Lebensdaten
1856 – 1927
Geburtsort
Prag
Sterbeort
Prein an der Rax (Niederösterreich)
Beruf/Funktion
Journalist ; Schriftsteller ; Theaterdirektor
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 117296023 | OGND | VIAF: 17996065
Namensvarianten
  • Teweles, Heinrich

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Teweles, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117296023.html [26.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Moritz (1821–98), Kaufm., Schnittwarenhändler in Prag, S d. Elias u. d. Esther Bunzel;
    M Rebeka (1824/26–75), T d. Isak Wahle u. d. Ester N. N.;
    8 Geschw; 1910 Charlotte Brüll (1854–1914, 1] Veit Salomon Bondy, 1831–1909, Kaufm.), Privatistin (s. Dt. Theater-Adressbuch 4, 1914/15; L);
    1 außerehel. S u. Stief-S Fritz (Friedrich) Bondy (Ps. N. O. Scarpi, T. W. Leslie) (1888–1981, 1] Margrit Breuer, 1919, 2] Madeleine Yvonne Walter), 1908–12 Bankbeamter, 1913/14 Volontär b. Max Reinhardt in Berlin, 1916–18 Regisseur am Dt. Theater in Prag, übersiedelte 1915–19 n. Davos, lebte n. 1920 in Dtld., Österr., Frankr. u. d. Schweiz, 1926–32 in Viganello b. Lugano (Kt. Tessin), seit 1940 in Zürich, Vf. v. Erzz., Romanen, Opernkritiken u. Anekdoten, Übers. v. mehr als 150 Romanen u. Erzz. aus d. Engl. u. Franz. (s. Kosch, Lit.Lex. 20. Jh.; HLS);
    E François Bondy (1915–2003), Journ., Schriftst. (s. HLS);
    Ur-E Luc Bondy (* 1948), Theaterregisseur (beide s. Munzinger; L).

  • Biographie

    Schon als Kind zeigte T. literarische Begabung in einer eigenen handschriftlichen Zeitung. Er besuchte das Gymnasium auf der Prager Kleinseite und begann 1874 ein Studium der Rechte an der Univ. Prag, das er nach vier Semestern abbrach. Seit 1876 schrieb er gelegentlich Kritiken für die Theaterrubrik des von David Kuh (1819–79) und|Julius Hirsch (1820–81) gegründeten „Tagesboten aus Böhmen“ (später: „Montagsrevue aus Böhmen“), seit 1879 publizierte er erste Feuilletons sowie aktuelle kleine Texte und Spalten in der Prager „Bohemia“. Einige davon wurden später in thematischen Sammlungen gedruckt, wie „Der Kampf um die Sprache, Linguistische Plaudereien“ (1884, über tschech.-dt. Sprachprobleme) und „Presse u. Staat“ (1886, auch über d. Pressegesetz in d. Monarchie). Nach der Uraufführung seines Theaterstücks „Ehe-Recht“ (mit C. Schönfeld) 1886 an der Prager dt. Bühne wurde T. 1887 von dem Direktor Angelo Neumann (1838–1910) als Dramaturg engagiert. In dieser Eigenschaft unternahm er in den nächsten Jahren Studienreisen, lieferte gern gelesene Reiseberichte für „Bohemia“ und weitere Theaterstücke, die wiederholt inszeniert wurden.

    T. spielte eine wichtige Rolle in der Prager künstlerischen Gesellschaft, war aktiv als bedeutendes Mitglied des Prager Künstlervereins „Concordia“ und seit 1893 auch als Mitglied des Verbandes der dt. Journalisten in Böhmen. 1894 redigierte er die Anthologie „Prager Dichterbuch“ mit Gedichten von Friedrich Adler, Hugo Salus, Josef Willomitzer, Richard Schubert, Alfred Klaar, Franz Herold, Hans Liebstoeckl, Robert M. Austerlitz und Laska van Oestéren; der kleine Band gilt heute als eines der ersten Lebenszeichen der berühmten Prager dt. Literatur.

    1899 wurde T. von Heinrich Mercy (1826–1912), dem Inhaber des einflußreichen „Prager Tagblatts“, die Position des Chefredakteurs angeboten. T. verließ daraufhin das Theater und trug seit 1900 mit hunderten von Feuilletons am Sonntag (auch zu Jubiläen), politischen Leitartikeln, Theaterkritiken und Besprechungen von Ausstellungen wesentlich zum Profil des Blattes bei.

    Nach dem Tod Angelo Neumanns übernahm T. auf Wunsch von dessen Familie und mit Zustimmung des Landesausschusses die Leitung des Prager dt. Theaters mit einem 10-Jahres-Vertrag. Als Direktor verwaltete er neben der dt. Bühne in der Prager Altstadt (1783 als Nostitztheater erbaut, seit 1799 Ständetheater, seit 1860 Kgl. dt. Landestheater) auch das 1888 vom Dt. Theaterverein als Privatunternehmen eröffnete Neue dt. Theater. Chronischer Geldmangel im Theaterbetrieb, die schwierige Situation während der Kriegsjahre und Mißtrauen gegenüber den Entwicklungsmöglichkeiten der dt. Kultur in der selbständigen Tschechoslowak. Republik führten zu seinem vorzeitigen Rücktritt im Nov. 1918 (sein Nachfolger war der in Prag geborene Wiener Schauspieler Leopold Kramer, 1869–1942).

    In den letzten zehn Jahren seines Lebens war T. wieder journalistisch und schriftstellerisch tätig, publizierte auch wieder in der „Bohemia“. In Niederösterreich, wo er regelmäßig den Sommer bei Freunden verbrachte, beendete er 1927 seine Erinnerungen „Theater und Publikum“, und starb hier unerwartet kurz darauf.

    T., der sich zeitlebens zu seinem kulturellen Deutschtum und Judentum bekannte, war eine der angesehenen Persönlichkeiten Prags. Als Chef solidarisch und sozial eingestellt, handelte er mit peinlicher Korrektheit, auch gegenüber der tschech. Presse, die ihn mitunter aus nationalistischen Motiven angriff. Seine Prager Wohnung war ein Treffpunkt von Schauspielern und Literaten, wie u. a. Arthur Schnitzler. T.s kurze belletristische Texte wurden um 1900 von der Kritik als „Abglanz einer alten Kunst“ der dt.-österr. Literatur gerühmt. Von großer Bedeutung waren die sog. Kammerspiele, die er auf Anregung des Dramaturgen Hans Demetz (1894–1981) seit 1916 veranstaltete und damit wertvolle zeitgenössische Literatur in experimentellen Inszenierungen auf die Bühne brachte.

  • Werke

    Weitere W u. a. zahlr. Btrr. in d. böhm., österr. u. reichsdt. Presse: geschätzt ca. 2000 Art. (bislang noch nicht systemat. ges. u. bibliogr. bearb.); – Prosa u. Fachtexte: Die Armen, Kl. Roman, 1885;
    Ein Romanschiff, heitere Liebesgeschichten, 1910;
    Erinnerungen an Josef Willomitzer, 1922 (Sammelbd.);
    Goethes erstes Mädchen, Nach d. Dichters Briefen u. Gedichten dargest., 1922;
    Zur Gesch. unseres Theaters 1885–1918, in: Prager Theaterbuch, hg. v. C. Schluderpacher, 1924, S. 1–16;
    Goethe u. d. Juden, 1925; – dramat. Texte:
    Der Ring d. Polykrates, 1888, UA Prag 1888, vertont v. E. W. Korngold, UA Wien 1916;
    Der hundertste Geb.tag, Festspiel z. Grillparzer-Feier, 1891, UA Prag 1891;
    Hebbel: Demetrius (Bearb.) [1895], UA Prag 1895;
    Der Volksfreund, Epilog z. Ibsen-Feier, 1898, UA Prag 1898;
    Ein Btr. z. Goethe-Feier, Prolog z. Goethe-Zyklus, 1899, UA Prag 1899;
    Korr.: Theodor Herzls Heimkehr ins Judentum, Jüd. Alm. auf d. J. 5690, Prag 1929/30, S. 39–48 (Briefe zw. Herzl u. T. über d. – nicht realisierte – Aufführung v. Herzls Stück „Das neue Ghetto“ am Dt. Theater in Prag);
    Nachlaß: Fam.bes.

  • Literatur

    L M. Geißler, Führer durch d. dt. Lit. d. 20. Jh., 1913, S. 618;
    Frau Charlotte T. gestorben, in: Bohemia v. 7. 3. 1914, S. 2;
    Prager Tagbl. v. 12. 11. 1916;
    Die Ära T. [-Red.], Bohemia v. 2. 11. 1918;
    E. Steinhard, Zur Gesch. d. Prager Oper, in: Prager Theaterbuch, hg. v. C. Schluderpacher, 1924, S. 150–52 (P);
    Nachrufe: Neue freie Presse v. 10. 8. 1927;
    A. Kuh, in: Prager Tagbl. v. 10. 8. 1927;
    L. Steiner, ebd. v. 11. 8. 1927;
    Bohemia v. 11. 8. 1927 (Leitart.);
    |R. Rosenheim, Die Gesch. d. dt. Bühnen in Prag 1883–1918, 1938, S. 194–224 (P);
    Weltfreunde, Konf. über d. Prager dt. Lit., 1967 (Sammelbd. e. Konf. in Liblice 1965);
    J. Mühlberger, Gesch. d. dt. Lit. in Böhmen 1900–1939, 1981;
    J. Ludvová, Das Dt. Theater in Prag während d. Ersten Weltkrieges, in: Kontexte, Musica iudaica 1998, Konf., 1999, S. 43–52;
    dies., Až k hořkému konci, Pražské německé divadlo 1845–1945 (Bis z. bitteren Ende, Das dt. Theater in Prag 1845–1945), 2012 (P);
    Du, die Zs. d. Kultur (Zürich), Sondernr. Okt. 1998 (Fam. Bondy), bes. S. 40–49;
    P. Doležal, Tomáš Garrigue Masaryk, Max Brod u. d. Prager Tagbl. (1918–1938), 2004;
    Wi. 1909–1922;
    Wininger (L, W);
    Kosch, Theater-Lex. (W);
    Heuer;
    Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft; ÖBL.

  • Porträts

    P Zeichnung v. A. Justitz, Abb. in: Prager Theaterbuch, 1924 (s. L), n. S. 78; Photogr., um 1915, Abb. in: Rosenheim, 1938 (s. L), S. 193; Photogr., 1900, Abb. in: Ludvová, 2012 (s. L), Abb. 22.

  • Autor/in

    Jitka Ludvová
  • Zitierweise

    Ludvová, Jitka, "Teweles, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 61-63 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117296023.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA