Lebensdaten
1892 – 1945
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Kirchstetten (Niederösterrisch)
Beruf/Funktion
Lyriker ; Schriftsteller
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 118766287 | OGND | VIAF: 64114488
Namensvarianten
  • Weinheber, Josef
  • Vainheberi, Iozep̕
  • Weinheber, Joseph

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Zitierweise

Weinheber, Josef, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118766287.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Christian (1860–1901), Fleischhauer in W.;
    M Franziska Theresia Wykidal (1868–1904), Weißnäherin in W.;
    Schw Amalia (1896–1910), Franziska (1898–1904);
    1) Wien 1919 1920 Emma Fröhlich (* 1889, jüd., 2] Wilhelm Wachtel, 1875–1952, aus Lemberg, Buchillustrator, Graphiker, Maler seit 1913 in W., emigrierte in d. USA, s. Vollmer; AKL), 2) Wien 1927 Hedwig (1885–1958, ev., 1] Paul Krebs, um 1859–1923, Buchhändler in W., Gesellschafter v. Anton Schroll & Co., Inh. v. Lehmann & Wentzel), besuchte d. Kunstgewerbeschule in W., Telegraphenamtssekr. d. Wiener Post, Mithg. v. W.s Sämtl. Werken, Präs. d. J. W.-Ges., Kirchstetten (s. W), T d. N. N. Oberst, Vorstand d. Hauptpostamts in W.;
    aus Verbindung mit Gerda Janota (1915 / 16–2008, Anton Stadler, Dr.), Dr. phil., Germanistin, 1 außerehel. S Christian W.-Janota (1941–2017), Erbe v. W., Präs. d. J. W.-Ges., Kirchstetten.

  • Biographie

    W. stammte aus einer depravierten, von Armut und Krankheit gezeichneten Familie. Im Alter von zwölf Jahren Vollwaise, verbrachte er die Jugendjahre im Hyrtlschen Waisenhaus in Mödling bei Wien, das ihm 1903–08|eine Gymnasialbildung ermöglichte (nicht abgeschlossen). Nach Hilfsarbeiten erlangte W. 1911 eine Stelle bei der Post, die ihn vom Militärdienst freihielt (pensioniert 1932). Seit 1912 schrieb W. Gedichte, deren Themen von Sinnsuche und heroischem Leiden in den Kreuz- und Querzügen durch Religion, philosophische Anthropologie, Eros und Sexus bestimmt sind. Die autobiographisch grundierte Vorgeschichte des Jahrzehnts der Gärung und Klärung liefert der Roman „Das Waisenhaus“ (1924), der als Zeitdokument einige Beachtung fand. Weitere Prosaversuche und auch W.s Begabung zur Malerei (von ihm später als „Dilettantismus“ bezeichnet) traten in den Hintergrund, als er in den 1920er Jahren die Grundlagen seiner Poetik der „Sprachkunst“ (im Gegensatz zur „Gehirnreimerei“ der frühen Phase) entwickelte.

    Der bis dahin sozialdemokratisch eingestellte W. trat 1931 der österr. NSDAP bei und betätigte sich 1933–38 im literarisch-kulturpolitischen Umfeld des Nationalsozialismus, u. a. im „Kampfbund für deutsche Kultur“. Mit den sehr erfolgreichen Gedichtbänden „Adel und Untergang“ (1934, ⁶1937) und „Wien wörtlich“ (1935, ²1937) wurde W. als Lyriker berühmt. 1937 bezog er ein aus den Mitteln des Mozart-Preises der Goethestiftung (München 1936) erworbenes Landhaus in Kirchstetten als Hauptwohnsitz. Nach dem „Anschluß“ Österreichs 1938 beteiligte sich W. am „Bekenntnisbuch österreichischer Dichter“ (1938) und hielt im selben Jahr beim „Ersten Großdeutschen Dichtertreffen“ in Weimar den Festvortrag „Die deutsche Dichtung und die Wirklichkeit des Volkes“. 1940 und 1942 war W. zeitweilig in der Trinkerheilanstalt Wien-Inzersdorf untergebracht. In den Kriegsjahren pendelte seine Haltung zum NS-Regime zwischen Willfährigkeit (mit „bestellten“ Huldigungs-Gedichten) und Selbstbezichtigung, Anklage und Angst vor dem Zusammenbruch. 1944 wurde W. in die „Gottbegnadeten-Liste“ aufgenommen. Einen Monat vor Kriegsende starb er an einer Überdosis Morphium.

    W.s frühe Lyrik (Der einsame Mensch, 1920; Von beiden Ufern, 1923; Boot in der Bucht, 1926) ist thematisch bestimmt von der Spannung zwischen einem völlig zerrütteten Ich und dem autodidaktisch unterlegten Willen zur Selbststeigerung, dessen Angelpunkt er, beeinflußt von Karl Kraus (1874–1936), in der bedingungslosen Hingabe an die „Sprachkunst“, die absolute Gestaltung der Grundfragen menschlicher Existenz aus dem physischlautlichen wie dem geistig-symbolischen Bedeutungsmaterial der Sprache zu finden meinte. Die Sprache als „Herrin“, in den Formen der klassischen Lyriktradition (Odenstrophen, Zyklen) aufgerufen, steht im Zentrum seiner Hauptwerke von „Adel und Untergang“ (1934) über „Späte Krone“ (1936), „Kammermusik“ (1939) bis „Hier ist das Wort“ (postum 1947). Der große Zyklus „Zwischen Göttern und Dämonen, Vierzig Oden“ (1938) sucht nach dem „Menschen der Mitte“, Schopenhauer und Nietzsche als philosophische, Hölderlin und Rilke als künstlerische Gewährsleute einbeziehend. W.s handwerkliche Meisterschaft bezeugen die volkssprachlich grundierten Gedichtbücher „Wien wörtlich“ (1935) und „O Mensch, gib acht, Ein erbauliches Kalenderbuch für Stadt- und Landleut“ (1937).

    Heute ist W. wegen seiner Nähe zum Nationalsozialismus und zu völkischem Gedankengut umstritten. Dabei tritt gegenüber der Debatte um seine politische Ideologie die Beschäftigung mit seiner lyrischen Qualität und der sprachkünstlerischen Leistung seiner Hauptwerke im Sinne einer „klassischen Moderne“ in den Hintergrund.

  • Auszeichnungen

    |Preis d. Stadt Wien (1925);
    österr. Prof.titel (1936);
    Grillparzer-Preis (mit M. Jelusich, 1941);
    Dr. h. c. (Univ. Wien 1942);
    Ehrenring d. Stadt Wien (1942);
    Ehrenmitgl. d. Ak. d. Bildenden Künste, Wien (1942) u. d. Hamerling-Ges.;
    Präs. d. Hölderlin-Ges., Wien;
    J.-W.-Platz, Wien-Ottakring;
    zahlr. Gedenktafeln u. Straßenbenennungen;
    – J. W.-Ges. (1956).

  • Werke

    W-Ausgg: Sämtl. Werke, hg. v. J. Nadler u. Hedwig Weinheber, 5 Bde., 1953–56 (Bd. 5: Briefe);
    Sämtl. Werke, neu hg. V. F. Jenaczek, 5 Bde., 1970–96 (mit ausführl. Komm.; ohne Briefe);
    Vertonungen u. a.: P. Hindemith, 12 W.-Madrigale, 1958;
    F. Wolfes, An e. Schmetterling, 1952, An e. Tote, 1960;
    R. Neuwirth, Auf der Veranda, 2005;
    annotierte Bibliogr.: Internetpräsenz d. J. W.-Ges.;
    Nachlaß: Österr. Nat.bibl., Wien, Hss.slg., Series nova 19440–20207.

  • Literatur

    |J. W., Persönlichkeit u. Schaffen, hg. v. A. Luser, 1935 (P);
    J. W. im Bilde, hg. v. L. Grabner u. J. Stibor, 1940;
    Bekenntnis zu J. W., Erinnerungen d. Freunde, hg. v. H. Zillich, 1950;
    J. Nadler, J. W., Gesch. seines Lebens u. seiner Dichtung, 1952 (P);
    F. Feldner, J. W., Eine Dok. in Wort u. Bild (P);
    F. Jenaczek, J. W. 1892–1945, 1995 (enth. u. a. Briefe, Verz. d. P u. Bilder);
    A. Berger, J. W., 1892–1945, Leben u. Werk, Leben im Werk, 1999;
    Ch. Fackelmann, Die Sprachkunst J. W.s u. ihre Leser, 2 Bde., 2005;
    Metzler Autoren Lex. (P);
    LThK³;
    Killy;
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    Hist. Lex. Wien(P);
    – J.gabe d. J. W.-Ges., seit 1956;
    Lit.wiss. J.gabe d. J. W.-Ges. N. F., hg. v. Ch. Fackelmann, seit 2009 (P).

  • Porträts

    |Bronzebüste v. J. Bock, 1940 (seit 1975 Wien, Schillerpark);
    Jugendbüste v. I. Stuart Willfort, 1916 (Bez.mus. Wien-Ottakring).

  • Autor/in

    Albert Berger
  • Zitierweise

    Berger, Albert, "Weinheber, Josef" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 639-640 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118766287.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA