Lebensdaten
1803 – 1881
Geburtsort
Bonn
Sterbeort
Gießen
Beruf/Funktion
Orientalist
Konfession
katholisch
Namensvarianten
  • Vullers, Johann August

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Zitierweise

Vullers, Johann August, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz137847.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Theodor (1746–1846), Büttnermeister u. Weinhändler;
    M Margarete Pützfeld (1762–1851);
    1) Klara Elisabeth Karth, 2) Henriette Fohr;
    1 T oder Stief-T.

  • Biographie

    Nach dem Abitur 1822 in Bonn nahm V. dort im selben Jahr das Studium der kath. Theologie auf, wechselte jedoch bald zu den orientalischen Sprachen und Kulturen. Seine Lehrer waren v. a. der Philosoph und Mediziner Karl Josef Hieronymus Windischmann (1775–1839), der auch indische und chin. Philosophie lehrte, und der Arabist Georg Wilhelm Freytag (1788–1861). 1827 ging V. nach Paris, um bei Silvestre de Sacy (1758–1838), dem Begründer der modernen Arabistik, sein Studium fortzusetzen. Dort belegte er weitere Kurse, z. B. Syrisch bei Étienne Marc Quatremère (1782–1857), Türkisch bei Johann Daniel (Jean-Daniel) Kieffer (1767–1833) und Chinesisch bei Abel Rémusat (1788–1832). Zusammen mit dt. Kommilitonen wie Heinrich Leberecht Fleischer (1801–88) kopierte und exzerpierte V. arab. und pers. Handschriften aus den reichhaltigen Beständen der Pariser Bibliothèque du Roi.

    Ende 1829 nach Deutschland zurückgekehrt, arbeitete V. einige Monate in Berlin an pers. Handschriften und lernte Sanskrit. Nach der Promotion in Halle zum Dr. phil. 1830, beantragte V. an der Univ. Bonn die Zulassung zum Privatdozenten, die ihm eine Kommission unter Leitung von August Wilhelm v. Schlegel (1767–1845) im Jahr darauf gewährte. 1833 folgte er einem Ruf auf eine Professur für Orientalistik an der Univ. Gießen (o. Prof. 1835).

    Hier wandte V. sich wieder der Veröffentlichung pers. Werke zu, mit deren handschriftlicher Überlieferung er sich seit seiner Pariser Zeit beschäftigt hatte, zunächst der Seldschukengeschichte Mīrhwa̅nds (Mirchondi Historia Seldschukidarŭm persice …, 1837), von der er gleichzeitig eine dt. Übersetzung publizierte (Mirchond’s Geschichte der Seldschuken …, 1837). Beide Werke verschafften ihm akademische Anerkennung. Außerdem veröffentlichte V. eine eigenständige, den Stand der historischen Sprachforschung berücksichtigende Grammatik des Persischen (Institutiones linguae Persicae cum Sanscrita et Zendica lingua comparatae, 1840). 1839 erwarb V. für die Gießener Universitätsdruckerei bessere orientalische Drucktypen.

    1838 nahm V. für ein genaueres Verständnis von altindischen med. Texten ein Studium|der Medizin auf (Dr. med. h. c. 1846). 1846 publizierte er einen medizingeschichtlichen Aufsatz (Alt-indische Geburtshülfe: aus Susruta’s System der Medizin, in: Janus, Zs. f. Gesch. u. Lit. d. Med. 1, S. 225–56). Anschließend kehrte V. ganz zu seinem eigentlichen Gebiet, dem Persischen, zurück und publizierte als Ergebnis seiner 40jährigen Beschäftigung mit pers. Schrifttum ein monumentales pers.-lat. Lexikon (Lexicon Persico-Latinum Etymologicum cum linguis maxime cognatis Sanscrita et Zendica et Pehlevica comparatum, …, 2 Bde., 1855–64, Suppl. 1867). Dieses überragt durch Klarheit und Genauigkeit alle übrigen zweisprachigen pers. Lexika des 19. und frühen 20. Jh. Es wertet pers. Primär- und Sekundärquellen in hoher Zahl aus und gibt zahlreiche Quellenverweise. Auf 1200 Seiten angelegt, wuchs das Lexikon bis zur Vollendung des 2. Bandes (1864) auf über 2500 Seiten an.

    Danach gab V. Werke der pers. Literatur heraus, so das iran. Nationalepos „Ša̅hna̅me“. Die auf drei Bände angelegte Ausgabe wurde postum von Samuel Landauer (1846–1937) vollendet (Firdusii Liber regum qui inscribitur Schahname, 3 Bde., 1877–84).

    Obwohl in seiner Lehre vielseitig und sprachlich breite Gebiete auch jenseits des Persischen behandelnd, publizierte V. fast ausschließlich über pers. Sprache und Literatur. Seine Studenten waren überwiegend Theologen und Klassische Philologen; da Gießen über keine bedeutenden Bestände orientalischer Handschriften verfügte, hatte V. trotz seiner Kompetenzen und seines Ruhms keine Studenten, die eine akademische Tätigkeit in diesem Bereich anstrebten. In seinen letzten Lebensjahren führte er ein zunehmend zurückgezogenes Leben mit seiner Familie auf einem Gut in der Nähe von Gießen.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Oberhess. Ges. f. Natur- u. Heilkde. u. d. Dt. Morgenländ. Ges. (1854);
    Ehrenmitgl. d. Société Asiatique, Paris (n. 1837) u. d. Kongelige Nordisk Oldskriftselskab, Kopenhagen (um 1865);
    franz. Goldene Verdienstmedaille (n. 1837);
    niederl. Goldene Verdienstmedaille (n. 1837);
    ghzl. hess. Verdienstorden Philipps d. Großmütigen (1864);
    Prix Volney d. Académie des sciences, Paris (1867);
    russ. Orden d. Hl. Stanislaus (v. 1868);
    päpstl. Orden d. Hl. Silvester (Goldener Sporn) (v. 1870);
    Geh. Studienrat (1872).

  • Werke

    Weitere W Fragmente über d. Rel. d. Zoroaster, Aus d. Pers. übers. u. mit e. ausführl. Commentar versehn nebst d. Leben d. Ferdusi aus Dauletschahs Biogrr. d. Dichter, Mit e. Vorworte v. Prof. Dr. Windischmann, 1831;
    Chrestomathia Schahnamiana, In usum scholarum et annotationibus et commentario locupleto (…), 1833;
    Vita poetarum Persicorum ex Dauletschahi historia poetarum (…) Fasc. I.: Hâfizi Schirâzensis vitam tenens, 1839;
    Institutiones linguae Persicae, Pars II: Syntaxis et ars metrica Persarum, 1850;
    Verborum linguae Persicae radices e dialectis antiquioribus persicis et lingua sanscrita et aliis linguis maxime cognatis erutae atque illustratae, 1867 [= Erg. zu Lex. Persico-Latinum Etymologicum, 1855–64].

  • Literatur

    |G. Dugat, Hist. des Orientalistes de l’Europe du XIIe an XIXe siècle, II, 1870, S. 265–72 (W-Verz.);
    F. Babinger, Ein Halbjh. morgenländ. Studien an d. hess. Landes-Univ., J. A. V., in: Nachrr. d. Gießener Hochschulges. 2 / 2, 1919, S. 68–88;
    O. Spies, in: Bonner Gel. VI, S. 300–04 (P);
    L. Paul, in: Enc. Iranica, 2016 (P) (Internet).

  • Autor/in

    Ludwig Paul
  • Zitierweise

    Paul, Ludwig, "Vullers, Johann August" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 146-147 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz137847.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA