Lebensdaten
1867 – 1947
Geburtsort
Altenburg (Sachsen-Altenburg)
Sterbeort
Naumburg/ Saale
Beruf/Funktion
Romanist ; Professor in Tübingen, Kiel und Halle an der Saale
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118805738 | OGND | VIAF: 9944713
Namensvarianten
  • Voretzsch, Karl
  • Voretzsch, Karl Oskar Rudolf
  • Voretzsch, Carl
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Voretzsch, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118805738.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Bernhard Carl (1825–93), aus A., Architekt, Baumeister (s. L), S d. Carl, Hofzimmermeister;
    M Selma (1834–80), T d. Louis Bechstein (1803–88), Apotheker, Chemiker, Fabr.bes., Mitbegründer d. Spielkartenfabr. Altenburg, u. d. Clara Rudolf (1839–1917);
    Ur-Gvv Johann Carl Friedrich ( 1824), Ratszimmermeister, Ur-Gvm Wilhelm Bechstein (1772–1848), hzgl. sachsen-altenburg. Kanzleirat, Konsistorialrat, Mitgründer d. Naturforschenden Ges. d. Osterlandes in A.;
    Gr-Ov Otto (1800–59), Bernhard (1810–97), beide Lithographen;
    B Max Carl Paul Ludwig (1856–1935), Archäol., Hist., Ratsarchivar in A. (s. Wi. 1935);
    Freiburg (Br.) 1893 Eugenie (* 1868), T d. Edmund Wohnlich, Min.sekr., u. d. Angelika Kirchgessner;
    1 S Erwin (* 1898), Dr. rer. nat., Dipl.landwirt, Vf. v.Unterss. über Feinheit u. Rendement der auf d. D.L.G.-Schau in München 1929 geschorenen Landschafvliese“, 1931, 2 T Leonore (* 1894), Margarete (* 1895).

  • Biographie

    V. legte 1886 das Abitur am Friedrichsgymnasium in Altenburg ab und studierte, unterbrochen von einjährig-freiwilligem Militärdienst in Tübingen (1886 / 87), ev. Theologie, Germanistik, Anglistik und Geschichte in Tübingen, Freiburg (Br.) und Halle/ Saale. 1890 wurde er in Halle bei Hermann Suchier (1848–1914) mit der Dissertation „Der Reinhart Fuchs Heinrichs des Glîchezâre und der Roman de Renart“ (in: Zs. f. roman. Philol. 15, 1891, S. 124–82, 344–74 u. 16, 1892, S. 1– 39) zum Dr. phil. promoviert und habilitierte sich hier 1891 mit der Schrift „Über die Sage von Ogier dem Dänen und die Entstehung der Chevalerie Ogier, ein Beitrag zur Entwicklung des altfranzösischen Heldenepos“ (gedr. 1891). Nach der Privatdozentur in Halle erhielt er 1892 eine ao., 1903 eine o. Professor für Roman. Philologie in Tübingen.

    V.s lebenslange Konzentration auf die folkloristisch, quellen- und motivgeschichtlich orientierte altfranz. Epenforschung, in der er sich auf Seiten des „Traditionalismus“ verorten läßt, dokumentieren seine Tübinger Antrittsvorlesung „Die französische Heldensage“ (1894) sowie die umfangreiche und von führenden Fachvertretern (Philipp August Becker, Alfred Jeanroy, Eduard Schneegans) intensiv diskutierte Monographie „Die Komposition des Huon von Bordeaux nebst kritischen Bemerkungen über Begriff und Bedeutung der Sage“ (1900). V. nahm 1910 einen Ruf nach Kiel an, dem bereits 1913 die Rückkehr nach Halle folgte (em. 1935). Seine Professur vertrat er vor der Berufung seines Nachfolgers Werner Mulertt (1892–1944) und nach dessen Tod. 1914–17 nahm V. als Freiwilliger im Rang eines Oberstleutnants am 1. Weltkrieg teil.

    In enger Anlehnung an seine literaturgeschichtliche Forschung, die in den Hallenser Jahren sich ergänzend auf die seinerzeit durch Frédéric Mistral (1830–1914) neubelebte provenzal. Gegenwartsliteratur erstreckte, zeigte sich V. als ein höchst erfolgreicher Verfasser didaktisch versierter, bereits in seinen Tübinger Jahren konzipierter Lehrwerke. Sie erfuhren zwar in dem Maß Kritik, in dem die ausschließlich mediävistische Ausrichtung des universitären Unterrichts auf Widerspruch, z. B. von Karl Vossler (1872–1949), stieß. Gleichwohl dokumentieren sie einen auch von Vossler nicht geleugneten, erstaunlich langlebigen Lehrerfolg. So erlebte V.s „Einführung in das Studium der altfranzösischen Sprache zum Selbstunterricht für den Anfänger“ (1903), mit der er die dt. Tradition „lautgerechter“ mittelalterlicher Aussprache der altfranz. Texte festigte, weit über seinen Tod hinaus Neuauflagen (zuletzt Nachdr. d. v. G. Rohlfs erstmals 1951 bearb. 7. Aufl., 2012). Als literaturgeschichtliches Pendant erschien eine ebenfalls wiederholt aufgelegte materialreiche „Einführung in das Studium der altfranzösischen Literatur“ (1905, engl. Übers. 1931, Nachdr. 1976). Sie komplettiert das „Altfranzösische Lesebuch“ (1921, Nachdr. 1966) mit rein philologisch kommentierten Textausschnitten.

    Eine dritte Facette von V.s Schaffen bildet sein ausgeprägtes Interesse für die Fachgeschichte und deren Implikationen für die Ausrichtung des universitären Unterrichts. Mit „Die Anfänge der Romanischen Philologie an den deutschen Universitäten und ihre Entwicklung an der Universität Tübingen“ (1904) zählt er zu den bis in die Gegenwart präsenten Pionieren der romanist. Wissenschaftsgeschichte.

    Politisch gehörte V. als Mitbegründer des „Stahlhelms“ 1918, als Mitglied des „Alldeutschen Verbands“ und der Dt.nationalen Volkspartei (seit 1918) der gegen die Weimarer Republik gerichteten, militaristischen und antisemitischen Rechten an. Nach der Selbstauflösung der DNVP 1933 trat er allerdings nicht in die NSDAP ein. Seine rechtsgerichtete Gesinnung, die keinen ideologischen Niederschlag in seiner sprach- und literaturgeschichtlichen Forschung fand, war hingegen, wie Victor Klemperer für die Zeit nach dem 1. Weltkrieg berichtet, Ursache chauvinistischer Ressentiments. Zu V.s Schülern zählen Gerhard Moldenhauer (1900–80), Werner Mulertt (1892–1944), Dimitri Scheludko (1892–1954) und Joachim Storost (1905–81).

  • Auszeichnungen

    A württ. Landwehr-Dienstauszeichnung II. Kl. (1898);
    Rr.kreuz II. Kl. d. württ. Friedrichs-Ordens mit Schwertern (1916);
    E. K. II. Kl. (1917);
    Rr.kreuz II. Kl. d. hzgl. sachsen-ernestin. Hausordens mit Schwertern (1917);
    Geh. Reg.rat (1918);
    Sòci des provenzal. Felibrebundes;
    Mitgl. d. Ak. gemeinnütziger Wiss. zu Erfurt (1937);
    Goethe-Medaille f. Kunst u. Wiss. (1942).

  • Werke

    Weitere W Ernst W. G. Wachsmuth u. Ludwig G. Blanc, d. Begr. d. romanist. Professur an d. Univ. Halle, 1905;
    Das Roman. Seminar d. Vereinigten Friedrichs-Univ. Halle-Wittenberg im ersten Halbjh. seines Bestehens, 1926;
    Philol. u. Kulturkde. im neusprachl. Unterr. an Schule u. Univ., 1926;
    Frederi [sic] Mistral, Gedichte, 1928 (Hg.);
    Lyrische Ausw. aus d. Felibredichtung, 2 Bde., 1934 / 36;
    W-Verz.: J. Storost, K. V. Bibliogr., anläßl. seines 70. Geb.tages am 17. Apr. 1937, 1937;
    Nachlaß: Univ.- u. Landesbibl. Halle/ Saale.

  • Literatur

    |K. Vossler, Franz. Philol., 1919;
    Philol. Stud. aus d. roman.-german. Kulturkreise, K. V. z. 60. Geb.tage u. z. Gedenken an seine erste akad. Berufung vor 35 J., hg. v. B. Schädel u. W. Mulertt, 1927;
    J. Storost, Zur Gesch. d. roman. Philol., K. V. (1867–1947), in: Wiss. Zs. d. Univ. Greifswald, Ges.- u. sprachwiss. Reihe 1, 1951 / 52, S. 58–69 (Ergg. z. W-Verz.);
    F. Volbehr u. R. Weyl, Professoren u. Dozenten d. Christian-Albrechts-Univ. zu Kiel 1665–1954, 1956, S. 158;
    V. Klemperer, Leben sammeln, nicht fragen wozu u. warum, Tagebücher 1918– 1924, 2 Bde., 1996;
    H. Eberle, Die Martin-Luther Univ. in d. Zeit d. NS 1933–1945, 2002;
    F.-R. Hausmann, „Vom Strudel d. Ereignisse verschlungen“, Dt. Romanistik im „Dritten Reich“, ²2008;
    A. M. Kalkhoff, Roman. Philol. im 19. u. frühen 20. Jh., 2010;
    A. Schiller, „höher als d. Liebe z. Wiss. steht d. Treue z. eigenen Vaterland …“, Hallenser Romanisten im Ersten Weltkrieg, in: Roman. Stud. 1, 2015, S. 153–70;
    Romanistenlex.;
    Cat. Professorum Halensis (P);
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    zur Fam.: H. Kluge, Bernhard Carl V., Nekr., 1893;
    K. H. Gehlauf, Kulturhist. Porträt Altenburgs, Bd. 3: Persönlichkeiten u. Firmen, d. in Altenburg Gesch. machten, 2004.

  • Autor/in

    Franz Lebsanft
  • Zitierweise

    Lebsanft, Franz, "Voretzsch, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 112-114 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118805738.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA