Lebensdaten
um 1640 – 1715
Geburtsort
Metz
Sterbeort
Stadthagen
Beruf/Funktion
Rabbiner ; Landesrabbiner der Grafschaft Schaumburg ; Gelehrter
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 140509488 | OGND | VIAF: 82416485
Namensvarianten
  • Statthagen, Josef
  • Samson, Jobst
  • Jobst Samson
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Zitierweise

Stadthagen, Joseph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd140509488.html [27.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus wohlhabender jüd. Gel.fam. rhein. Herkunft in M.;
    V Simon (Samson) Bonn d. J., Geldverleiher, S d. Löw Bonn (um 1570–1650), Rabbiner in Bonn u. M.;
    M Elisabeth (um 1620/25–1708), T d. Michel (Menachem) in Saint-Avold (Lothringen) u. M.; seit 1659 Stief-V Abraham Halphen, Geldverleiher in M.;
    Urur-Gvv Isaak Levi, Rabbiner in Worms;
    Ur-Gvv Joseph Levi Aschkenasi (um 1550–1628, aus Frankfurt/M., seit 1595 Rabbiner in M., seit 1620 Oberrabbiner, Simon (Samson) Bonn d. Ä., Kaufm. in Bonn, Vorsteher d. Judenschaft d. Kölner Erzstifts, seit 1602 in M.;
    Stadthagen um 1704 N. N. ( n. 1723), seit 1717 in Sarstedt, seit 1723 in Mehle (Kr. Hildesheim);
    2 S Mendel Joseph, seit 1719 Kaufm. in Sarstedt, Goudchaux Bonn (⚭ Edel, T d. Cerf Brandeis, Rabbiner in Uckange), T Rebekka (⚭ Samuel ben Löw, 1722); Nachfahren mit Fam.namen Godchaux als Graveure u. Industr. in Lothringen u. Luxemburg.

  • Biographie

    S. wuchs in Metz auf und ging nach seinem Talmudstudium nach Deutschland, woher seine Familie stammte. Um 1663 ließ er sich in Stadthagen nieder und amtierte hier als Landesrabbiner der Gft. Schaumburg. Da er im Deutschen, Französischen und Lateinischen belesen und mit dem Neuen Testament vertraut war, wurde er von Glaubensgenossen mit der Abwehr christl. Missionsversuche beauftragt. Auf Veranlassung des luth. Theologen Gerhard Walter Molanus (1633–1722) disputierte er schon 1665 an der Univ. Rinteln gegen einen getauften Juden. Herausgefordert von einem anderen Apostaten, Aaron Margalitha (1663–n. 1718) aus Żółkiew in Polen, der die Gunst des Hofes in Hannover genoß, beriefen der dortige Hoffaktor Leffmann Behrens (1634–1714) und der Rabbiner Aaron Abterode S. als Respondenten zu der am 21. 7. 1704 abgehaltenen Kontroverse. Gastgeberin dieser letzten nach mittelalterlichem Muster durchgeführten jüd.christl. Religionsdisputation war die Kurfürstin-Mutter Sophie (1630–1714). Unter den Zuhörern befanden sich Kf. Georg Ludwig, dessen Bruder Prinz Ernst August, Georg Wilhelm Fürst von Lüneburg-Celle sowie Molanus als Abt von Loccum. Nachdem Margalitha rabbinische Autoren zum Beweis verschiedener christl. Lehrsätze herangezogen hatte, konnte S. ihm überzeugend Verdrehung der Textaussagen nachweisen. Seine Replik nutzte er zu einer Apologie des Judentums, das alle den Schöpfergott verehrenden Religionen respektiere und Treue zu den weltlichen Fürsten predige.

    1705 finanzierte Behrens den Amsterdamer Druck der „Divre Sikkaron“ (Worte an d. Gedächtnis), eines mit moraltheologischen Betrachtungen durchsetzten hebr. Kommentars S.s über die Bestimmungen zu Schächtung und Fleischbeschau. Das Manuskript „Minchat Sikkaron“ über seine Religionsgespräche ging verloren bis auf einen 1722 in Adelebsen angefertigten Auszug (hebr. u. jidd., hg. u. übers. v. A. Berliner, Rel.gespräch gehalten am kfl. Hofe zu Hannover 1704, 1914). S.s Argumentationserfolg bei der Disputation blieb politisch folgenlos und verhinderte nicht einmal, daß seine Hinterbliebenen bei Ablauf ihres Schutzbriefs 1717 aus Stadthagen ausgewiesen wurden. S. gehörte in Deutschland zu den wenigen rabbinischen Gelehrten, die dank kultureller Kompetenzen und günstiger Umstände schon vor der Aufklärung punktuell für ein besseres Verständnis des Judentums zu wirken vermochten.

  • Literatur

    J. Rosenthal, Sifrut ha-pulmus ha-anti-notsrit, in: Areshet 2, 1960, S. 159;
    Z. Asaria, Die Juden in Niedersachsen, 1979, S. 33–36;
    B. Schedlitz, Leffmann Behrens, 1984, S. 142, 146–48;
    H. H. Hasselmeier, Die Stellung d. Juden in Schaumburg-Lippe v. 1648 bis z. Emanzipation, 1967, S. 10, 59, 84;
    J. Doktór, Ein Sabbatianer Aaron Margalitha v. ̇ Zółkiew u. d. Rel.gespräch zu Hannover, in: H. Schmidt-Glintzer (Hg.), Fördern u. Bewahren, Stud. z. europ. Kulturgesch. d. frühen Neuzeit, 1996, S. 79–91;
    H. Obenaus (Hg.), Hist. Hdb. d. jüd. Gemeinden in Niedersachen u. Bremen, 2005, II, S. 1036, 1346 u. 1417;
    BBKL 20;
    Enc. Jud.²;
    zur Fam.:
    D. Kaufmann, R. Joseph Lévi Ashkenazi, premier rabbin de Metz après le rétablissement de la|communauté, in: Revue des Études juives 22, 1891, S. 98 f.;
    P. Faustini, La communauté juive de Metz et ses familles (1565–1665), 2001, S. 159 f., 219 f., 251 f.;
    B. Klein, Wohltat u. Hochverrat, Kf. Ernst v. Köln, Juda bar Chajjim u. d. Juden im Alten Reich, 2003, S. 131 f. u. 142.

  • Autor/in

    Carsten Wilke
  • Zitierweise

    Wilke, Carsten, "Stadthagen, Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 14-15 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd140509488.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA