).

  • Werke

    |Wille u. Macht in drei Jhh. franz. Schau, 1942;
    Angst u. Mut, 1950, Neuausg. mit e. Vorwort v. E. Klett, 1981;
    Haltung u. Gebärde d. Romanen, 1954, Nachdr. hg. v. R. Krüger, 2001;
    Der Geist d. franz. Sprache, 1959;
    Wörter u. Wortfelder, Aufss., hg. v. H. Bertsch, 1970;
    Die Mehrsprachigkeit d. Menschen, 1979, Tb.ausg. 1981;
    Das Leben d. Sprachen, 1984;
    Die europ. Sprachengemeinschaft, Dt., Franz., Engl., Ital., Span. im Vgl., 1990, ²1998;
    „Wer fremde Sprachen nicht kennt …“, Das Bild des Menschen in Europas Sprachen, 1991;
    Bibliogr.: Europ. Mehrsprachigkeit, 1981 (s. L), S. 513 ff.

  • Literatur

    |Interlingustica, Sprachvgl. u. Übers., FS M. W. z. 60. Geb.tag, hg. v. K.-R. Bausch u. H.-M. Gauger, 1971;
    Europ. Mehrsprachigkeit, FS. z. 70. Geb.tag v. M. W., hg. v. W. Pöckl, 1981 (W);
    Wege in der Sprachwiss., 44 autobiogr. Berr., FS M. W., hg. v. H.-M. Gauger u. W. Pöckl, 1991;
    W. Bal, M. L., Linguiste, humaniste, européen, in: La Revue Générale, Mensuel fondé en 1865, Nr. 2, 1995, S. 51–67;
    Sprachvgl. u. Übers.vgl., Leistung u. Grenzen, Unterschiede u. Gemeinsamkeiten, M. W. z. 90. Geb.tag gewidmet, hg. v. J. Albrecht u. H.-M. Gauger, 2001 (W);
    F. Abel, in: Roman. Forschungen 117, 2005, H. 4, S. 489–95;
    N. Kruselburger, M. W., Sein Leben u. sein Werk „Sprachen, vergleichbar u. unvergleichlich“, 2012;
    H.-M. Gauger, in: Romanistik als Passion, Sternstunden d. neueren Fachgesch., Bd. 3, hg. v. K.-D. Ertler, 2014, S. 399–426;
    Linguisten-Hdb.;
    Lex. grammaticorum;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L).

  • Autor/in

    Hans-Martin Gauger
  • Zitierweise

    Gauger, Hans-Martin, "Wandruszka, Mario" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 399-400 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138936.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA