Lebensdaten
erwähnt 19. – 21. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Buchhändler
Konfession
evangelisch
Namensvarianten
  • Volckmar

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Zitierweise

Volckmar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz137432.html [24.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Friedrich (1799–1876), geboren in Soest als Sohn des Goldarbeiters Johann Theodor Friedrich (1762–1845) und seiner Ehefrau Johanna Justina Brockhaus (1763–1847), absolvierte 1815–19 eine Lehre in einer Dortmunder Materialwarenhandlung und arbeitete nach dem Militärdienst 1819 / 20 seit 1821 bei seinem Cousin Friedrich Arnold Brockhaus (1772–1823) in der 1805 gegründeten und 1817 nach Leipzig verlegten Verlagsbuchhandlung. Um der sächs. Zensur zu entgehen, eröffnete Brockhaus 1821 eine Zweigfirma in Altenburg unter dem Namen „Friedrich Volckmar & Co.“, für die Friedrich nur als Strohmann fungierte. Selbständig machte Friedrich sich 1829, indem er mit Friedrich Gustav Schaarschmidt das Verlags-, Sortiments- und Kommissionsgeschäft von „C. H. F. Hartmann“ in Leipzig übernahm. 1833 wurde die geschäftliche Verbindung wieder gelöst, Friedrich behielt Verlag und Kommissionsgeschäft und Schaarschmidt das Sortiment. Friedrich spezialisierte sich fortan auf den Zwischenbuchhandel (Kommissionsbuchhandel), baute seine Firma zum Marktführer in Deutschland aus und veränderte durch innovative Vorschläge, die er auch publizierte, die Handelsgepflogenheiten des Zweigs: Durch sein Engagement übernahm der Zwischenbuchhandel viele neue Funktionen und wurde – ursprünglich ein unprofessionell ausgerichteter Nebenverdienst einiger Buchhändler der wichtigen Kommissionsplätze – zu einer dritten, gleichberechtigten Spezialisierung des Buchhandels, der zwischen dem Verlags- und Sortimentsbuchhandel vermittelte. Friedrich gilt daher als Wegbereiter des modernen Zwischenbuchhandels und der Buchstadt Leipzig in der Funktion als zentralem Logistikort (auch Leipziger Platz gen.) für Lagerung, Bestellung, Distribution und Abrechnung von Druckerzeugnissen. Seit 1843 erhielt Friedrich durch seinen ebenfalls in Soest geborenen Neffen und späteren Schwiegersohn Carl Voerster (1826–99), der zunächst als Lehrling und seit 1854 als Teilhaber beschäftigt wurde, Unterstützung im Kommissionsgeschäft. Fortan teilten sich die Familien V. und Voerster über mehrere Generationen gleichberechtigt die Geschäftsführung der Firma „Fr. Volckmar“. Voerster trat neben Louis Zander (1808–87) als Entwickler des Barsortiments in Erscheinung, einer neuen und bald einflußreichen Spezialisierung innerhalb des Zwischenbuchhandels. 1847 gründete er eine entsprechende Abteilung, zunächst intern zur Erprobung, 1861 kaufte er das 1852 gegründete, erste selbständige Barsortiment von Zander auf. Die Wortbezeichnung Barsortiment benutzte Voerster erstmals in einem Brief von 1858. Daraufhin kam es zur Gründung weiterer Barsortimente an zentralen Handelsplätzen, u. a. „K. F. Koehler“, „E. F. Steinacker“ in Leipzig, „Conradi“, später firmierend als „A. Koch & Co.“, in Stuttgart, und einem harten Wettbewerb in dieser Spezialisierung. Frühe Barsortimentskataloge enthielten nur die Bestseller zur schnellen Auslieferung in Spitzenzeiten wie dem Schulbuch- und Weihnachtsgeschäft, seit den 1880er Jahren avancierte das Barsortiment durch ständige Ausweitung zum Hintergrund- und Bestellager für den dt. Sortimentsbuchhandel.

    In der zweiten Unternehmergeneration lenkten Otto (1835–87), einziger Sohn Friedrichs, und Carl Voerster die Geschicke des Unternehmens. Es folgten in der dritten Unternehmergeneration 1884 Alfred Voerster (1859– 1944) und 1900 Hans (1873–1942), Sohn Ottos, sowie in der vierten Generation Theodor V.-Frentzel (1892–1973), Adoptivsohn des kinderlosen Hans, und Karl Voerster (1893–1966). Besondere Leistungen vollbrachten in der ersten Hälfte des 20. Jh. v. a. Alfred Voerster und Hans hinsichtlich der Konsolidierung des Unternehmens in den Krisenphasen des 1. Weltkriegs sowie der Inflation der Weimarer Republik.

    Der zunehmende Wettbewerb im Zwischenbuchhandel sorgte für einen fortschreitenden Konzentrationsprozeß, den die Firma „Fr. Volckmar“ für sich entscheiden konnte. Sie kaufte seit den 1880er Jahren führende Geschäfte auf, u. a. „Mittler“ (1880), „T. O. Weigel“ (1888), „Justus Naumann“ (1893), die „Rein’sche Buchhandlung“ (1901), „L. Staackmann“ (1906) und „Carl Cnobloch“ (1908). An den zweit- und drittgrößten Kommissionsplätzen ging der Neuerwerb mit „Albert Koch & Co.“ (1903) und „A. Oetinger“ (1907) in Stuttgart sowie „ Mickisch & Co.“ (1907) und „J. Bachmann“ (1909) in Berlin weiter. Im Zeitraum 1918–24 fusionierte „Fr. Volckmar“ mit dem Konkurrenten „K. F. Koehler“ (gegr. 1789) zum Konzern „Koehler & Volckmar AG & Co.“, damals größtes und kapitalstärkstes Unternehmen im dt. Buchhandel (Mehrheitsbeteiligung d. Fam. V./ Voerster bei parität.

    Stimmrecht mit d. Fam. Koehler). Dieser Prozeß war 1935 durch die Angliederung des Kommissionsgeschäfts „R. Streller, Leipzig“ vorerst abgeschlossen. 1933 kam es, insbesondere durch Hermann v. Hase (1880–1945), einem Manager der Koehler-Gruppe, zu internen Machtkämpfen zwischen den Familien Koehler und V./ Voerster, die nach Einschaltung von NS-Machtinstanzen (SS, RKK/ RSK, RMVP) 1938 zugunsten letzterer entschieden wurden. Insbesondere verhinderte Theodor durch geschicktes Taktieren mit NS-Behörden eine drohende Enteignung. Im 2. Weltkrieg wurden die Firmengebäude von „Koehler & Volckmar“ zu großen Teilen zerstört. 1948 flohen die Inhaberfamilien aus Leipzig nach Stuttgart, z. T. um einer bevorstehenden Enteignung, die 1949 erfolgte, und einer möglichen Inhaftierung in der SBZ zu entgehen. Der Neuanfang in der Bundesrepublik gelang an den Standorten Stuttgart (firmierend als „Koch, Neff & Oetinger“ [KNO] und Köln als „Koehler & Volckmar“ [KV]). KNO/ KV wurde schnell wieder eine Größe im Zwischenbuchhandel. 2004 kam es zu einer Firmenumstrukturierung durch Fusion der Firmen „Koch, Neff & Oetinger“ und „Koehler & Volckmar“ zu „Koch, Neff & Volckmar“ (KNV).

    In der fünften Generation leitete Jürgen Voerster (1926–2010) in Gemeinschaft mit weiteren Inhabern die Firmen von KNO/ KV. Mit dem Ausscheiden Theodors und seiner Söhne Klaus (* 1933), Peter (* 1933) und Friedrich (* 1934) Volckmar-Frentzel 1966, was zu – erst 1972 entschiedenen – juristischen Auseinandersetzungen zwischen den Familien V. und Voerster führte, endete nach 143 Jahren die Beteiligung der Familie V. am Unternehmen, das seit 1996 durch Oliver Voerster (* 1966) geleitet wird. Eine Besonderheit stellte die enge Kooperation und Partnerschaft mit dem „Leipziger Kommissions- und Großbuchhandel“ (LKG) dar, dem Nachfolgeunternehmen von Koehler & Volckmar in der DDR. 2009 erfolgte der Verkauf des LKG an KNV, um den Standort Espenhain bei Leipzig zu sichern. Die Standorte Stuttgart und Köln wurden 2015 geschlossen, um in Erfurt ein zentrales Auslieferungslager zu errichten; die Unternehmensleitung wurde in Stuttgart belassen.

    Fast alle Vertreter der Familien V. und Voerster waren und sind in Gremien und Ausschüssen des Buchhandels aktiv (u. a. Ver. d. Buchhändler zu Leipzig, gegr. 1833; Ver. Leipziger Kommissionäre, gegr. 1884; Vorstand d. 1825 gegr. Börsenver. d. Dt. Buchhändler zu Leipzig, n. 1945 Börsenver. d. dt. Buchhandels bzw. konkret im Ausschuss f. d. Zw.buchhandel d. Börsenver.). Sie gestalteten die Entwicklung des Buchhandels maßgeblich, traten ein|für den Interessenausgleich zwischen den Branchenspezialisierungen bzw. -zweigen, gegen zensorische Eingriffe in den Buchhandel und gegen kartellrechtliche Einwände der Bundesrepublik wie der EU etwa in der Frage der Ladenpreisbindung für Bücher.

  • Werke

    |zu Friedrich: Als hsl. Mittheilung f. d. Herren Committenden zu betrachten, 1833;
    Mitautor: Memorandum d. Leipziger Kommissionäre, 1846.

  • Quellen

    |StA Leipzig, 21065 Bestand Koehler & Volckmar 1877–1953; Firmenarchiv Koch, Neff & Oetinger / Koch, Neff & Volckmar, Stuttgart-Vaihingen; BA Berlin.

  • Literatur

    |ADB 54;
    K. F. Pfau in: Biogr. Lex. d. Dt. Buchhandels d. Gegenwart, 1890, S. 412–15;
    J. Ziegler, Carl Friedrich David Voerster, Sonderdr. 1909;
    G. Menz, Friedrich Volckmar (1799–1876), in: Dt. Buchhändler, vierundzwanzig Lb. führender Männer d. Buchhandels, 1925, S. 163–78 (P);
    Geneal. Tafeln d. Fam. V., Der Fam.-Ältesten Frau Antonie Volckmar geb. Vogel z. Eintritt in ihr 90. Lebensj. in Verehrung dargebracht, Sonderdr. 1926;
    Theodor Volckmar-Frentzel, In d. Stürmen d. Zeit, Zur Gesch. d. Hauses Volckmar 1829–1954, 1954 (P);
    R. Schmidt in: Dt. Buchhändler, Dt. Buchdrucker. Btr. zu e. Firmengesch. d. dt. Buchgewerbes, 1979, S. 1000–06;
    G. Jäger u. Th. Keiderling, Der Kommissionsbuchhandel, in: Gesch. d. dt. Buchhandels im 19. u. 20. Jh., Bd. 1, hg. v. G. Jäger, T. 2, 2003, S. 641–67;
    Th. Keiderling, Der Zw.buchhandel, ebd., Bd. 2, hg. v. E. Fischer u. St. Füssel, T. 2, 2012, S. 283–334;
    ders., Der Zw.buchhandel, ebd., Bd. 3, hg. v. E. Fischer u. R. Wittmann in Zus.arb. mit J.-P. Barbian, T. 1, 2015, S. 259–94;
    ders., in: Sächs. Lb. V, 2003, S. 539–60 (P);
    ders., Untern. im NS, Machtkampf um d. Konzern Koehler & Volckmar AG & Co., ²2008 (P) (darin biogr. Skizzen z. Hans Volckmar u. Theodor Volckmar-Frentzel);
    ders. u. Th. Bez, Der Zw.buchhandel, Begriffe, Strukturen, Entwicklungslinien in Gesch. u. Gegenwart, 2010;
    Jürgen Voerster, Gesch. d. Firmen Koehler & Volckmar, Koch, Neff & Volckmar, Koch, Neff & Oetinger Verlagsauslfg. u. d. Gründungsfirma F. Volckmar v. 1829 bis 2009, 2 Bde., 2010 (P).

  • Autor/in

    Thomas Keiderling
  • Zitierweise

    Keiderling, Thomas, "Volckmar" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 84-86 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz137432.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA