Lebensdaten
1857 – 1946
Geburtsort
Bauma (Kanton Zürich)
Sterbeort
Kilchberg (Kanton Zürich)
Beruf/Funktion
Luftfahrtpionier
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 1079417702 | OGND | VIAF: 93144898725950291460
Namensvarianten
  • Steiger, Carl Eduard
  • Steiger, Carl
  • Steiger, Carl Eduard
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Zitierweise

Steiger, Carl, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1079417702.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Conrad Eduard (1823–85, Weber, S d. Georg (1782–1833 u. d. Maria Magdalena Giezendanner (1784–1856);
    M Anna Catharina (1832–88), T d. Johannes Hugentobler u. d. Katharina Schweizer;
    B Otto (1858–1923), Techniker, 1892 Erfinder d. „Multiplikationskörpers“, der d. direkte Ausführung v. Multiplikationen erlaubte, u. später d. „Millionaire“, e. komplexe mechan. Rechenmaschine, Patente DRP 72870 v. 1894 (Millionaire), CH 6787 v. 1894 (Rechenmaschine) u. US 538710 v. 1895 (Multiplying or dividing machine);
    St. Gallen 1894 Maria Paulina (1870–1962), T d. Ferdinand Kirchhofer u. d. Susanna Mathilde Locher, aus St. Gallen;
    2 S Eugen (1898–1953), Dr. med., Arzt in K., Rudolf (1900–82, Flora Crawford, 1899–1991, erste an d. ETH diplomierte Architektin, Entwerferin, Bildhauerin, Mitgl. d. Ges. Schweizer. Malerinnen, Bildhauerinnen u. Kunstgewerblerinnen, s. HLS, T d. Archibald Crawford, Elektroing. in Bombay), Architekt, Mitglied d. Bunds Schweizer Architekten, Mitgründer d. Schweizer. Vereinigung f. Landesplanung, Dr. med. h. c. (Univ. Zürich 1952) (s. Haefeli Moser S., Die Architekten d. Schweizer Moderne, hg. v. S. Hildebrand u. a., Ausst.kat. Mus. f. Gestaltung, Zürich, 2007; HLS), 1 T Irma (1896–1996, Hans Sandreuter, 1893–1948, Kaufm. in Basel);
    E Peter (* 1928), Architekt in Z., Prof. (s. W).

  • Biographie

    Nachdem die Jacquard-Weberei des Vaters bald nach S.s Geburt abgebrannt war, kam er zu Verwandten in St. Gallen in Pflege, wo er bis zum Beginn des Maschinenbaustudiums an der TH München 1877 blieb. Zuvor hatte er sich durch ein einjähriges maschinentechnisches Praktikum in der Fabrik von Alfred Amsler (1857–1940) in Schaffhausen auf das Studium vorbereitet. Nach vier Semestern gab S. das Studium auf und entschloß sich, Kunstmaler zu werden. 1879–83 besuchte er die Akademie der bildenden Künste in München und war danach in München, Florenz und St. Gallen tätig. S. wurde durch seine Leistungen für die frühe Luftfahrt bekannt; zu seiner eigentlichen Berufstätigkeit als Zeichner und Kunstmaler gibt es kaum Hinweise. Durch intensive Naturbeobachtung kam S. mit dem Vogelflug in Berührung, der ihn zeitlebens faszinierte. 1885 begann er in St. Gallen mit Papierfliegermodellen zu experimentieren, 1888 fand er in München in seinem St. Galler Jugendfreund, dem späteren Physiker, Ballonfahrer und Meteorologen Robert Emden (1862–1940), einen verständigen Förderer seiner Flugforschungen. S.s „zweimotoriges Gummimotor-Tandem-Flugmodell“ fand 1892 große Beachtung bei einer Vorführung beim „Bayer. Luftschiffer Verein“. 1891 erschien S.s Büchlein „Vogelflug und Flugmaschine“, worin er erstmals leicht verständlich die „Schwebearbeit“ erläuterte, die ein Luftfahrzeug leisten muß, um in der Luft zu bleiben, sah die „Sacklandung“ (steile Landung in überzogenem Flugzustand „stall“) voraus und entwickelte die Vision eines bewaffneten Lastenseglers zum motorlosen Angriff auf feindliche Stellungen. S. benutzte darin als Erster den Begriff „Flieger“ für Flugzeug(e), der später auch auf Piloten und Flugpersonal überhaupt angewandt wurde. Am wichtigsten ist jedoch seine Forderung, Luftfahrtgeräte mit einem geschlossenen Rumpf und ohne offenliegende Verspannungen strömungsgünstig zu bauen, die sich erst nach dem 1. Weltkrieg durchsetzte. Ferner empfahl S. erstmals die Nutzung der Aufwinde, was erst etwa 30 Jahre später|praktisch angewandt wurde. 1891 ließ er in St. Gallen einen Hängegleiter-Eindecker mit 7,5 m Spannweite bauen, mit dem er im Winter 1891/92 die ersten nachgewiesenen Flugversuche in der Schweiz unternahm. Am 29. 3. 1892 propagierte er in einem Vortrag vor der „St. Gallischen naturwissenschaftlichen Gesellschaft“ den Motorflug mit Propeller und stellte sich damit gegen Otto Lilienthal, der mit Menschenkraft angetriebene Flugzeuge für möglich hielt. Ein 1892 fertiggestellter Entwurf eines Motorflugzeugs weist alle Merkmale moderner Flugzeuge auf, einen geschlossenen Rumpf, freitragende Flügel und ein gefedertes Fahrwerk. Als Antrieb sah er zwei gegenläufige Propeller vor, mit einem im Rumpf untergebrachten zentralen Motor. Die beabsichtigte Patentanmeldung in den USA unterblieb jedoch.

    Die Flüge der Brüder Wright (seit Dez. 1903) regten S. zu neuen Entwürfen an, 1906 skizzierte er ein Fluggerät mit geschlossenem „verglasten“ Führerraum und Druckpropeller am Rumpfende. 1906 meldete er in Berlin ein Patent für einen Schiffspropeller mit (später üblichem) dickem Wurzelprofil an, widmete sich aber v. a. der Erforschung des Vogelflugs. 1911 erschien seine Abhandlung „Flugwiderstand und Segelflug“ mit dem Konzept einer Maschine mit 16 m Spannweite und Bugpropeller. Weitere Entwürfe S.s wiesen ein einziehbares Fahrwerk und Flügel variabler Geometrie, d. h. im Flug reversibel veränderlicher Form auf; solche Flieger sollten größere Leistungsteigerungen ermöglichen. Mit diesen Ideen war er seiner Zeit teilweise um Jahrzehnte voraus. Seine langfristigen Vorhersagen (zu denen auch der Übersee-Postverkehr zählte), belegen seinen sicheren Instinkt für physikalisch-flugmechanische Zusammenhänge, die sich der Berechnung noch entzogen. Er erkannte in der „Unruhigkeit der Luft“ (den Windscherungen) die Quelle, aus der Sturmvögel und Albatrosse durch besondere Flugmanöver die „Schwebearbeit“ gewinnen, was Segelfliegern auch heute noch nicht immer gelingt.

    Ein 1908 mit seinem Freund Friedrich Josef Volz-Sprüngli (1869–1961) gebauter Doppeldecker war wegen zu schwacher Motoren nicht flugfähig. S. engagierte sich im „Ostschweizer. Verein für Luftfahrt“ (OVL) für die Aviatik allgemein und insbes. für den Segelflug. Erst 1930 erlernte er selbst bei dem Schweizer Motorflug-Pionier und FlugzeugKonstrukteur Alfred Comte (1865–1965) das Fliegen. Als ein Vorbild der flugbegeisterten Jugend leitete S. Modellbaukurse und war Titelfigur einer Schokoladen-Albumserie. Nicht zuletzt durch die Aktivitäten der schweizer. Stiftung „Pro Aero“ wurde S. nach 1938 zum „Doyen der Schweizer Flugpioniere“ (Ernst Wyler).

  • Werke

    Zum aerodynam. Flug, in: Ill. Aeronaut. Mitt. 10, 1906, S. 315–22;
    Der gegenwärtige Stand d. Luftschiffahrt, in: Schweizer. Bauztg. 51, 1908, S. 174–78;
    Vom Fliegen durch Menschenkraft, ebd. 106, 1935, S. 262 f.;
    Zum arbeitslosen Flug d. gr. Segler, Bull. d. Aero Clubs d. Schweiz, Nr. 8, 10, 11, 1917;
    zu Peter:
    Chancen u. Widerstände auf d. Weg z. nachhaltigen Bauen u. Planen, 2009.

  • Literatur

    Carl S.-Kirchhofer, 20. Sept. 1857–24. Juli 1946, Lebenslauf [u.] Nachruf, 1946;
    E. Tilgenkamp, in: Schweizer Luftfahrt, I–III, 1941–43, passim;
    W. Dollfuss, in: Schweizer AeroRevue 21, 1946, S. 199 f.;
    F. J. Volz-Sprüngli, ebd., S. 200 f.;
    E. Wyler, Bordbuch d. Schweizer Luftfahrt 1783–2000, 2001, S. 13.

  • Autor/in

    Peter F. Selinger
  • Zitierweise

    Selinger, Peter F., "Steiger, Carl" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 128-129 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1079417702.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA