Lebensdaten
1863 – 1957
Geburtsort
Rosenbeck (Livland)
Sterbeort
Gammertingen bei Tübingen
Beruf/Funktion
Chemiker ; Wissenschaftshistoriker ; Professor in Riga ; Professor in Rostock
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118770969 | OGND | VIAF: 114973708
Namensvarianten
  • Walden, Paul von
  • Valdens, Pauls
  • Waldehn, Paul von (seit 1907 oder 1908)
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Zitierweise

Walden, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118770969.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jahn (Janis, Ja¯ n¸is) Waldehn (1816–67), lett. Gesindewirt, Bauer, Verw.;
    M Anne Kreutzmann (Kreischmann?) (1818–70?);
    Wolmar-Weidenhof (Livland) 1898 Wanda (1878–1950), T d. Karl v. Lutzau (1850–1923), aus Mitau, Dr. med., Stadtarzt u. Kreisarzt in Wolmar, 1918–12 Arzt in Hamburg, Lepidopterol. (s. Dt.balt. biogr. Lex.), u. d. Antonie Niemirow (* 1854);
    2 T Antonie Anna W. (1899–1983, Juho August [Aukusti] Hollo, 1885–1967, Übers., Essayist, Doz. in Helsinki, Leipzig u. Wien, seit 1930 Prof. f. Bildung u. Unterr. in Helsinki), Karin Isabella Wanda (1901–35);
    E Anselm Hollo (1934–2013), Übers., Dichter.

  • Biographie

    Nach Schulbesuch und Abitur in Cēsis und Riga studierte W. 1882–88 / 89 Chemie am Rigaer Polytechnikum und setzte 1890–91 seine Studien in Physik und Chemie in Leipzig fort. Bei Wilhelm Ostwald (1853–1932) wurde er 1891 zum Dr. phil., 1893 dann in Odessa zum Magister der Chemie promoviert. Seit 1887 publizierte er regelmäßig und wirkte am „Handbuch der Stereochemie“ (hg. v. C. A. Bischoff, 1894) mit. 1894 wurde W. Professor für physikalische und analytische Chemie und 1899 für anorganische und organische Chemie am Rigaer Polytechnikum. Im selben Jahr wurde er an der Univ. St. Petersburg zum Dr. chem. promoviert. W.s wissenschaftliche und pädagogische Erfolge bewirkten 1899–1901 den Neubau eines chem. Instituts für das Rigaer Polytechnikum (1902–05 u. 1915–18 Dir. d. Inst.). 1908 wurde er als Nachfolger D. I. Mendeleevs auf den Lehrstuhl für Chemie an der Univ. St. Petersburg und 1910 zum Direktor des dortigen chem. Laboratoriums der Akademie der Wissenschaften berufen. International hoch angesehen, wurde W. siebenmal für den Chemie-Nobelpreis vorgeschlagen (1913, 1918, 1920, 1922, 1927, 1928, 1934). Während des 1. Weltkriegs mitsamt seinem Institut nach Moskau evakuiert, leitete er 1918 dessen Rückführung nach Riga. Nach der Gründung der Lett. Republik wurde die Balt. Rigaer Hochschule zur Lett. Hochschule umgestaltet, der W. als Rektor vorstehen sollte. W. erwarb jedoch bei der noch amtierenden dt. Ober-Ost-Regierung einen dt. Paß und flüchtete. An der Univ. Rostock wirkte er seit 1919 als o. Professor für Chemie, war Direktor des chem. Laboratoriums und stand der anorganischen und pharm. Abteilung vor, seit 1924 auch der physikochem. Abteilung (em. 1934). W. war seit 1934 Mitglied der NSDAP und des NS-Lehrerbunds sowie förderndes Mitglied der SS. Im 2. Weltkrieg in Rostock ausgebombt, lebte er nach einem Zwischenaufenthalt in Berlin in Frankfurt/M., wo er 1942 chemiehistorische Vorlesungen anbot. Auf Vermittlung von Adolf Butenandt (1903–95) übernahm W. 1947–53 eine Gastprofessur für Geschichte der Chemie an der Univ. Tübingen.

    W. arbeitete auf den Gebieten der anorganischen und physikalischen Chemie, der Stereochemie und Elektrochemie in nichtwässrigen Lösungsmitteln und gilt als Begründer der organischen physikalischen Chemie. 1897 wies er die Konfigurationsumkehr bei einer nukleophilen Substitution 2. Ordnung an einem Kohlenstoffatom mit vier verschiedenen Substituenten nach, die als „Walden-Umkehr“ in die Literatur einging. Aus Brombernsteinsäure konnte er sowohl L-Äpfelsäure als auch D-Äpfelsäure herstellen. 1899–1901 ermittelte W. die Molekulargrößen von Salzen mittels ihrer wässrigen Lösungen, um deren ionische Strukturen zu untersuchen. Zeitlebens beschäftigte er sich mit den Eigenschaften von Elektrolyten in wässrigen und nichtwässrigen Lösungsmitteln. Beim Vergleich des Äquivalentleitvermögens bei unendlicher Verdünnung eines Elektrolyten in verschiedenen Lösungsmitteln fand er die empirische Beziehung, daß das Produkt aus dem Äquivalentleitvermögen und der Viskosität eines Lösungsmittels annähernd konstant ist (Walden’sche Regel). Diese Beziehung gilt nur unter der Voraussetzung der Konstanz des Radius der Ionen (z. B. für Tetraethylammoniumiodid).

    Nach seiner Emeritierung wandte sich W. verstärkt der Geschichte der Chemie zu; er veröffentlichte über 250 Schriften zu diesem Thema. Aufgrund entsprechender Einlassungen in seinem 1944 erschienenen Überblickswerk „Drei Jahrtausende Chemie“ galt er als Leitfigur der völkischen Chemiegeschichtsschreibung. Die „Geschichte der organischen Chemie seit 1880“ (1941 u. 1972) bietet Chemikern einen Einblick in die Entwicklung dieses Fachgebiets.

  • Auszeichnungen

    |u. a. russ. Wirkl. Staatsrat (1907 / 08);
    Ehrenmitgl. d. Chemical Soc. London (1912), d. Ch.-S.-Ledencov-Ges. Moskau (1912), d. Ak. d. Wiss. Leningrad (1928), d. Ver. dt. Chemiker (1928), d. Berliner Ges. f. Gesch. d. Naturwiss., Med. u. Technik (1931), d. Finn. Ak. d. Wiss., Helsinki (1932) u. d. Dt. Bunsen-Ges. (1933);
    korr. Mitgl. d. Ak. d. Wiss. Göttingen (1914), d. Ac. des sciences, Paris (1916) u. d. Ak. d. Wiss. Stockholm (1928);
    Mitgl. d. Leopoldina (1932);
    Leblanc-Medaille (1928);
    Hertz-Plakette, Hamburg (1928);
    Dr.-Ing. E. h. (TH Stuttgart 1928);
    Dr. med. h. c. (Rostock 1932);
    Dr. sc. h. c. (Madrid 1934);
    Goethe-Medaille (1934);
    Goethe-Plakette d. Stadt Frankfurt/M. (1942);
    August-Wilhelm-v.-Hofmann-Denkmünze (1942) u. Gmelin-Beilstein-Denkmünze (1954) d. Ges. dt. Chemiker;
    Dr. rer. nat. h. c. (Tübingen 1950);
    – P.-W.-Symposium d. Organ. Chemie mit Verleihung d. P.-W.-Medaille in Riga (zweij. seit 1980);
    – Denkmal „Walden-Umkehr“ v. A. Vārpa in Riga (2003).

  • Werke

    |30 Monogrr. u. 400 wiss. Btrr.;
    Die Lösungstheorien in ihrer geschichtl. Aufeinanderfolge, 1910;
    Opt. Umkehrerscheinungen, 1919;
    Molekulargrössen v. Elektrolyten in nichtwässrigen Lösungsmitteln, 1923;
    Chemie d. freien Radikale, 1924;
    Das Leitvermögen d. Lösungen, 3 T., 1924;
    Hdb. d. allg. Chemie, Bd. 4, 1924;
    Goethe als Chemiker u. Techniker, 1932, ²1943;
    Chronol. Übersichtstabellen z. Gesch. d. Chemie v. d. ältesten Zeiten bis z. Gegenwart, 1953;
    Autobiogr.: Wege u. Herbergen, Mein Leben, 1974 (P).

  • Literatur

    |P. I. Val’den, Biobibliograficˆeskij ukazatel’, 1983 (W-Verz., P);
    J. Weyer, Chemiegesch.schreibung v. Wiegleb bis Partington, e. Unters. über ihre Methoden, Prinzipien u. Ziele, 1974;
    R. Zott, Wilhelm Ostwald u. P. W. in ihren Briefen, 1994 (P);
    M. Buddrus u. S. Fritzlar, Die Professoren d. Univ. Rostock im Dritten Reich, 2007, S. 422 f.;
    S. Everts, Latvia Celebrates P. W., Organic and Physical Chemist, who Would Have Been 150 this Year, is Feted by his Homeland, in: Chemical and Engineering News 91, 2013, H. 29, S. 28 f.;
    H. Maier, Chemiker im Dritten Reich, 2015;
    Pogg. IV-VI;
    Rhdb.;
    Wi. 1935 u. 1955;
    Dt.balt. Biogr. Lex. (zur Fam.);
    Biogr. Lex. Mecklenburg V (P);
    Complete DSB;
    Qu Archive d. Univ. Rostock, d. Univ. Tübingen, d. MPG u. d. Ak. d. Wiss. Berlin;
    meckl. Landeshauptarchiv Schwerin.

  • Porträts

    |Ölgem. v. E. Tschirch (Kriegsverlust);
    Photogr. (Univ.bibl. d. Cornell Univ. Ithaca, New York);
    lett. Sonderbriefmarke z. 150. Geb.tag, 2013.

  • Autor/in

    Regine Zott
  • Zitierweise

    Zott, Regine, "Walden, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 300-301 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118770969.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA