Lebensdaten
1890 – 1968
Geburtsort
Gau-Algesheim (Rheinhessen)
Sterbeort
Heidelberg
Beruf/Funktion
Astrophysiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 117468002 | OGND | VIAF: 43256566
Namensvarianten
  • Vogt, Heinrich
  • Vogt, H.

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Zitierweise

Vogt, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117468002.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Philipp, aus Ober-Hilbersheim, Landwirt in G.-A., Arb.;
    M Margaretha Sturm, aus Freilaubersheim;
    1 B, 2 Schw;
    1) 1922 1935 Franziska Moot (* 1897), 2) Bad Godesberg 1939 Margarethe Franziska Braun;
    1 S, 1 T.

  • Biographie

    Nach dem Abitur 1911 an einem Mainzer Gymnasium studierte V. Astronomie, Physik und Mathematik an der Univ. Heidelberg. 1912 absolvierte er ein Praktikum an der 1897 gegründeten Sternwarte Heidelberg-Königstuhl, bei deren Leiter, dem Astronomen Max Wolf (1863–1932), er als Assistent angestellt wurde. Nach der Teilnahme am 1. Weltkrieg wurde V. 1919 bei Wolf mit der theoretischen Arbeit „Zur Theorie der Algolveränderlichen“ zum Dr. phil. promoviert. In der Folgezeit untersuchte er in Heidelberg weitere veränderliche Sterne, Sternhaufen, Novae und Kometen photometrisch. 1921 wurde er hier mit der praktischen Arbeit „Photometrische Untersuchungen und Helligkeitsbestimmungen in den Sternhaufen h und χ Persei“ habilitiert. Danach konzentrierte er sich auf die theoretische Astrophysik, speziell auf den Aufbau und die Entwicklung der Sterne. 1926 wurde er zum Observator an der Sternwarte und gleichzeitig zum apl. Professor an der Univ. Heidelberg ernannt, 1929 als o. Professor und Direktor der Universitätssternwarte Jena berufen. 1931 trat V. in die NSDAP ein und wurde politischer Leiter und Vertrauensmann der Kreisleitung an der Univ. Jena (1933 Eintritt in d. SA im Rang e. Obersturmführers). 1933 wechselte er als Nachfolger Wolfs an die Univ. Heidelberg auf die Professur für Astronomie und übernahm die Leitung der Sternwarte (Dekan 1935–37). Rufe als Leiter des Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam 1935 sowie an die Universitäten München, Hamburg und Berlin zwischen 1935 und 1939 schlug er aus. In Berichten von Gerard P. Kuiper (1905–73), einem in den Niederlanden geborenen amerik. Astrophysiker und Mitarbeiter der ALSOS-Mission der Alliierten, über die dt. Astronomie während der NS-Diktatur wurde V. als ein führender Nationalsozialist unter den dt. Astronomen bezeichnet. 1945 wurde V. als Leiter der Heidelberger Sternwarte durch die US-amerik. Besatzungsbehörden abgesetzt, behielt aber seine Professur bis zur Emeritierung 1957. Auch danach hielt er an der Univ. Heidelberg und der TH Stuttgart Einführungsvorlesungen in die Astronomie.

    V.s Hauptinteresse waren theoretische Betrachtungen zu Aufbau und Entwicklung der Sterne, die auf während des 1. Weltkriegs entwickelten Ideen des brit. Astrophysikers Arthur S. Eddington (1882–1944) basierten. 1926 entwickelte V. detaillierte Differentialgleichungen zur Beschreibung des Sternaufbaus. Dabei stellte er fest, daß sein Gleichungssystem aus vier Differentialgleichungen und vier Randbedingungen bei Vorgabe von Masse und chemischer Zusammensetzung des Sterns zu einer eindeutigen Lösung führte. Daraus schloß V., daß im stationären Zustand der Verlauf von Temperatur, Dichte und Druck eines Sterns nur durch dessen Masse und chemische Zusammensetzung bestimmt wird. Da diese Erkenntnis 1927 unabhängig von V. auch durch Henry Norris Russell (1877–1957) beschrieben wurde, ist der Eindeutigkeitssatz des Sternaufbaus als V.-Russell-Theorem bekannt. Mit der Verbreitung digitaler Rechenanlagen seit den 1970er Jahren ist nachgewiesen, daß es für einen Stern mehrere mögliche Entwicklungsverläufe gibt und daß das V.-Russell-Theorem somit keine universelle Gültigkeit besitzt, sondern nur in einer genügend kleinen Umgebung eines Lösungspunkts im Hertzsprung-Russell-|Diagramm gültig und demnach eine Faustregel ist.

    Mit seinem Werk „Aufbau und Entwicklung der Sterne“ (1943) schloß der ausschließlich dt. publizierende V. eine Lücke in der dt.-sprachigen astrophysikalischen Fachliteratur der Zeit. Für die Popularisierung der Astrophysik im dt. Sprachraum sind seine Bücher „Die Spiralnebel“ (1946) und „Außergalaktische Sternsysteme und die Struktur der Welt im Großen“ (1961) von Bedeutung.

  • Auszeichnungen

    |Mitgl. d. Heidelberger Ak. d. Wiss. (1935) u. d. Leopoldina (1943);
    korr. Mitgl. d. Berliner Ak. d. Wiss. (1939);
    Asteroid 1439 als Vogtia benannt (1937).

  • Werke

    Weitere W Der innere Aufbau d. Sterne, in: Astronom. Nachrr. 222, 1924, S. 97–102;
    Das Strahlungsgleichgewicht rotierender u. äußeren Kräften unterworfener Sterne, ebd. 226, 1926, S. 325–30;
    Die Beziehungen zw. d. Massen u. d. absoluten Leuchtkräften d. Sterne, ebd. 226, 1926, S. 301–04;
    Der Bau d. Weltalls, 1949;
    Kosmos u. Gott, 1951;
    Die Struktur d. Kosmos als Ganzes, 1961;
    Die Erscheinungswelt d. Naturwiss. u. d. Welt an sich, 1966.

  • Literatur

    |G. P. Kuiper, German Astronomy during the War, in: Popular Astronomy 54, 1946, S. 263–86;
    A. Bohrmann, in: Mitt. d. Astronom. Ges. 24, 1968, S. 7–10 (P);
    E. Kollnig-Schattschneider, in: Astronom. Nachrr. 292, 1979, S. 45 f.;
    M. P. Seiler, Kommandosache Sonnengott, Gesch. d. dt. Sonnenforsch. im Dritten Reich u. unter alliierter Besatzung, 2007;
    Pogg. VI-VIII;
    Drüll, Heidelberger Gel. lex. I.

  • Autor/in

    Michael P. Seiler
  • Zitierweise

    Seiler, Michael P., "Vogt, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 53-54 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117468002.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA