Lebensdaten
1822 – 1897
Geburtsort
Lüneburg
Sterbeort
Sulzbach/ Taunus
Beruf/Funktion
Geologe ; Mineraloge ; Paläontologe ; Gründer des Freien Deutschen Hochstifts
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117488739 | OGND | VIAF: 8166708
Namensvarianten
  • Volger genannt Senckenberg, Georg Heinrich Otto
  • Volger, Otto
  • Volger genannt Senckenberg, Georg Heinrich Otto
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Volger, Otto, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117488739.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm (1794–1879), Dr. phil., Dir. d. Realgymn. d. Johanneums in L., Hist., Bibl., Archivar, geogr. Schriftst., Freimaurer (s. ADB 40; Gal. berühmter Pädagogen […], hg. v. J. B. Heindl, 1859), S d. N. N. ( 1796 / 97?), 1774–96 Pastor in Neetze b. L.;
    M Franziska Rosalie Kin(t)zel, geb. Bernkastel, T e. österr. Oberarztes;
    1849 (?) Luise Volger (erw. 1842–97), Cousine;
    4 K (2 früh †) u. a. S Kurt (1860–76), T Agnes (1850 / 53–1905, verlobt mit Hermann Ahlburg, 1850–78, Botaniker, Zool., Mykol.).

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Johanneum in Lüneburg studierte V. seit 1842 zunächst Rechts-, dann Naturwissenschaften in Göttingen und wurde 1845 mit der Arbeit „De agri Luneburgici constitutione geognostica“ zum Dr. phil. promoviert. Nach Studienreisen in Deutschland und Österreich habilitierte er sich 1847 für das Fach Geologie an der Univ. Göttingen. Hier schloß er sich der revolutionären Bewegung an und wurde 1848 Vorsitzender des Demokratischen Klubs. 1849–56 lebte V. in der Schweiz. Zunächst war er Lehrer an der Bezirksschule im Kloster Muri (Aargau), 1851 / 52 an der Industrieschule in Zürich und danach Privatdozent an der dortigen Universität. 1856–61 lehrte V. als Dozent für Mineralogie und Geologie an der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt/M. V. gründete 1859 am 100. Geburtstag Friedrich Schillers das bis heute als außeruniversitäre Forschungseinrichtung bestehende Freie Dt. Hochstift (FDH) und amtierte bis 1881 als dessen Obmann. Seine weitgespannten Ambitionen, aus dem FDH eine „wissenschaftlich volkstümliche Zentral-Anstalt“ für Deutschland zu formen, die eine breit gefächerte Forschungswie Lehrinstitution sein sollte und als nationale Dachorganisation gedacht war, konnte V. ebenso wenig realisieren wie den Versuch 1864, das FDH mit der Akademie Leopoldina zu verbinden. Als er 1863 zunächst auf eigene Kosten für das FDH Goethes Geburts- und Elternhaus am Großen Hirschgraben kaufte und es so vor einem privaten Umbau bewahrte, erwarb er sich nationale Reputation.

    1881 spitzten sich die Kontroversen um V. zu, der – ob seiner Leistungen und populärwissenschaftlichen Rednergabe geschätzt – wegen seiner eigenwilligen Persönlichkeit und einer inhaltlichen Verarmung des FDH kritisiert wurde. Im Nov. 1881 wurde er als Obmann des FDH zugunsten des Justizrats Karl Nikolaus Berg (1826–87) abgewählt, der 1868–80 als zweiter Bürgermeister Frankfurts amtiert hatte. Ein Jahr später wurde V. nach heftigen Debatten und internen Auseinandersetzungen sogar aus dem Hochstift ausgeschlossen. Dessenungeachtet bleibt es V.s Verdienst, mit dem FDH nicht nur eine lokale Bildungsstätte, sondern auch eine kulturelle Institution geschaffen zu haben, die nach der Einrichtung des Goethe-Museums 1897 im dt. Sprachraum noch bekannter wurde.

    Geologische Fragen standen im Mittelpunkt von V.s ausgreifenden, eklektischen Publikationen und Vorträgen. Er versuchte sich an einer systematischen Erfassung der Erdbeben auf Schweizer Gebiet und einer weit verästelten Naturkunde, die sich vergeblich bemühte, eine dt.sprachige geologische Nomenklatur zu etablieren. Anknüpfend an Auffassungen der Geologen James Hutton (1726–97) und Charles Lyell (1797–1875) – und gegen Charles Darwin gewendet – vertrat V. die Lehre vom organischen Kreislauf des Entstehens und Vergehens von Gesteinen. Er lehnte die ältere Lehre von wiederkehrenden Katastrophen ebenso ab wie den sog. Plutonismus, d. h. die Theorie von der Entstehung der Gesteine aus vulkanischen Ursprüngen. Stattdessen schloß er sich dem sog. Neptunismus Abraham Gottlob Werners (1749–1817) an, demzufolge sich alle Gesteinsformen aus Wasser sedimentierten.

    Aufsehen erregte 1863 die öffentliche Kontroverse V.s mit Ernst Haeckel (1834–1919), dem führenden Anhänger Charles Darwins in Deutschland, auf der 38. Versammlung der Dt. Naturforscher und Ärzte in Stettin. V. wollte die Darwinsche Evolutionstheorie nur als „Hypothese“ gelten lassen und setzte ihr seine Vorstellung vom „grossen Kreislauf“ in der Natur entgegen, auf die Haeckel pointiert entgegnete. Später widmete sich V. u. a. Detailuntersuchungen zu sächs. Kohlevorkommen, der Salzerschließung in Lüneburg, wo er 1868 eine Schürfgesellschaft gründete, und Problemen der Grundwasserversorgung in Frankfurt/M., wo er gegen die Pläne zur Kanalisation der Stadt opponierte, die erfolgreich von dem Arzt und Hygieneexperten Georg Varrentrapp (1809–86) verfolgt wurden. 1877 meldete V. Konkurs an und zog sich 1881 auf sein Landhaus im Taunus zurück.

    Als wissenschaftliches Multitalent, streitbare Lokalgröße in Frankfurt/M. und wegen seiner zuweilen scharfen, publizistischen Polemiken bekannt, gehört V. zu den heute leicht vergessenen, im 19. Jh. aber viel beachteten Akteuren einer Öffentlichkeit, in der Politik, Wissenschaft, Literatur, Bildungsfragen und Stadtpolitik bis hin zu Problemen der öffentlichen Hygiene eng miteinander verzahnt debattiert wurden.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Corps Hannovera, Göttingen, d. Leopoldina (1863) u. d. Frankfurter Stadtparl. (1869–74).

  • Werke

    |Method. Schule d. Naturgesch., 1851 (Neuausg. u. d. T. Hdb. d. Naturgesch., 1855);
    Die Krystallogr., 1854;
    Erde u. Ewigkeit, 1857;
    Unterss. über d. Phänomen d. Erdbeben in d. Schweiz, 1857–58;
    Das Buch d. Erde, 1859;
    Das Freie Dt. Hochstift, 1859;
    Die Steinkohlenbildung Sachsens, 1860;
    Goethe’s Vaterhaus, 1863;
    Die Feier d. Goethe-Tages, 1880;
    Die Lichtstrahlen, 1892;
    Nachlaß: Frankfurter Goethe-Haus, FDH.

  • Literatur

    |F. Adler, Freies Dt. Hochstift, 1859 (P);
    A. Hansert, Bürgerkultur u. Kulturpol. in Frankfurt am Main, 1992, S. 82, 94 ff. u. 285 (P);
    H. Theile, Erinnerung an O. V. z. seinem hundertsten Todestag am 18. Okt. 1997, in: Sulzbacher Gesch.bll., Okt. 1997, S. 3–23;
    A. Daum, Wissenspopularisierung im 19. Jh., 1998 (W-Verz.);
    Hess. Lb. z. Kulturgesch. d. Wassers, hg. v. A. Hoffmann, 2005, S. 296;
    J. Seng, Goethe-Enthusiasmus u. Bürgersinn, 2009, S. 18–39 u. 49 f. (P);
    Pogg. II-IV;
    Biogr. Lex. Aargau;
    Frankfurter Biogr.

  • Porträts

    |Photogr., 1864, Abb. in: F. Adler (s. L), S. 315;
    Plakette v. R. Scheibe, 1934, Abb. ebd., (s. L), S. 249;
    Lith. (?), Abb. in: A. Hansert (s. L);
    Photogr., um 1890, Abb. in: J. Seng (s. L).

  • Autor/in

    Andreas W. Daum
  • Zitierweise

    Daum, Andreas W., "Volger, Otto" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 86-87 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117488739.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA