Lebensdaten
1914 – 1988
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
McLean (Virginia, USA)
Beruf/Funktion
Wirtschaftwissenschaftler ; Geld- und Währungspolitiker ; Publizist
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Wallich, Henry Christopher
  • Wallich, Hermann Walter Otto Christoph Hans (bis 1941)
  • Wallich, Henry C.
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Zitierweise

Wallich, Henry C., Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138703.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Paul (s. 2), S d. Hermann (s. 1);
    M Hildegard Rehrmann;
    New York City 1950 Mabel (1927–96), aus Floral Park (New York, Long Island), Ökonomin, T d. Charles Inness Brown (1882–1959, luth.), aus Charleston (South Carolina, USA), Inh. d. Fa. Emeralite Lamp Company, US-amerik. Vizekonsul 1915–17 in Mannheim, 1917–19 in Bilbao, 1919–21 Konsul in Iquique (Chile), u. d. Anna Josephine Frohmann (* 1895, kath.), aus Mainz;
    1 S Paul Inness (* 1958, Juli Alix Robichaux, * 1971, aus Louisiana), aus Washington D. C., B. S. Yale Univ., Journ., 2 T Christine Inness (* 1952), aus McLean (Virginia), B. A. (1973), M. A. (1975), beides Cambridge Univ., Ph. D. (1981) Yale Univ., Ökonomin, Dir. b. d. Weltbank in Washington (seit 1977), Dir. b. d. Asian Development Bank (1999–2003), Trustee d. American Ac. Berlin (seit 2013), Anna Hildegard (* 1955), aus Bedford (New Hampshire), B. A. Yale Univ., M. Div. Yale Divinity School, M. S. W. Univ. of Connecticut, Th. M. Boston College, Rel.lehrerin, Seelsorgerin, Psychotherapeutin;
    Gvm d. Ehefrau Franz Frohmann ( 1940), Opernchorsänger.

  • Biographie

    W.s Ausbildung war nach dem Abitur 1931 am humanistischen Bismarck-Gymnasium in Berlin darauf gerichtet, das Bankhaus seines Vaters fortzuführen. Nach einem Semester Jura an der Univ. München wechselte er 1932 an das Oriel College der Univ. Oxford für ein Studienjahr, das er jedoch vorzeitig abbrechen mußte, weil sein Aufenthalt in England nach der NS-Machtübernahme 1933 in Deutschland wegen des eingeschränkten Devisenverkehrs nicht mehr zu alimentieren war. Sein Vater verschaffte ihm daraufhin eine Beschäftigung zunächst in dem dt.-argentin. Handelsunternehmen „Staudt & Co.“ in Buenos Aires, dann in Valparaiso (Chile) in der Filiale der „Banco Alemán Transatlántico“, einem Tochterunternehmen der von der „Deutschen Bank“ gegründeten „Deutschen Überseeischen Bank“. Ende 1935 übersiedelte W. nach New York, um bei Finanzunternehmen, u. a. der „Chemical Bank & Trust Company“, zu arbeiten. Nebenher belegte er an der „Wall Street Division“ der New York Univ. Kurse in Wertpapieranalyse.

    Nicht abgeneigt, in seiner alten Heimat wieder Fuß zu fassen, verbrachte W. 1937 ein halbes Jahr in den Niederlanden und Deutschland, kehrte jedoch wegen der politischen Entwicklung in die USA zurück. 1940 nahm er an der Harvard Univ. ein Graduiertenstudium in Economics auf, das er 1941 abschloß, woraufhin er von der „Federal Reserve Bank of New York“ als Lateinamerika-Experte engagiert wurde. Dies ermöglichte ihm auch, seine akademische Ausbildung fortzusetzen. Mit einer Dissertation über die am Beispiel Kubas erörterten Probleme einer kleinen offenen Volkswirtschaft wurde er 1944 an der Harvard Univ. promoviert und im selben Jahr US-amerik. Staatsbürger. 1946 zum Leiter der Foreign Research Division der „Federal Reserve Bank of New York“ befördert, beschäftigte sich W. fortan mit Fragen der internationalen Währungsreform und damit, lateinamerik. Staaten entwicklungspolitisch zu beraten.

    1951 übernahm W. eine geld- und kreditwirtschaftlich ausgerichtete Professur an der Yale Univ. in New Haven. Außerdem blieb er zeitweise für verschiedene Unternehmen tätig und diente der Regierung u. a. als Consultant des US Treasury Department, Mitglied des|Council of Economic Advisers des US-Präsidenten Eisenhower (1959–61) sowie des Beirats der US Arms Control and Disarmament Agency (1972 / 73). 1974 schied er aus dem Universitätsdienst aus, als ihn Präsident Nixon in den Board of Governors des Federal Reserve System berief, v. a. betraut mit internationalen Aufgaben. Während seiner Amtszeit, die er 1986 krankheitsbedingt vorzeitig beendete, gehörte er zu den entschiedensten Verfechtern einer auf Geldwertstabilität und Wirtschaftswachstum zielenden Politik (Monetary Policy and Practice, A View from the Federal Reserve Board, 1982). Schon 1971 hatten er und Sidney Weintraub (1914–83) zur Inflationseindämmung eine „Tax-based Incomes Policy (TIP)“ vorgeschlagen. Dieser nicht verwirklichte „Wallich-Weintraub-Plan“ sah vor, die Gewinne von Unternehmen, deren Lohnerhöhungen den Produktivitätszuwachs übersteigen, in gleicher Höhe mit zusätzlichen Steuern zu belasten.

    Nach 1945 besuchte W. häufig Deutschland, um Vorträge zu halten, an Konferenzen teilzunehmen sowie Kollegen und Freunde zu treffen, u. a. Wilhelm Seuß (1921–94), Hermann Josef Abs (1901–94), Wilfried Guth (1919–2009), Karl Blessing (1900–71), Helmut Schlesinger (* 1924), Otmar Emminger (1911–86), Leonhard Gleske (* 1921), Otto Gf. Lambsdorff (1926–2009) und Manfred Lahnstein (* 1937). Einen Forschungsaufenthalt in der Bundesrepublik 1953 / 54 nutzte er dazu, eine Monographie über das westdt. „Wirtschaftswunder“ nach der Währungsreform 1948 zu schreiben, die beiderseits des Atlantiks Beachtung fand (Mainsprings of the German Revival, 1955, dt. u. d. T. Triebkräfte d. dt. Wiederaufstiegs, 1955). Wirtschafts- und gesellschaftspolitisch warb W. für eine liberale Ordnung, in der zwar Chancengleichheit gewahrt ist, aber eine gewisse Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung und der Schutz des Privateigentums als Antriebe wachsenden Wohlstands akzeptiert werden (The Cost of Freedom, A New Look at Capitalism, 1960; dt. u. span. 1962). Zudem machte sich W. seit 1960 einen Namen als Publizist durch zahlreiche Artikel u. a. in „Forbes“, „The Washington Post“, der „FAZ“ sowie regelmäßige Kolumnen in „Newsweek“ 1965–74.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. American Economic Ass., d. American Finance Ass., d. Council on Foreign Relations (Think Tank), d. Connecticut Ac. of Arts and Sciences, d. Univ. Club of Washington D. C. u. d. Harvard Club of New York City;
    Gr. BVK (1980) mit Stern (1984);
    Ludwig-Erhard-Preis f. Wirtsch.publizistik (1985).

  • Werke

    Weitere W Debt Management as an Instrument of Economic Policy, in: American Economic Review 36, 1946, S. 292–310;
    Monetary Problems of an Export Economy, The Cuban Experience 1914–1947, 1950;
    The Financial System of Portugal, 1951, portugies. 1951;
    Monetary and Banking Legislation of the Dominican Republic, 1953 (mit R. Triffin);
    Money and Growth, a Country Cross-Section Analysis, in: Journ. of Money, Credit and Banking 1, 1969, S. 281–302;
    A Tax-Based Incomes Policy, in: Journ. of Economic Issues 5, 1971, S. 1–19 (mit S. Weintraub);
    Alternative Strategies for Price and Wage Controls, ebd. 6, 1972, S. 89–104;
    The Modern Corporation and Social Responsibility, 1973 (mit H. G. Manne);
    Statements and Speeches of H. C. W., 1974–1985, in: Internetseiten Federal Reserve Archival System for Economic Research (Fraser) d. Federal Reserve Bank of St. Louis;
    „Unsere Pol. ist e. Belastung f. andere“, Interview, in: Der Spiegel, Nr. 38, 1982, S. 179–83;
    Some Uses of Economics, in: Banca Nazionale del Lavoro Quarterly Review 141, 1982, S. 119–45, Nachdr. in: Recollections of Eminent Economists, hg. v. J. A. Kregel, Bd. 1, 1989, S. 109–35;
    U.S. Monetary Policy, A Convergence of Views, in: Geld- u. Währungsordnung, hg. v. W. Ehrlicher u. R. Richter, 1983, S. 85–96;
    Why is Net Internat. Investment so Small?, in: Internat. Capital Movements, Debt and Monetary System, FS f. W. Guth, hg. v. W. Engels, A. Gutowski u. H. C. W., 1984, S. 417–36;
    Die freien Märkte in d. Welt v. heute, in: Ludwig-Erhard-Preis f. Wirtsch.publizistik 1985, hg. v. d. Ludwig-Erhard-Stiftung e. V., 1985, S. 47–56 (P);
    Einf. zu: Paul Wallich, Banco Alemán Transatlántico, Eine Reise durch Südamerika, 1986, S. 1–21;
    Monetary Policy, in: The New Palgrave, A Dict. of Economics, hg. v. J. Eatwell u. a., Bd. 3, 1987, S. 508–15 (mit D. E. Lindsay) (auch im Internet);
    Open-Market Operations, ebd., S. 711–13 (mit S. H. Axilrod) (auch im Internet);
    A Macroeconomic Perspective on Tax-based Incomes Policies, in: J. A. Kregel (Hg.), Inflation and Income Distribution in Capitalist Crisis, Essays in Memory of Sidney Weintraub, 1989, S. 47–68;
    Nachlässe: Papers, Boston Univ.;
    Files, Nat. Archives and Records Administration, Washington, D. C.

  • Literatur

    |P. Isard, The Effectiveness of Using the Tax System to Curb Inflationary Collective Bargains, An Analysis of the W.-Weintraub Plan, in: Journ. of Political Economy 81, 1973, S. 729–40;
    N. A. Jianakoplos, A Tax-Based Incomes Policy (TIP), What’s It All About?, in: Federal Reserve Bank of St. Louis Review 60, Febr. 1978, S. 8–12;
    Internat. Monetary Cooperation, Essays in Honor of H. C. W., 1987;
    R. D. Hershey Jr., Obituary H. C. W., in: The New York Times v. 16. 9. 1988 (P) u. in: The Washington Post v. 16. 9. 1988;
    S. Engelbourg, H. C. W., A Third Generation Banker, in: The Economic and Business Hist. Soc. 19, 2001, S. 91–102;
    A. H. Meltzer, A Hist. of the Federal Reserve, Bd. 2, 2009, Index, S. 1311;
    Internetseiten: Notable Names Database;
    Federal Reserve Hist. (P);
    zur Fam.: Ch. Körte, Erzz. u. Gedichte aus Argentinien, 1961 (P);
    Hildegard Wallich, Erinnerungen aus meinem Leben, 1970 (P);
    Zwei Generationen im dt. Bankwesen 1833–1914 [Hermann u. Paul Wallich], 1978 (P);
    Imperial War Mus., Dep. of Sound Records, Oral|Hist. Programme, Walter Wallich, 4431 / 04;
    W. Hildebrand, Eine Chron. d. Fam. Hildebrand-Dieckmann, 1981 / 82, S. 120–23, 136–39 u. passim (P);
    K. Hafner, The House We Lived In, in: The New York Times Magazine v. 10. 11. 1991;
    dies., The House at the Bridge, A Story of Modern Germany, 1995 (P), dt. u. d. T. Das Haus an d. Brücke, Die Villa Schöningen in Potsdam u. ihre Bewohner, 2004 (P);
    dies., Ein jüd. Aufstieg u. sein trag. Scheitern, in: Villa Schöningen an d. Glienicker Brücke, ein dt.-dt. Mus., hg. v. M. Döpfner u. L. Maculan, 2009, S. 50–61 (P);
    Who’s Who in Economics, hg. v. M. Blaug u. P. Sturges, 1982, S. 390;
    S. H. Axilrod, in: The New Palgrave, A Dict. of Economics, hg. v. J. Eatwell u. a., Bd. 4, 1987, S. 851 (auch im Internet);
    Who Was Who in America, Bd. 9, 1989, S. 367;
    B. Kulla, in: BHdwE, Bd. 2, S. 723 f.;
    Mitt. v. Carlos Körte, Argentinien, Anna u. Dr. Christine Wallich, USA, u. Robert Wallich, UK.

  • Autor/in

    Heinz Rieter
  • Zitierweise

    Rieter, Heinz, "Wallich, Henry C." in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 337-339 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138703.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA