Lebensdaten
1854 – 1916
Geburtsort
Insterburg (Černjahovsk, Ostpreußen)
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Kritiker ; Theaterleiter
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118795112 | OGND | VIAF: 66592477
Namensvarianten
  • Horatio (Pseudonym)
  • Schlenther, Paul
  • Horatio (Pseudonym)
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Schlenther, Paul, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118795112.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Emil, Apotheker;
    M Leonide Freiin v. Buttlar;
    1892 Paula (1860–1938), Schausp. in Baden b. Wien, Olmütz u. Brünn, seit 1880 auf Empfehlung v. Auguste Baudius (1843–1937) am Kgl. Schauspielhaus Berlin, seit 1901 unter d. Direktion ihres Mannes am Burgtheater in Wien, 1903/04 Gastspiel am Dt. Theater Berlin, 1914-32 am Kgl. bzw. Staatl. Schauspielhaus Berlin, Hauptmann-Darstellerin (s. L), T d. Anton Conrad (1816–97), Kaufm., Singspieldir. in Währing b. Wien, Vf. v. Couplets u. Zauberpossen (s. BJ IV, Tl.) u. d. N. N. Grünwald; kinderlos; wohl Verwandter Heinrich (1794–1858), preuß. Hptm., Landrat (s. Altpreuß. Biogr. III), S e. Apothekers in I.

  • Biographie

    Aus einer Gutsherren- und Beamtenfamilie stammend, besuchte S. das Gymnasium in Insterburg und Königsberg-Kneiphof. Seine Studien in Germanistik und Geschichte führten ihn nach Stationen in Leipzig, Heidelberg und Berlin v. a. nach Straßburg, wo er Schüler Wilhelm Scherers (1841–86) und Erich Schmidts (1853–1913) wurde. Die Dissertation über „Frau Gottsched und die bürgerliche Komödie, Ein Kulturbild aus der Zopfzeit“ reichte er 1880 jedoch in Tübingen ein (gedr. 1886). 1881/82 noch vornehmlich mit literarischen Artikeln und Theaterkritiken für die „Tribüne“ in Erscheinung getreten, rückte er 1883 (-84) zum Redakteur der „Deutschen Literaturzeitung“ auf und schrieb daneben für „Die Nation“ (1883-86). S.s publizistischer Werdegang in Berlin erreichte einen ersten Höhepunkt, als er 1883 die Generalintendanz der Kgl. Schauspielhäuser mit der Jubiläumskritik „Botho von Hülsen und seine Leute“ würdigte. Dieses geschliffene „Strafgericht ohnegleichen“ (S. Jacobsohn, 1881–1926) über kunst- und gegenwartsferne Kulturbürokratie erregte nachhaltige Aufmerksamkeit. 1886 wurde S. auf Vorschlag Theodor Fontanes – der ihn später zu einem seiner Nachlaßverwalter berief – neben diesem zweiter Theaterreferent der „Vossischen Zeitung“, deren Sonntagsbeilage er 1889-98 nach Fontanes Ausscheiden zusätzlich redigierte.

    Begeisterte sich schon der junge, gesellschaftspolitisch sensible S. für die Dramatik Ibsens sowie der dt. Naturalisten mit ihrer sozialkritischen Spielart des Theaters als moralischer Anstalt, so setzte er sich auch dafür ein, dieser eine Wirkungsstätte in der Hauptstadt zu verschaffen: 1889 konnte er u. a. mit Otto Brahm (1856–1912), Freund seit Straßburger Tagen, nach André Antoines Vorbild des Pariser „Théâtre Libre“ den Verein „Freie Bühne“ gründen (Vorsitz 1894–98), der unter Umgehung der Zensur die zeitgenössische Dramatik förderte. Neben Ibsen, dessen dt. Werkausgabe er mit herausgab, warb S. in erster Linie für den sich ihm auch freundschaftlich verbindenden Gerhart Hauptmann (1862–1946), nicht zuletzt mit einer Biographie (1898).

    1898 wurde S. (als Nachfolger Max Burkhards, 1854–1912) Direktor des Wiener Burgtheaters, wofür ihn Bildung, Erfahrung und ästhetisches Urteilsvermögen zu prädestinieren schienen. Hier inszenierte er 1905 einen ungekürzten, auf zwei Abende verteilten „Don Karlos“ (F. Schiller). Die Anhänger der Moderne enttäuschte er jedoch, weil er die von ihm erwartete Modernisierung der stilistischen Mittel nicht konsequent genug betrieb. Von den Traditionalisten gleichfalls befehdet, nahm er einen Skandal um ein neues Lustspiel zum Anlaß für Demission und Rückkehr in den Kritikerberuf (1910). Die nun übernommene Leitung des Theaterreferats beim „Berliner Tagblatt“ beendete erst sein Tod durch ein Krebsleiden 1916.

  • Auszeichnungen

    k. u. k. Hofrat (1910);
    ghzgl. meckl.-schwerin. Greifen-Orden I. Kl.;
    Kommandeur d. serb. St. Sava-Ordens, d. Orden d. Krone v. Italien u. d. span. Ordens Karl III.;
    österr. Orden d. Eisernen Krone III. Kl.;
    preuß. Kronen-Orden III. Kl.

  • Werke

    Weitere W Wozu d. Lärm – Genesis d. freien Bühne, 1889;
    Gerhart Hauptmann, in: Nord u. Süd, Eine dt. Monatszs., 69, April 1894, H. 205, S. 162-74;
    Der Frauenberuf im Theater, in: Der Existenzkampf d. Frau im modernen Leben, H. 2, 1895, S. 36-60;
    Gerhart Hauptmann, Sein Lebensgang u. seine Dichtung, 1898;
    Adolf v. Sonnenthal, 50 Jahre im Wiener Burgtheater 1856-1906, 1906;
    Zwischen Lindau u. Memel während d. Krieges, 1915;
    Aufss.:
    Theater im 19. Jh., Ausgewählte theatergeschichtl. Aufss., hg. v. H. Knudsen, 1930;
    Hg.:
    Dän. Schaubühne, Die vorzüglichsten Komödien d. Frhr. Ludwig v. Holberg, 2 Bde., 1888 (mit J. Hoffory);
    H. Ibsen, Sämtl. Werke in dt. Sprache, 10 Bde., 1898-1904 (mit G. Brandes u. J. Elias);
    Das 19. Jh. in Dtld.s Entwicklung, 1899 (mit C. v. d. Goltz);
    B. Baumeister, 50 Jahre Burgtheater 1852-1902, 1902;
    Th. Fontane, Causerien über Theater, 1905;
    ders., Briefe an seine Freunde, 1910 (mit O. Pniower);
    Der Ver. Berliner Presse u. seine Mitgll. 1862-1912, 1912;
    O. Brahm, Krit. Schrr. über Drama u. Theater, 2 Bde., 1913.

  • Literatur

    S. Jacobsohn, S., in: Die Schaubühne, Nr. 19, 1916, S. 449-52 (Nachruf);
    ders., Der junge S., in: Die Weltbühne, Nr. 35, 1918, S. 197-200;
    F. Rosenthal, in: Unsterblichkeit d. Theaters, Versuch e. Kulturgesch. d. dt. Bühne, 1924, S. 233-60;
    H. Knudsen, P. S. als Theaterhistoriker, in: Die Scene 20, 1930, S. 108-12;
    E. Frank, Das Burgtheater unter d. Direktion v. P. S. 1898-1910, Diss. masch. Wien 1931;
    K. Bohla, P. S. als Theaterkritiker, 1935 (Diss. Leipzig);
    A. Zappel, P. S. (1854-1916), in: K. Hildebrandt u. K. A. Kuczyúski (Hg.), Weggefährten Gerhart Hauptmanns, Förderer – Biographen – Interpreten, 2002, S. 13-29;
    Altpreuß. Biogr. II;
    DBJ I, Tl.;
    Enc. dello Spettacolo;
    ÖBL;
    Killy;
    Sucher, Theater-Lex.;
    zu Paula:
    R. Hoyer, P. Conrad-S. (1860-1938), Vierzig J. Tätigkeit am Kgl. Schausp.haus in Berlin, 1971;
    Eisenberg;
    Kosch, Theaterlex.;
    ÖBL;
    Enc. dello Spettacolo.

  • Porträts

    Photo, um 1900 (Bildarchiv d. Österr. Nat.bibl., Wien).

  • Autor/in

    Ralph-Günther Patocka
  • Zitierweise

    Patocka, Ralph-Günther, "Schlenther, Paul" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 61-62 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118795112.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA