Lebensdaten
1894 – 1971
Geburtsort
Ludwigshafen
Sterbeort
Ludwigshafen
Beruf/Funktion
sozialdemokratischer Politiker ; Rechtsanwalt ; Bundesverfassungsrichter
Konfession
andere
Namensvarianten
  • Wagner, Friedrich Wilhelm

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Zitierweise

Wagner, Friedrich Wilhelm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz138225.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus alteingesessener Fam. in L.;
    V Friedrich (1866–1926, ev., 1900 freireligiös), Einzelhandelskaufm., SPD-Lokalpol., Stadtrat in L.;
    M Elisabeth (Lisette) Huber (1867–1943, kath., 1900 freireligiös), aus Oggersheim (Pfalz), T e. Briefträgers;
    Om Josef Huber (1860–1940), Schriftsetzer, Bes. e. Buchdruckerei in L., 1887–93 Verl. d. „Pfälz. Freien Presse“, SPD-Pol., Mitgl. d. ersten pfälz. SPD-Parteivorstands, 1899–1920 Stadtrat in L. u. Abg. im Bayer. LT, 1909–12 MdR (s. P. Ruf, Ludwigshafener Abg. im LT, RT u. BT, 1993; Sozialdemokrat. Parlamentarier), 2 Schw Elisabeth (* 1897), Emma (* 1901);
    1) 1918 Katharina Sterzel ( 1] N. N.), 2) 1966 Magdalena (Madeleine) Weis ( 1] N. N. Fischbacher), schenkte W.s Nachlaß d. StadtA Ludwigshafen;
    1 T aus 1) Liselotte (* 1919, Fernand Hirsch).

  • Biographie

    W., der aus einer sozialdemokratischen Pfälzer Familie freireligiöser Prägung stammte, besuchte seit 1904 die Oberrealschule in Ludwigshafen (Abitur 1913) und studierte 1913–20 Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen, München, Heidelberg und Berlin. Er trat wahrscheinlich 1914 in die SPD ein. Nach kurzer Teilnahme am 1. Weltkrieg 1915 / 16 war er 1916–24 an verschiedenen Stellen in der Verwaltung der Stadt Ludwigshafen tätig, seit 1922 war er hier Rechtsanwalt. Er war u. a. 1920–22 Vorsitzender der SPD Ludwigshafen sowie 1927–33 Gauvorsitzender bzw. -führer (seit 1931) des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. 1930–33 Reichstagsabgeordneter für den Wahlkreis Pfalz und bekannt für sein rhetorisches Talent, war W. v. a. mit Gesetzgebungsvorhaben auf dem Gebiet des Zivil- und Strafrechts befaßt, auch als Mitglied des reformorientierten Strafrechtsausschusses. Die von ihm mitbetriebene große Strafrechtsreform, die u. a. die Abschaffung der Todesstrafe und eine Modernisierung des strafrechtlichen Ehrenschutzes zum Ziel hatte, kam bis zum Ende der Weimarer Republik nicht zustande. Als Rechtsanwalt vertrat er u. a. den SPD-Vorsitzenden Otto Wels (1873–1939) und den Kölner Polizeipräsidenten Otto Bauknecht (1876–1961) als Nebenkläger in einem Strafprozeß gegen den späteren Reichsführer der Deutschen Arbeitsfront, Robert Ley (1890–1945).

    Aufgrund des Vorgehens der Regierung Hitler gegen das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold unmittelbar bedroht und kurzzeitig in Schutzhaft, floh W. im März 1933 nach Frankreich; an der Abstimmung des Reichstags über das Ermächtigungsgesetz nahm er nicht mehr teil. In Straßburg betrieb W. seit 1933 in engem Zusammenhang mit der Dt. Liga für Menschenrechte eine Anwaltskanzlei (Rechtsstelle) zur Rechtsberatung dt. Flüchtlinge und arbeitete mit an zahlreichen Exilinitiativen sowie am letztlich an inneren Widersprüchen gescheiterten Projekt einer Dt. Volksfront gegen die NS-Regierung. 1937 wurde ihm die dt. Staatsbürgerschaft entzogen. Nach dem Beginn des Frankreich-Feldzugs floh W. 1940 / 41 über Spanien und Portugal in die USA. In New York trat er 1941 dem „German-American Council“, später „Association of Free Germans“, bei und war seit 1943 in der „German Labor Delegation“ tätig, daneben auch, auf Vermittlung seines späteren Vorgängers am Bundesverfassungsgericht, Rudolf Katz (1895–1961), 1943–46 als Bibliothekar der „Meyer London Memorial Library“ der sozialistischen „Rand School of Social Science“.

    W. kehrte 1947 nach Deutschland zurück und übernahm im Nürnberger I. G. Farben-Prozeß 1947 / 48 die Verteidigung des Werksleiters Carl Wurster (1900–74), für den er einen Freispruch erreichte.

    1948–61 gehörte W. dem Ludwigshafener Stadtrat an. Als Mitglied des ersten Rheinland-Pfälz. Landtags 1947–49 war W. 1948 / 49 Abgeordneter des Parlamentarischen Rats, wo er Vorsitzender des Ausschusses für Kompetenzfragen war. Er setzte sich während der Verfassungsberatungen für eine starke eigenständige Stellung des Bundes auf dem Gebiet der Gesetzgebung und – erfolglos – für ein Senatssystem ein. Maßgeblich beteiligt war er an der Abschaffung der Todesstrafe durch Art. 102 GG. 1949–61 Mitglied des Dt. Bundestags, war er dort wiederum vornehmlich auf dem Gebiet der Rechtspolitik tätig. Nachdem er 1951 die Nominierung für das Amt des Bundesverfassungsrichters noch abgelehnt hatte, wurde er 1961 durch den Bundesrat zum Richter und Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, damit auch Vorsitzenden des Zweiten Senats gewählt. In seine Amtszeit fiel das erste Grundsatzurteil zur staatlichen Parteienfinanzierung vom 19. 7. 1966, das bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des Gerichts 1992 den Rechtsrahmen für die Finanzierung politischer Parteien in der Bundesrepublik absteckte. W. prägte das Gericht im Übergang von der Regierungszeit Konrad Adenauers zur Großen Koalition, in der es sich immer selbstbewußter als politisches Verfassungsorgan verstand.

  • Auszeichnungen

    |JR (1948);
    Präs. d. Pfälz. Anwaltskammer (1948–54);
    Freiherr-vom-Stein-Plakette (1957);
    Präs. d. Ehrenger.hofs f. Rechtsanwälte am OLG Koblenz (1959–61);
    Gr. BVK mit Stern u. Schulterband (1964);
    Ehrenbürger d. Stadt Ludwigshafen (1964);
    Mitgl. d. Freimaurerloge „Pylon z. Leuchte am Rhein“.

  • Literatur

    | W. v. Gropper, Das Portrait, JR F. W. W., in: Welt am Oberrhein 9, 1969, H. 3, S. 136 f. (P);
    G. Braun, F. W. W. (1894–1971), in: Die Pfälz. Soz.demokratie, hg. v. M. Geis u. G. Nestler, 1999, S. 654–70;
    A. Marquet, F. W. W., Eine pol. Biogr., 2015 (Qu, L, P);
    Schumacher, M. d. R.;
    Qu Nachlaß: StadtA Ludwigshafen;
    Personalakte: Bundesvfg.ger.

  • Porträts

    |Photogr. in: Das Bundesvfg.ger. 1951–1971, hg. v. Bundesvfg.ger., 1971, S. 247.

  • Autor/in

    Florian Meinel
  • Zitierweise

    Meinel, Florian, "Wagner, Friedrich Wilhelm" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 232-233 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz138225.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA