Lebensdaten
1913 – 2007
Geburtsort
Berlin
Sterbeort
La Jolla (Kalifornien, USA)
Beruf/Funktion
Molekularbiologin ; Virusforscherin ; Krebsforscherin
Konfession
-
Namensvarianten
  • Vogt, Marguerite

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Zitierweise

Vogt, Marguerite, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz137184.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Oskar (s. 1);
    M Cécile Mugnier (s. 2);
    Schw Marthe (s. 3);
    – ledig.

  • Biographie

    Nach Schulbesuch und Abitur 1931 begann V. im selben Jahr mit dem Studium der Medizin und Naturwissenschaften, insbesondere der Genetik, an der Univ. Berlin, wo sie 1936 ihr med. Staatsexamen ablegte. 1935–37 war sie Doktorandin am KWI für Hirnforschung in der Genetischen Abteilung von Nikolaj Vladimirovic Timoféeff-Ressovsky (1900–81).

    V. wurde 1937 an der Univ. Berlin mit der Arbeit „Zur Unabhängigkeit der einzelnen Eigenschaften der Manifestierung einer schwachen polaren Genmutation (Venae abnormes) bei Drosophila melanogaster“ (in: Journ. f. Psychol. u. Neurol. 47, 1937, H. 5, S. 532–49) bei Fritz Lenz (1887–1976), angefertigt bei Timoféeff-Ressovsky, zum Dr. med. promoviert. Im KWI lernte sie Hermann Joseph Muller (1890–1967), Gastwissenschaftler und Mitglied des Kuratoriums des KWI, sowie Max Delbrück (1906–81) kennen. Ihre Eltern mußten wegen des NS-Regimes das KWI verlassen; weitere Mitarbeiter emigrierten. Von Herbst 1937 bis 1950 war V. als wissenschaftliche Mitarbeiterin im privaten, von ihren Eltern gegründeten und geleiteten Institut für Hirnforschung in Neustadt (Schwarzwald) tätig, wo sie ihre genetischen Forschungen fortführte. Nach der Kapitulation Deutschlands luden Muller und Delbrück sie zu einem Forschungsaufenthalt an das CalTech in Pasadena (Kalifornien) ein. Seit 1950 lebte und arbeitete V. in den USA. Mit Renato Dulbecco (1914–2012) arbeitete sie 1950–63 am CalTech, seit 1963 bis zu ihrem Tod am Salk Institute in La Jolla (Kalifornien).

    V. forschte bis 1950 zur Genetik der Drosophila und publizierte dazu 36 Arbeiten. Dann wechselte sie zur Virusforschung, wo ihr zum Polio Virus die bedeutendsten Leistungen gelangen. Mit Dulbecco züchtete sie als erste das Polio Virus in vitro, was eine wichtige Stufe auf dem Weg zur Herstellung des späteren Impfstoffs gegen Kinderlähmung war. Ihre Plaque-Methode bildete Jahrzehnte den Standard für die Reinigung des Poliovirus. Ihre Fähigkeiten als Zellzüchterin nutzte sie ebenfalls, um tumorverursachende Viren zu untersuchen.

    Die Zusammenarbeit mit Dulbecco war wissenschaftlich und in den praktischen Auswirkungen überaus erfolgreich. Seit 1959 arbeiteten sie gemeinsam zur Krebsforschung in Pasadena, seit 1963 bis zu Dulbeccos Weggang 1972 am neu gegründeten Salk Institute in La Jolla. Beiden gelang es nachzuweisen, daß normale Zellen außerhalb des Organismus zu Krebszellen transformiert werden können, und daß Tumorviren dafür verantwortliche Gene enthalten. Obwohl V. jahrelang mit Dulbecco publizierte, ignorierte das betreffende Komitee ihren Anteil und vergab den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin 1975 nur an Dulbecco (mit David Baltimore u. Howard Temin). V. arbeitete seit 1973 über RNA-Tumorviren und publizierte mit 85 Jahren ihren letzten Artikel. Bis zu ihrem Tod war sie eine der anerkanntesten Molekularbiologinnen am Salk Institute in La Jolla.

  • Auszeichnungen

    |M. V. Endowed Lecture (seit 2001);
    California’s Remarkable Women, Ausst. im State Mus., 2004;
    M.-V.-Haus, Max-Delbrück-Center f. Molekulare Med., Berlin (2014).

  • Werke

    |Anatomie d. pupalen Drosophila-Ring-Drüse u. ihre mutmaßl. Bedeutung als imaginales Metamorphosezentrum, in: Biol. Zbl. 61, 1941, S. 725 f.;
    Ein drittes Organ in d. larvalen Ringdrüse v. Drosophila, in: Naturwiss. 30, 1942, S. 66 f.;
    Inhibitory Effects of the Corpora Cardiaca and of the Corpus Allatum in Drosophila, in: Nature 157, 1946, S. 512;
    Some Problems of Animal Virology as Studied by the Plaque Technique, in: Cold Spring Harbor Symposia on Quantitative Biology 18, 1953, S. 273–79 (mit R. Dulbecco);
    Plaque Formation and Isolation of Pure Lines with Poliomyelitis Viruses, in: Journ. of Experimental Medicine 99, 1954, S. 167–82;
    Induction of Cellular DNA Synthesis by Polyoma Virus, in: Proceedings of the National Ac. of Sciences of the USA 53, 1965, S. 403–10 (mit R. Dulbecco u. L. H. Hartwell);
    Induction of Cellular DNA Synthesis by Polyoma Virus, II. Increase in the Rate of Enzyme Synthesis after Infection with Polyoma Virus in Mouse Kidney Cells, in: Virology 27, 1965, S. 262–72 (mit L. H. Hartwell u. R. Dulbecco);
    Induction of Cellular DNA Synthesis by Polyoma Virus, III. Induction in Productively Infected Cells, ebd. 55, 1966, S. 956–60 (mit R. Dulbecco u. B. Smith);
    Independent Induction of Senescence by p16INK4a and p21CIP1 in Spontaneously Immortalized Human Fibroblasts, in: Cell Growth and Differentiation 9, 1998, S. 139–46 (mit C. Haggblom, J. Yeargin, T. Christiansen-Weber u. M. Haas);
    Nachlaß: Mandeville Special Collections Library, Geisel Library, Univ. of California, San Diego.

  • Literatur

    |N. Angier, Scientist at Work, M. V., A Lifetime Later, Still in Love with the Lab, in: New York Times v. 10. 4. 2001, S. 1 u. 6 (P);
    H. Pycior u. a. (Hg.), Creative Couples in the Sciences, 1996, Appendix, S. 287;
    I. Klatzo, Cécile and Oskar V., The Visionaries of Modern Neuroscience, 2002;
    A. Vogt, Vom Hintereingang z. Hauptportal? Lise Meitner u. ihre Kolleginnen an d. Berliner Univ. u. in d. KWG, 2007;
    V. Wunderlich, Die außergewöhnl. Laufbahn d. Zell- u. Tumorbiol. M. V., „Ihre Arbeit hätte mehr anerkannt werden sollen“, in: ders., Zum Exodus gezwungen 1933–1945, Lebenswege v. Wissenschaftlern aus Berlin-Buch, 2014, S. 54–96;
    Wissenschaftlerinnen KWI (P);
    Nachrufe: Longtime Salk Researcher M. V. Dies, The Salk Inst., Press Releases v. 6. 7. 2007;
    German-born M. V., Polio and Cancer Researcher at Salk, Dies at 94, in: Internat. Herald Tribune v. 10. 7. 2007;
    J. Pearce, M. V., 94, Dies, Biologist and Researcher on Polio Virus, in: The New York Times v. 18. 7. 2007;
    D. Jones, Remembering M. V., The Ring Gland, Lab Forsburg 2007 (online);
    M. V., Polio and Cancer Researcher at Salk, Dies at 94, hg. v. Associated Press;
    Qu Archive d. HU u. d. Berlin-Brandenburg. Ak. d. Wiss. (Teilnachlaß O. Vogt u. Nachlaß Stubbe);
    Cécile u. Oskar Vogt-Archiv, Düsseldorf;
    American Philosophical Soc., Philadelphia (Curt Stern Papers);
    Salk Inst., La Jolla.

  • Porträts

    |Photogrr. (Salk Inst., La Jolla).

  • Autor/in

    Annette Vogt
  • Zitierweise

    Vogt, Annette, "Vogt, Marguerite" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 47-48 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz137184.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA