Lebensdaten
1930 – 2007
Geburtsort
Hamburg
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Jurist ; Staatsrechtler ; Finanzverfassungsrechtler
Konfession
lutherisch
Namensvarianten
  • Vogel, Klaus

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Zitierweise

Vogel, Klaus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz137063.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hugo (1894–1964), Schriftsetzer in H.;
    M Rosalie Waßmann (1906–81), Stenotypistin;
    1955 Maja (* 1935), M.A., Amerikanistin, T d. Erich von Lehe (1894–1983, Dr. phil., Oberarchivrat am StA Hamburg, Hist. (s. Hamburg. Biogr. IV), u. d. Sigrid Freiin v. Verschuer (1899–1952);
    5 S (1 früh †) Klaus (* 1956, Karin Nahrmann, * 1958, Krankenschwester), Dr. phil., Hist., Vf. v. „Sphaera terrae, Das ma. Bild d. Erde u. d. kosmograph. Rev.“, Diss. Göttingen 1995, Jan (* 1961, Ursula Leibfried-Bekschmitt, * 1962, Dr. med., Fachärztin f. Psychiatrie u. Psychotherapie in Freudenstadt), Dr. med., Vf. v. „Abfallvermeidung u. Wertstoffslg. im Krankenhaus“, Diss. Freiburg (Br.) 1992, Facharzt f. Psychiatrie u. Psychotherapie in Freudenstadt, Jakob (* 1963, Caroline Moine, * 1973, Dr. phil., Filmhist., Vf. v. „Cinéma Guerre froide, Histoire du festival de filmes documentaires de Leipzig (1955–1990)“, Diss. Paris Sorbonne 2014), Dr. phil., Prof. f. Gesch. d. Neuzeit in Paris, Vf. v. „Nationen im Gleichschritt, Der Kult d. Nation in Waffen in Dtld. u. Frankr. 1871–1914“, Diss. Göttingen 1997, u. „‘Ein schillerndes Kristall‘, Eine Wissensgesch. d. Salzes zw. früher Neuzeit u. Moderne, Habil.schr. Köln 2008 (s. Kürschner, Gel.-Kal. 2014), Gereon (* 1964, Irmgard Sedlmayr, * 1969, Steuerberaterin), Dr. theol., Pfarrer in Baldham, Rel.wiss., Vf. „Blasphemie, Die Affaire Rushdie in rel.wiss. Sicht, Zugleich e. Btr. z. Begriff d. Rel.“, Diss. Bochum 1998, 1 T Anna (* 1970, Chedli Bejaoui), RA in Frankfurt/M.;
    Om d. Ehefrau Otmar Frhr. v. Verschuer (1896–1969), Med., Dir. d. Inst. f. Humangenetik d. Univ. Münster (s. NDB 26).

  • Biographie

    V. legte 1949 in Hamburg das Abitur ab und studierte hier 1949–52 Rechtswissenschaften (1. jur. Staatsexamen 1952, 2. jur. Staatsexamen 1957). 1955 wurde er bei Hans-Peter Ipsen (1907–98) in Hamburg zum Dr. iur. utr. promoviert (Öff. Wirtsch.einheiten in privater Hand, 1959). 1957–63 war er in Hamburg wiss. Assistent von Gerhard Wacke (1902–76), bei dem er sich 1963 für Staats- und Verwaltungsrecht unter Einbeziehung von Finanz- und Steuerrecht habilitierte (Der räuml. Anwendungsbereich d. Verw.rechtsnorm, 1965). 1963 zum Privatdozenten ernannt, wurde V. 1964 o. Professor in Erlangen-Nürnberg für Steuerrecht. 1966–77 war er o. Professor, Gründer und Direktor des Instituts für Dt. und Internationales Steuerrecht an der Univ. Heidelberg (Dekan 1974), 1970–77 zusätzlich Richter im Nebenamt am Verwaltungsgerichtshof für Baden-Württemberg. Von 1977 bis zu seiner Emeritierung 1996 war er o. Professor an der Univ. München sowie Gründer und Leiter der dortigen Forschungsstelle für Ausländisches und Internationales Finanz- und Steuerrecht. Daneben hielt er Vorlesungen, v. a. zum Internationalen Steuerrecht, an zahlreichen Universitäten (Gastprof. u. a. Harvard Univ. 1985, Univ. of California 1986, Univ. Yokohama 1994, Wirtsch.univ. Wien 1998 / 99).

    V.s Forschungsgebiete waren zunächst Verfassungs-, Verwaltungs- und Polizeirecht. In seiner Antrittsvorlesung „Die Verfassungsentscheidung des Grundgesetzes für eine internationale Zusammenarbeit“ von 1964 entwickelte V. erstmals die These, daß die westdt. Verfassung (Präambel u. Art. 24, 25 u. 26 GG) den Staat zur internationalen Zusammenarbeit verpflichte, und prägte den in der dt. Staatsrechtswissenschaft inzwischen etablierten Begriff der „offenen Staatlichkeit“, der Ausrichtung der Bundesrepublik Deutschland auf eine internationale Gemeinschaft, die als dirigierender Verfassungsgrundsatz Politik und Gesetzgebung bindet.

    In seiner Habilitationsschrift übertrug V. diesen Gedanken auf die Frage, wann Verwaltungsrechtsnormen auf Staatsgrenzen überschreitende Sachverhalte zu erstrecken sind, und ging dabei von der Auflösung des Territorialprinzips aus, das die Vorschriften des staatlichen Verwaltungsrechts nahezu ausschließlich innerhalb des eigenen Staatsgebiets anwenden will. V.s Auseinandersetzung mit diesem Thema enthält eine monographische allgemeine Staatslehre, die vom Territorialprinzip abrückt und eine entsprechende Entwicklung seit dem 19. Jh. nachzeichnet. In Abgrenzung zu den Lehren des von ihm hochgeschätzten Karl Neumeyer (1869–1941) entwickelte V. für das Verwaltungsrecht die These, daß dort die anwendungsbegrenzenden Normen dogmatisch nicht von den Normen des materiellen Verwaltungsrechts unterschieden werden müssen. Die eigentliche „Kollisionsnorm“ des internationalen Verwaltungsrechts liege in dem Einseitigkeits-Gedanken, nach dem der Staat nur sein eigenes Verwaltungsrecht anwenden könne. In seiner Münchner Abschiedsvorlesung 1996 (Wortbruch im Vfg.recht, in: JZ 52, 1997, H. 4, S. 161–67) griff V. diesen auf zwischenstaatliche Kooperation angelegten Leitgedanken erneut auf und akzentuierte ihn für|das Verhältnis von Völkerrecht und Verfassungsrecht. Diese „Offenheit“ steht nicht für verminderte Verbindlichkeit oder gar Beliebigkeit. In strikter Begriffstreue und sprachlicher Klarheit wies V. den Gesetzgeber und die Exekutive insbesondere gegenüber der Steuergewalt, dem „Zentrum der Macht“ moderner Staatlichkeit, auf seine Pflicht hin, Gewalt über den Menschen in den Verfassungsstaat zu binden und diesen an die Idee des juristischen Liberalismus zu erinnern.

    Im Polizeirecht verteidigte V. in seiner Studie „Über die Herkunft des Polizeirechts aus der liberalen Staatstheorie“ (in: Vfg., Verw., Finanzen, FS f. Gerhard Wacke z. 70. Geb.tag, 1972, S. 375–89) dessen traditionell freiheitlichen, auf die Gefahrenabwehr beschränkten Charakter als „unsere gute Waffe gegen den Polizeistaat“. Die Folgerungen dieses Grundverständnisses entwickelte V. in dem von Bill Drews (1870–1938) begründeten und von Wacke weitergeführten Lehrbuch zum allgemeinen Polizeirecht und machte es zum Standardwerk, das aus der Tradition dt. polizeirechtlicher Liberalität ein allgemeines dt. Polizeirecht bewahrt und fortgebildet hat.

    V. ist der Begründer der Dogmatik des internationalen Steuerrechts, seine Lehre über dessen Auslegung und Handhabung ist weltweit anerkannt. Sein Meisterwerk ist sein Kommentar zum Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Hier entwickelte V. eine übergreifende Lehre zur internationalen Aufteilung des Besteuerungsrechts und zur Vermeidung von Doppelbesteuerung. Die Doppelbesteuerung wird insbesondere durch Abkommen vermieden, die in dem OECD-Musterabkommen eine wesentliche Orientierung finden und deren Fortbildung V. weitgehend beeinflußte. Das Anliegen des DBA-Kommentars zielt darauf, mit dem OECD-Musterabkommen als Ausgangsordnung die Grundprinzipien der weltweit etwa 2500 Abkommen rechtswissenschaftlich zu ergründen und dieses von der internationalen Praxis bestimmte Rechtsgebiet systematisch zu erklären. Aus dem zwischenstaatlichen Recht wird ein transnationales Recht, das die Normen und ihre Anwendung („Entscheidungsharmonie“) umfaßt. V.s Kommentar ist inzwischen das Standardwerk für Wissenschaft und steuerrechtliche Praxis, sein Kommentarprinzip wurde zum Vorbild für andere Werke. Die engl. Fassung vermittelt seine Lehren in nahezu alle am Welthandel beteiligten Staaten.

    V. legte auch zentrale Studien zu den staatstheoretischen und verfassungsrechtlichen Grundlagen des Steuerrechts und der Finanzverfassung sowie vertiefende Spezialstudien vor und lieferte Beiträge zur Steuerrechtsvergleichung und zur Prägung und Fortentwicklung des Steuerrechts durch das Recht der Europ. Gemeinschaft. Sein Verständnis des Finanz- und Steuerstaats, das die Wirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland in gleichrangiger Weise wie die Prinzipien von Rechtsstaat, Demokratie, Sozialstaat und Bundesstaat erklärt, verdeutlichte V. durch eine Kommentierung der Finanzverfassung des Grundgesetzes (1970–2004), durch eine Studie „Finanzverfassung und politisches Ermessen“ (1972) und durch eine Grundsatzbetrachtung „Rechtfertigung der Steuern, Eine vergessene Vorfrage“ (in: Der Staat 25, 1986, S. 481–519).

    V. leistete zur Zeit der Wiedervereinigung Deutschlands als Vorsitzender der „Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer“ einen herausragenden Beitrag zur inneren Vereinigung, insbesondere durch eine Sondertagung zur Herstellung der Verfassungseinheit.

    Schüler V.s sind u. a. Dieter Birk, Paul Kirchhof, Moris Lehner, Anna Leisner-Egensperger, Michael Rodi und Christian Waldhoff.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Permanent Scientific Committee d. Internat. Fiscal Association (1974–91) u. d. Ac. Brasileira de Direito Tributário (1991);
    Ehrenmitgl. d. Instituto Brasileiro de Direito Tributário (1976) u. d. Instituto Internacional de Estudios de Direito do Estado, Porto Alegre (2004);
    stellv. (1974 / 75) u. Vors. (1990 / 91) d. Vereinigung d. Dt. Staatsrechtslehrer;
    Dt.-japan. Forsch.preis (1993);
    BVK am Bande (1997);
    Dr. rer. soc. oec. h. c. (Wirtsch.univ. Wien 2000);
    Finanzmedaille d. Bayer. Staatsmin. d. Finanzen in Gold (2002);
    Speaker and Chairman of Bombay Internat. Tax Conference (2004–06);
    Ehrenpräs. d. Foundation for Internat. Taxation, Bombay (2006);
    jährl. K. V.-Lectures an d. Wirtsch.univ. Wien (2007).

  • Werke

    Weitere W Die Grenzen d. Steuerhoheit im Bereich d. Erbschaft- u. Vermögensteuern, in: Cahiers de Droit Fiscal International 53, 1968, S. 143–66;
    Der Begriff d. „capital gains“ in d. versch. Ländern, Nat.ber., ebd. 63b, 1976, S. 129–43;
    Steuerl. Behinderungen d. internat. Kapitalflusses zw. e. Mutterges. u. ihrer Tochterges., Gen.ber., ebd. 69a, 1984, S. 15–54, dort nachfolgend auch franz., engl., span.;
    Die Auslegung v. Doppelbesteuerungsabkommen, Gen.ber., ebd. 78a, 1993, S. 19–53, engl. S. 55–85, franz. S. 87–121, span. S. 123–57 (mit R. Prokisch);
    Vfg.rechtl. Grenzen d. öff. Finanzkontrolle, in: Dt. Verw.bl. 85, 1970, H. 5, S. 193–200;
    Das Verbot „gleichartiger“ örtl. Verbrauch- u. Aufwandsteuern in Art. 105 Abs. 2 a GG, in: Steuerlast u. Untern.pol., hg. v. K. Oettle, 1971, S. 169–91;
    Gefahrenabwehr, Allg. Polizeirecht (Ordnungsrecht) d. Bundes u. d. Länder, begr. u. d. T. Preuß. Polizeirecht v. B. Drews, fortgef. u. d. T. Allg. Polizeirecht v. G. Wacke, Bd. 1, ⁸1975, ⁹1986 (in e. Bd. neu bearb. mit W. Martens);
    Vfg.grenzen f. Steuern u. Staatsausgaben?, in: FS f. Theodor Maunz, hg. v. P. Lerche u. a., 1981, S. 416–28;
    Doppelbesteuerungsabkommen, Das OECD-Musterabkommen u. d. Doppelbesteuerungsabkommen d. Bundesrep. Dtld. auf d. Gebiet d. Steuern v. Einkommen u. Vermögen, 1983, ²1990, engl. 1990, ³1996, engl. 1997, ⁵2008 (mit M. Lehner), ⁶2015, hg. v. M. Lehner, engl. Neufassung ⁴2015, hg. v. E. Reimer u. A. Rust;
    Das ungeschriebene Finanzrecht d. Grundgesetzes, in: Gedächtnisschr. f. Wolfgang Martens, 1987, S. 265–79;
    Der Finanz- u. Steuerstaat, in: J. Isensee u. P. Kirchhof (Hg.), Hdb. d. Staatsrechts d. Bundesrep. Dtld., Bd. I, 1987, S. 1151–86, ²1995, § 27, Bd. II, ³2004, § 30, S. 843–78;
    Grundzüge d. Finanzrechts d. Grundgesetzes, ebd., Bd. IV, 1990, ²1999, § 87;
    Der offene Finanz- u. Steuerstaat, ausgew. Schrr. 1964–1990, hg. v. P. Kirchhof, 1991;
    Taxation of Cross-Border Income, Harmonization, and Tax Neutrality under European Community Law, 1994;
    Der EuGH u. d. direkten Steuern, in: Steuer u. Wirtsch. 2005, S. 373–77;
    – Kommentare: Kommentierung d. X. Grundgesetzabschnitts (Das Finanzwesen), in: Bonner Kommentar z. Grundgesetz, Vorbemm., Art. 104 a bis 109, Art. 114 u. 115 GG, Zweitbearbeitung, seit 1971 (mit P. Kirchhof, M. Wachenhausen, H. Walter u. M. Wiebel, seit 1971;
    Art. 105 GG, ebd., 112. Aktualisierung, 2004;
    United States income tax treaties, seit 1989 (mit| H. Shannon u. R. L. Doernberg);
    Grundlagen d. Finanzvfg.rechts, Vorbemm. z. Art. 104a bis 115 GG, Sonderausg. d. Bonner Kommentars z. Grundgesetz, 1999 (mit Ch. Waldhoff);
    – Nachlaß: Fam.bes., hierzu Findbuch z. wiss. Nachlaß, v. E. Reimer u. M. Valta, Heidelberg(Ms.).

  • Literatur

    |P. Kirchhof u. a. (Hg.), Staaten u. Steuern, FS f. K. V. z. 70. Geb.tag, 2000 (W-Verz., P);
    ders. u. a. (Hg.), International and Comparative Taxation, Essays in Honour of K. V., 2002;
    ders., in: Jb. d. öff. Rechts NF 57, 2009, S. 549–52;
    ders., Staat u. Recht im Denken v. K. V., in: Reden z. Andenken an K. V., hg. v. M. Lehner, 2010, S. 1–15;
    ders., in: Staatsrechtslehrer 20. Jh., S. 1005–20;
    M. Lehner, K. V. z. 75. Geb.tag, in: Dt. Steuerrecht 43, 2005, H. 49, S. 2053;
    E. Reimer, K. V. (1930–2007), Ein Nachruf, ebd. 46, 2008, H. 5, S. 169;
    A. Leisner-Egensperger, in: NJW 61, 2008, H. 5, S. 277;
    Ch. Waldhoff, in: JZ 63, 2008, H. 5, S. 246 f.;
    ders., Begriff u. Funktion d. Finanzvfg. im Werk K. V.s, in: Reden z. Andenken an K. V., hg. v. M. Lehner, 2010, S. 43–57;
    Drüll, Heidelberger Gel.lex. IV.

  • Autor/in

    Paul Kirchhof
  • Zitierweise

    Kirchhof, Paul, "Vogel, Klaus" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 24-26 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz137063.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA